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lastung einzelner Bahnhöfe verfügte Bahnhofssperre gegen die sächsische Staatsbahnverwaltung oder gegen die Stadt Leipzig gerichtet gewesen sei, wies der sächsische Gesandte mit allem Nachdrucke als unbe gründet zurück. Er erklärte, daß wenn der Abgeordnete Stolle, der diese Mär im Reichstage verbreitet hatte, in der Lage gewesen wäre, selbst die Leitung der Güter in die Hand zu nehmen, sogar er auf keinen anderen Ausweg verfallen sein würde, als auf diese Bahnhofs sperre. Diese Erklärung des Grafen Hohenthal, die mit seiner vorjährigen Erklärung durchaus überein stimmt, ist um so werthvoller, als sie durchaus mit den wiederholten Versicherungen des preußischen Eisen bahnministers v. Thielen in Einklang steht, wonach das Verhältniß der preußischen Staatseisenbahnver waltung zu den Nachbarverwaltungen ein durchaus gutes ist, und daß Preußen immer besonderes Gewicht darauf legt, weniger egoistisch zu sein, als alle anderen Nachbarn ringsum, west das große preußische Staats bahnunternehmen weit eher in der Lage ist, in allen jenen Fragen des Nachbarverkehrs nachzugeben, als die kleineren Bahnverwaltungen. Wenn trotzdem alljähr lich kurz vor Berathung der Eisenbahnetats immer wieder Mittheilungen über einen angeblichen Eisenbahn krieg verbreitet werden, so ist noch stets nachgewiesen worden, daß alle diese Ausstreuungen in der Sachun kunde der Verfasser, vor allein in ihrer Unkenntniß über die zwischen den einzelnen Verwaltungen verein barten Vorschriften über die Leitung des Güterverkehrs beruhen. Welcher Unfug mit diesen Ausstreuungen getrieben worden ist, geht unter anderem daraus her vor, daß eine ganze Reihe größerer und kleinerer Zeitungen, darunter auch rheinische, sich nicht gescheut haben, vor einigen Wochen zu verbreiten, die preußischen Eisenbahnbeamten zögen vor dem Uebergang über die sächsische Grenze das Oel aus den Achsbüchsen der Eisenbahnwagen und schöben den Sachsen die kranken Eisenbahnwagen zu, damit diese die Kosten der Wieder herstellung tragen müßten. Minister v. Thielen hat diese Ausstreuungen, die der Urtheilskraft der betreffen den Zeitungen nicht gerade zur Ehre gereichen, im Ab geordnetenhause geradezu als „blödsinnige Behaupt ungen" hingestellt. Wir möchten dringend wünschen, daß die jüngsten sich gegenseitig bestens ergänzenden Erklärungen des Grafen Hohenthal und des Ministers v. Thielen dazu dienen möchten, der Legende von einem Eisenbahnkriege, die, wenn sie wahr wäre, den inneren Zuständen im deutschen Reiche nicht zum Ruhme gereichen würden, ein Ende bereiten. — In Schneidemühl hat sich dieser Tage der 81. Jahre alte Rentier Heinrich Weiland erschossen. Als Beweggrund zu der unseligen That wird bekannt, daß W. schon unmittelbar nach dem Anschlag auf den Kaiser geäußert hat, der Attentäter, Arbeiter Dietrich Weiland, sei ein Enkel von ihm, und diese Schmach könne er nicht überleben. In der That hat der ohnehin schon hochgradig nervöse alte Mann diese Drohung jetzt wahr gemacht. England. — Chamberlains südafrikanische Träume. In einer Versammlung des „Frauen-Auswanderungs-Vereins" hielt Chamberlain eine Rede, in welcher er sich zunächst mit warmen Worten lobend über die Thätigteit des Vereins aussprach. Chamberlain gab dann der Er wartung Ausdruck, daß der Krieg in Südafrika bald beendet sein werde. Es werde dann wahrscheinlich dort Handel und Industrie sich in einer Weise entwickeln, wie man es bisher nicht gekannt habe, und England werde Zehntausende seiner besten Männer dorthin senden, die ständige Bewohner des Landes werden sollten. Dann werde es auch nothwendig werden, passende Gefährtinnen der Männer dorthin zu senden, das sei in politischer und socialer Beziehung von Wichtigkeit. Chamberlain beantrage schließlich, einen besonderen Fonds zu Gunsten der Auswanderung geeigneter Frauen nach Südafrika zu gründen. — Wie in einem verwüsteten und verödeten Lande plötzlich wieder Handel und Industrie blühen soll, darüber wird Herr Chamberlain selbst kaum ge nügenden Aufschluß geben können. Südafrika. Kapstadt,15. März. Da die Buren dieTelcgraphen- drähte zerschnitten haben, ist die Verbindung mit dem Osten der Kolonie und mit Natal unterbrochen. Lertliches Miss Sächsisches. X Hohenstein-Ernstthal, den 16. März. — 5. öffentliche Stadtverordnetensitzung am 15. März, Abends 8 Uhr. Vorsitzender: Herr Vicevorsteher I. Koch. Am Rathstische die Herren Bürgermeister Ör. Polster, Stadträche Clauß, Müller und Schulze, außer dem Herr Schuldirector Dietze. Anwesend: 23 Stadt verordnete. Punkt 1) Gesuch von Mitgliedern der Stadt verordnetenversammlung in Königsberg i. Pr., Reichs tags-Petition gegen Erhöhung der Getreidezölle betr. DaS betr. Schreiben wird vom Vorsitzenden verlesen, desgleichen ein Schreiben des hiesigen Volksvereins, das sich ebenfalls gegen die Zollerhöhung wendet, namentlich in Anbetracht der gegenwärtigen Nothlage der hiesigen Einwohnerschaft. Der Vorsitzende erklärte, man könnte im Zweifel darüber sein, ob man in die Diskussion über diesen Punkt einträte, da sich schon städtische Körper schaften als nicht zuständig erachtet hätten. Es wird der Antrag gestellt, in die Verhandlung über diesen Punkt einzutreten, welcher auch Annahme findet. Herr Reinhold I. empfiehlt, sich dieser Petition anzuschließen, da doch nur die 25,000 Großgrundbesitzer den Profit davon einstrcken würden, der von der übrigen Bevölkerung geopfert werden müßte. Herr Layritz ist gleichen Sinnes. Er glaubt jedoch, daß die Kornzölle den Getreidemarkt nicht beeinflußen werden, da trotz Getreidezölle der Preis des Getreides nicht gestiegen sei, vielmehr liege die Schuld der Getreidepreiserhöhung an der Börse. Rußlands Brodkammer würde uns auch trotz der Zoll erhöhung offen bleiben, jedoch im Interesse unserer In dustrie sei er gegen die Zollerhöhung, damit uns nicht unsere Absatzgebiete für die industriellen Erzeugnisse ver schlossen würden. Herr Krauß stellt den Antrag, daß das Collegium sich dieser Petition anschließen soll. Der selbe wird gegen 1 Stimme angenommen. Der Rath soll ersucht werden, sich der Petition ebenfalls anzu schließen. Punkt 2) Errichtung einer Selekta in der 1. Be- zirksschule. Herr Amtsgerichtsrach Käßberg berichtet nochmals über diese Vorlage und empfiehlt die provi sorische Errichtung der Selekta. Herr Schönherr ver- langt bei dieser Gelegenheit, daß der Verfasser de« Ein- gesandte im „Tagebl.", nach welchem diejenigen Herren Stadtverordneten, die in der vorhergegangenen Stadt- verordnelensitzung nicht für die Selekta eingetreten sind, gewissermaßen als Sozialdemokraten betrachtet werden, zur Rechenschaft gezogen werden soll. Gleichzeitig erklärt er, daß er für die Selekta sei, wenn von der Stadt kein Zuschuß erforderlich ist. Herr Layritz spricht eben falls für dieselbe. Herr Käßberg macht einen Vorschlag bezüglich des Schulgeldes dahingehend, daß für ein Kind der doppelte Satz des Schulgeldes der einfachen Volks schule und ein Zuschlag von je 20 Mark in Anschlag zu bringen sei, wodurch auch ein Ausgleich sür Minder bemittelte und Bemittelte herbeigeführt werde. Herr Jähnig rechtfertigt sein Auftreten in der letzten Sitzung und betrachtet die Hinausschraubung der Ziele der Volks schule als viel nothwendiger. Herr Schuldireclor Dietze stellt einige Finanzfragen richtig und ist nicht im Zweifel, daß die Schule lebensfähig werden wird. Im un günstigsten Falle würde in den nächsten Jahren ein Zuschuß von 600—700 Mk. nothwendig sein. Nachdem noch mehrere Herren für und gegen gesprochen, beantragt Herr Reinhold I. geheime Abstimmung über den Antrag des Schulausschusses: „In der hiesigen 1. Bezirksschule die Selekta provisorisch auf ein Jahr zu errichten und kommende Ostern in Kraft treten zu laßen". Von den 23 Stimmzetteln wird einer sür ungiftig erklärt, lauten mit „Ja" und 11 mit „'Nein". Der Vorsitzende entscheidet mit „Ja", sodaß die Vorlage als angenommen gilt. Der zweite Antrag, die Erhebung des Schulgeldes betreffend, wird nach dem Vorschlag des Herrn Kaßberg, wie bereits oben erwähnt, angenommen. Eine Er- Mäßigung für ein zweites Kind soll nicht nachgelaßen werden, lieber zu errichtende Freistellen soll die Be schlußfassung dem Schulausschuß überlaßen werden. Punkt 3) Die Militärleistungskaßenrechnung für Ernstthal vom Jahre 1897 wird richtig gesprochen. Nach einigen weiteren Mittheilungen wird die Sitzung '/ZI Uhr geschloßen. Dieselbe war, wie hier nicht un erwähnt bleiben soll, von einigen 30 Herren aus der Bürgerschaft besucht, sodaß die Sitzgelegenheit nicht ganz ausreichte. — Vom Montag den 18. März an tritt die ge schloßene Zeit ein. Bis mit ersten Osterfeiertag dürfen Tanzmusiken nicht stattfinden. Concert- und Theater aufführungen sind bis zum Mittwoch vor dem grünen Donnerstag gestattet. — Die Einziehung der Zeitungsgelder sür die durch die Post bezogenen Zeitungen erfolgt künftig in der Zeit vom 15. bis einschl. 25. des letzten Monats in jedem Vierteljahr allgemein durch das Bestellpersonal, das zur vollgültigen Quittungrleistung über die erhobenen Beträge berechtigt ist. Im Weiteren ist es dem Publikum auch gestattet, die Einziehung von Zeitungsgeldern bei der Postanstalt schriftlich zu beantragen. Für derartige Bestellschreiben oder Bestellkarten kommt eine Gebühr nicht zur Erhebung; sie können in die Briefkasten gelegt oder den bestellenden Boten mitgegeben werden. — Die Vorschläge des GewerbevsreinS in Reichen bach in Sachsen betr. der Versicherung der Handwerks- und Gewerbetreibenden für Alter und Invalidität sind von der dazu eingesetzten, in Werdau zusammengetretene» Commission des Gauverbandes Erzgebirgischer Gewerbe- Vereine einstimmig angenommen worden. Sie gehen kurz dahin, alle Handwerker, Gewerbetreibende rc. bis zu einem gewerblichen Einkommen von 2500 Mk. der Versicherungspflicht zu unterwerfen und werden nun mehr den einzelnen Vereinen zurBerathung vorgelegt werden. — Am Mittwoch Nachmittag ist auf den Personen zug geschossen worden, der 1 Uhr 40 Min. von Freiberg nach Chemnitz abgeht. Hierbei wurde ein Fenster des Packmeisterwaqens zertrümmert. Der Schuß ist in der zwischen Kleinschirma und Freiberg befindlichen Ueber- fahrtsbrücke abgegeben worden. Als Thäter kommen Freiberger Schulknaben in Frage, die im Hospitalwalde Kriegsspiele veranstaltet haben. Leipzig. In der letzten Stadtverordnetensitzung wurde anläßlich einer Beschwerde über die Form der Schulgelder-Mahnungen festgestellt, daß im vergangenen Jahre 45000 solcher Mahnungen nothwendig waren, und der Stadt hieraus eine große Arbeitslast erwachse. — Wie aus der Leipziger Pflege berichtet wird, sieht dort das Wintergetreide keineswegs günstig. Der Roggen hat die vielen Kahlfröste im Januar noch am besten überstanden; ober der Weizen sieht überall gelb braun und verkümmert aus und wird sich schwerlich wieder völlig erholen. Die Landwirthe befürchten, daß viele Felder, die mit Winterweizen bestellt sind, umge pflügt werden müssen. Saatgut für Sommerweizen wird daher stark begehrt werden. Zwickau, 15. März. Die Werksverwaltungen der sächsischen Kohlenreviere dementiren offiziell die Gerüchte, daß zum 1. April eine abermalige Erhöhung der Kohlenpreise beabsichtigt sei. In den Zwickauer Revieren wird in absehbarer Zeit keine Erhöhung der Kohlenpreise stattfinden. Wolkenstein, 15. März. Bei dem Tode des Commis Langer aus Ehrenfriedersdorf handelt es sich nicht um ein Verbrechen. Langer, der an dem be treffenden Abend stark angetrunken gewesen sein soll, ist auf dem Nachhausewege so unglücklich in einen Graben gestürzt, daß er sich allein nicht hat heraus arbeiten können und so umgekommen ist. Nach dem ärztlichen Zeugniß sind an der Leiche nur einige un bedeutende Hautabschürfungen wahrzunehmen gewesen, die aller Wahrscheinlichkeit nach durch den Sturz ver ursacht worden sind. Die Beerdigung Langers, die anstandslos vom Gericht bewilligt worden ist, ist be reits in Ehrenfriedersdorf erfolgt. Teplitz, 15 März. Im böhmischen Kirchenbe zirk sind abermals 375 Personen zur evangelischen Kirche übergetreten, dabei sind fünf Uebertritte aus dem Jnden- lhum zu verzeichnen. Vermischtes. * Nicht schrecken! Ein Knabe in Altona hatte von seinem Vater eine Larve geschenkt bekommen. Der Knabe band sich die Maske vor und stellte sich in einer dunklen Hausflur in der Kleinen Gärtnerstraße. Als nun ein siebenjähriges Mädchen die Treppe herunter kam, sprang der Knabe mit Gebrüll auf das Kind zu. Dieses brach vor Schrecken besinnungslos zusammen. Trotz aller ärztlichen Kunst war das Kind nicht zu retten, nach zweiwöchigem Krankenlager verstarb es. Telegraphische Nachrichten Pom 1«. März. (Hirsch's Telegr. Bureau.) Berlin. Das Befinden des Kaisers ist anhaltend zufriedenstellend; die Gesichtswunde ist in steter Heilung begriffen. In acht bis zehn Tagen wird der Kaiser voraussichtlich das Zimmer wieder verlassen können. Am Abend sieht der Monarch regelmäßig einige Heeren der Hofgesellschaft bei sich. Berlin. Im Reichstag ist man der Meinung, daß die zweite Etatsberathung heute zu Ende geführt werden wird. Am Dienstag d. 19. ds. Mts. soll die dritte Etatsberathung beginnen und am nächsten Tage ihren Abschluß finden. Die dritte Berathung des China- Ergänzungsetats soll in der nächsten Woche stattfinden. Am Donnerstag den 21. sollen, wie gemeldet, die Osterferien anfangen, die am 17. April endigen werden. London. Aus Kraalspruit wird gemeldet, daß heute wieder einmal eine Zusammenkunft Borhas mit De Wet und Delarey stattfinden wird zur Berathung über die Lage. — Im Oranjefreistaat dauert der Guerilla- Krieg fort; die Buren griffen eine Anzahl Viehhändler an und beraubten sie. Man sagt, der Kommandant Fouries habe 600 Buren in der Umgegend von De Wetsdorp versammelt. London. Der „Manchester Guardian" erfährt: Botha stellte die Bedingung, daß der künftigen Regierung von Transvaal nicht Männer angehören, die den Einfall Jameson's herbeigeführt haben. Kitchener theilte diese Bedingung dem Kabinet mit und wurde in die Lage versetzt zu antworten, daß Transvaal eine Regierungs form erhallen solle, unter cher alle friedliebenden Leute gleiche Rechte haben würden. Die Antwort befriedigte Botha, der De Wet davon in Kennlmtz setzte; dieser erklärte sich daraus bereit, mit Botha persönlich die Lage zu besprechen. Haag. Henry Rochefort ist hier eingetroffen und begab sich gestern zu Herrn Müller, dem Vertreter des Oranjefreistaates. Im Lause der Unterredung sollen die großen Züge eines Planes berathcn sein, wie man die noch kämpfenden Buren unterstützen könne. Heute findet eine weitere Zusammenkunft statt, in der die Frage noch einmal erwogen und ein endgiltiger Beschluß gefaßt werden soll. Belgrad. Wie verlautet, hat zwischen König Ale xander und seiner Mutter eine Aussöhnung stattgefunden; Königin Natalie soll demnächst in Belgrad eintreffen. New-Aork. Die Stadt Cloverport in Kentucky ist vollständig eingeäschcrt worden, 300 Menschen sind durch das Feuer obdachlos geworden; der Schaden soll 3 Millionen Dollars betragen.