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sm Hahtnslkin-Krzstlhst, LberlnWitz, 8nMff, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. s. w. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. VS--—. - ... - Redaction und Expedition: Bahnstrake S (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Jnsertionsgebühren: die fünsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitmmsbezirk 10 Pfg., für ausivärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Borm. 1Ü Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. Nr. 45. Freitag, den 22. Februar 1901. 28. Jahrgang. WMLMkLWWWDgWW Bekanntmachung. Nachdem der Oeconom Herr Heinrich Wilhelm Kleindienst, hier, Dresdnerstraße wohnhaft, als Vertrauensmann und der Oeconom Herr Friedrich Hermann Parthum, hier, Straße oberhalb des Friedhofs wohnhaft, als stellvertretender Vertrauensmann für die land- und forstwirthschaftliche Berufsgenosfenschaft auf die Zeit bis mit 1904 gewählt und bestätigt worden sind, bringen wir solches zur öffentlichen Kenntniß. Es werden alle Grundstücksbesitzer hiermit aufgefordert, jede innerhalb der Ortsflur Hohenstein-Ernstthal eintretende Veränderung ihrer Grundstücke, als Verkauf, Verpachtung oder Neuerwerbung, binnen 8 Tagen nach Eintritt der Veränderung dem Vertrauensmann anzuzeigen, da sich die Berechnung der Umlagebeiträge hiernach richtet. Bei erpachteten Grundstücken hat der jeweilige Pächter diese Beiträge zu tragen. Hohenstein-Ernstthal, am 20. Februar 1901. Der Stadtrat h. vr. Polster. TLseSgeschrchtr. Deutsches Reich Berlin, 20. Febr. Reichstag. Die Bcrathung de« Antrag« Bargmann (freis. Volk«p.) betreffend Auf Hebung der Theatercensur wird fortgesetzt. — Abg. Träger (freis. Volktp.): Drei Lieferungen sind bi« jetzt erschienen, zwei hier, die dritte im preußischen Abgeordnetenhaus, herauegegeben vom preußischen Munster de« Innern. Dieser Hin- und Herschieben zwischen beiden Häusern isi weder angenehm nach angemessen. (Sehr richtig.) So lange sich da« Reich nicht der Theaterc.nsurfrage be mächtigt hat, läßt sich ja ein gewisse« Recht der einzel- staatlichen Regierungen auf diesem Gebiete nicht in Ab rede stellen. Ander« liegt die Sache, sobald do« Reich dazu Stellung genommen hat. Herr Roeren sprach von der jämmerlichen Haltung der Regierung bei der lox Heinze. Wenn die Regierung damalt einem deutlich und nachdrücklich kundgegebenen Volk«willen oder Volks- unwillen nachgab, so hat sie damit nur Ehre eingelegt. Nach der Entscheidung des Obeiverwaltung«gericht« soll nicht der Inhalt des Stückes, sondern seine voraussicht liche Wirkung auf da« Publikum für die Censur maß gebend sein. Das kann aber Niemand vorautseben, und deshalb muß auch dar Kollegium Sachverständiger, wie es von einer Seite vorgeschlagen worden ist, versagen. Redner cxemplifizirt sodann namentlich auf Kas Verbot des zweiten Theiles von „Ueber unsere Kraft". Der polizeiliche Kampf gegen sogenannte Richtungen sei ganz verfehlt und vergeblich. Grebt es revolutionärere Dich- tungen als die „Räuber" oder „Kabale und Liebe" oder „Don Carlo«"? Und gerade in diesen Dichtungen ist da« geistige Streben unseres Volkes niedergelegt. Die Gedankenfreiheit, die wir für die Presse haben, verlangen wir auch für die Bühne. Die Polizei in der Kunst ist wie die Kuh im Porzellanladen. (Heiterkeit.) Sie zer- trümmerl Alle«, wohin sie tritt. Die Censur erreicht auch gar nicht ihren Zweck, denn gerade durch sie wird das Publikum zumeist erst auf die Sache aufmerksam gemacht, auf die e« sonst gar nicht geachtet hätte. Redner verbreitet sich weiter über die nachtheilige ökonomische Beeinträchtigung des Thealergewerbe» durch die Censur. Zur Vereinigung Deutschland« habe die Bühne nicht zum Wenigsten beigetragen; und so fei e« billig, daß auch die Censur falle. — Abg. Stockmann (Reichsp.) verwahrt sich gegen den ihm neulich von Bassermann gemachten Vorwurf, über die hervorragenden Männer, die dem Goethebund angehüren, mit Achselzucken hinweg gegangen zu ^ein. Thatsächlich fahre aber der Goethe bund unter falscher Flagge. Kompetent hält Redner da« Reich nur etwa zu Maßnahmen der Art, wie in England: scharfe Strafbestimmungen für die Theater- direktoren, die unsittliche Stücke auf die Bühne bringen, und desgleichen wie in England: Ertheilung der Theater konzession nur immer auf ein Jahr, sodaß die Konzession jede« Jahr von Neue« nachgesucht wird. Ob aber die Theaterdirektoren nicht dabei schlechter wegkommen als jetzt, da« sei doch noch die Frage. (Sehr richtig.) Für die Censurfrage sei jedenfalls der Einzelstaat zuständig, nicht das Reich, und derhalb lehnten seine Freunde den vorliegenden Antrag ab. — Abg. Müllen Meinigen (freis. Volksp.) beschwert sich, daß der preußische Minister des Innern nicht anwesend sei, und berührt dann die neu lichen Verhandlungen über die Theatercenftir im Abge ordnetenhaus?, wobei er eine Aeußerung Kordorff'« als salopp bezeichnet, was der Präsident als unzulässig rügt. Wie unmöglich es sei, auf den Gebieten der Kunst den Sensor zu spielen, habe man ja bei dem neulichen Vor fall gesehen, wo der etwa« nervöse Bundesrathskommiffar den Ausdruck „geprüfte Jungfer" als Schweinerei be- zeichnete. Was würde der Herr Kommissar dann zu Herrn Kropatschek sagen, in dessen „Kreuzztg." vom 5. Januar ein Inserat stand des Inhalts: Stellung sucht eine allen Ansprüchen genügende angehende Jungfer. (Heiterkeit.) Redner schließt: Lehnen Sie unseren An trag ab, so wird er wiederkommen. Den Schaden von solcher Debatte haben nur Sie. (Lachen rechts und im Cenirum.) — Bei der Abstimmung über den Antrag Bassermann, den Antrag Bargmann und Genossen an ein Kommission zu verweisen, ergiebt sich die Beschluß- Unfähigkeit des Hause«. Für diesen Antrag stimmen die ganze verhältnißmäßig stark besetzte Linke (74 Stimmen), gegen denselben die Rechte und das Centruin (73 Stimmen). — Schluß 3 Uhr 50 Minuten. Nächste Sitzung halb 5 Uhr mit der Tagesordnung: Diätenantrag. — Um halb 5 Uhr wird die neue Sitzung eröffnet. Der An- trag Gröber nnd Genossen (Centr.) lautet auf Abänder ung de« Art kels 32 der Reichsverfassung dahin, daß den Abgeordneten Anwesenheitsgeloer, 20 Mk. pro Tag, für die Dauer ihrer Anwesenheit bei den Sitzungen ge- zahlt werden. Etwaige Landtagskiäten, die ein Abge ordneter erhält, sollen in Anrechnung kommen. Außer dem soll den Abgeordneten freie Fahrt auf den Eisen bahnen gewährt werden. — Abg Gröber (Centr.) em- pfiehlt den Antrag im Interesse einer Verbesserung der Präsenz. Bei den langen Sessionen gebe es gegen diese chronische Beschlußunfähigkeit kein anderes Mittel mehr al« Anwesenheitsgelder. — Abg. Bassermann (natl.) er klärt die Zustimmung der Nationalliberalen zu dem An trag. So wie bisher könne es nicht weiter gehen, die Wähler seien jetzt in der Auswahl der Abgeordneten beschränkt. Mancher könne zum Reichklag überhaupt nur kandidiren, wenn er zugleich in den Landtag komme und dort Diäten erhalle. Häufig nehme ein Kandidat eine Wahl nur unter der Bedingung an, daß er nur zu wichtigen Abstimmungen in Berlin zu erscheinen brauche. — Abg. v. Tiedemann (Reichsp.) erklärt, seine Freunde hielten eine Erörterung de« Antrages in einer Kommission für nützlich und stimmten deshalb der Kom missionsverweisung zu. — Abg. Pachnicke (freis. Verein.) tritt für oen Antrag Gröber ein und nimmt an, daß die Stimmung auch im Bundesrath für diesen Antrag jetzt günstiger sei al« früher. — Abg. Rettich (kons.) er klärt, daß ein Theil seiner Freunde dem Anträge ab lehnend gegenüberstehe, ein anderer ihm unter Vorbehalt bezüglich der Details zustimme. — Abg. Bebel vermulhet, daß jener Vorbehalt der Konservativen sich wohl auch auf die Beseitigung de« allgemeinen gleichen Wahlrecht« erstrecke (Rufe recht«: Nein.) Die preußische Regierung habe sich bisher ablehnend in der Dlätenfrage verhalten und zwar hauptsächlich wegen der Sozialdemokraten, aber gerade diese seien am allerwenigsten durch den Mangel an Diäten oehindeit worden, in den Reich«tag hineinzukommen. Haus und Regierung würden gul thun, sich rasch über diese Diätenfrage schlüssig zu machen, denn bei der Beraihung des Zolltariss werde jedenfalls von einer Seite des Hauses verlang! werden, daß das Haus bei seinen En scheidungen beschlußfähig sei. — Abg. Gräft (Antis.) stimmt mit seinen Freunden für den Antrag Gröber. Nach England, wo es keine Diäten gebe, brauche man sich nickt zu richten. Er sage: Los von Eng land! Los von der Engländerei! (Heiterkeit.) — Abg. Müller-Sagan (ficis. Volksp): Wenn die Regierung Vernunft habe, so müsse sie diesem Anträge zustimmen. — Präsident Graf Ballestrem: Die verbündeten Regierungen haben immer Vernunft. (Stürmische Heiterkeit) — Abg. Haußmann (südd. VolkSP.): Nach dem der Herr Präsident konstatirt hat, daß die ver bündeten Regierungen immer Vernunft haben, so hoffe ich, daß sie die Diäten bewilligen werden, nicht nur im Interesse der Würde des Reichstages, sondern der Würde des Re'ches selbst. —Nachdem der elsässische Abgeoidnete Roellinger sich für den Antrag ausgesprochen, geht derselbe gemäß de« Vorschläge Bassermann's an eine Commission — Die Leute, welche gehofft hatten, der Tod der Königin Viktoria und der Regierungsantritt des Königs Eduard hätten in England eine friedliche Stimmung herbeigeführt, sind rasch von ihren Erwartungen geheilt worden. Der neue König in seiner Thronrede, wie der Ministerpräsident Salisbury in seiner Parlaments- Eröffnungsrede haben der Welt verkündet, daß sie noch nicht an Frieden denken; erst müssen die Buren gänz lich besiegt vor ihnen auf den Knien liegen und um Frieden bitten, wenn es bis dahin überhaupt noch Buren giebt. Das ist der Spruch der Regierung, die sich gleichfalls anmaßt an der Spitze der Civilisation zu marschiren! Sie haben die Buren zum Kriege ge drängt seit dem Raubzug Jamesons. Ceciel Rhodes und Chamberlain wollen die Burenrepubliken und das in ihrem Lande liegende Gold in den Besitz Englands bringen, die selbständigen Republiken liegen ihnen im Wege für ihre Herrschaftspläne in Afrika. Aus Herrsch- und Habsucht ist der Kri g h°'vorgerufen und soll nun nicht eher beendigt werden, b»s der Zweck er reicht ist, wenn auch darüber das für seine Freiheit und Selbständigkeit kämpfende Burenvolk vernichtet und das Land zur Wüste wird. Der engliche Hoch muth soll siegen, und wenn ein ganzes tapferes, tüch tiges Volk mit Weib und Kind zu Grunde geht. So verkündet der König und der erste Minister des Landes! Man kann dem konservativen „Reichsboten" nur zu stimmen, wenn er ausruft: Wem graut nicht vor einer solchen Gesinnung? Wer möchte noch Gemeinschaft mit solchen Volke haben und wer könnte ihm noch trauen? Aber es wäre nicht das erste Mal, daß auf solchen frevelhaften Hochmuth der Fall gefolgt wäre!