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fir HsScstztis-8i«s!Is«l, Litilnzsih, 8krMrs, Lugail, Wüstenbraud, Urspning, Mittelbach, Hernlsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdoil u. s. w. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Poftanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. Redaction und Expedition: Bahnstraße 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Insertionsgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeilc oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Borm. IS Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. Nr. 48. Dienstag, den 26. Februar 1901. 28. Jahrgang. T a g s s g e s Ä i ch t e. Deutsches Reich. Berlin, 24. Februar. Der General-Adjutant des Kaisers, General von Werder, ist gestern Abend nach Petersburg abgereist. — Die Budgetkommission des Reichstages lehnte die Forderung von 261000 Mk. für einen Erweiterungs bau des Feldsabrzeug-SchuppenS in Bautzen ab, strich ferner 100000 Mk. von den geforderten 450000 Mk. zu einem Neubau de« Jntendanturgebäudes in Dresden, lehnte 5000 Mk. für den Entwurf eines Neubaues für das Bezirkskommaudo Dresden II und 75000 Mk. für die Beschaffung eine« Garnisonfriedhoses m Dresden ab und lehnte schließlich die erste Baurate in Höbe von 250000 Mk für das Kajernement der neu zu bildenden Eskadron Jäger zu Pferde in Leipzig mit dein Anheim geben ab, die Forderung gegebenenfalls abgeändert zur dritten Lesung wiedereinzubringen. — In der Begründung der neuen Chinaforderung über 100 Millionen heißt es, die Regierung hoffe, die ganze Summe nicht mehr aufbrauchm zu müssen, da inzwischen nach Beendigung der Chinawirren eine Ent schädigung von China gezahlt werden dürfte. — Ueber das Leiden der Kaiserin Friedrich lauten die Meldungen immer trostloser. Das Leiden ist nicht etwa erst vor ein paar Jahren aufgetreten, sondern ist bedeutend älter. Dadurch, daß es in seiner Ent stehungsperiode vernachlässigt, verschwiegen oder nicht richtig behandelt wurde, ist es jetzt in ein Stadium gelangt, in dem Heilung gänzlich ausgeschlossen ist. Das Krebslsiden ist schon so weit sortgewuchert, daß ein weiteres Umsichgreifen in andere Organe, was ja leider nicht mehr zu verhindern, sondern höchstens noch aufzuhalten ist, sicheren Tod bedeutet. Daß das Ge- müth unter der Krankheit zu leiden hat, ist begreiflich. Wenn die Schmerzen sie überkommen, zeigt die hohe Frau, wie die „M. N. N." schreiben, für nichts mehr Interesse, will sie niemand sehen, auch nicht ihre nächsten Angehörigen. Haben die Schmerzen aber nachgelassen, und dadurch eine theilweise Erholung herbeigeführt, so zeigt die hohe Frau mehr Theilnahme, läßt sich Bericht über dieses und jenes erstatten, plau dert mit ihrer Umgebung, beschäftigt sich auch mit dem Haushalt, malt ein wenig oder läßt sich von ihrer Hofdame vorlesen. Die Besuche sind immer nur ganz kurz bemessen, um jede Aufregung zu vermeiden. Selbst der Kaiser, der fast täglich von Homburg kommt, um sich persönlich von dem Befinden seiner Mutter zu überzeugen, weilt nur wenige Minuten bei ihr. Die hohe Frau trägt ihr schreckliches Leiden mit un endlicher Geduld. Die furchtbaren Schmerzen haben sie sehr stark mitgenommen. Das vor zwei Jahren noch runde Gesicht ist eingefallen und abgemagert, ebenso der Körper. Die Züge sind bleich und durch sichtig. Die Kaiserin ist sich ihres hoffnungslosen Leidens wohl bewußt, obwohl man ihr selbstverständ lich den wahren Zustand verheimlicht. — Zu der Verbreitung des Antizolltarifs der ruf- fischen „Handels- und Jndustrieztg." durch da« offiziöse Wolff'sche Telegraphenbureau bemerkt die „Rbein.-Westf. Ztg.": „Nach der 'ganzen Haltung und nach den be sonderen Verbindungen des Wolff'schen Bureaus ist un- bedingt anznnehmen, daß es lange politische Auslassungen, welche die äußere Politik betreffen, nicht verbreitet und der deutschen Presse zusendet, wenn solche Verbreitung vom Auswärtigen Amt nicht gewünscht oder nahegelegt gebilligt ist; dabei genügt ja schon, daß generell bei anderer Gelegenheit solche Auslassungen als erwünscht bezeichnet sind. Die regierungsseitigen Dementis stehen nach vielen üblen Erfahrungen so tief unter Pari, daß wir auf sie kein Gewicht legen. Politisch und psncho- logisch ist die Sachlage einfach. Graf Bülow ist für alle landwirthschastlichen Wünsche einer riesigen Mehrheit sicher; der Landtag hat ihm mit 238 gegen 33 Stimmen davon einen Vorgeschmack gegeben. Im Reichstag bilden die 240 Stimmen de« Cenlrums, der Konservativen, Polen, Welfen, der meisten Nalionalliberalen ein agra risches Bollwerk. Soweit Graf Bülow Erhöhung der Getreidezölle braucht und will, bedarf er keiner weiteren Hilfe. Gefahr kommt für den Reichskanzler nur durch weitere Steigerung der Schutzzollidee. Was, wenn Graf Bülow bei mehr als 5 Mk. Zoll beim Kaiser, bei Nuß land oder sonstwo auf Widerstand stößt, oder wenn er selbst nicht weiter gehen will? Hier stieße Bülow ans eine entschlossene Gegnerschaft. Graf Bülow ist nicht der Mann großer Kämpfe. Er liebt, abgesehen von der Polenpolitik, die „kleinen Mittel." So hütet er sich, gegen den agrarischen Strom zu schwimmen und ver kündet mit gewichtigen Worten „erhöhten Zollschutz". Das verbindet zu nichts; auch hier beweisen nur Zahlen. Nach der ganzen Sachlage aber kann der Reichsregierung ein Anschwellen der sreihändlerischen Bewegung nur an genehm sein; wird sie unbequem, kann man sie ja leicht jeden Augenblick todtschlagen. Sicher ist nach besten Mitlheilungen, daß man in den intimsten Kreisen des Handelsvertragsvereins versichert, der Reichskanzler sehe die leidenschaftliche Werbearbeit des Vereins mit günstigen Augen au. Dazu paßt es nun gut, wenn das Wolff'sche Bureau Auslassungen telepraphisch verbreitet, welche man dahin zusammenfaffen kann: eine stärkere Erhöhung der Getreidezölle bringt uns den Zollkrieg mit Rußland. Es ist ja wohl ruhmvoll, wie Fürst Bismarck sich den Geschicken entgegenzuwerfen; erfreulicher und wohl- thuendsr (natürlich im ironischen Sinne!) ist es, wenn man Ändere den Geschicken entgegenwirft und nach vielen Kämpfen als „Unparteiischer" erklärt: „Ja, ich hätte nichts gegen einen Zoll von 10 Ml-, aber ihr seht ja, das bereits erregte Volk duldet keinen Zoll über 5 Mk." So kommt .schließlich dis bewährte Mittellinie heraus, ohne daß man sich bösen Wettern aussetzt, und man be wahrt sich das „Vertrauen" auf beiden Seiten des Hauses und um ganzen Lande. Das ist einfach Ge- sandten-Diplomatie in die innere Politik übertragen. Der Herr Reichskanzler hat Geschick, und er findet ein verlrauensstarkei' Publikum. Wir fühlen uns nicht so sehr als Kämpfer in der Arena, denn als harmlose und gesicherte Zuschauer im Rang. Den Kampf für die Ge treidezölle müssen wir überwiegend dem Reichstag und landwirthschastlichen Körperschaften überlasten. Im Westen überwiegen eben die industriellen Bedürfnisse. Wir finden nur das politische Getriebe zu interessant, um ganz vergessen zu werden; es ist lehrreich für Ver gangenheit und Zukunft." — Eine Denkschrift Krügers über den südafrika nischen Krieg ist nach Meldungen der „Nhein.-Westf. Ztg." aus Brüssel in Vorbereitung. Je ein Exemplar wird den europäischen Negierungen und dem Präsidenten McKinley zugestellt werden. O e st e r r e i ch - U n g a r n. — Die Interpellation des alldeutschen Abgeordnete, Eisenkolb über die Beichtregeln de« Heiligen Ligorim wurde, am Sonnabend in geheimer Sitzung d" Abgeordneten-Hauses durch mehrere Stunden verhandel' Der Streit, in den hierbei die alldeutsche Gruppe m' den katholischen und slavischen Parteien gerieth, droh» wiederholt in Thätlichkeircn auszuarten und führ» schließlich zum Austritt des katholischen Centrums un der Polen aus dem Saale. Die Ezechen begleiteten d Aufforderung Eisenkolb's, den Einfluß der römische. Kirche auf da« religiöse Gebiet einzuschränken, mit hö - nischem Lachen. Der alldeutsche Abgeordnete Wob wurde vom polnischen Grafen Komorowski mit erhoben^ Faust bedroht und der Führer der klerikalen Südslave: j ries Wolf zu: „Sie sind ein verbummelter Student!" und nur das Dazwischentreten besonnener Abgeordneter verhinderte eine handgreifliche Antwort. Wie verlautet, wurde schließlich einstimmig der Beschluß gefaßt, die Interpellation Eisenkolb's nicht in das gedruckte steno graphische Protokoll aufzunehmen und es wurde demnach der Auftrag gegeben, das Protokoll der Sitzung, welche» die Interpellation enthält, nochmals und zwar diesmal ohne die Interpellation zu drucken. Dagegen wird das Protokoll eine Interpellation Schoenerer's über unsitt liche Verbrechen, begangen von katholischen Geistlichen, in Tabellensorm eutbalten. Rußland. — Für alles, was mtt Aberglauben zusammenhängt, qiebt es in Petersburg immer noch ein weites Feld, speziell die Wahrsagekunsi gedeiht prächtig. Die moderne Pythia-Zunst rekrutirt sich nicht etwa lediglich aus dem einfachen Stande. Eine ganz „berühmte" P:opbetin der Zukunft ist z. B. die Gräfin R , zu der man aller dings nur durch besondere Protektion gelangen kann. Sie prophezeit großartig für drei Rubel pro Svrnce und zwar weder aus Karten, noch — Kaffeesatz, sm dein lediglich durch Anschauen ihrer Klienten Eme zweite, nicht geringere „Berühmtheit" ist eine Sprachlehrerin und Kartenlegerin, die ihrs letztgenannte Nebenbekchosiig ung von Abends 8- 9 Uhr aufnimm!. Ferner ersre, t sich noch eines großen Zuspruchs „Dr." M., de. die Vergangenheit so manches weiblichen Klienten bis zum Ohnmachtsanfall (natürlich der Klientin) zu verkünden weiß. Sie machen alle ihr gute« Geschäft, jene Salon propheten, vom gebildeten Besucher geschätzt und von der Polizei geduldet. Nun giebt es noch eine andere Sorte von Wahrsagerinnen, z - denen keine elegante Treppe führt, deren Salon durch keine dichten Port ären verschlossen ist, sondern die ihre Kunst direkt auf oer Straße produziren. Das find die Z g unerinn n. In ihren Ansprüchen sind sie im allgemeinen beschuvcn und begnügen sich mit einer kleinen Silbermünze für ihr amüsantes Metier. Daß es auch bei ihnen nicht alle mal harmlos abgeht, erhärtet ein Fall, der sein Nach spiel noch beim Friedensrichter haben dürste. Kollegen- assessor P. begegnet aus seinem Gange einer Zigeunerin, die ihm durchaus wahrsagen wollte. Der Aff-ssor ging darauf ein und das moderne Orakel verlangte nur noch einen Werthgegenstand, durch den sie zu Hause die Geister beschwören müsse. Er gab ibr etwa 30 Mork. Am nächsten Tage brachte sie jedoch das Gelb zutück, da sie angeblich damit kemcn Grist he.vorlocken könnte und bat um eine größere Summe. Er reichte ihr darob das Doppelte, aber auch diese Summe wurde von der „ehrlichen" Zigeunerin am 'nächsten Tage zurückgebracht — es müßten nämlich absolut 100 Rubel, also mehr als 200 Mk. sein. Schließlich einigte mau sich bis auf 130 Mk., die von dem nach „Zukunft" dürstenden Assessor auch richtig erlegt wurden. Am folgenden und auch nachfolgenden Tage stellte er sich ebenso pünktlich ein, vergebens die dunkeläugige Schöne erwartend, sie sowie das Geld waren — futsch! In seiner Bedrängwß wandte sich der Gefoppte an die Polizei, die nach eifrigem Forschen die !braune Pythia in der Nähe von Peters burg sestnahm. England. — Der Eid des Königs, der die katholische Konfession uls „abergläubisch und götzendienerisch" verurtheilt, ist am Freitag auch Gegenstand der Verhandlungen des englischen Oberhanses gewesen. Der Abg. Braye fragte an, ob die Regierung nicht baldigst Maßnahmen treffen volle, durch welche der für den britischen Souverän bei .'er Thronbesteigung obligatorische Eid gänzlich abge- hafft wird, in welchem der Souverän die Lehren der mtholischen Kirche abschwört. Salisbury erwiderte: Wir Alle beklagen die Sprache, in der die Erklärung abge-