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28. Jahrgang. Donnerstag, den 21. März 1901. Nr. 67. Redacrion und Expedinon: Bahnstratze 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Crnstthal. Insertion? geb nhren: die fünfgesp^E auswärts 1-^ Raum für den Verbreitungsbeztrr to -PI»-- ^s^fgabe Rabatt. Reclame 25 Pfg. sei mehrwaüger VorM. Annahme der Inserate für die folgen ^^rher erbeten. 1» Uhr. Größere Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. sii Wnchm-Emtlpl, MrkWitz, ArMls, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bemsoorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf — seien, Chinas Leistungsvermögen nicht zu sehr beein trächtigt sehen möchten. Ich habe übrigens soeben ein Telegramm von unserem Botschafter in Petersburg er halten, welches mittheilt, daß der dortige Minister der Auswärtigen demselben sein volles Einverständniß mit meinen neulichen Erklärungen ausgesprochen hat. (Hört! Hört!) Interessant ist mir, wie der Vorredner dem neulichen Programm Richters zugestimmt hat. „Reääo milii nicht nur loxionos, sondern auch Millionen" (Heiter keit), denn es zeigt, daß auch einmal der Berg zu Mo hammed kommen kann. (Heiterkeit.) Der Herr Vor redner hat Anstoß genommen an dem von mir gebrauchten Ausdruck „Lebensfrage". Ich glaube aber nicht, daß Jemand dadurch erschreckt werden kann. Ich habe von einem solchen Erschrecken nichts gemerkt. Ostasien ist für uns durchaus nicht Angel-und Drehpunkt der Politik, aber wir haben dort allerdings große Handelrinteressen. Unsere Ausfuhr nach dort beträgt 80 Millionen, ohne das, was über England und andere Länder geht. In Schantung ferner haben wir vielleicht 100 Millionen investirt, wir haben also ein Interesse daran, daß nicht etwa China die Beute einer einzelnen Macht werde, sondern daß wir unseren Einfluß behaupten, insbesondere denjenigen auf den chinesischen Handel. Das hat ja auch ein Schriftsteller von der äußersten Linken, Dr. Bernstein, zugegeben. Ich schließe damit, wir haben unseren politischen Schwerpunkt in Europa, wir haben aber auch Interessen und Rechte in Ostasien, die wir schützen müssen, und wir haben auch vor Allem zu schützen unsere Ehre, die beleidigt worden ist durch die Ermor dung unseres Gesandten. Diese Ehre zu schützen, das ist für uns allerdings eine Lebensfrage. — Abg. Pach nicke fragt an wegen Veröffentlichung der Ergebnisse der Haager Konferenz. — Staatssekretär v. Richthofen er widert, die Unterschriften der Mächte zu den Deklarationen liegen der niederländischen Regierung noch nicht vor, und es könne auch nach dem herrschenden Brauche dies seits eine Publikation nicht erfolgen. Er hoffe, noch in dieser Session die Ergebnisse vorlegen zu können. — Abg. Beckh (freis. Ver.) beschwert sich über das ablehnende Verhalten einzelner Konsultate, so in Moskau, gegenüber kaufmännischen Anfragen. — Direktor v. Körner recht fertigt das Verhalten des Moskauer Konsuls Krumbholdt. — Abg. Fürst Bismarck bemerkt, der Reichskanzler habe ihn in einem Punkte mißverstanden. Der Kanzler habe heute seine neuliche Aeußerung über die Lebensfrage verschoben, heute habe sich der Kanzler so geäußert, al« ob e« sich für uns in Ostasien nur um die Ehre handle; neulich habe er sich dagegen so ausgedrückt, al« ob es sich für uns in Ostasten ganz allgemein um eine Lebens frage handle. Dieser Anschauung habe er Erwähnung gethan, nicht um die Politik de« Reichskanzler« zu tadeln, sondern vielmehr gerade den neulich erhobenen Ein wänden von link« zu begegnen. — Reichskanzler Graf Bülow: Ich danke dem Herrn Vorredner für seine wohl wollende und erfolgreiche Unterstützung. (Heiterkeit links.) Die Resolution wird angenommen. — Zum Kolonialetat Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 19. März. Reichstag. Auf der Tages- ordnung steht die dritte Lesung des Etats. — Abg. v. Scheele (Welfe) macht dem Reichskanzler den Vorwurf, den krassesten Egoismus als die Grundlage der Reichs politik betont zu haben, und wünscht sodann eine Reor ganisation des Unterosfizierkorps. Es empfehle sich eine Zwischenstufe zwischen Unteroffizieren und Offizieren, so- wie namentlich auch eine vermehrte Fürsorge für Unter- osfizierswittwen. Weiter beschwert sich Redner über die Zurücksetzung von Kriegervereinen, deren Mitglieder wel- fischer Gesinnung seien. — Damit schließt die General debatte. — Beim Etat des Reichskanzlers beschwert sich Abg. Fischer-Berlin darüber, daß die Berliner politische Polizei auch die Mitglieder der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion bespitzele. Ein Beamter der Polizei sei an einen Genossen herangetreten, um ihn zu veran lassen, an seiner Partei zum Judas zu werden und Beschlüsse der Fraktion der Polizei zu verrathen. Es handle sich um einen arbeitslosen Genossen, dessen Noth lage der Kriminalkommissar v. Arnim auszubeuten ver- sucht habe. — Reichskanzler Graf Bülow: Mir ist von diesen Vorgängen nicht das Allermindeste bekannt. Im Uebrigen handelt es sich um eine rein preußische Ange legenheit, über die im preußischen Landtage der Minister de« Innern sicher bereit ist, Aufschluß zu geben. — Abg. Fischer: Es handle sich hier um die Reichstagssraktion, also auch um eine Reichsangelegenheit. — Beim Etat des Auswärtigen Amtes bemerkt Abg. Fürst Bismarck, der Reichskanzler habe neulich in pointirter Weise ge- sagt, es handle sich für uns in China um eine Lebens frage. Das gehe ihm denn doch zu weit; eine Lebens frage sei das für uns nicht. Um Uebrigen sei er von den neulichen Erklärungen des Reichskanzlers befriedigt und er habe das Vertrauen zu ihm, daß er die freundlichen Beziehungen zu allen Mächten aufrecht zu erhalten ver stehen werde. So lange Deutschland alle Beschwerden Chinas ebenso wie die in der Mandschurei-Angelegenheit an das Concert der Mächte verweise, so lange könnten wir jedem Wechsel in Ruhe entgegen sehen. Die chine sischen Seezölle aber dürften nicht zu hoch geschraubt werden, sonst gehe es uns, wie der Henne mit den goldenen Eiern. Redner widmet schließlich dem früheren Gesandten v. Brandt Worte ehrender Anerkennung. — Reichskanzler Graf Bülow dankt dem Vorredner für diese wohlwollende Aeußerung, Vorredner hat nun frei lich einen gewissen Widerspruch gefunden zwischen dem, was ich gesagt habe einerseits über unsere Gleichgiltig keit gegenüber der Mandschureifrage, andererseits darüber, daß wir China» Leistungsfähigkeit nicht zu sehr geschwächt zu sehen wünschen. Aber darin liegt doch wohl kein Widerspruch. Ich Habs einerseits erklärt, daß unser Abkommen mit China sich nicht auf die Mandschurei beziehe, andererseits betont, daß wir, so lange unsere Entschädigungsansprüche an China noch nicht befriedigt Freitag und Sonnabend, den 22. und 23. März 1901 werden sämmtliche Geschäfsräume des Rathhauses (Altstadt) gereinigt An diesen Tagen werden nur dringliche, keinen Aufschub duldende Sachen erledigt. Hierzu, sowie zur Entgegennahme der standesamtlichen Anzeige von Todes fällen ist das Wachtlokal (Zimmer Nr. 9) an beiden Tagen von Vormittag 11. bis 12 Uhr geöffnet. Die Sparkasse ist Sonnabend, den 23. dss. Mts. ebenfalls wegen Reinigung der Geschäftsräume für den öffentlichen Verkehr geschlossen. Hohenstein-Ernstthal, am 12. März 1901. Der Stadtrat h. vr. Polster. GtlmWt W- M MWWWle Hohenstein-Ernstthal. Die Prüfungen bei unserer Anstalt finden Sonntag, den 24. März Sckülerarbeiten in der Zeit von 11—1 Uhr statt. Die theoretischen und pr«M des letzten Jahres sind am 24. und 25. März in der Schulturny s Ansicht ausgestellt. Wir beehren uns zum Besuche ergebenst einzuladen. befürwortet Abg. Bebel eine Resolution ^reffend Vo^ legung eines Gesetzentwurf«, dem zufolge Kolonien von Hanrsklaven geborenen anerkannt werden — Kolonialdirektor Dr. ' Antrag Bebel sei deshalb unannehmbar, weil er, wenn er sich nur auf die Kinder erstreckt, dennoch von den Sklavenhaltern als Freigabe der Sklaven, als Abschaffung der Sklaverei empfunden werden würde, und vas wurve zu Unruhen führen. Die Resolution Bebel wird abgelehnt. — Beim Etat des Reichsamtes des ^nnern befür wortet Abg. Schmidt-Elberfeld eine Resolution betr. Detailverkauf von Kohlen und Coks nach,, Gewicht. Abg. Beckh empfiehlt seine internationalen Vogelschutzkonvention. — Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt bezüglich der Schmidt sehen Resolution, daß über deren Forderungen bereits Er wägungen schwebten. — Abg. Stöcker kommt auf den Tuckerbrief und die Stellung der Sozialdemokraten zur Religion zurück. Die Sozialdemokraten arbeiteten mit entwendeten vertraulichen Briefen. (Abg. Kunert ruft: Frechheit! Präsident Graf Ballestrem ruft ihn dieser halb zur Ordnung.) Redner sucht ferner seinen Scheiter haufenbrief zu rechtfertigen und polemisirt weiter gegen die Sozialdemokraten namentlich wegen ihrer Stellung zur preußischen Monarchie gelegentlich der 200-Jahr- feier. „Hunde schnüffeln manchmal im Straßendreck herum, aber daß sie, wie Sie das thun, den ganzen Dreck zusammen fegen, das thun nicht einmal Hunde." — Redner wird wiederholt von den Sozialdemokraten unterbrochen, so daß der Präsident zeitweise die Letzteren energisch zur Ruhe mahnen muß. — Zu dem Bremer Attentat meldet die „Kölnische Zeitung": Der Attentäter sei nicht, wie bisher ange nommen, alsbald von Gendarmen niedergeritten worden, sondern nach den bisherigen Zeugenaussagen in einem epileptischen Anfall niedergestürzt. Das ganze Atten tat stelle sich als ein zu höchst ungelegener Stunde unter beklagenswerthen Umständen eingetretener Krank heitsunfall eines in Bewußtlosigkeit handelnden Epileptikers dar. — Recht kritisch äußert sich zu den chinesischen Fragen in der deutschen Presse die conservative „Scklesßcke Zeitung " indem sie schreibt: „Wir sind mit unserer Chinapolitik m ein Räderwerk gerathen, bei dem es ohne Quetschung nicht mehr abqeht. Jede neue Drebuna der Maschine macht uns schmerzlich klar, daß wir beste? gethan hätten, die Finger davon zu lassen. Jede neue w-»dm,g d., »NMM b,wM. wi. r-chl Ä hatten, welche von Anbeginn vor dem ostasiatischen Abenteuer warnten." — Der zweite Proceß gegen Sternberg weaen Sittlichkeitsvergehen ist auf Antrag des StaatSanwatts wegen weiterer Zeugenladungen auf unbestimmte Zeit vertagt. - Mit dem Zerfalle Oesterreichs beschäftigen Pariser Blätter angelegentlich, sprechen von eine^, ' wattigen Machtzuwachs, den Deutschland zu erwartm