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Hchnstm-ErnMer Anzeiger WM für Wevßm-ßnWkl, MlnWitz, Gersdorf, Lugmi, Wüstensand, Urspnmq, Mittelbach, Hernrsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken u. s. w. Nr. 23. Sonntag, den 27. Januar 1901. Beilage. Vs/« EÄ»FS ««-/ei- rio» Äs»' örörrte fsbrilt von 8eiüenstolleii in 8zeii8en. 8peeigl.: §rLU^Is1äsr. Von 6b Pf. dis 10 ^1. Oss IVIklök, KöniZI., OwssdenoLi. n. sjeuoLl. Nofliefersnt. kilialv: I-sipLigz Ii6ioIi88tL'a886 33/35. Entstehende Welten. Schon auf der Schule lernt man die berühmten von Kant und Laplace gleichzeitig aufgestellte Theorie kennen, derzufolge sich das Sonnensystem aus einer rotirenden, glühenden Nebelmasse entwickelt haben soll. Diese Vorstellung hat sehr an Wahrscheinlichkeit ge wonnen, seit das Fernrohr am Fixsternhimmel große Nebelmassen entdeckt hat, die wohl nichts Anderes sind als Weltsysteme im Zustande des Werdens, wie er ur sprünglich auch unserm Sonnensystem eigen gewesen sein muß. Mit wunderbarer Anschaulichkeit hat neu lich der ausgezeichnete englische Astronom Sir Robert Ball die damit zusammenhängende Frage besprochen, und wir geben den Inhalt seiner prächtigen Darstell ung in seinen Hauptzügen wieder: Ein Photograph benutzt für seine Camera eine kleine Blende, wenn das Licht schwächer wird, damit er immer das richtige Maß von Licht auf seine Platte leiten kann. Die Regenbogenhaut des menschlichen Auges ist für dieses eine natürliche Blende; bei der Katze kann man die Wirkung der Regenbogenhaut noch leichter beobachten, weil sie bei ihr größer ist. Das Fernrohr unterstützt uns im Sehen, weil es gestattet, die Blende unseres Auges noch weiter zu vergrößern, denn da niemandes Auge so groß ist wie das Öbjectivglas eines Fernrohres, so sammelt dieses eine viel größere Menge von Strahlen und führt sie als ein kleines Bündel in unser Auge ein. So benutzt ein Beobachter an dem größten Fern rohr der Welt, dem Nerkes-Teleskop, dessen Linse eigent lich an Stelle seines Auges, also ein künstliches Auge von vierzig Zoll Durchmesser, an Stelle seines natür lichen von der Größe eines Fünfpfennigstückes. Mittels eines solchen Auges entschleiern sich uns wunderbare Geheimnisse des Sternhimmels. Es erscheinen am Firmament u. a. zahlreiche große Nebel, feurige Massen glühender Gase. Aber einige dieser Himmelskörper, die in einem kleinen Fernrohr als Nebel erscheinen, lösen sich in einem größeren zu Haufen winziger Sterne auf, und was vorher nur als ein Lichtfleck am Himmel erschien, bildet nun ein Gewimmel von Myriaden einzelner Sterne wie ebenso viele Diamanttropfen. Diese Thatsache führte einstmals zu einem lebhaften Streit, denn man meinte, es gäbe in Wirklichkeit über haupt kein solches Ding wie einen Nebel am Himmel, und die sogenannten Nebel erschienen nur deshalb als solche, weil wir noch kein genügend starkes Fernrohr hätten, um sie als das zu erkennen, was sie eigentlich wären, nämlich als Sternhaufen. Es war eines der großen Verdienste des Astronomen Huggins, des der zeitigen Präsidenten der Royal Society in London, das thatsächliche Vorhandensein von Nebeln am Himmel nachzuweisen und zu zeigen, wie sich ein Nebel von einem Sternhaufen mittels des Spektroskops sofort unterscheiden läßt. Wenn das Licht von einem Stern durch ein Prisma gelenkt wird, so entsteht ein Lichtband, dessen Farbe allmählich wie ein Regen bogen von Indigo und Violett bis zu Orange und Roth übergeht, und an gewissen Stellen von dunkeln Linien durchzogen wird. Das Bild von einem Nebel aber giebt, wenn es in dieser Weise behandelt wird, eine ganz andere Erscheinung, nämlich ein dunkles Band mit Hellen Linien. Dieser Sesamschlüssel befähigt den modernen Astronomen, von einem räthselhasten Himmelskörper mit Sicherheit zu sagen, ob er ein Stern ist oder aus einzelnen Sternen besteht oder ob er eine Nebelmasse ist, und er hat festzustellen erlaubt, daß viele Himmels körper nichts anderes sind, als ungeheure Massen glühen den Gases. Einige von ihnen mögen sich durch all mähliches Zusammenschrumpfen in Weltsysteme um wandeln, wie dasjenige, dessen Centrum unsere Sonne ist, bei anderen ist diese Umwandelung bereits vollendet. Zuweilen kann es fast scheinen, als sähen wir, wie das von Kant und Laplace verkündete Gesetz am Himmel in Thätigkeit tritt. Wenn wir z. B. durch ein Fernrohr den Blick auf den großen Spiralnebel im Sternbild der Jagdhunde richten, so erhalten wir den Eindruck einer ungeheuren, um einen Punkt herumgewirbelten Maste, von der sich kleinere Massen loszulösen scheinen, in der selben Weise, wie sich die Erde einst von der Sonne getrennt hat. Eine enorme Fülle solcher Nebelmasten ist über den ganzen Himmel ausgestreut in besten nördlicher wie in dessen südlicher Halbkugel, und einige von diesen Nebeln sind von so erstaunlicher Größe, daß man Stücke von der Fläche des deutschen Reiches ausschneiden und jedem Mann und jeder Frau und jedem Kind aus der Erde eines davon geben könnte, ohne daß eine,Abnahme zu bemerken wäre. Eine kaum zu zählende Menge solcher Nebel ist durch die großen Fernrohre und auf dem Wege der Photo graphie zu entdecken, aber eine noch viel größere ist in Wirklichkeit vorhanden, denn wir können nur diejenigen wahrnehmen, die mit der größten Fläche nach uns zu gerichtet sind. Da aber das Weltall nicht in der Ab sicht zusammengesetzt ist, von dem Erdenvolke beobachtet zu werden, so ist es Sache eines einfachen Vernunst- schlusses, daß noch viele Nebel nicht mit ihrer größten Fläche der Erde zugewandt sind und uns daher verborgen bleiben. Daraus mag man sich eine Vorstellung bilden von der unermeßlichen Zahl dieser werdenden Welten am Himmelszelt. Vermischtes. * Ueber die Grausamkeit der Boxer macht in einem vom „Schwäb. Merkur" veröffentlichten Briefe aus Iangtsou Prof. Dr. Küttner, zur Zeit Chefarzt des Lazareths vom Rothen Kreuz in Tsintau (Kiautschou) folgende weitere Mittheilunqen: „Wehe dem Armen, der dem Boxergesindel in die Hände füllt! Eine teuflische Erfindungsgabe besitzt der Chinese im Aussinnen gräß licher, für das Nervensystem der thierisch-stumpfsinnigen Kulis zugeschnittener Martern. So wurde vor Kurzem einer unserer Leute befreit, dem sie schon die Haut ab zuziehen begonnen hatten. Einen indischen Reiter haben sie auf die Erde festgebunden und über seinem Kopf ein mit Papier überspanntes Gestell angebracht, von welchem aus durch ein feines Loch dünner Saud auf deS Gefesselten Gesicht herunterrann. Auge, Mund und Nase wurden langsam durch den rieselnden Sand verdeckt, und der Arme erstickte in langem Todeskampfe. Noch viel schlimmere, wahrhaft unglaubliche Scheußlichkeiten zu schildern, sträubt sich die Feder; daß die Quälereien über 5 bis 6 Tage ausgedehnt und durch Ausreißen sämmtlicher Nägel, Haare und Zähne eingeleitet wurden, ist mehrfach vorgekomrnen. Ich kenne aus eigener An schauung den Albanesen wie den Kaffer; Beide sind unmenschlich, aber sie sind doch nur Stümper gegen die gelben bezopften Bestien. Weich' ein Unterschied gegen über dem Krieg unter gesitteten Nationen! Und diese Gesellen sollten unsere braven Trnppen noch zart an- sassen müssen!" * Fünf chinesische junge Mädchen wurden am letzten Sonnabend zu St. Franzisko versteigert. Obgleich eine große Menge zugegen war, erhob sich kein Widerspruch. 7000 bis 10 000 Mk. wurden für „das Stück" erzielt. * Die Ratte fängt an, interessant zu werden. Zu nächst hat sie ihre Eigenschaft als Verbreiterin der Pest der Wissenschaft interessant gemacht und jetzt hat sie sich als Schlaubergerin erster Klasse entpuppt. In eurer englischen naturwissenschastüchen Zeitschrift hat sich eine Erörterung darüber entwickel', in welcher Weise Ratten Eier aus einem Hühnerhause forttragen können, und dabei sind so merkwürdige Dinge zu Tage gekommen, daß man an ihrer Wahrheit zweifeln möchte. Einer der Mitarbeiter schrieb, daß er eines Tages auf einem Hof, in unmittelbarer Nähe des Hühnerstalles, drei Ratten bemerkt habe. Eine von ihnen hielt ein Hühnerei zwischen ihren Vorderbeinen, und dem Kopfe, während die anderen beiden sie bei jedem Ende gepackt, hatten und mit dem Rücken nach unten in ihren Mäulern fort schleppten. Am nächsten Tage hörte derselbe Gewährs mann in dem Hühnerhaus ein quiekendes Geräusch, das mehr dem Schrei eines Kindes als dem einer Ratte glich. Er öffnete die Thür und sah dort eine Ratle auf dem Rücken liegen, mit einem Ei m der beschriebenen Haltung, und zwei andere, die gerade dabei waren, sie aufzuheben und fortzuschleppen. Wenn diese Beobachtung wirklich zutreffend ist, würde man die Ratten von jetzt ab zu den rasfinirtesten Geschöpfen rechnen müssen. * Ueber die entsetzliche Blutthat von Semlin, welcher der dortige Gefängnißwärter mitsammt seiner ganzen Familie zum Opfer fiel, ist bereits berichtet worden. Der Mörder wurde in Belgrad festgenommen. Er kam mit dem Schnellzuge aus Semlin dort an. Da er verdächtig aussah und keine Papiere bei sich hatte, wurde er an der Weiterreise verhindert und in die Polizeipräfektur abgeführt. Aus der Vernehmung er gab sich, daß er nicht weniger als zehn Morde auf dem Gewissen hat. Im November v. I. wurde in einem Dorfe Detsch unweit Semlin ein serbischer Bauer, Raiho Rakitsch, mit Frau, Kind und Mutter ermordet aufgefunden. Nach längerem Fahnden gelang es zuletzt, den Mördern auf die Spur zu kommen, und einer von ihnen, der 23jährige Bauernbursche Raja Mariisch wurde verhaftet und dem Semliner Bezirks gericht eingeliefert. Mariisch ist die in Belgrad aufge griffene Persönlichkeit. Wie er ganz kaltblütig bei der Vernehmung erzählte, war er sicher, daß man ihn wegen des in Detsch ausgeführten Raubmordes zum Tode ver- urtheilen werde. Er trachtete, ans dem Gefängniß zu entkommen. Dies gelang ihm in der Nacht. Er tödtete den Gefängnißwärter Georg Pawetsch, drang dann in dessen Wohnung und erschlug dort noch dessen Frau, Schwägerin und drei Kinder, indem er ihnen mit einem schweren Eisengewicht die Köpfe förmlich zerschmetterte. Hierauf flüchtete er sich zum Bahnhof und fuhr nach Belgrad in der Absicht, sich in Serbien irgendwo zu ver stecken. Er wird an die ungarischen Behörden ausge- geliefert werden. * Die Braut in Flammen. Ein aufregender Vor fall, der zur Vorsicht mahnt, ereignete sich gelegentlich eines Maskenballes im „Fränkischen Hof" in Köln a. Rh. Ein junges Mädchen saß in leichtem Costüm von Tüll und Gaze in Gesellschaft seines Bräutigams unter der Gallerie, als ein gegenübersitzender junger Mann ein Streichholz an dem Porzellanbehälter entzündete, um-sich eine Cigarre anzubrennen. Hierbei sprang von der Zündmasse des Streichholzes ein Theilchen brennenden Phosphors ab und sofort stand das leichte Obergewand des jungen Mädchens in hellenMammen. Ueber und über brennend stürzte die Unglückliche in ihrer Angst dem Aus gange des Saales zu, wo sich ihr ein Herr aus der Gesellschaft entgegenwarf, sie zu Boden drückte, und sich dort so lange mit ihr herumwälzte, bis die Flammen erstickt waren. Dem Mädchen sind zwar die Kleider völlig vom Leibe verbrannt, doch hat es außer dem Ver lust des Haarschmuckes keinen körperlichen Schaden ge nommen. Nur der muthige Retter hatte sich die Hände arg verbrannt. Lomteß K a t h r e i u. Roman von B. d. Lancke n. (Nachdruck verboten.) 2. Fortsetzung. „Whist spielen sie, das weiß ich, ob sie zu Hause md, danach soll Sophie eben fragen. " Sophie brachte die Meldung zurück: „Die jungen Herren würden so frei sein." < Es war das erste Mal, daß die Generalin sie ge- müthlich einladen ließ. „Es ist sehr freundlich von Ihnen, daß Sie uns