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wird Lord Salisbury nach den Beisetzungrfeierlichkeiten znrücktreten. AI« sein Nachfolger wird Chamberlain genannt. London, 29. Januar. Dem Reuterschen Bureau wird aus Pretoria gemeldet: In einer hier öffentlich verlesenen Proclamation, betreffend die Thronbesteigung Königs Eduard VH. von England, wird neben den anderen Titeln des Königs der Titel „Oberster Herr von und über Transvaal" aufgeführt. Nach der Verlesung der Proclamation brachte Lord Kitchener drei Hochs auf den König aus. — Trotz der absichtlichen Zweideutigkeit und Unvoll ständigkeit der amtlichen Berichte Kitcheners, gaben doch dessen telegraphische Berichte in erschreckender Weise Aufschluß über da« Umsichgreifen der verheerender Krank heiten im englischen Lager. Darnach haben seit dem 15. Januar täglich zwischen 20 und 35 Todesfälle in folge von Krankheiten stattgesunden, während die Zahl der täglichen Einlieferungen in die Feldlazarelhe und die Kranken zwischen 90 und 150 schwankt. Dabei macht sich eine fortwährende Steigerung bemerkbar, zu mal es festgestellt ist, daß die Vubonen-Pest ebenfalls bereits ihren Einzug in die englischen Lager gehalten h t. — Das Rentersche Bureau meldet, daß die ge fangenen Buren in Greepoint wegendesTodes der Königin Sport und Spiel aufgegeben hätten. So kurz und wenig besagend diese Meldung scheinen mag, so be- merkenswerth ist sie für die Beurtheilung der geschmähten Buren. Als Kimberley entsetzt wurde und die Nach richt nach Johannesburg gelangte, wußten sich die in Feindes Land geduldeten Engländer kaum zu halten. In einer Familie sollte ein Ball abgehalten werden. Ein Engländer fing dabei mit mehreren Deutschen Streit an, indem er ihnen erklärte, daß nunmehr das Glück sich gewendet hätte und man bald die Deutschen aus Johannesburg expediren würde. Im Rand Club, dem Centrum der englischen Uitländer, wurde bis zur Bewußtlosigkeit getrunken zur Feier des Ereignisses. Kurz und gut, die „gebildeten" Engländer benahmen sich in Johannesburg so rüpelhaft, wie möglich. Wohl- thuend dagegen wirkt die einfache Höflichkeit der ge fangenen Buren, die trotz ihrer Langeweile aus Rück sicht auf die Gefühle der Engländer für eine ganze Woche Sport und Spiel aufgeben. — Eine Abtheilung Buren nahm bei Springfontein eine aus 4 Mann bestehende englische Patrouille ge fangen. Nachdem sie den Soldaten die Waffen und Munition genommen hatten, ließen sie sie laufen. Vor her jedoch zählten die Buren sorgfältig die Patronen nach und fanden, daß drei der Gefangenen nicht die vorschriftsmäßige Anzahl bei sich trugen. General De Wet notirte sich die Namen der Betreffenden und sandte am nächsten Tage einen Kaffern mit einem Brief an den englischen Commandanten in Springfontein, worin er sich über die unvorschriftsmäßige Ausrüstung der drei Soldaten beschwerte. Das nächste Mal würde er jeden Engländer, der nicht die vorschriftsmäßige Anzahl von Patronen bei sich führte, als Gefangenen zurückbehalten. LertlicheS und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 30. Januar. — Der am 1. Februar fällige 1. Termin Grund steuer ist bis zum 10. Februar a. c. an die hiesige Stadtsteuereinnahme — Rathhaus Zimmer Nr. 2 — bei Vermeidung der zwangsweisen Beitreibung zu entrichten. — Im Gasthof zum grauen Wolf wird morgen, Donnerstag, Herr Albin Richter eine Vorstellung lebender Photographien veranstalten, auf die wir hiermit auf merksam machen. Näheres im Annoncentheil. — Der Niedererzgebirgische Turnqau wird seinen diesjährigen Turntog Sonnabend, den 24. März, in Falken abhalten. Ueberdies wird zur Erinnerung an die 25jährige Wiederkehr der Gründung des Gaues am 28. April im Saale des Altstädter Schützenhauses zu Hohenstein-Ernstthal ein großer Comme:s abgehalten. Im Sommer laufenden Jahres wird vcraussichlich auch eine Turnfahrt mit Schüler-Wettturnen den Gau be schäftigen. Als Wanderziel wurde hierzu der Mülsen grund in Aussicht genommen. — Das Finanzministerium hat die Bezirkssteuerein nahmen und diejenigen Gemeindebehörden, welchen in Staatseinkommensteuer-Angelegenheiten die Zwangsvoll- streckungsbefugniß ertheilt worden ist, mit Anweisung versehen, daß zum Concurse über das Vermögen irgend eines Beitragspflichtigen nur solche Staatseinkommen- steuerbeträge anzumelden sind, deren Zahlbarkeit bereits vor oder spätestens an dem Tage der Concurseröffnung eingetreten ist. Diese Bestimmung findet natürlich sinn gemäße Anwendung bei all.n etwaigen übrigen Steuer resten. — Wie schlimm es mit den sächsischen Finanzen be stellt ist, wird durch einen Erlaß der Generaldirektion der Staatsbahn an die Betricbsdirektionen beleuchtet, in dem u ii Unterlagen für den außerordentlichen Slaats- haushaltSetat ersucht wird. Darin heißt es unter An derem: „Bei Ausstellung des Vorberichtes ist besonder« zu beachten, daß auf Anweisung des König!. Finanz ministerium« in der Bauthätigkeit die größtmöglichste Zurückhaltung beobachtet werden muß, daß mithin nur auf Bauausführungen zuzukommen ist, für die thatsäch- lich ein dringende« Bedürfniß nachgewiesen wird. Die Ausführung von Bauten und insbesondere auch von Bahnhofserweiterungen aber, für welche in erster Linie nur Rücksichten der Bequemlichkeit, und zwar nicht so- wohl der Bequemlichkeit de« Publikum«, al« vielmehr die der Dienststellen selbst maßgebend sind, gestatte die jetzige Finanzlage in keinem Falle." — Die kommenden Steuerzuschläge. Zu diesem unerfreulichen Kapitel läßt sich die Sächs. Natlib. Korresp. folgendermaßen vernehmen: „Eine Meldung des konservativen „Vaterlands", daß dem nächsten Landtage eine 50 Prozent Zuschlag zur staatlichen Ein kommensteuer fordernde Vorlage zugehen werde, wird in den „Dresdner Nachrichten" unverzüglich dahin richtig gestellt, daß die Jnaussichtnahme eines Zuschlages in der vom „Vaterland" erwähnten Höhe durchaus nicht den Thatsachen entspricht. Die Schnelligkeit, mit der diese Richtigstellung erfolgte, läßt darauf schließen, daß die Bekanntgabe einer so hohen Zumuthung an die Opferwilligkeit der Steuerzahler auf konservativer Seite unangenehm empfunden und Werth darauf ge legt wird, die unausbleibliche Konsequenz einer völlig verfehlten Finanz- und Steuerpolitik nicht schon jetzt, vor den Landtagswahlen, wirksam werden zu lassen. Also 50 Prozent Zuschlag zur staatlichen Einkommen steuer werden nicht in Anspruch genommen werden, sondern weniger; aber Zuschläge kommen, so viel geht aus der Unterhaltung der gleichermaßen aus guten Quellen schöpfenden beiden konservativen Blätter her vor. An sich ist das weiter nicht verwunderlich. Die steuerpolitische Unfruchtbarkeit des Landtages 1897/98, für welche die konservative Mehrheit der zweiten Stände kammer die volle Verantwortung kaum wird ablehnen können, fordert eben nunmehr ein Opfer, das bei Lichte besehen, eigentlich schon vom Landtage 1899 hätte ver langt werden müssen und nur vermieden worden ist, weil beim ordentlichen Etat damals, wie der inzwischen verstorbene Vicepräsident Georgi unerbittlich nachwies, mit sehr hohen Einnahmeschätzungen, besonders bei den Staatseisenbahnen gearbeitet und dadurch die Bilanzir- ung des Etats ohne Zuschläge zur Einkommensteuer noch einmal ermöglicht worden war. Nach der scharfen Kritik, welche dieses Verfahren der Finanzverwaltung gefunden und in Ansehung der ihre Rückwirkung auf die Eisenbahnbetriebseinnahmen im ungünstigen Sinne äußernden wirthschaftlichen Krisis, bleibt bei vorsichtiger Aufstellung des Etats eben weiter nichts übrig, als zu allgemeinen Steuerzuschlägen zu greifen. Es tritt also das ein, was die Anhänger und Vertheidiger der von der Regierung dem Landtage 1897 unterbreiteten Steuer vorlagen, an erster Stelle von den Abgg. Georgi und Dr. Schill vorausgeiagt worden ist und selbst auf konservativer Seite perhorrescirt wurde, ohne daß man sich hier aber zu dem einzigen vorbeugenden Mittel aufzuschwingen vermochte, zur Annahme der Steuervor lagen. So sehr wir die unabweisbare Nothwendigkeit der Steuerzuschläge bedauern, ein Gutes werden sie mit sich bringen: Sie werden auf Abgeordnete und Wähler gleichermaßen erziehlich wirken und den für den nächsten Landtag zu erwartenden Steuervorlagen die Wege be reiten, sicherer als die eindringliche Rede eines ent schiedenen Anhängers der Steuervorlagen es vermöchte. Wir empfehlen den Wählern bei der demnächst ein setzenden Wahlbewegung den Kandivaten auf den Zahn zu fühlen und ihnen ihre Ansicht über allgemeine Steuerzuschläge und die dieselbe zeitigende Finanzpolitik nicht vorzuenthalten Versagt die Kammer auch dieses Mal, dann bleiben Steuerzuschläge und zwar über 50 Prozent hinausgehend in Permanenz. Hier vorzubeugen liegt m der Hand der Wähler, die sich dieser ihrer Pflicht ernstlich erinnern möchten. Im Uebrigen nehmen wir an, daß die Inanspruchnahme von Steuerzuschlägen sich entsprechend dem in beiden Kammern geäußerten Wunsche nicht auf die untersten Steuerklassen erstreckt, sondern diese frei läßt." — An die Kuren des Schäfers Ast und des Or. Volbeding erinnert ein Proceß, der sich augenblicklich in Leipzig abspielt. Auf der Anklagebank sitzt der „Heilkünstler" Kuhne. Der Mann hatte eine große Kundschaft, und seine Patienten glaubten, wie er selbst, an seine Heilkunst. Fast alle vernommenen Zeugen stimmten darin überein, daß sie bei den Zunstmedicinern keine Hilfe, bei Kuhne aber Linderung, Besserung und vielfach auch Heilung gefunden hätten. Und einer der Sachverständigen, Or. wkck. Lahmann-Dresden, hielt es für seine Pflicht, auf die zahlreichen Erfolge Kuhnes hinzuweisen, wenn er sich auch die Theorie Kuhnes, die er mehr als naiv bezeichnete, nicht aneigen könne. Von Betrug könne jedenfalls nicht im Entferntesten die Rede sein. Der zweite Sachverständige, Prof. vr. Trendelenburg-Leipzig, stand dagegen auf einem anderen Standpunkt. Zu welch' abenteuerlichen Schlüssen müsse Kuhne mitunter gekommen sein mit seiner Beobachtung von Gesicht, Schädel und Hals, denn eine Menge Abnormitäten brächte der Mensch mit auf die Welt, und viele seien nicht krankhafter Natur. In manchen Fällen möge die Kuhnekur Erleichterung geschafft haben, mit Recht aber werde ihm vorgeworfen, daß er für alle Krankheiten dieselben Vorschriften gegeben habe. Wie schematisch er vorgegangen sei, zeige ein Fall, wo er brieflich reizlose Diät, Rumpfbäder und mehrstündige Spaziergänge täglich einem — "/.jährigen Kinde ver ordnet hat. Stollberg, 29 Januar. Auf einem Teiche in NeuölSnitz spielten eine Anzahl kleiner Kinder. Plötzlich glitt ein siebenjähriger Knabe auS, stürzte inS eiskalte Wasser und ging unter. Diesen Vorfall hörte der auf der Straße gehende zehnjährige Säiulknabe Tschech. Schnell entschlossen eilte er zur Unglücksstätte, entledigte sich während des Laufens seiner Kleider, sprang beherzt dem Verunglückten nach und rettete ihn so vom Tode dcS Ertrinkens. — In der vergangenen Woche wurden nicht mehr als 4 hiesige Ladenbesitzer von einem 17- jährigen Handarbeiter, der erst aus der Strafanstalt Sachsenburg wegen eines Diebstahls entlassen worden war, in einer geradezu räuberischen Form heimgesucht. Erging in die Läden, um sich etwas zu kaufen, verlangte da Gegenstände, die immer erst geholt und gesucht werden mußten. Dabei nahm er, was ihm paßte und ergriff die Flucht. Es sind ihm dabei 6 Stück Uhr ketten im Werthe von 50 Mk., eine Ladenkasse mit 12 bis 13 Mk. in die Hände gefallen. Durch das schnelle Handeln der Polizei gelang es zur Genugthuung der betreffenden Ladenbesitzer, den Dieb Abends noch festzu nehmen. Oetzsch bei Leipzig. Aussehen erregt hier das plötzliche Verschwinden der Ehefrau eines Fabrikanten. Das Verschwinden der seit einiger Zeit an hochgradiger Nervosität leidenden Frau ist um so räthselhafter, als dieselbe in einem hinterlassenen Briefe von ihrem Ehe- manne Abschied auf immer nimmt, dagegen in einem an eine befreundete Familie in Plaqwitz gerichteten Schreiben anzeigt, daß sie noch Eintreffen an ihrem Ziele Nachricht geben will. Die Frau ist seit vier Jahren verheirolhet und Mutter von drei Kindern. — Aus dem Vogtlande, 29. Januar. In der Kammgarnfabrik von Carl Kamnitzer-in Oelsnitz ist der Feuermann Zohlcs in eine vor dem K-sselhause befind liche, mit kochendem Wasser gefüllte Grnbe gestürzt und hat sich dadurch eine lebensgefährliche Verbrennung tur unteren Körpertheile zugezogen. — Ein Opfer des jüngst-n Sturmes wurde am Sonnabend gegen Abend ein 83jähriger Einwohuer von Obergrochlitz, Heinrich Trommer. Der alte Mann hatte sich etwas Leseholz sammeln wollen, war aber aus dem Walde nicht wieder zurückgekehrt. Am Sonntag früh fanden ihn seine An gehörigen, in einem Wassergraben liegend, die Holzbürde noch auf dem Rücken, ertrunken. Ein Windstoß hatte Trommer zweifellos einen Abhang hinab und in den ziemlich tiefen Graben getrieben. Auerbach, 28. Januar. Die öffentlichen Aus einandersetzungen zwischen dem hiesigen Bürgermeister einerseits und den Hinterlassenen des ehemaligen Stadt- kassirers Stark andererseits wegen des vorhandenen Defizits in der Stadtkasfe dauern fort. Nachdem Bürgermeister Kretzschmar in einer öffentlichen Eiklürung Anfang December vorigen Jahres den verstorbenen Stadtkassirer Stark der Unehrlichkeit, der Unterschlagung beschuldigt hatte, bringen die August Starkschcn Erben in einer der letzten Nummern der „Auerbachschen Zeitung" eine Erwiderung. In derselben wird gesagt, daß bis zum Amtsantritt des Bürgermeisters die Starksche Buch- und Kassensührung in vollster Ordnung sich befand, und sich diese Behauptung auf ein Gutachten des verpflichteten Revisors Göhre stützt. Auch habe Kretzschmar dem Starkschen Schwiegersöhne ca. drei Jahre nach dem Tode Starks, und zwar nach mehrfachen Revisionen, freiwillig erklärt, daß die Bücher in vollster Ordnung seien. Dann heißt es in der Erklärung: Wenn Privat schulden ein genügender Anlaß zur Verdächtigung eines Beamten wären, so müßte Kretzschmar die letztere in erster Linie sich gefallen lassen, denn er hat nicht be stritten, daß er (nicht aber unser Vater) circa 30 000 Mark Schulden hatte, von denen 16 000 M. eingeklagt, also recht dringlich waren. Wir sind weit entfernt — so heißt es zum Schluß in der Entgegnung — hieraus den Schluß zu ziehen, daß Herr Kretzschmar durch einen Griff in die Stadtkasse sich zu helfen gesucht habe, aber wir wollen auch niemandem denselben Schluß bezüglich unseres VaterS gestatten. Vermischtes. * Verhaftung einer sechsfachen Kindermörderin? Eine sechsfache Mordthat ist durch Zufall in dem Dorfe Schwanteshagen bei Wollin aufgedeckt worden. Die dort beschäftigte Wirthschaftsmamsell S. war in der Flachskammer mit Ausgabe von Flachs an zwei Mägde beschäftigt, als sie durch die Ankunft der Herr schaft plötzlich abberufen worden; sie ließ infolgedessen die beiden Mägde allein in der Kammer zurück. In letzterer befand sich u. A. auch ein größerer sogen. Mädchenkasten, welcher sofort die Neugierde der Zurück gebliebenen erregte. Diese benutzten denn auch die kurze Abwesenheit der Mamsell, um den Kasten zu öffnen. Nachdem dies nach großer Anstrengung ge lungen war, bot sich ihnen ein entsetzlicher Anblick dar. Sie fanden in dem Kasten fünf neben einander gereihte Kinderleichen vor, die wahrscheinlich durch Rauch voll ständig zusammengetrocknet waren. Eine sechste Kinder leiche soll bei einer bald darauf erfolgten Haussuchung noch im Rauchfange an den Beinen hängend, aufge funden worden sein. Die dieser Mordlhaten beschuldigte Person ist bereits verhaftet worden, hat aber bis jetzt jede Mitwiffenschaft abgeleugnet. * In der Weinlaune schenkte ein Stammgast eine-