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in und die Betheiligung an Diskussionen des Stadt- verorduetenkollegiums untersagt worden sei und er nur auf das ausdrückliche Verlangen des Vorsitzenden Aus kunft gebe. Da mehrere Wochen keine Rathssitzungen stattgefunden haben, könnte die Sache erst jetzt erledigt werden. Im Uebrigen weise er darauf hin, daß das Rathtplenum nur dann über einen Gegenstand verhandeln könne, wenn er ihm vom Nathsvorsttzenden (Bürgermeister Kretzschmar) vorgelegt werde und deshalb könne das Plenum kein Tadel treffen. Vorsitzender Lorenz sragt an, ob denn die Eingaben des Stadtverordnetencollegiums an den Stadtrath diesem in der nächstfolgenden Raths- sitzung vom Vorsitzenden. Herrn Bürgermeister Kretzschmar, nicht pflichtgemäß vorgelegt würden. Vizebürgermeister Stadtrath Petzoldt verneint dies. Er bedauert, eine weitere Auskunft nicht geben zu können, da sonst die Oberbehörde dies zu Monikas veranlassen könnte, er dürfe sich nicht an der Debatte betheiliqen, da die Stadt- räthe infolge der Verordnung der Oberbehörde bester thun, im Zuhörerraum ihren Platz einzunehmen. Sladt- verordneten-Vorsteher Lorenz verlangt entschieden, daß die Beschlüße des Stadtverordnetenkollegiums respektirt werden und verweist auf 8 26 Absatz 4 der Geschäfts ordnung, wonach der Bürgermeister als Rathsvorsitzender verpflichtet ist, die Protokolle des Stadtverordnetenkolle giums sofort dem Stadtrath vorzulegen. Stadtverordneter Müller erblickt in dieser Verschleppung eine zum mindesten inkorrekte Handlungsweise des Bürgermeisters Kretzschmar, es könne unter solchen Umständen das Wohl der Stadl nicht gedeihen und es sei an der Zeit, daß die Mit glieder des Sladlverordnetenkollegiums ihre Plätze räumten und es den Oberbehörden überließen, mit dem Herrn Bürgermeister zu wirthschasten. Gerichtsverhandlungen. tz Der Schneider Max Richard in Chemnitz war von 1897—1900 Kassirer und Vorsteher des daselbst bestehenden Sparvereins „Sidonia". In dieser Eigen schaft hat er nach und nach größere Summen 2300— 2400 Mk. des ihm anvertrauten Geldes veruntreut, so daß sich bei einer unvermutheten Kassenrevision ein Deficit von 1200 Mk. herausstellte. Der Angeklagte wurde zu zehn Monaten Gefängniß und zwei Jahren Ehrverlust verurtheilt. B ermis az t e s. * Ein prunkliebender Geldmensch ist der Groß spekulant Whitaker Wright, der sich in einer der lieb lichsten Gegenden der englischen Grasschast Surrey das Landgut Lea Park gekauft hat, das er mit Hilfe seines Goldes — das seine Gründungen ihm in die Tasche leiteten — in einen zauberhaften Feenpark umwandelte, und auf dem er em prunkvolles Schloß errichtete. In der Nähe des Schlosses befinden sich die Stallungen, die zur Aufnahme von 50 Pferden berechnet sind. Aber das sind keine gewöhnlichen Pferdeställe, sondern eine Gemäldegallerie, denn jede einzelne Box ist mit einem Gemälde geschmückt, das eine Jagdscene darstellt. Im Park hat Wright einen natürlichen See ableiten und einen künstlichen See anlegen lassen, unter dem sich ein prunkvolles Gemach mit Glasdach befindet, durch welches das Tageslicht durchschimmert. Im See selbst ist eine Grotte gebaut worden, in deren geheim nißvolles Dunkel man mit dem Nachen einfahren kann. Man steigt eine Treppe hinauf und tritt in eine Gallerte, die mit Bildwerken ausgestattet ist. Das Ge mach unterm See ist durch einen unterirdischen Gang mit dem Schloß verbunden. Elektrische Anlagen, ein Pferdespital, ein astronomisches Observatorium, kurz, was der Geist eines prunkliebenden Millionärs erdenken und eine unerschöpfliche Börse kaufen kann, befindet sich in Lea Park, dessen Besitzer außerdem in der Solent eine herrliche Yacht unterhält, die er gelegent lich zum Transport von Kunstschätzen aus Italien be nutzt. HondelS-Nachrichten. 4. Februar. (Wechsel-Cours). Ituiik- »seant Mark Amsterdam 6 T 169,35 B per 100 fl. b. ''2M 168,20 G Brüssel und Antwerpen , 8 T 81,25 G pr. 100 Francs. 3M 80,45 G Italienische Plätze - 10 T 76,98 G pr 1oO Liere ° 2M — Schweiz. Pl. 100 Frc. . 10 T 81,— G London 8T 20,49 G pr. I Lstrl. 4 3M 20,27 G Madrid und Barcelona 5 "T — pr. 100 Pesetas ° 2M — Paris 4 8 T 81,35 G pr 100 Franc ' 3M 80,75 G Petersburg b'/« b — pr. I00 Rubel ^3M — Warschau 100 Rubel 5'/, 8 T — Wien 84,95 K per 100 Kr. 3 W. 4/-3M 84,— G Reichsbank 5°/„, Lomb.-Z.-F. 6"/o. Itvrli». 4. Febr. Spiritus 7ocr loco ohne Faß 44,20 M. Umsatz: 8 000 Liter. 4. Febr. Kornzuckec cxcl. 88 "/» Rendement 10, 0 bis >0,30. Nachvrodmte excl. 75°/» Rendement 7,70 bis 8,0b. Stimmung: Ruhig. Kristallzucker I 28,9b. Brod- rafnnade t 29,20. Gen. Raffinade mit Faß 28.9b. Gem. Melis i mit Fast 28,45. Rohzucker 1. Product Transits f. a. B Hamburg per Febr. 9,25 bez, 9,27'/, Br., per Mürz 9,30 Gd., 9,32 Br., per Mai 9,47'/, bez., 9,50 Br., per Ang. 9.67'/, bez., 9,70 Br., per Sept. 9,20 Gd., 9,25 Br. Tendenz: Ruhig. üniukvr^. 4. Febr. Weizen befestigt. Holsteiner loco 145 bis lbb, La Plata l37—138. — Roggen ruhig, südruss. cif Hamburg 110 bis 112, loco 112—114, Mecklenburgischer 136. bis 144. Mais stetig, loco 105,50, — Hafer stetig, Gerste ruhig. Wetter: Kalt. ltrameo, 4. Februar. (Baumwolle). Tendenz: ruhig. Upl. middl. loco 50'/« Pfg. lbivarpoal, 4. Febr. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Umsatz: 7000 Ballen. Stimmung: Ruhig. Jmoort: 13000 Ballen. Preise unverändert bis '/,« niedriger. Umsatz x80i>0 davon für Ballen, Speculation und Export 500 Ballen verkauft. Amerik. stetig, höher, Ostindische unverändert, Egypter ruhig. Middling amerik. Lieferungen. Febr.-März 5'°/«« Käufer, April-Mai 5"/»« do., Juni-Juli 5°/«« do., Aug.-Sept. 4°'/«« do. Zahlungsein st ellungen: Kamm. August Mellin, Berlin. Kaufmann Eduard Wätzel jun., Bitterfeld. Kaufm. Mar Growald, Breslau. Mühlenbesitzer Emil Johann Merkel, Colditz Grund- und Ziegeleibesitzer Heinrich Tag, Charlottenhos-Gnesen. Offene Handelsgesellschaft unter der Firma Binnewirtz u. Meier, Krefeld Cartonagen-Fabrikant August Flaskamp, Krefeld. Kaufmann Heinrich Franz Oskar Schröder, Leipzig Kaufmann Carl Johannes Christovh Berger, Lübeck. Kettenfabiikant Ludwig Becker, Oberstem. Cigarrenfabrikant Hermann Ottomar Rudolph, Lunzenau- Penig. T. Lion Nachfolger, Wittenburg. Comtek Kathrein. Roman von B. d. Lancken. 10. Fortsetzung. „Es waren auch ein- oder zweimal zwei junge Herren hier, ehe wir abreisten, gemeinsame Bekannte von Ihnen und dem Major von Ried, nicht wahr? Sie kennen sich schon lange?" „Erst seit einem Jahre ungefähr, aber sie wohnen mit uns in demselben Hause und in derselben Etage, sie haben oft einen Abend bei uns zugebracht und mit Großmama Whist gespielt." „So, so." „Es ist Ihnen doch nicht unangenehm, Herr Kommerzienrath, daß die Herren mich hier aufsuchten?" „Unangenehm? nein!" Er stand plötzlich auf und ging ein paar Mal in der Veranda bin und her; dann blieb er vor Elisa beth stehen. Er sah sie an und aus diesen sonst so klaren, kalten Augen fiel ein Gluthstrahl in die des Mädchens, der sie erzittern machte in jeder Fiber ihres Körpers. Was war es, was sie in dem Blick dieses wildfremden Mannes so eigenartig, so mächtig ergriff, daß sie, wie zum Schutz dagegen, die schmale, weiße Hand über die Augen legte? „Was tragen Sie da sür einen Ring, Fräulein von Kottwitz?" fragte Mangold, sich zu ihr nieder beugend, und seine langen, mageren Finger berührten leise den Ring mit den verschlungenen Händen. „Ist das ein Liebesring, Fräulein von Kottwitz?" fragt er weiter, als sie schweigt; ihre Brust hebt und senkt sich rascher, sie meint, er müsse das Schlagen ihres Herzens hören. „Nein, o nein," kommt es dann von ihren Lippen und die Stimme, die diese drei kurzen Worte spricht, klingt hastig und trocken. „Dann legen Sie den Ring ab, Fräulein von Kottwitz, solch einen Ring sollte kein Mädchen tragen, das nicht Braut ist." Er nimmt ihr die Hand vom Gesicht und hält sie mit sanftem festem Druck in der seinen. „Bitte, legen Sie den Ring ab, Fräulein von Kottwitz," sagt er noch einmal, und es geht von den langen, mageren Fingern der Männerhand wie ein magnetischer Strom aus, der sie in sich zusammen schauern läßt, wie sie vorhin unter seinem Blick er schauerte. Mechanisch folgt sie seiner Weisung, streift den Reif ab und läßt ihn in ihre Tasche gleiten. Er ist überrascht, wie schnell und ohne jede Entgegnung sie sich seinem Wunsche fügt. „Ich danke Ihnen," sagt er weich; „wenn Sie wüßten, wie es mich beglückt, daß Sie eine derartige Rücksicht auf meine Bitte nehmen. Es ist Ihnen doch kein zu großes Opfer, den Ring nicht mehr zu tragen?" Sie schüttelt den Kopf, sie kann nicht sprechen und — sie will auch nicht; ihm aber ist sie nie ko schön und begehrenswerth erschienen, wie in diesem Moment, wo sie verwirrt und erröthend mit gesenktem Blick neben ihm steht; er tritt an den Tisch, sucht aus dem Blumenkorb eine prächtige, halberblühte Rose und reicht sie ihr; mährend sie die Blume erfaßt, beugt er sich herab, und küßt das zarte, blaugeäderte Hand gelenk, dann mit Gewalt sich beherrschend, geht er rasch in das Haus. Elisabeth steht wie von einem Traum umfangen, ein glänzender, sinnverwirrender, — aber doch ein böser, beängstigender Traum, in dem Gutes und Böses mit einander ringt. — Unten im Garten greift eine zarte Kinderhand heftig in die wirren Ranken der Clematis und preßt sie zornig zusammen, und unter dicksten, schwarzen Wimpern fliegt ein Blick aus den grauen Kinderaugen zu der lichten Mädchengestalt, üie der goldig rosige Abend sonnenschein mit seinem magischen Glanz umwebt. „O, wie ich sie hasse," sagt Kath'rin', „wie ich sie jetzt noch viel mehr hasse!" Neber das „warum" vermochte sie sich selbst keine Rechenschaft zu geben; sie hat nichts gehört, was die zwei dort oben gesprochen, sie hat nur gesehen, daß ihr Stiefvater ihrer schönen Gouvernante eine Rose ge schenkt und ihr die Hand geküßt hat, sie weiß, daß darin eine Auszeichnung liegt, die keiner ihrer früheren Erzieherinnen je zu Theil geworden, und Elisabeth, just Elisabeth gönnt sie diese Auszeichnung nicht; sie hat ihr vom ersten Monat an feindlich gegenüber ge standen, und daß ihr Stiefvater dieses Mal ihre Anti pathie nicht nur unberücksichtigt läßt, sondern sich bei jeder Gelegenheit auf Seite der Gouvernante stellt, das ist's, was die Abneigung des Kindes noch verschärft hat. „Komm, Terry," sagt Kath'rin' und zieht ihren weißen Pudel hinter sich her; langsam, mit trotzig ge hobenem Kopf steigt sie die Treppenstufen hinauf und geht, ohne sie eines Blickes zu würdigen, an Elisabeth vorüber. Bei dem Geräusch der Schritte sieht das junge Mädchen auf. „Kath'rin', wo warst Du?" fragt sie, heimlich er schrocken. Daß sie auch diesen unbequemen Zögling ganz vergessen hatte! — „Im Garten!" lautet die kurze Antwort. — „Und wohin willst Du jetzt? — warte," — sie raffte sich zusammen, — „ich komme mit." „Aber Sie brauchen nicht mitzukommen; ich gehe auf mein Zimmer," sagte das Mädchen abwehrend. Im Vestibül begegnete ihr der Kommerzienrath; er war im Paletot und Hut und knöpfte eben seine Handschuhe zu, ein Diener mit der leichten, grauen Wagendecke folgte ihm. „Ah, da bist Du ja, Trotzkopf," sagte Theodor Mangold, vor seiner Stieftochter stehen bleibend, möchtest Du nicht mit mir spazieren fahren? Vielleicht fährt Fräulein von Kottwitz auch mit." „Nein, ich danke, Papa; ick) mag nicht fahren heute." Er runzelte die Stirn. — „Nun wie Du willst." Damit trat er in die Veranda kinaus und Katharina stieg die breiten, mit rothen Plüschläufern belegten, schwarzen Marmortreppen hinauf. Oben in ihrem Stübchen nahm sie ihren Hut ab, löste Terry von der Leine, worauf er in einem mit weichen Kissen ausge statteten Körbchen sich erst ein paar Mal um sich selbst drehte, sich zusammenrollte und das schwarze Näschen zwischen seinen Pfoten verbergend, ein paar Mal recht tief aufseufzte, wie's Hunde thun, ehe sie sich zum Schlafen anschicken. Katharina hockte sich m eine Sophaecke, zog die Füße hoch, schlang die Arme um ihre Knie, stützte das Kinn darauf und sah mit ernstem Gesicht und leicht gerunzelter Stirn geradeaus durchs Fenster, wo der Himmel mit dem röthlichen Abend- schimmer überhaucht und darunter die theilweise schon herbstlich gefärbten Baumkronen zu ihr hineingrüßten. Sie fühlte sich sehr einsam und sehr unglücklich, und wenn sie über das junge, kurze Leben nachdachte, das hinter ihr lag, ergriffen sie schreckliche Gefühle, die sie sich selbst nicht zu erklären wußte, solch ein Ge misch von guten und bösen Regungen, von Stolz, Groll und namenloser Sehnsucht nach Liebe. — Liebe! — Comtesse Kath'rin', das vornehme, verwöhnte Kind hatte wenig davon empfangen durch die Menschen ihrer Umgebung, nachdem zuerst ihr Vater und vor 4 Jahren ihre schöne Mutter gestorben war; darum erinnerte sie sich so gerne der Zeit, die vor dieser lag. Das hübsche Gut, das Graf Neyschütz gehörte, das zierliche Haus mit dem großen, schattigen Garten da hinter ; sie selbst ein ganz kleines Mädchen, das von dem Papa vergöttert wurde und alle Menschen, mit denen sie zusammen kam, gut und lieb und freundlich. Von ihrem Vater hatte sie noch eine ganz deutliche Vorstellung, obgleich sie erst 7 Jahre zählte als er starb. Ein alter Herr war's gewesen, viel älter, als die Väter der beiden kleinen Mädchen von den Nach bargütern, mit denen sie zuweilen spielte, viel älter auch als ihre Mutier, — mit weißem Haupt- und Barthaar und einem unendlich vornehmen, gütigen Wesen. Gütig gegen Jedermann, gegen den Aermsten seiner Leute, um wie viel mehr erst gegen seine einzige kleine Tochter; — aber auch stolz, über die Maaßen stolz auf seinen Namen und seine Familie, und diesen Stolz hatte Katharina von ihm geerbt. Sie erinnerte sich noch sehr deutlich einer Scene, die sich ebenso wie die Worte des Grafen ihrem jungen Gemüth unaus löschlich eingeprägt hatte. (Fortsetzung folgt.) Telegraphische Nachrichten vom 5. Februar. (Hirsch's Telegr. Bureau.) Berlin. Dem „Berl. Tageblatt" wird aus London telegraphirt: Zwei britische Kriegsschiffe werden den Kaiser auf der Hohenzollern bei seiner Rückkehr begleiten; ein weiteres englisches Kriegsschiff soll auf den besonderen Wunsch des Kaisers seine Eskorte bilden. Der Kron prinz, der ursprünglich noch einige Tage hier bleiben sollte, begleitet den Kaiser auf der Heimreise, was den Gesundheitszustand der Kaiserin Friedrich als wenig be friedigend erscheinen läßt. Wenn das Wetter e» er laubt, wird eine Demonstration der Bevölkerung bei der heutigen Abfahrt des Kaisers aus London zu er. warten sein, die grandios zu werden verspricht. Berlin. Der zur Vorberathung de« Antrages Singer und Genossen betr. die Wohnungrnoth eingesetzte Aus» «