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4 Millionen kosten, aber den Eingang der Steuerein nahmen sichern und ihm beträchtliche Ausgaben und Verluste ersparen. Denn, so meint der genannte Steuer reformator, dann würden die Exekptoreü' und andere Zwangsmittel überflüssig werden, und jedermann würde sich beeilen, seine Steuern zu zahlen, um womöglich durch Lotterie sein Geld mit Zinsen wieder zü gewinnen. Auch die Kreise und Gemeinden jollm auf diese Weise ihre Steuern leichter erbebest können. In Ungarn liebt man zwar da» Spfel, auch da» Lotreriespiel, da« man nach deutschem" Vorbilde eingeführt hat, indessen wird der ungärtsche Finanzminister sich schwerlich Herbeilasien, die Steuereintreibung in der angedeuteten Weise zu „refor- miren." Spanien. Madrid, 4. Januar. Mit Rücksicht auf die Hal tung der Einwohner der Stadt Malaga bei dem Schiff bruch der „Gneisenau" hat die Regentin ein Dekret er lassen, durch welches dieser Stadt der Beiname „die sehr gastfreundliche" verliehen wird. ? t England. London, 4. Jan. Ein Telegramm aus Pretoria vom Mittwoch meldet: Die Buren, welche sich unter- worfen haben, haben gestern in Pretoria ein Buren- sriedenrcomite gebildet. E« waren Vertreter von jedem Distrikt Transvaals anwesend. Sie wählten VansenS- burg, Mitglied des Volksraads, zum Präsidenten und W. Steyns Mitglied des Volksraads, General Andrew Cronje (den Bruder des bekannten Generals Cronje), P. Zeederburg, Mitglied de« zweiten Raads und M. de Kock zu Mitgliedern des ComilöS. Die Versammlung faßte eine Resolution zu gunsten einer schleunigen Be endigung des Krieges. Lord Kitchener wohnte der Ver sammlung bei und hielt folgende Ansprache an dieselbe: In der Voraussetzung, daß sie alle eine schleunige Be endigung des Krieges wünschten, so sei er erfreut, mit ihnen zusammenzutreffen und sie seines Beistandes zu versichern. Er führte aus, daß die gegenwärtige Kriegs führung thöricht sei, da Großbritannien niemals die Wiederherstellung der Burenregierung gestalten werde. Chamberlains Erklärungen zeigten, daß Großbritannien nicht die Buren zu unterdrücken wünsche, es habe viel- mehr eine fortschreitende, aufgeklärte Negierung vorge zeichnet, an welcher die Buren einen hervorragenden Antheil haben sollten und welche sie und ihre Kinder aller Rechte, alter Gesetze ^und Gewohnheiten versichern solle. Die Buren hätten tapfer gefochten, aber da sie überwältigt seien, sei es für sie keine Unehre, sich zu ergeben. Er hoffe, das Comilö werde den fechtenden Buren die Wahrheit wissen lassen. Er versprach, daß kein Bure, welcher sich übergebe, außerhalb seines Di strikts gesandt werden solle, aber es sollten Lager an der Eisenbahn entlang gebildet werden, für sie, ihre Frauen und Familien und ihr Hab und Gut, wo die Engländer ihnen Schutz gewähren würden. Aber das Land müßte um jeden Preis gesäubert werden, sodaß die Buren, welche auf der Fortsetzung des Kampfes be ständen, jeder Unterstützung beraubt würden. Als Gegen leistung für den englischen Schutz erwarte er Beistand auch von feiten der Buren. Er schlug vor, Burenagenlen zu den im Felde stehenden Buren auszusenden, um ihnen mitzutheilen, was er gesagt habe. Das Comilö dankte Kitchener für seine Ritterlichkeit (?) und seine klaren Worte. Seit dieser Versammlung haben die englischen Truppen den Befehl erhalten, keine Farmen mehr zu verbrennen, es sei denn, daß sie von dem Feinde als Schlupfwinkel benutzt seien. Es wurden überallhin an die Buren Cirkulare in holländischer und englischer Sprache vertheilt, welche die Buren von den Instruktionen der englischen Offiziere in Kenntniß setzen sollen. Die hiesigen Holländer haben starke Hoffnung, daß diese Be dingungen große Wirkung haben und eine Beilegung der Feindseligkeiten beschleunigen möchten. OertlicheS und Süchfisches. Hohenstein-Ernstthal, den 5. Januar. — Neber das Vermögen der Emma Antonie verm. Förster geb. Hentschke, Inhaberin einer mit einem Materialwaarengeschäft verbundenen Conditorei in Hohenstein-Ernstthal, ist am 3. Januar 1901, Nach mittags 7«5 Uhr das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Kaufmann und Lokalrichter Johannes Koch in Hohenstein-Ernstthal wird zum Konkursverwalter er nannt. Konkursforderungen sind bis zum 21. Januar 1901 bei dem Gerichte anzumelden. — Gefunden wurde in der Nähe des hiesigen Alt marktes ein kleiner Handwagen. Abzuholen Polizei wache hier. — Gründlich daneben gehauen hat Falb mit seiner Wetterprophezeiung für den ersten Theil des Monats Januar: „Vom 1. bis 4. Januar regnerisches Wetter bei verhältnißmäßig hoher Temperatur. Vereinzelt treten Schneefälle ein." Auch beim größten Wohlwollen für den Propheten wird man zwischen dieser Prophezeiung und der Wirklichkeit kaum eine Aehnlichkeit entdecken können. Der Winter hat mit den, denkbar schönsten Wetter und einem Temperaturumschwung vom Warmen zum Kalten eingesetzt, wie man ihn nur selten erlebt. — Das zu Neujahr eingetretene strenge Frostwetter erstreckt sich über ganz Mitteleuropa. Von allen Seiten werden enorme Tieflemperaturen gemeldet. Den kältesten Tag hatte wohl, soweit sich bisher feststellen ließ, die böhmische Stadt Eger jüngst, dort wurden 21 Grad Celsius unter Null constatirt. In ganz Oesterreich. Ungarn herrscht bittere Kälte. Infolge großer Schnee fälle ist der Eisenbahnverkehr auf den galizischen Bahnen zum großen Theil eingestellt worden. Die Anschlüsse an die ungarischen und russischen Züge sind unterbrochen. AuS Warschau wird gemeldet, daß die Weichsel in ihrer ganzen Länge zugefroren, die Schiffahrt geschlossen ist. Viele mit Getreide befrachtete Fahrzeuge wurden unter- Wegs vom Frost überrascht und stecken im Eise fest. Warschau selbst hat 19 Grad Kälte. — Die Eisdecke der Nogat kann, wie auS Elbing berichtet wird, bei Einlage bereits von zweispännigen, vollbeladenen Fuhr werken passirt werden. — Schwere Schneestürme herrschen noch immer auf der Nordsee. Der von London nach Hamburg bestimmte Dampfer „Minerva" gebrauchte für die verhältnißmäßig kurze Strecke von Borkum bis zur Elbmündung 25 Stunden Fahrzeit. Die von England nach Hamburg fälligen Wochendampfer sind erst zum kleinsten Theile mit bedeutenden Verspätungen in die Elbe eingelaufen, während der weitaus größte Theil noch gar nicht angckommen ist. Von Helgoland wurde wieder Südoststurm gemeldet. Im ganzen nordwestlichen Deutschland hat de, so plötzlich eingetretene Frost, der sich andauernd auf einer Höhe von — 8 bis 10° R bewegt, der gesammten Binnenschifffahrt ein unerwartetes schnelles Ende bereitet. Uebcrall sind die Schiffe in den Flußläufen eingefroren, deren Eisdecken bereits so stark sind, daß sie tragfähig sind. Auch die Untcrelbe führt jetzt bereits das erste Treibeis. Auch vom Oberrhein sowie seinen Nebenflüssen wird bereits Eisgang gemeldet. Verflossene Nacht herrschten in einzelnen Theilen des MittelrheingebicteS 14 Grad Röaumur. — Die Lebensmittelpreise sind nach den offiziellen Markthallenberichten im Monat Dezember 1900 fast allenthalben gestiegen. Die Kartoffelpreise zeigen in Dresden, Leipzig und Braunschweig eine steigende Tendenz, auch die Butter ist in sächsischen Orten ge stiegen. Nirgend ist eine Verbilligung der Lebensmittel eingetreten. Gleichgeblieben sind die Preise nur in Berlin und München. — Aus landwirthschaftlichen Kreisen wird dem „R. Tgbl." geschrieben: Ein schwerer Uebelstand, mit welchem Viehhändler, Züchter und Fleischer gleicher maßen zu rechnen haben, ist das Seuchenwesen und der Viehschmuggel, welch letzterer in neuerer Zeit außer ordentlich arg betrieben wird. Das mar in früheren Zeiten, vor 25—30 Jahren, als das Vieh gegen einen angemessenen Zoll eingeführt werden durfte, nicht der Fall. Es ging der Handel flott hin und her. Jetzt aber, da das Vieh, wenn es eingeführt ist, 2 Monate lang erst unter der Aufsicht des Thierarztes stehen muß, legt man sich, weil das den Händlern nicht ge nehm ist, viel auf den Schmuggel. Wie es steht und liegt, will der Händler heute eiukaufen und morgen verkaufen. Durch die erwähnte Einschränkung aber ist der Viehschmuggel in's Große gediehen und man darf annehmen, daß durch diesen Schmuggel das Seuchen wesen, welches durch die thierärztliche Beobachtung ein geschränkt werden »ollte, geradezu groß gezogen wird. — Einen raschen Tod fand in Lichtenstein der Privatier und Stadtverordnete Herr Oettel. Derselbe weilte am Mittwoch bis 2 Uhr nachts noch mit einem Freunde zusammen und begab sich sodann zur Ruhe. Am Mittwoch früh fand man Herrn Oertel als Leiche in seinem Bett auf; ein Herzschlag hatte dem Leben dieses rüstigen und rührigen Mannes ein Ende gemacht Der Verstorbene hat ein Alter von 63 Jahren erreicht; er gehörte dem Stadtverordneten-Collegium 11 Jahre hintereinander an. Dresden, 3. Januar. Zuw Capitel des Ver käuferinnenelends meldet ein Blatt aus Dresden etwas neues: Da giebt es nun, um ein Beispiel onzu- führen, ein großes Geschäft, wo die Verkäuferinnen eine ganz ungewöhnliche Zungenfertigkeit entfalten und jeder Käufer glaubt, daß dem Mädchen wirklich Angst um sein Seelenheil werde, wenn er einen ihm angebotenen Gegenstand nicht kauft. Schickt er sieh zu gehen an, ohne das, wonach er sich erkundigt ha», sofort zu kaufen, dann drückt sich in der Miene der ihn bedienenden Ver- käuferin eine wahre Verzweiflung aus. Wie kommy es nun, daß die Damen so dienstfertig sind? Uns ist das Geheimniß verrathen worden. Läßt nämlich eine Ver käuferin dort einen Kunden gehen, ohne ihn zum Kaufe einer Sache, die er sich zufällig ganz harmlos angesehen hat, zu überreden, dann hat sie eine Strafe von 50 Pf. verwirkt Die Aussicht ist scharf, so leicht entgeht dem „Controleur" das „Verbrechen" der Angestellten nicht, und dann ist ihr schmales Einkommen wieder um eine halbe Mark niedriger. Leipzig, 4. Januar. Wegen versuchten Todt- schlags wurde ein Insasse des hiesigen Armenhauses Namens Brendel in Haft genommen. Es sei ihm gleich, sagte ec, ob er ein paar Mensche» todtschlüge und ver setzte von hinten niit einem starken Krückstock dem Armenhaus-Jnspector Gehlmann einen heftigen Schlag auf den Kopf. — Im vergangenen Jahre ist der Stadt Leipzig von einem Bürger, der ungenannt bleiben will, eine groß artige Stiftung für Erbauung billiger Wohnungen zu gefallen. Das Stiftungskapital beträgt 931000 Mk., die bereits erbauten, ebenfalls zur Stiftung gehörenden Wohnhäuser repräsentiren aber einen Werth von mehreren Millionen Mark. Annaberg, 3. Januar. Ein neues Fallissement ist aus unserem Erzgebirge zu melden, das mit dem Zusammenbruch des Hauses Brodengeyer und damit mit den über die Vermögen der Inhaber der Dietrichschen Spar- und Leihekasse eröffneten Konkursen in Zusammen hang gebracht,wird. Ueber das Vermögen des Ferdinand Ernst Freiherrn von Andrian-Werburg, alleinigen In habers der Firma „Papierfabrik Plattenthal Ferdinand von Andrian-Werburg" in Wiesa ist ebenfalls das Konkursverfahren eröffnet worden. Der verstorbene In haber der Dieterichschen Spar- und Leihkasse hatte sich auch für die obengenannte Papierfabrik sehr engagirt. Für ihn hat ein Dresdner Bankhaus einen größeren Betrag der Papierfabrik zur Verfügung gestellt und sich als Sicherstellung eine Kautionshypothel auf das Brodengeyersche Hausgrundstück einlragen lassen. Die Einstellung des Inhabers der Papierfabrik wird des halb von neuen Nachtheilen für die Einleger der Spar kasse und die Posamentenindustriellen sein, die mit dem Brodengeyerschen Posamentengeschäft in Verbindung standen, da das Dresdner Bankhaus nunmehr Anspruch an die Auszahlung der auf das Brodengeyersche Haus grundstück eingetragenen Kautionshypothel erheben wird. Desgleichen werden durch das neuerliche Fallissement auch noch andere Gelddarleiher, sowie Holzstofffabrikanten unseres Erzgebirges, welche Rohmaterialien für diePapier- fabrik lieferten, in Mitleidenschaft gezogen." Die Passiven der Dietrichschen Sparkasse werden jetzt auf über 300 000 Mark beziffert, denen Aktiven von kaum 50 000 Mk. gegenüberstehen sollen. OelSnitz i. V, 4. Januar. Der erst seit Mai vorigen JahreS hier angestellte Stadikassencontroleur Clemens Kühne aus Freiberg rück'e bereits am ersten Januar d. I. in die Stadtkassirerstelle ein, welche durch Pensionirnng ihres zeitherigen Inhabers frei wurde. Um die Controleurstelle waren nun 80 Bewerbungen cingegangen; gewählt wu.de am Mittwoch der erste Buchhalter bei der Stadtkassc zu Hohenstein-Ernstthal, Herr Müller. (Müller ist erst seit kurzer Zeit hier.) Oelsnitz i. V. Der wegen angeblicher Unter schlagung von amtlichen Geldern im hiesigen Amtsge richte in Untersuchungshaft sitzende Militärvereinsvorsteher und Standesbeamte von Taltitz, Herr Schmiedemeister Hoyer, hat die ihm anvertrauten Gelder nicht unter schlagen, sondern zinsbringend ausgeliehen. Der be treffende Entleiher sei sofort bereit, die geliehene Summe nebst Zinsen dem Vereine zurückzuerstatten. Mylau'i. V-, 4. Januar. Nach dem Ableben des Geh. Commerzienraths Georgi ist am 1. d. M. die Wittwe des Verewigten, Frau Hedwig Georgi geb. Beutler, und sein Bruder, Geh. Rach Dr. Otto Georgi in Leipzig, als Theilhaber in die Mylauer Wollkämmerei Georgi L Co. cingelreten, deren äußere Vertretung je doch wie bisher den Mitinhabern Hugo Beutler und Paul Georgi verbleibt. Ebenso tritt Frau H dwig Georgi in die Bankfirma Chr. Gotthf. Brückner, der Geh. Rath Otto Georgi schon angehört und die die Herren Hugo Beutler und Paul Georgi auch weiter leiten, während die langjährigen Mitarbeiter Bernhard Viehweg und Albin Falk gemeinsame Procura erhielten. Vermischtes. * Die Mordthat in Konitz, welche nun seit vor zehn Monaten dec Sühne harrt, hat, wie das „Leipz. Tgbl." meldet, bei der dortigen Bevölkerung durch die Nachricht, daß eine neue Spur, welche nichtjüdische Personen ver dächtigte, große Erregung hervorgerufen und das hiesige Organ befleißigt sich, die Thatsachen zu bestreiten und den Urheber der Ermittelungen zu verdächtigen. Dennoch, so schreibt man, ist aber über allen Zweifel feststehend, daß die Veröffentlichungen in der Presse ihren Ursprung von autoritativer Stelle haben, die auch heute noch daselbst vollinhaltlich aufrecht erhalten werden. Die Untersuchung scheint eine erklärliche Lösung der Frage vorzubereiten, daß zunächst ein in Thorn dienender Soldat in Betracht kommt, der Fleischer von Beruf ist und eine Braut in Konitz hatte, mit der Winter nach weislich verkehrt haben soll. Die Einzelheiten, welche den Verdacht so sehr bestärkt haben, können noch nicht veröffentlicht werden, so viel sei aber gesagt, daß die in Betracht kommenden Personen unmittelbar nach der Mordthat aus Konitz verschwanden. Die Verdächtigen sind weder vernommen worden, noch wissen sie etwas davon, daß sie observirt werden, weil in diesem Falle sich schwerlich die Beweise zur Ueberführung finden lassen würden. — Der neue Verein zur Aufklärung der Könitzer Mordthat hat anscheinend wenig Sympathien, denn trotz der zahlreichen Veröffentlichungen von Auf rufen in vielen Zeitungen Deutschlands haben sich bis her nur etwa 3000 Mk. zusammenbringcn lassen; für die Zwecke des Vereins ist der bisherige Redactkur des „Könitzer Tageblattes" verpflichtet worden. * Ein romantischer Fall von Kindesentziehung wird aus Lüttich gemeldet. Dort Halle im Juli vorigen Jahres ein Ehepaar auf Scheidung geklagt. Das Ge richt hatte weder dem einen noch dem anderen Theile recht gegeben; das Kind aber, ein reizendes Mädchen von sieben Jahren, wurde nach längerem Rechtsstreit in die Erziehungsanstalt der Kreuzschwestern in der Rue Hors-Chateau gebracht. Nachdem die Mutter schon