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den ersten Schritt ins Leben, den ersten Gang zur Schule machte Joachim an der Hand des älteren statt lichen Bruders. Das Vermögen der Familie war so unbedeutend, die Zinsen gering. Die Wittwe mußte durch Hand arbeiten dazu verdienen. In der kleinen Stadt, wo es dem Einzelnen unmöglich ist, sich den Beobacht ungen und Reden seiner mehr oder minder wohl wollenden Mitmenschen zu entziehe», wollte sie deshalb nicht bleiben. Sie siedelte mit den Knaben nach ihrer Vaterstadt, nach Berlin über. Ein Freund ihres ver storbenen Mannes, Major von Ried, ein älterer Jung geselle, stand ihr dabei mit Rath und That zur Seite. So konnten sie, wenn auch unter sehr dürftigen Ver hältnissen, doch ohne ernste pekuniäre Sorgen leben, so lange sie und die Kinder gesund blieben, zumal beide Knaben, hochbegabt, auf der Schule gut fort kamen und Hans sehr bald durch Nachhülfestunden noch etwas dazu verdiente. Das Schulgeld für Hans zu zahlen, ließ sich der alte Major, der außerdem sein Pathe war, nicht nehmen und während der Früh ling- und Sommermonate lud er auch Mutter und Kinder hin und wieder zu einer kleinen Vergnügungs fahrt in die Umgebung Berlins ein. Ein Nachmittag im Grunewald — aber nie an Sonntagen —, eine Fahrt nach dem Eierhäuschen oder gar, wenn die Zeugnisse sehr gut ausgefallen waren, mit dem Dampf schiff nach Potsdam, das waren Festtage und Glanz punkte in dem stillen, arbeitsamen und an Entsagungen reichen Leben der Witwe und ihrer Knaben. Hans zeigte früh schon ein hervorragendes Talent zum „Fabulieren," da aber der Major entschieden zu nächst eine bestimmte Berufswahl verlangte, wollte er Arzt werden, wie sein Vater. Das glänzende Ergeb niß der Reifeprüfung war die letzte große Freude, die Hans seiner Mutter bereitet hatte; sie hatte schon lange heimlich gekränkelt und sich schwach gefühlt und wurde nun ernstlich krank. Als der Herbstmind die ersten gelben Blätter von den Bäumen wehte, schloß sie die treuen Augen zum letzten Schlaf. Nun waren die Brüder ganz verwaist und nun erst zeigte es sich, was für ein tüchtiger Kern in dem Aelteren steckte und wie er es verstand, den: „Kleinen" Vater und Mutter zu ersetzen. Nichts konnte ihm be wegen, sich von Joachim zu trennen, und er wußte es mit Hilfe des Majors durchzusetzen, daß er Joachim bei sich behalten durfte. Sobald Joachim eiugesegnet war, miethete Hans die kleine Wohnung in der .... Straße; der Major legte wiederum ein Wort beim Vormund ein, der außerdem, selbst Vater von vielen Kindern, es nicht allzu ernst mit seinen Vormundschafts pflichten nahm und so lebten die beiden nun schon vier Jahre in bester Eintracht und Beschaulichkeit auf ihrer „Bude." Hans war bereits nach glänzend abge legter Staatsprüfung und seiner Promotion, Unter arzt im Krankenhaus unter Professor M., — Joachim wollte im nächsten Jahr sein Mature machen und sich dem Studium der Chemie widmen. So lagen die Verhältnisse, als die Generalin von Kottwitz in das Haus zog. Es war ein prachtvoll warmer Septembertag. Da die Wohnung leer stand, hinderte sie nichts, ein paar Tage vor dem gesetzlichen Termin einzuziehen und als Hans und Joachim Frobenius an diesem Tage von ihrem gemeinsam ein genommenen Mittagessen heinlkehrend die Treppen Hinaufstiegen, stand die Korridorthür zu der linksseitigen Wohnung weit auf, Männer schleppten sich mit großen Möbelstücken, alte Decken, hie und da auch Stroh und Tragriemen, lagen auf dem Vorflur, kurz die Unruhe und Ungemüthlichkeit eines Umzuges war bemerkbar. Als Hans und Joachim einen Augenblick stehen blieben, um zwei Arbeiter vorüber zu lassen, die einen sorg fältig verhüllten großen Spiegel trugen, hörten sie eine weibliche Stimme sagen: „Nur recht vorsichtig, bitte, recht vorsichtig!" Gleich darauf trat die Sprecherin selbst auf den Vorflur hinaus. Es war eine große, schlanke Gestalt von vornehmer Haltung mit einem so wunderbar schön geschnittenem Antlitz, daß es jedem sofort auffallen mußte, dazu ein zartes Colorit und große, leuchtende, braune Augen; das Haar zeigte jene wechselnden Schattierungen, wie man sie oft bei dem sogenannten richtigen Goldblond findet. Sie war sehr einfach an gezogen, hatte eine breite Schürze vorgebunden und trug alte Glacehandschuhe, — wohl zur Schonung der Hände. Die Augen des jungen Doctors und die des schönen Mädchens waren sich dann zum ersten Mal begegnet und zum ersten Mal war es, daß ein Weib einen tieferen, ihn ganz seltsam berührenden Eindruck auf ihn machte; höflich grüßend zog er seinen Hut, Joachim folgte seinem Beispiel, dann schlossen sie die Thür zu ihrer Wohnung auf; das Mädchen dankte mit einem leichten Neigen des Hauptes. (Fortsetzung folgt.) Telegraphische Nachrichten vom 24. Januar. (Hirsch's Telegr. Bureau.) Berlin. Die Petitions-Commission des Reichs tages hat eine Petition auf Wiedereinführung der Prügelstrafe abgelehnt, indem sie dieselbe als zur Er örterung im Plenum sür ungehörig erklärte. Berlin. Kaiser Wilhelm wird im Laufe des heutigen Tages sich von Osborne nach Portsmouth und von da nach Windsor begeben. Doch wird ange nommen, daß der Kaiser solange in England bleibt, bis der Kronprinz eintrifft. Dieser wird heute Morgen auf der „Hohenzollern" in Cowes erwartet. London. Der Commandeur der König!. Dacht „Alberta" hat Befehl erhalten, sein Schiff in Bereit schaft zu halten, um die Leiche der Königin von Osborne nach Portsmouth am Freitag zu überführen, wo beim Landen dec Leiche eine imposante militärische Ceremonie stattfinden wird. Die Truppen werden an der Land ungsbrücke Spalier bilden. König Eduard fährt heute nach Osborne zurück. — Die Königin wird in Windsor beigesetzt werden; die Leichenfeier wird wahrscheinlich einen militärischen Charakter tragen, doch ist der Tag der Bestattung noch nicht festgesetzt worden, er soll aber nicht lange hinausgeschobcn werden. Die Scene, als gestern Nachmittag die königlichen Bediensteten und die GutSbevölkerung von der Leiche Abschied nahmen, war ergreifend. Der Ausdruck des Gesichts der Entschlafenen ist ruhig und friedlich. London. Nach der Eidesleistung vor dem Geheimen Rath ergriff der König das Wort zu folgender Rede: Er nehme den Namen Edward VII. an, gemäß dem Wunsche seiner geliebten Mutter, welche die höchsten häuslichen Tugenden mit der Vaterlandsliebe einer friedliebenden Monarchin in sich vereinigt habe. Er habe d.n ehrerbietigen Wunsch, das Andenken und den Namen seines Batecs Albert als den ausschließlichen Schatz seiner geliebten Mutier zubelassen. Jener Name sei unzertrennlich von allein, was gut, und werde ewig leben. Tiotz seines persönliche!: Wunsches könne er nicht hoffen, dem Ruhme und den Tugenden, die mit Prinz Alberts Namen verknüpft seien, gerecht zu werden. Mit großem Nachdruck sprach dann der König von der Ver antwortlichkeit der hohen Würde, die auf ihn gefallen sei. Er werde alle Kraft einsetzen, um sich seiner großen Stellung würdug zu zeigen, er werde dem Wohle des Landes und des Reiches sein Leben wsihen, in dem Bewußtsein, daß ihm Parlament und Volk treu zur Seile stehen werden. Brüssel. Das Blatt XX. Siöcle erfährt durch seine» Londoner Correspondenten von einer viertel stündigen geheimen Unterhaltung, die Königin Viktoria angeblich mit dein Deutschen Kaiser gehabt haben solle. Kaiser Wilhelm hätte das Versprechen abgegeben, durch seine Intervention den Krieg in Süd-Afrika zu beendige». Die Großmächte seien hierüber bereits verständigt worden. Montreal. In dem Stadtviertel, in welchen: sich die Engrosgeschäfte befinden, wüthet eine große Feuersbrunst. Zehn Waarenhäuser and Gebäude des Handelsstaudes stehen in Flammen. Der Schaden soll sich schon auf Millionen belaufe::. W.-KtchtilliiONtjii OHE" für Hohenstein-Ernstthal (Neustadt). Sonntag, den 27. Jannar, Nach»: 6 Uhr in: Stadthaus Ksupl-Vei-s«mmlung. Um allseitiges Erscheinen der Mitglieder bittet der Gesammt-Borstand. Fritz Fickenscher, Vorst Wichtig für alle Bruchleidenden! Durch mein Excelsior-Bruchband u. A. bei einem 70jähr. 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