Volltext Seite (XML)
28. Jahrgang. Nr. 6. Dienstag, den 8. Januar 1901. Redaction und Expedition: Bahnstratze 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen dnrch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. fir HchMui-kiWl, AttlMWih, EkMrß Lugau, Wilstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. ^m Jnsertionsgebühren: die funfgesp^^ 12 Pfg-, Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Rabatt. Reclame 25 Pfg. Bei mehrrnaliger «or«. ««nähme der Inserate für die ^°^s vorher erbeten. 10 Uhr. Größere Anzeigen T a g e Ä g e s ch i ch t c. Deutsches Reich — Die Kano«: nlieferung nach England sein zu lassen, Kat der Reichskanzler, wie im Frübjahr der Firma Krupp, vor ewigen Wochen der Düsseldorfer Firma Heinr. Ehrhardt zur Wahrung strengster Reittralität dringendst empfohlen. Eine große Zahl von Kanonen aber ist von Ehrhardt schon nach England abgelieferl worden. Gegenü! ec Vorwürfen in englischen Blättern, daß diese Kanonen nichts taugen, vertheidigt sich Heinr. Ehrhardt in einer Zuschrift an die Nat.-Ztg. Er erklärt, daß die „Bestell» g der Geschütze m eine Zeit fiel, wo man allgemein glaubte, der TransvwUrieg sei beendet", im übiigeu se eu die Geschütze in England nicht einmal ausgepacki, hätten „also den Buren nicht sehr weh ge- Ihan". Herr Ehrhardt spottet, daß, wenn die Geschütze wirklich so schlecht mären, wie in englischen Blättern dargestellt, man ihm „in Transvaal noch ein Loblied singen würde". Indessen „als stets bescheidener Mensch" überlaste er das Unheil über sewe Geschütze getrost der Zukunft. Lebhaft bedauere er nur, daß fortan „weitere Geschäfte nach England durch das Ausland ausgeführt werden müssen." — Die Gesandten in Peking ersuchten Tsching und Li-Hung--Tschang, die Note der Mächte zu unterzeichnen und jeder Gesandtschaft ein Exemplar zu übersenden nebst dem mit dem kaiserlichen Siegel versehenen Decret, in dem die Annahme der Note ausgesprochen wird. Die Gesandten erklärten, Tsching und Li-Hung-Tschang würden die Aufklärungen, um welche sie bitten, erst er halten, wenn diese Formalität, die die unerläßlichen Bedingungen der Nole außer Discussiva stellt, erfüllt sei. Das Ersuchen um Aufklärung solle schriftlich ge regelt werden, die Antwort werde mündlich in einer Versammluag erfolgen, zu welcher Tsching nnd Li-Hung- Tschang eingeluden würden. — Nach einem Telegramm des „Berl. Tagebl." aus Pest soll der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand in der nächsten Zeit nach Pest kommen, um mit den leitenden politischen Persönlichkeiten in Fühlung zu treten und sich über die politische Lage zu informiren, mit der er sich in letzter Zeit auffallend viel beschäftigt. — Justizrath Sello erläßt in den Berliner Blättern eine Erklärung, in der er sich gegen die gegen ihn er hobenen Angriffe zu rechtfertigen sucht. Er meint darin u. A., die Vertheidiger Sternberq's würden ihre Pflicht versäumt haben, wenn sie das Vorleben der Woyda nicht zu erforschen versucht hätten. Der Bries der Miller, den er verschlossen habe Sternberg aushändigen sollen, sei in Gegenwart der Vertheidiger geöffnet worden. Ueber die Bewegungen mit Thiel halte er seine öffentliche Erklärung vom 21. December aufrecht. — Als Beweis, wie die Neutralität der Deutschen von de» Engländern belohnt wird, theilt der in RüdeS- heim erscheinende „Nheingauer Anzeiger" einen soeben aus Durban eingegangenen Brief eines Deutschen, des Herrn Wilhelm Diehl, Bruders des Königlichen Amts- gerichtsobersecrelärs und Amtsanwalts Heinrich Diehl in Rüdesheim mit. Herr Kaufmann W. Diehl, welcher seit 1882 in Koffyfonlein ansässig ist und dort ein eigenes Geschäft und Besitzthum, sowie zahlreiche Familie (Frau und fünf Kinder) Hal und heute noch deutscher Neichsangehöriger ist, wurde ohne Angabe der Gründe von Haus und Hof verjagt und als englischer Kriegsge fangener nach Durban gebracht. Hier der Wortlaut des Briefes: Durban Natal, den 2. December 1900. „Seit dem 11. December bin ich ein Kriegsgefangener und hrer in Durban unter Parole, das heißt, wir können uns in der Stadt frei bewegen, müssen für unseren Unterhalt selbst sorgen und uns jeden Montag bei dem Stadtkommandanten melden. Tie Mehrzahl der Ge fangenen muß sich täglich melden. Warum ich eigent lich gefangen bm und nach hier geschickt wurde, ist mir ein Näthsel. Jedenfalls hat einer meiner guten eng lischen Freunde eine Angabe („Denunciation" ist ge meint Red.) gemacht, die natürlich nicht bewiesen werden kann, aber jeder kleine Verdacht ist gut genug, um eine« Mann von seiner Familie zu reißen und in Gefangen schaft zu senden. (!) Jedenfalls habt ihr aus den Zeit ungen ersehen, daß Koffyfontein wieder durch die Buren eingenommen war und später wieder durch die Engländer genommen wurde. Seil dieser Zeit, es sind beinahe zwei Monate her, habe ich keine Nachrichten von meiner Frau uud Kindern. (!) Daß ich untröstlich bin, könnt Ihr Euch leicht denken. Da es ohne irgend ein Gefecht ablief in Koffyfonlein, habe ich doch die Hoffnung, daß meine lieben Angehörigen mil dem bloßen Schrecken während der Belagerung davongekommen sind. Da alle Briese durch die Militärbehörde gelesen werden, kann ich natürlich nichts über den Krieg schreiben. Ich werde versuchen, sobald ich zurück in Koffyfonlein bin, um einen Treck zu organisiren. Ich habe mich hier au den Consul gewandt, dieser hat an den deutschen General consul in Kapstadt geschrieben, um die Bedingungen für mich zu bekommen. Ich sehe, daß in Deutschland Sammlungen für diesen Zweck gemacht, vielleicht kannst Du Dich für mich verwenden und mir helfen in dieser Sache. — In der Capcolonie sind die Buren weiter im Vorrücken begriffen. Lord Kitchener meldet aus Pretoria, daß sich der westliche Theil der Buren nach Calvinia zu begeben scheinen. Dieser Ort liegt etwa 33 deutsche Meilen von der Westküste der Capcolnie entfernt, unge fähr in der Milte zwischen nördlicher Grenze der Colonie gegen Deutsch-Südwcstasrika und der Südspitze des Continents. Der östliche Theil der Buren, berichtet Kitchener weiter, scheine sich in kleinere Gruppen aufge löst zu haben. Ferner hat wieder eine kleine Buren- abtheilung westlich von Aliwal North den Oranjefluß überschritten. Da der Erfolg dec Buren in der Capcolonie ausschließlich von dem Verhalten der dortigen Afrikander abhängl, sc ist folgende Meldung von größter Be deutung: Capstadt, 5. Januar. Seit mehreren Tagen sollen zahlreiche Capholländer heimlich aus dem Westen der Capcolorie nach Norden aufgebrochen sein, ver- muthlich, uw sich den in die Colonie eingebrochenen Buren anzuschließen. — Die Capregierung steht mit ihrem völlig unzureichenden Truppenmaterial der ihr unheimlichen Bewegung ziemlich hilflos gegenüber. Vorläufig kann sie nur zu mehr oder minder papieruen Maßregeln greifen, wie es ja auch Kitchener in der letzten Zeit mil Proclamationen und dergleichen versucht hat. Daß eine solche bevorstehl, geht aus folgender Meldung hervor: Der Premierminister der Capcolonie Gordon Sprigg uiid der Obercommissar Milner hatten heute früh eine lange Unterredung, deren Ergebniß war, daß sofort ein besonderer Cabinctsrath Unberufen werden wird. Es wird eine wichtige Bekanntmachung erwartet. — Bus dem Oranje-Freistaat kommt eine kleine Nach richt, in der einmal wieder de Wels Name genannt wird. Die Buren zeigten sich wieder an der Bahn bei Rhenoster, doch ist eS zweifelhaft, ob de Wet bei ihnen ist. Das dürfte darauf hindeuten, daß die englische Heeresleitung nicht m«hr recht weiß, wo de Weis ge fürchtete Schaar steckt. Offenbar hat General Knox, der stets „verfolgende", die Fühlung mit dem Tode, den er festhalten soll, verloren. Weimar, 5. Januar. Großherzog Carl Alexander ist heute abend 6 Uhr 15 Min. im Alter von 82'/, Jahren gestorben. Der Großherzog schlummerte sanft hinüber, nachdem schon im Laufe des Nachmittags die Athemzüge immer schwächer geworden waren, ohne das Oertliches und Sächsische». Hohenstein-Ernstthal, den 7. Januar. — Vorige Woche war von einer Wittwe ei» Portemonnaie ""t Inhalt verloren worden, daS bis jetzt noch nicht an den Verlierer ausgehändigt worden ft Dagegen wurde am Sonnabend von einem - Portemonnaie mit einem Fünfmarkstück twrlo7en da« von e.ner weniger bemittelten Frau gefunden und auch , Sterbezimmer Bewußtsein wieder erlangt zu hcwen. Ker-oq und waren anwesend der Erbgroßherz g, >, hj? die Herzogin Johann Albrecht von GF,eral- beiden Prinzen Reuß, Staatsmm s r des adjutant Palezieux, die beiden Aerz , Dilthey dk-H°sP--dW- A"«» L und die nähere Dienerschaft. i / Leiche findet in der Garnisonkirche statt Köln, 5. Januar. Heule Mittag br^ hiesigen Drogen- und Materialwaann-, sch scheinlich durch Benzin-Explosio», ewe Fe ' - j» die in wenig Augenblicken das mehrst» 8 H s , Flammen setzle und den in den oberen Stockwnkm wohnenden Familien den Ausweg Mispelr . Familie des Geschäftsinhabers wurden dl F ein 12jähnges Kind als Leichen herausgebracht, W weitere Kinder des Inhabers sind schwer velbla - wurden ins Hospital überführt. Außerdem erlitte Erstickungstod ein 7jähriges krankes Kind und eine Frau, die zur Rettung dieses Kindes ins zweite werk geeilt war. Hierzu wird noch berichtet: ^^8^' meldete Brand ist infolge einer Explosion entstanden. Augenzeugen berichten, daß mit furchtbarem Knall eine Schaufensterscheibe zertrümmert worden und gleich eine mächtige Flamme aus Fenster und Thür herausge schlagen sei. In wenigen Sccunden hatten die Flammen, die in dem mit Benzin, Spiritus uud sonstigen leicht brennbaren Materialien gefüllten Laden Nahrung fanden, ihren Weg über eine im Laden befindliche Treppe zum ersten und zweiten Stockwerk genommen und den dort befindlichen Hausbewohnern den Weg zur Flucht ver sperrt. Geneialoberarzt Dr. Kettner, der sofort zur Stelle war, konnte nur noch den Tod der drei Frauen und der beiden Kinder feststellen. Die beiden Kinder, die ins Hospital gebracht wurden, sind schwer verletzt. O e st e r r e i ch - U n g a r n. — Die Brünner Gemeindeorgane sind einem Schwindel auf die Spur gekommen, der darauf abzielt, die Volks- zählungsrcsultate zu Gunsten der Czecheu zu fälschen. So ist erwiesen, daß viele Hausbesorger von Czechen be stochen wurden, um in den von deutschen Parteien aus- gesülllen Volkszählungsbögen in der Rubrik Umgangs sprache das Wort: deutsch auszuradiren und dafür das Wort: czechisch einzusetzen. Weiter wurde konstatirt, daß czechische Hausbesitzer ihren deutschen Parteien die Anmeldebögen gar nicht ausgefolgt, daß sie diese viel mehr selbst ausgekülll und die deutschen Miethsparteien als Czechen angegeben haben. Auch Personen, die gar nicht in Brünn wohnen, sondern sich in Brünn nur zeit- weilig aushalten, wurden behufs Vergrößerung der Czechenzahl in Brünn in VolkszählungSbögen eingetragen. Gegen die ertappten Fälscher wird die Strafanzeige wegen Betrugs erstattet werden. Italien. Rom, 6. Januar. In der vergangenen Nacht ist zum ersten Male wieder seit mehreren Jahren Schnee gefallen: die Stadt und die Umgebung sind in eine weiße Decke gehüllt. Große Menschenmengen begeben sich nach dem Monte Pincio, um das ungewöhnliche großartige Schauspiel zu bewundern. Auch aus den wird Schneefall in fast ganz Italien gemeldet, elbst aus dem Süden. '