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Sonntag, den 17. März 1901 Nr. 64 Redaction und Expedition: Bahnstratzc 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Crnstthal. Zustimmung ausgesprochen haben, erhob sich zum zweiten Male Graf Bülow, um in einer leis humoristisch ge färbten Rede die Erwiderungen einzelner Redner zu widerlegen. Er habe am ausführlichsten von den Ministern aller Reiche gesprochen, aber er sei doch kein arabischer Märchenerzähler. Ueber das Mandschurei abkommen zwischen China und Rußland wisse er nichts, aber er sei bereit, wenn er etwas erfahren, dies sofort Herrn Richter mitzutheilen. — Von einer Commissions- berathung sah man trotz des Widerspruches Bachems und in Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses ab, bewilligte mit allen Stimmen die geforderte Summe und pläscherte dann, nachdem Graf Bülow vergnügt Abschied genommen und dem Graf Posadowsky das Feld überlassen hatte, wieder einmal in eine ausführ liche Debatte über allerlei Positionen des Reichsamts des Innern. Namentlich drohte die Wohnungsfrage wieder zahllose Redner auf die Tribüne zu locken, ob gleich, was Graf Posadowsky weise genug war, zu er klären, alles Reden nichts nützen werde. Die Regier ung sei mit der Resolution der Commission durchaus einverstanden. Mit den geforderten 2 Millionen Mk. wolle man eben nur den Anfang und den Versuch machen; später werde man weiter vorgehen. — Im Reichstag erschienen am Donnerstag der Neffe des Burcngenerals De Wet, der am Mittwoch in Berlin in öffentlicher Versammlung ausgetreten ist und mehrere andere Burenofsiciere, unter ihnen Sandenberg, der frühere Adjutant des Obersten Schiel, und hielten mit mehreren Abgeordneten Rücksprache. — In einer am Donnerstag stattgehabten Ver sammlung der Gesandten wurde über die Frage der Entschädigungen berathen. Das Befinden Li-Hung- Tschangs ist dem Vernehmen nach wieder gut. Die New-Sorker „Sun" bringt die Meldung, daß Li-Hung- Tschang Rußland in der Mandschurei nachgebe. Li- Hung-Tschang spielt „Kuckuck" mit den Gesandten und birgt sein würdiges, quittengelbes Haupt bald im russischen Kaftan, bald im englisch-deutschen- Khaki. Man darf gespannt sein, wie lange dieses artige Neck- spiel noch dauern wird. — Der Kaiser und Herr von Stumm. „Weshalb plötzlich," so schreibt die „Rhein.-Westf. Ztg.", „jede persönliche Verbindung des Kaisers mit Frhrn. von Stumm vor etwa 1'/, Jahren und mfolge dessen auch der große Einfluß dieses Mannes aufhörte, ist in weiteren Kreisen unbekannt geblieben. Man sagt, daß sich der Kaiser durch eine allzu wenig höfische Aeußerung deS Herrn v. Stumm verletzt gefühlt und dann, wie auch in anderen Fällen, den jahrelangen Verkehr plötzlich abgebrochen habe." — Nach einer anderen Lesart soll der Grund in der verschiedenen Auffassung der social- politischen Aufgaben für die Gesetzgebung gelegen haben. Am Gasthofe zur Sonne in Hohenstein-Ernstthal, Goldbachstraße, kommen — dort eingestellt — den 20. März d. I., nachmittags 4 Uhr 2 Fuchs-Wallache öffentlich gegen Baarzahlung meistbietend zur Versteigerung. Hohenstein-Ernstthal, den 15. März 1901. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. Sekr. Kurth. Q. 148/01. Freitag und Sonnabend, den 22. und 23. März 1901 werden sömmtliche Geschäfsräume des Rathhauses (Altstadt) gereinigt Viehmarkt in Hohenstein-Ernstthal am 18. März 1901. An diesen Tagen werden nur dringliche, keinen Ausicyuo erledigt. . Todes- Hierzu, sowie zur Entgegennahme der standesamtlichen 11 fällen ist das Wachtlokal (Zimmer Nr. 9) an beiden Tagen von «vr ^Die Sparkasse ist Sonnabend, den 23. Vss. Mts. ebenM Reinigung der Geschäftsräume für den öffentlichen Berkehr geschlon Hohenstein-Ernstthal, am 12. März 1901. Der Stadtrat h. vr. Polster. . Jnsertionsgebühren: die fünfgespaltene C p 12 Ptll' Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg-, „l , g. Rabatt. Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger A sg Born«. «""VL HNLL WS-.»- - 28. Jahrgang. — Der Berliner Correspondent der „Franks. Ztg- über das Verhältniß des Frhrn. v- Stumm Zum Kalser folgendes: „Es war der Einfluß, den er ' den Kaiser ansübte, nicht nach HöflmgSart erscyucy , sondern auch als ein freier und offener Mann erw r und dieser Einfluß muß groß gewesen flln, denn haben Jahre hindurch Minister ihn ängstlich un drückend empfunden und sich gelegentlich Gegcneinflüssen umgethan — einen Großindustriellen gegen den anderen. Jedenfalls hat der Verstorbene auch den höchsten Instanzen gegenüber mehr Courage und mehr Muth der Ueberzen fin g gehabt, als mancher verai twortliche Rathgeber, dem sein Amt die Offenheit zur Pflicht machen sollte. Als dann der socialpolitische Einfluß des Frhrn. von Stumm beim Kaiser sank, da hatte er sich zurückgezogen, er war kein Mann, den man sortschickte" — Das Ende des „preußisch-sächsischen Eisenbahn krieges". Unter dieser Ueberschrift schreibt die „Köln. Ztg.": Der sächsische Gesandte Graf Hohenthal hat abermals in einer der jüngsten Reichstagssitzungen die Ausstreuungen über einen angeblich sächsisch-preußischen Eisenbahnkrieg mit voller Entschiedenheit zurückgewiesen und ihnen den Charakter einer Seeschlange aufgedrückt. Er ist von seiner Regierung ausdrücklich ermächtigt worden, zu bestätigen, daß ein solcher Eisenbahnkrieg zwischen Preußen und Sachsen nicht besteht, daß viel mehr seit einer längeren Reihe von Jahren auch in Eisenbahnsachen gute Beziehungen zwischen den beider seitigen Regierungen gepflegt werden. Er hat die mehrfach in der Presse und von einzelnen Abgeordneten, insbesondere von dem demokratischen Abgeordneten Sänger im Abgeordnetenhaus und dem sozialdemokra tischen Abgeordneten Stolle im Reichstage, geltend ge machten Beschwerdepunkte in ihr Nichts zurückgewiesen und namentlich anerkannt, daß die preußische Regierung den sächsischen Anträgen auf Verbesserung des Ver kehrs auf der früher einzigen Linie Berlin über Dresden nach Wien und München noch neuerdings großes Entgegenkommen gezeigt hat. Ebenso hat er nachgewiesen, daß schon seit einer Reihe von Jahren feste Vereinbarungen über die Leitung des Güterver kehrs getroffen sind, die, weil sie nicht auf der Grund lage der kürzesten und leistungsfähigsten Linie, sondern unter Gestattung bestimmter Umwege getroffen sind bei dem sachunkundigen Publikum manche Mißver ständnisse hervorgerufen haben, und er hat dann weiter hervorgehoben, daß die sächsische Staatsbahnverwaltuna in jüngster Zeit versucht habe, neue Grundzüge über die Leitung des Güterverkehrs anzuregen, und daß sie dabei von der preußischen Regierung die Zusage einer wohlwollenden Prüfung der Vorschläge erhalten habe Auch die thörichte Ausstreuung, daß die wegen Ueber- T a g -e -r st cfchicht c. Deutsches Reich. Berlin, 15. März. Reichstag. Vor einem recht schwach besetzten Hause wird heute wieder einmal eine Frage der hohen Politik erörtert, die durch lange Monate das deutsche Volk auf das Eindringlichste be schäftigt hat. Es handelt sich um den neuen großen Nachtragsetat für China, also zugleich um eine finanzielle Frage weitgehender Art. Vor etwa 90 Abgeordneten mnß daher Graf Bülow die deutsche Chinapolitik be handeln. Er führt seine Aufgabe mit Ernst und ruhiger Sachlichkeit durch, ohne jene rhetorischen Kunststücke, die er sonst wohl ohne besonderes Glück angewandt hat. Es sei, so führt er aus, trotz der Verschieden artigkeit der Interessen gelungen, ein bestimmtes Friedens programm aufzustellen, die Entsendung einer besonderen chinesischen Mission nach Berlin unter dem Prinzen Tschung sei gesichert, die Pflicht zur Entschädigung vom kaiserlichen Hofe anerkannt. Wie lange unsere Truppen noch in China bleiben werden, könne noch nicht be stimmt werden. Besonderen Eindruck machten zwei Stellen der Kanzlerrede: Zunächst die Erklärung, daß das deutsch-englische Abkommen die Mandschurei nicht in seinen Kreis ziehe, das Schicksal dieses Landes sei uns gleichgiltig, freilich wurde durch den Nachsatz, daß kein chinesischer Landestheil zum Nachtheil der Gläubiger fortgegeben werden dürfe, die Wirkung wieder einge- fchränkt. Dann berührt die energische Versicherung in hohem Maße erfreulich, daß der Dreibund nicht nur in China treu zusammenstehe, sondern daß er auch in Europa unerschüttert dastehe. Herr Richter setzte sofort mit einer Klage darüber ein, daß noch immer nicht das Ende abzusehen, die Rückkehr der Truppen nicht zu erwarten sei. Er sei noch immer überzeugt, daß uns die Uebernahme des Oberbefehls nur geschadet habe, heute sei Graf Waldersee kaum noch als Platz major von Peking zu bezeichnen. Die Kosten der Expedition betrügen wöchentlich mehr als 2 Millionen. Und solche Opfer brächten wir nur, um den Engländern, die in Afrika engagirt sind, als Platzhalter zu dienen. Anders stellt sich Graf Stollberg den Ereignissen gegen über. In kurzen knappen Worten spricht er seine Zu stimmung zu dem Geschehenen aus, und in feiner Weise weist er darauf hin, wie jetzt, wo es zu spät sei, Herr Richter sein Lob der Bismarckschen Politik immer wieder ausspreche. Viel hatten die einzelnen Redner nicht zu sagen. Die Herren Bachem und Bassermann hatten gleichsfalls nichts zu erwidern, sie billigten zwar nicht alle Prämissen, gaben sich aber mit den Folger ungen zufrieden, da die heutigen Ausführungen des Reichskanzlers über die Mandschurei und den Drei bund allgemeine Beruhigung Hervorrufen dürften. Nach dem auch Herr Schrader und Herr v. Tiedemann ihre Dieses Blalt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage »»glich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. sm WtOm-AuW«!, MünWitz, AMms, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf