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liegenheiten noch die des Pfarrer« während der Vacanz erledigte. Gersdorf, 5. Januar. Beim hiesigen König!. StandeSamte wurden 1900 430 Geburts- und 295 Sterbcfälle einschließlich 22 Todlgeburten angezeigt, 69 AufgebotSverhandlungen ausgenommen und 72 Ehen geschlossen, außerdem gingen 41 Aufgebote von Aus wärts ein. St. Egidien, 5. Januar. Gestern wurde bei dem Leeren der Düngergrube auf hiesigem Bahnhof ein neugeborenes Kind, weiblichen Geschlechts, ausgesunden und polizeilich aufgehohen. Die Untersuchung ist im Gange, doch fehlt von der Mutter bis jetzt jede Spur, Dresden. Während die vorjährigen großen Veran staltungen in der sächsischen Residenz zum großen Theil mit recht erbeblichen Fehlbeträgen abschlossen, hat man beim 6. Deutschen Gabelsderger Stenographenlage trotz ganz bedeutenden Aufwande« in den Darbietungen einen Ueberschuß erzielt, der wahrscheinlich den Grundstock zu einer Stiftung zur Förderung der Schule Gabelsbergers bilden wird. — Viel Kopsschütteln hat hier die Thatsache erregt, daß der Vorsitzende de« HauptauSschuffee für das Deutsche Bundesschießen in Dresden die Mitglieder der Unteraurschüsse um beliebige Beiträge zur Deckung der Fehlbetrag« dieses Feste« gebeten hat, obwohl der Ga- rantiefonds noch lange nicht erschöpft ist. Viel dürfte dabei wohl kaum heraurkommen; erst Opfer an Zeit zu dringen und daun noch zu zahlen, ist eine Sache, die nicht jedermann einleuchtct. — Nach langen Leiden ist der Königliche sächsische Oberst a. D. Hermann v. Hinüber in Hosterwitz gestorben. Er wurde 1851 in Knesebeck geboren und trat 1867 als Kadett in die Armee ein, 1868 finden wir ihn als Portepeefähnrich und nach dem deutsch-französischen Kriege 1873 wurde er Hauptmann, 1890 Major und 1894 Oberstleutnant im 11. Infanterie- Regiment Nr. 139. Den Rang eines Obersten bekleidete er im zweiten Grenadier Regiment Nr. 101, bis er am 24. März 1897 seinen Abschied nahm. Leipzig, 6. Januar. Ein Packet, welches gestern Abend in der SchiUerstraße einem Rollkutscher während der Fahrt auf den Wagen gelegt worden war, enthielt ein neugeborener todtes Kind weiblichen Geschlechts. Die Leiche war in eine Windel und in graues Papier einaewickelt. — Zur Linderung der Kohlennoth bei der jetzt herrschenoen großen Kälte bewilligte der Rath zu Leipzig 5000 Mk. aus der Stistung eines Menschenfreundes zur Verihcilung von Kohlen an unbemittelte Leute, die keine Arnu nuuterstützung genießen. Zwickau, 5. Jan. Der Schedewitzer Konsum verein hat hier schon drei große Geschäftshäuser für seine Zwecke gekauft. Jetzt hat er wieder ein Haus grundstück für 145 100 Mark erworben, um auch in diesem ein großes Waarengeschäft einzurichten. — Daß auch in der Ferne das Glück nicht immer blüht, beweist ein Schreiben, welches ein Einwohner des Dorfes Vogtlaide bei Glauchau kürzlich von seinen Anverwandten aus Paterson im amerikanischen Staate New-Port erhielt, wo viele aus Glauchau und dessen Umgebung herstammende Weber leben. Dem Schreiben zufolge geht es dort mit der Textilindustrie so außer ordentlich schlecht, daß zahlreiche Seidenweber rc. absolut keine Arbeit finden können und bei den theuren Preisen für den Lebensunterhalt nur kärglich ihr Dasein fristen. Auch die anderen Industrien sollen arg darniederliegen und zahlreiche Concurse eingetreten sein. So stellte in Paterson u. A. eine Fabrik für Herstellung von Eisen bahnlokomotiven, in der 2 200 Arbeiter beschäftigt waren, die Arbeit ein. Rathen, 4. Januar. In den gestrigen Abend stunden kamen bei 14 Grad Reaumur die auf dem Elbstrome treibenden Eismassen zum Stehen und nach Verlauf von 20 Stunden war von der anhaltenden Kalte eine Eisbrücke fertiggestellt, die in den heutigen Nachmittagsstunden dem Verkehr eröffnet wurde. Bei steter Beaufsichtigung kann das reisende Publikum den Eisübcrgang bei zehn Centimeter Eisstärke gefahrlos passiren. — HanyekH-Srachxichten. UkrUn, 5. Januar. (Wechsel-Cours). lianic- Uiwout Mark Amsterdam 8". 8 T 169,40 G per 100 fl. b. " 2M 168,— G Brüssel und Antwerpen 4 81,20 G pr. IM Francs. 3 M 80,80 G Italienische Plätze - 10 T 77,05 G vr 160 Licre — Schwei;. Pl. loo Frc. . 10 T 81,— G London 8T 20,43 G pr. l Lstrl. 4 3M 20,20 G Madcid und Barcelona 5 — pr. 100 Pesetas 2M — Paris 8 T 31,35 G pr 100 Franc 5M 80,55 G Petersburg 8 T pr. wo Rubel " 3M — Marschau 100 Rubel 5'/. 8 T — Wien , 8 T 84,90 G per 100 Kr. 3 W. 84,- G Reichsbank 5°/<>, Lomb.-Z.-F. 0°/». Lvrlin, k>. Jan. Spiritus 70er loeo ohne Faß 44,80 M. Umsatz: 8 000 Liier. Hla-rrlalx-i-x, 5. Januar. Kornzuckec cxcl. 88"/g Rendement 9,95 bis 10,22'/,. Nachprodurte excl. 75°/« Rendement 8/ 0 bis 8,20. Stimmung: Ruhig. Krystallzucker I 27,85. Brod- raffinade 1 28,10. Gem. Raffinade mit Faß 27,85. Gem. Melis I mit Faß 27,85. Rohzucker I. Product Transits f. a. B. Hamburg per Jan. 9.12'/, Gd., 9,20 Br., per Febr. 9,30 Gd., 9,32'/, Br., per Mär, 9,37'/. Gd., 9,40.Br., per Mai 9,52'/, Gd., 9,55 Br., per August 9,72'/, bez.,"9,75 Br. Tendenz: Ruhig. U»mbur^, ö. Januar. Weizen fest, Holsteiner loco 138 bis 152, La Plata 135—138. — Roggen fest, südruss. cif. Hamburg 107 bis 112, loco 108—114, Mecklenburgischer 134 bis 144. MaiS fester, loco 106,50, La Plata 86. — Hafer stetig, Gerste stetig. Wetter: Bedeckt. ttrennea, 5. Januar. (Baumwolle). Tendenz: Fest. Upl. middl. loco 51'/« Psg. Liverpool, 5. Jan. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Umsatz: 7000 Ballen. Stimmung: Fest. Import: 14 000 Ballen. Preise '/«« bis '/«« höher. Umsatz: 6000 Ballen, davon für Spekulation und Export 300 Ballen verkauft. Amerikaner fest, '/" höher, Ostindische träge. Middling amerikanische Lieferungen. Jan.-Febr. 5"/«« Käufer, März-April 5?'/»« Verkäufer, Mai-Juni 5"/«« do., Juli-August 5"/«« do. Zahlungseinstellungen. Kaufm. Georg Mittag, Weichensdorf-Beeskow. Offene Hande sgesellschaft Albert Konschewski u. Eo., Berlin. Schuhwaarenfabrikant Oscar Mischtowski Graudeuz. Materialwaarenhäudler Heinrich Milhahn, Greiz. Kaufmann Carl Hocke, Kiel. Kurzwaaren- händler Moritz Leib, Karfiol, Köln. Prakt. Arzt Dr. Sieg fried Holland (Nachlaß), Regenwalde. Holzhändler Benedikt Kleinhaus (Nachlaß), Rosenheim. Kaufmann Josef Bachstein, Niederhermsdorf-Waldenburg. Moralische Verbrechen. Roman von Mina Meyke. 112. Fortsetzung. Blaß, mit gesenktem Blick stand sie vor ihm; sie hätte gehen, hätte fliehen, hätte sich verbergen mögen in irgend einem stillen Winkel, um sich auszuweinen, ob vor Glück — ob vor Schmerz? Das wußte sie nicht, und vermochte sich doch nicht von der Stelle zu regen. In ihrer Seele schluchzte und jubelte es auf, in ihren Ohren klangen seine Worte nach und ver wandelten sich zu berauschender Sphärenmusik, welche die Seele hinaufzog, emportrug zu jenem glanzum flossenen Höhen, in denen Erdenschmerz und Leid ver stummt und nur der Hymnus unendlicher Seligkeit dahinschwebt. — War das das Glück? — Ja, das war Glück! — Eine morxanu hatte er es ge nannt, er hatte Recht. Ihnen beiden wenigstens war es eine solche, ihnen beiden leuchtete es auf und — versank — auf immer! Deshalb aber besaßen sie ein Recht, ihm nachzublicken, bis der letzte Schimmer jenes wunderbaren Bildes verblaßte. Sie hatte irgend wo gelesen, oder halte es gehört, ein Augenblick reinen Glückes sei werth, mir einem Thränenmeer bezahlt zu werden. — Damals hatte sie es nicht begriffen, hatte es sür übertriebene Exaltation gehalten, jetzt fühlte sie, daß Wahrheit in diesem Ausspruch lag, und der Wunsch, diese flüchtige Sekunde bis auf die Neige auszukosten, stieg auf — erwachte wie etwas, was auf dem Grunde ihrer Seele in tiefem Schlafe gelegen, schüttelte sich den Traum aus den Gliedern, verlangte sein Recht und wollte sich nnt durstigen Lippen Hinabneigen zu dem Kelch der Wonne, um sich einmal wenigstes satt zu trinke«, ehe die Wanderung durch den Wüstensand des Lebens begann. „Prinzessin!" Sie schlug die Augen auf, da stand er vor ihr mit feuchtschimmernden Augen, in denen eine stumme Bitte lag, welche nicht über seine Lippen zu kommen wagte, — that er, that sie ein Unrecht, wenn sie diese Minute qualvoller Seligkeit zu verlängern suchten? — In ihren Augen leuchtete es aus, um ihren Mund legte sich ein träumerischer Zug, ihre Arme hobeu sich, wollten sich ihm cntgegenbreiten, aber kraftlos sanken sie herab, und das Lächeln auf ihre» Lippen verzerrte sich zu einem schmerzlichen Zucken, welches ihrem jäh erhiaßten Gesicht einen tragischen Ausdruck verlieh. — Da, zwischen sie und den Geliebten schob sich langsam ein dunkler Schatten und wuchs mit greifbarer Deutlich keit empor: ein weißes, erstarrtes, in seiner Leblosig keit drohendes Antlitz, das des todten Vaters. Auf stöhnend schlug sie beide Hände vor die Augen, — so etwas wie ein unterdrücktes Schluchzen entrang sich ihrer Brust, dann war der Platz an der anderen Seite des Tisches leer, und wie ein gehetztes Wild floh sie aus der Bibliothek. Erschüttert, ergriffen bis ins innerste der Seele blickte Gerojem ihr nach, — was war das? Wenn seine Worte sie beleidigt hatten, weshalb war sie ge blieben, wenn nicht, weshalb ging sie, ohne ihm auch nur ein Wort des Abschieds zu sagen? Hatte er sich getäuscht, als er iu ihren Augen, in ihrem Antlitz einen Strahl des Verständnisses aufleuchten sah, der sie ihm wenigstens seelisch näher brachte? — Ihn schwindelte, vor seinen Augen tanzten in bläulichen Nebeln grellrolhe Funken, er mußte Luft schöpfen, zur Besinnung kommen, und barhäuptig wie er war, stürzte er in den Park hinaus. Mit auf die Brust gesenktem Kops, ohne rechts und links zu blicken schritt er hastig über den feuchten Gartenweg. In wüstem, schwindeierregendem Chaos, gleich einer entseffelten Fluth stürmten Gedanken und Empfindungen in seinem Kopf, in seinem Herzen, welches von einer einzigen, nagenden, schmerzenden Unruhe erfüllt schien, in der er zu ersticken glaubte. Konnte er ihr, nach dem was vorgefallen war, noch unter die Augen treten? War es nicht das Beste, daß er das Schloß verließ, gleich, auf der Stelle, ohne sich auch nur von jemand zu verabschieden? — Wem lag denn überhaupt an seinem Bleiben? Dem Fürsten. Aber auch dieser, wenn er zufällig etwas von dem Be gegnen in der Bibliothek erfuhr, ja wenn er auch nur ahnen sollte, daß er, der Namenlose, es gewagt hatte, seine Augen zu ihr, seiner fürstlichen Nichte, der Erbin eines stolzen Titels zu erheben, würde seine sofortige Entfernung verlangen, und nur dem Umstande, daß jenem armen Kranken auch nicht der Gedanke einmal kam, als könne so Unerhörtes geschehen, verdankte er den Wunsch, ihn zu halten, verdankte er vielleicht die der Zuneigung dieses Mannes. Oh, über diese hoch geborenen Leute, mit ihren wunderlichen Begriffen von dem Rechte menschlichen Empfindens! — Sie vergessen, daß das Blut in den Adern aller das gliche ist, die Materie dieselbe uud auch der Muskel, Herz genannt, mit seiner unerforschten, geheimnißvollen Seelenwelt bei allen Individuen der menschlichen Nace das gleiche bleibt! — Jener Kranke, an seinen, Rollstuhl gefesselte Mann begriff alles, und beherrschte mit seinem klaren, geläuterten Verstände jedes Gebiet der Kunst und des Wissens, nur die Möglichkeit, daß in dem Herzen seines Gesellschafters eine Neigung für seine fürstliche, durch Rang und Geburt ausgezeichnete Nichte entstehen und sich entwickeln konnte, verwarf er als etwas Un mögliches mit genau derselben Entschiedenheit, wie jeder andere seiner Standesgenossen. Gerojew lachte hart und bitter auf und blieb am Teichrande stehen, über dessen glänzenden Wasserspiegel eine ganze Schaar dunkelbauer Libellen in graziösem Fluge dahinschwirrte. Die weißen Wasserrosen er glühten in Purpur der Abendsonne, die Silberweiden am Ufer griffen mit glänzenden, leise bewegten Armen in das feuchte Naß hinein, und wunderbaren Frieden athmete die ganze Natur aus, doch heute sah er von der Schönheit ringsum nichts. Aus dem Grunde seiner Seele stieg ein Nebel auf, der ihm alles verdüsterte und verschattete, in seiner Seele stürmte ein Organ, den selbst der Abendfrieden nicht zu beruhigen vermochte. „Und der Hans schleicht umher, Trübe Augen, nasse Wangen, Und das Herz ihm befangen, Und das Herz ihm so schwer!" Unangenehm berührt zuckte er zusammen und blickte nach der Richtung, aus welcher die Stimme kam, die in neckischem Uebermuth das allbekannte Liedchen sang. Nur wenige Schritte von ihm entfernt stand unter einer der tiefherabhängenden Weiden Gräfin Sobolewa und sah mit lächelnden Lippen zu ihm herüber, während ihr blonder, von dem mattglänzenden Gezweig graziös umrahmter Kopf sich kokelt iu Takte der Melodie wiegte. Sie konute keine graziösere Stellung, als die, m welcher sie sich eben befand, wählen; denn niemals mochte das vollendete Ebenmaß ihrer junonischen Ge stalt besser zur Geltung gekommen sein, als eben jetzt, wo die emporgehobenen, bis an die Ellenbogen ent blößten Arme, mit welchen sie das widerspenstige Ast werk zurückhielt, und der grüne Hintergrund jede Linie derselben mit unendlicher Deutlichkeit hervortreten ließ. Sie schien sicb dessen bewußt zu sein, denn sie blieb einige Augenblicke in derselben Stellung, als wolle sie ihn sich satt sehen lassen an ihrer Schönheit, und erst als er sich nicht vom Fleck rührte, sondern mit leicht gerunzelten Brauen düster zu ihr hinüberblickte, trat sie mit geschmeidiger Bewegung unter dem grünen Vorhang hervor. „Endlich!" sagte sie mit einem Anfluge koketter Schmollerei und näherte sich ihm in ihrer schwebenden Gangart, „ich kann nicht behaupten, daß Sie pünkt lich sind, denn wohl seit einer Viertelstunde erwarte ich Sie hier!" Er hätte ihr sagen mögen, daß er nicht gekommen war, um sie zu sehen, daß er sie und das bestellte Rendezvous vergessen hatte, wie alles auf der Welt, daß er nichts sehnlicher wünsche als ungestört und allein zu sein — aber er sagte von dem allen nichts, sondern preßte nur die Lippen auseinander und starrte düster auf das regungslose mit purpurnem Schein überhauchte Wasser. Sie betrachtete ihn einen Augenblick schweigend, als erwarte sie irgend eine Entschuldigung, doch eine solche erfolgte nicht, und kurz und spöttisch lachte sie auf. „IKutor Osi, welche Leichenbittermiene Sie aufge setzt haben," sagte sie endlich, sich ein wenig vorneigend und ihm ungenirt in die Augen sehend, „das heilige Gruseln könnte mich überfallen, wenn ich nicht so vor züglicher Läune wäre!" „In vorzüglicher Laune?" fragte er beinahe schroff und erwiderte kalt ihren Blick, „ich glaube, Sie haben absolut keinen Grund, Gräfin, — der Fürst ist sterbens krank !" Sie warf die Lippen auf und schüttelte mit einer trotzig-verächtlichen Bewegung die Schultern, gleich sam als wolle sie etwas Drückendes von sich abwerfen, und ihre Augen schimmerten dabei in bösem grün lichen Licht wie die Augen einer gereizten Katze. (Fortsetzung folgt.) Telegraphische Nachrichten vom 7. Januar. Berlin. Wie das „Kl. Journal" hört, wird der Zentralverein zur Hebung deutscher Fluß- und Kanal- Schifffahrt eine Kundgebung für die Kanalvorlage am