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die zum Vieheinkauf landeinwärts gereist waren, gaben zu Nachforschungen über den Verbleib der Vermißten Anlaß. Die bisher ergebnißlosen Ermittelungen werden fortgesetzt. Shanghai, 3. März. 3000 Russen griffen bei Hsingking 10000 berittene Räuber an. Letztere eroberten ein russisches Geschütz. Die Ruffen zogen sich mit einem Verlust von 20 Todten und 30 Verwundeten nach Mulden zurück. Amerika. — Der „New-Jork Herald" bringt aus Rio de Janeiro eine sehr fragwürdige Meldung über ein angeb liches Complott gegen den König von Italien. 20 Italiener seien dort wegen Theilnahme an dem Complott verhaftet worden, nachdem sie der Polizei Anzeige er stattet hatten, daß einer ihrer Genoffen sich zu Monte video nach Genua eingeschifft habe mit dem Auftrage, den königlichen Palast in Nam mit Dynamit in die Lust zu sprengen. Die italienische Polizei habe An strengungen getroffen, den Verschwörer in Genua festzu- nehmen. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 4. März. — Am Sonntag Nachmittag fand im Saale des Schützenhauses die diesjährige ordentliche Hauptver- sammlung des Turnvereins Neustadt statt. In derselben wurde u. a. Bericht erstattet über den Turnhallenbau. welcher insgesammt (mit Geräthen und innerer Einrichtung) auf 40,000 Mk. zu stehen kommt. Der Verein setzt sich zur Zeit zusammen aus 112 activen und 156 passiven Mitgliedern, ferner 59 Ehrenmitgliedern und 53 Schülern. Die Bibliothek ist neügeordnet worden. Duplikate sollen veräußert und unbrauchbar gewordene Bücher ausge mustert werden. Um einen größeren Leserkreis zu ge winnen, sollenganz wesentliche Neuanschaffungen in zeit gemäßer Literatur vorgenommen werden. An Geschenken bez. Antheilscheinen zur Turnhalle sind ca. 14,400 Mk. gezeichnet worden, wovon bis jetzt 9271 Mk. eingegangen sind. Der Verein bedarf des Zusammenhaltens aller seiner Mitglieder dringend und sieht reichem Zuwachs an Mitgliedern, die sich in der schönen Halle dem Turnen widmen wollen, entgegen. — Vom Beginne des MobilmachungSjahres 1901/1902 — 1. April 1901 — ab wird die Einberufung der Mannschaften des Beurlaubtenstandes — Reserve, Land- wehr I und II, Ersatzreserve, Dieposilionsurlauber — nicht wie bisher, erst nach Ausspruch einer etwaigen Mobilmachung erfolgen. 1) Die Mannschaften des Be urlaubtenstandes erhalten vielmehr bereits im Frieden eine Mittheilung — Kriegsbeorderung oder Paßnotiz — über ihre Verwendung im Falle einer Mobilmachung in der Zeit vom 1. April 1901 bis 31. März 1902. Die in den Städten (außer Dresden) und in Dörfern wohnen den Mannschaften des Beurlaubtenstandes erhallen die Kriegsbeorderung bez. Paßnotiz in der Zeit vom 1. bis 15. März durch die betreffende Ortsbehörde (Stadlrath, Gemeindevorstand) übermittelt. 2) Alle bis jetzt noch nicht zur dienstlichen Kenntniß gebrachten Wohnungsver- änderungen sind sofort zu melden. 3) Die Mannschaften des Beurlaubtenstandes haben in der vorstehend ^ge- nannten Zeit — wenn sie nicht selbst zu Hause sein können — eine andere Person des Hausstandes oder den Hauswirtb mit der Empfangnahme der Kriegsbe- orderung bez. Paßnotiz zu beauftragen. 4) Jeder Mann, der bis zum 15. März d. I. keine Kriegsbeorderung oder Paßnotiz erhalten hat, meldet dies schriftlich oder münd lich umgehend, dem zuständigen Hauptmeldeamt oder Bezirksfeldwebel. — Wenn Falbs Wetterprophezeihung zutrifft, haben wir im März recht abwechselungsreiches Wetter. Vom 1. bis 7. Gewitterneigung, bedeutende Niederschläge, stellenweise Hochwasser, vom 8. dis 15. Regen abnehmend, dagegen zahlreiche Schneefälle, Sturm, vom 16. bis 22. Gewitterneigung, Stürme, vom 23. bis 27. Regen, höhere Temperatur, vom 28. bis 31. stärkere Regenfälle, später Schnee bei tiefer Temperatur. Der 5. ist ein kritischer Tag zweiter, der 20. ein solcher erster Ordnung. Falb bezeichnet diesen Termin als den stärksten des Jahres. — Ein neuerer Sprachforscher sucht unser neuhoch deutsches „Sties" vom althochdeutschen fünf abzuleiten und dieses wieder aus den Sanskritwurzeln stub und sto, welche schlagen, stoßen, quälen bedeuten. Darnach würde ein Stiefkind da« gestoßene, geschlagene, eine Stiefmutter die schlagende, quälende sein, und in diesem Sinne ge braucht es ja auch der Volksmund, wie das Märchen nur von einer bösen Stiefmutter spricht, weil die Er- fahrung vielfach lehrt, daß Stiefväter und Stiefmütter die Kinder zuweilen als Nebensache oder Last betrachten und ihnen oft Dinge entgelten lassen, auf die sie keinen Einfluß gehabt haben. Daß solche Verhältnisse für die Erziehung der Kinder vom größten Nachtheile sein müssen, liegt auf der Hand. Zunächst wird das Verhällniß der Gatten zu einander gestört und mit ihm die so nölhige Einheit in der Behandlung der Kinder; denn während der eine Theil mit Liebe behandelt, thut es der andere mit Härte. Das klare Uriheil über Thatsachen verliert sich dabei leicht, wenn man nicht mehr unparteiisch zu prüfen pflegt, sondern sich von trüben Gestalten in der Seele beeinflussen läßt, und so kommt es wohl dahin, daß die eine Partei gewohnheitsgemäß Alles von der anderen Gethane verdächtigt. In der Seele der Kinder aber muß sich ein Zwiespalt bilden, der Glaube an die elterliche Autorität muß zerschellen, Bitterkeit und Lüge sich entwickeln, die noch anderes Schlimme nach sich ziehen, besonders dann, wenn Stiefgeschwister vorhanden sind und so das Uebel zum doppelten wird. Doch es muß nicht so sein und Muß nicht so kommen, das be- weisen zum Glück viele zweite Väter und Mütter, die den Namen Stiefeltern im obenangeführten Sinne nicht verdienen, sondern ihrer Elternschast sich würdig zeigen. Kann man auch nicht verlangen, daß sie die Liebe, unter der alles Gute gedeiht, in demselben Grade entwickeln, wie die natürlichen Eltern, so thun sie doch, was Ver- nunft, Herz und Pflicht gebieten. Unter ihrer Obhut gedeihen die Kinder an Leib und Seele. Sind Stief eltern Menschen mit Gemüthsbildung, so wird eine Stief mutter nie eine „Stiefmutter", ein Stiefvater nie ein „Stiefvater" sein! — Zur Kohlenfrage. In der letzten Sitzung des Sächsischen Dampfkessel-Revisionsvereins in Chem nitz fand unter den Mitgliedern des Vereins ein reger Austausch der Meinungen über Feuerungsanlagen, Kohlenpreise rc. statt. Hierbei gab Herr Bergrath Scheibner aus Lugau einige sehr interessante Mittheil- ungen über den Reichthum an Braunkohlen in der Kreishauptmannschaft Leipzig. Er wies darauf hin, daß man alle möglichen Mittel und Wege vorgeschlagen habe — Verstaatlichung der Kohlenmerke, des Kohlen handels rc. —, aber zu dem nächstliegenden, der weiteren Erschließung der noch im Schooße der Erde ruhenden, reichen Schätze an Brennmaterialien noch nicht gegriffen habe. Der Grund hierfür liege darin, daß mast nichts riskiren wolle, da jedes Bergbauunter nehmen Anfangs mit Risiko verbunden sei, wie die jahrelangen Kämpfe gerade der jetzt ertragsreichen Werke bewiesen. Die Kohlendecke sei jetzt etwas kurz geworden und diese Thatsache habe in den letzten zwei Jahren die Kohlenpreise in die Höhe getrieben und auf einen Stand gebracht, der für die Industrie beängstigend sei. Die in dem industriereichen Sachsen vorhandenen Steinkohlen seien bei Weitem nicht aus reichend, um den Bedarf zu decken, und mit Vorliebe verwendete böhmische Braunkohlen hätten einen Werth erlangt, der kaum noch im Verhältniß zu ihrem Brenn- werth stehe. Es seien z. B. die Preise für böhmische Nußkohlen um mehr als 100 Proz. seit zwei Jahren gestiegen, während der Aufschlag der Steinkohlen nur 25—30 Proz. betrage. Vielfach sehen sich die Groß industriellen genöthigt, Kohlen aus Westfalen, Ober schlesien oder England zu beziehen und ihren Bedarf von weit auswärts mit hohem Frachtaufwand zu decken, weil sächsische Steinkohlen nicht zu beschaffen sind. Die Industrie ist augenblicklich in gedrückter Lage, ihr Kohlenbedarf im Allgemeinen gering und dennoch reichen die Kohlen nicht aus und die Preise steigen weiter. Es sei hiernach zu erwarten, daß bei einem flotteren Geschäftsgang der Industrie ein größerer Kohlenbedarf eintrete und ein wesentlicher Rückgang der Kohlenpreise nicht erfolgt. Der Steinkohlenberg bau wird nun nicht wesentlich gesteigert werden können. Neue Unternehmen auf Steinkohlen in Sachsen sind nicht zu erwarten, da die Hoffnung, ausgiebige Stein- kohlenflvtze in den nicht ausgeschlossenen Feldern zu finden, nicht sehr groß ist. Es ist zwar festgestellt, daß die Steinkohlenablagerungen von Zwickau weiter nach Nord osten reicht, als man bisher annahm und es ist auch durchaus nicht unwahrscheinlich, daß zwischen den Werken im Zwickauer und im Lugau Oelsnitzer Revier ein Zu sammenhang besteht, aber das im vorigen Jahre nicder- gebrachte Bohrloch in Oberzschocken hat ein abbauwürdiges Flötz erst bei mehr als 1100 Meter Tiefe angetroffen. Um die Kohlen in dieser Teufe aufzuschließen, braucht man Schachtanlaqen, die erst in einem Jahrzehnt fertig gestellt werden können, und um solche Unternehmungen rentabel zu machen, müßten die Werke die Kohlenpreise auf ihrer jetzigen Höhe erhalten. Kleine Werke mit ge ringerer Tiefe werden wohl an den Rändern der großen Steinkohlcnablagerung, z. B. bei Oberwürschnitz, noch entstehen, aber sie können nur einen geringen Umfang erlangen. Unter solchen Verhältnissen liegt es nahe, die reichen Schätze der Braunkohlcnablagerunq Sachsens aufzuschlicße». In dem weiten Landstriche von der weißen Elster im Westen bis zur Pleiße und darüber hinaus im Osten, nördlich einer Linie von Meußelwitz nach Altenburg bis in die Niederung von Leipzig hinein sind große, mächtige Braunkohlenflötze abgelagert Herr Bergrath Scheibner schätzt bie kohlen führende Fläche im Bereich der Kreishauptmannschaft Leipzig auf etwa 800 Quadratkilometer und die durch schnittliche Mächtigkeit der Kohlenablagerung auf etwa 7'/, Meter, so daß mindestens 6 Milliarden Kubikmeter Braunkohle anstehen, die unter Berücksichtigung des üblichen Abhauverlustes der unabbauwürdigen Flächen und der stehen zu lassenden Sicherheitspfeiler unter den Ortschaften, an den Wegen, Straßen, Eisenbahnen, Wasserläufen usw. eine gewinnbare Kohlenmenge von mindestens 50 Milliarden Hektoliter geben werden. Sein Vorhandensein ist durch Brunnen, Bohrungen, Schachtanlagen und gangbare Kohlenwerke sicher nach gewiesen. Die Mächtigkeit schwankt zwischen 2 und 20 Metern Stärke. An einzelnen Stellen geht das Lager zu Tage aus oder liegt unter so geringer Bedeckung, daß die Gewinnung durch Tagbau erfolgt, so bei Frohburg, Neukirchen-Wyhra, Borna, Lausigk. Unter dem größten Theile der Fläche aber liegt das Kohlen- flötz unter einer mächtigen Decke von Schichten der Tertiairformation, die aus wechsellagernden Sanden und Thonen von verschiedener Beschaffenheit besteht. Hier kann die Braunkohle nur durch unterirdische Be liebe gewonnen werden. Mächtige Schwimmsand- chichten, unregelmäßige Ablagerung, Einlagerung remder Beimengungen von Sanden und Thonen, starke Wasserzuflüsse sind die Hindernisse, die sich der Aus beutung des Lagers öfters entgegenstellen. Ueber die Bauwürdigkeit des Lagers an den einzelnen Stellen entscheiden neben der Beschaffenheit der Kohle vor allem die Tiefe, in der das Lager auftritt, die Regelmäßig keit und Mächtigkeit der Ablagerung, die Wasserzuflüsse und die Beschaffenheit des Deckgebirges und der Sohle. Auf die Rentabilität des Betriebes eines Kohlenwerkes haben neben den durch die Natur gegebenen Beding ungen noch die örtliche Lage, die Äbsatzverhältnisse und die Höhe der Produktionskosten den meisten Ein fluß. Die vorstehenden Angaben sind einem Gutachten des Herrn Bergraths Scheibner entnommen, in dem er sich recht günstig über ein größeres Braunkohlen unternehmen bei Kieritzsch, das geplant ist, hat aus sprechen können. Die erdige Braunkohle der Kreis hauptmannschaft Leipzig wird, wie Herr Bergrath Scheibner ausführte, die Steinkohle nie verdrängen, aber sie werde auch dafür sorgen, daß die Kohlenpreise nicht in's Ungemessene steigen. In diesen Braunkohlen lagern sei ein Reichthum von Brennmaterialien vor handen, der den Industriellen die Hoffnung lasse, daß einstmals die Kohlenpreise wieder fallen. Die Auf schließung erfordere aber Jahrzehnte an Zeit und für jetzt werde man daher die Preise für die Steinkohle bezahlen müssen. — Man nimmt allgemein an, daß die Mörder des jugendlichen Laufburschen Otto in Leipzig es nicht ledig lich auf die 8 Mk. 50 Pfg. Wochenlokm abgesehen hatten, welche derselbe am vorvergangenen Sonnabend kurz vor seiner Ermordung aurgezahlt erhalten halte. Nach Ge- schästeschluß hatte dieser, so wird erzählt, noch eine größere Summe zur Post schaffen müssen, ein Auftrag, den er öfters zu erledigen halte. Man nimmt nun an, daß Otto seinen beiden „Freunden" gegenüber gesagt hat, er pflege das Geld nicht am Sonnabend, sondern erst am Sonntag auf der Post einzuzahlen, so daß diese auch an dem kritischen Tage einen weit größeren Betrag bei ihm vermuthelen; mit Unrecht freilich, denn Otto hatte das Geld am Sonnabend richtig abgeliefert und das Quiltungeduch, wie e» ihm vorgeschrieben war, in einem Derkaussladen deponirt, worauf er sich auf den Heimweg machte. — Der Gemeinderath zu Löbtau, der vor 2'/, Jahren eine Umsatzsteuer einsührte, die den dortigen Arbeiter Consumverein mit einer jährlichen Abgabe von 16000 Mk. neben den sonstigen Staats- und Gemeinde steuern belegte, hat beschlossen, die 2 Procent betragende Steuer zunächst auf 1 Procent herabzusetzen. Der Consumverein wird für das laufende Jahr also nur noch 8000 M. zu zahlen haben. Von der gänzlichen Auf hebung dieser Umsatzsteuer hat man lediglich um des willen Abstand genommen, weil man eine zu große Störung des schon fertigen Haushaltsplanes der Ge meinde und eine eventl. Nacherhebunq der so wie so schon r.m 2'/, Simpla gesteigerten Gemeindesteuern fürchtete. Die völlige Beseitigung der Umsatzsteuer scheint hiernach für Löbtau nur eine Frage der Zeit zu sein. — Herr Pfarrer Hans von Seydewitz in Leipzig wurde zum Superintendenten in Pirna, als Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Superintendenten vr. Blockmann, gewählt. Glauchau, 2. März. Gestern Abend 10 Uhr starb nach längerem schweren Leiden am Magenkrebs Herr Obersekretär a. D. Karl Hermann Poppe. Der Verstorbene war Jahre lang an der hiesigen König!. Amtshauptmannschaft als Bezirkssekretär thätig und hatte sich erst am 1. Februar dieses Jahres pensioniren lassen, bei welcher Gelegenheit ihm auch der Titel „Obersekretär" verliehen wurde. — An Stelle des verstorbenen Branddirektors Bern hard Kuhn in Glauchau ist für die nächsten 6 Jahre Herr Färbereibesitzer und Stadtverordneter Bernhard Meyer daselbst zum städtischen Branddirektor ernannt worden. St. Egidien, 2. Mürz. In der Nacht vom 27. zum 28. vorigen Monats sind auf der fiskalischen Waldenburg-St. Egidien-Lößnitzer Straße zwischen Station 5,3 und 5,6 in hiesiger Flur- von 6 Pflaumen bäumchen die Kronen abgebrochen morden. Die Königl. Amtshauptmannschaft hat auf die Ermittelung des Thäters eine Belohnung von 30 Mark ausgesetzt. Gerichtsverhandlungen. 8 Leipzig. Am 10. Deccmber v. I. ^wurde die Gattin des Herr» Prof. B. durch die Nachrichl erschreckt, daß ihr Eheherr bei Ausübung seiner ärztlichen Be ufs- wcge gestürzt, sei und sich dabei leider die Unaussprech lichen in solchem Maße zerrissen habe, daß er um schleunigste Zusendung von Ersatz bitte. Die Frau Professor gab eiligst dem die Nachricht überbringenden jungen Mädchen ein schönes Beinkleid; kurz darauf kam der „Gestürzte" zurück. Er wußte absolut nichts von