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ruropäischen Macht besucht hat. Prinz Tschun ähnelt seinem kaiserlichen Bruder sehr, nur ist er etwa- stärker und sieht gesünder aus. Seine Züge haben etwa« sehr Sympathisches und verrathen eine gewisse Intelligenz. Der Besuch bei Dr. von Mumm währte zwanzig Minuten; die Unterredung, bei der LegotivnSrath von der Goltz und Dr. Krebs als Dolmetscher fungirten, fand im Arbeitszimmer des Gesandten statt. OertlicheS n«d Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 12. Januar. — Zu dem Uebertritt eine» katholischen Geistlichen- über welchen wir bereits berichteten, schreibt die „Ev.- luth. Kirchen-Ztg." : „Der Dresdner Hoskaplan Gustav Vogt ist im Octobcr in Halle mit mehreren auswärtigen Priestern zur evangelischen Kirche übergetreten. Dies wird auffallenderweise erst jetzt bekannt. Interessant an dem Falle ist besonders, daß wie man hört, der Ge nannte Auftrag erhalten hatte, die protestantischen Streitschriften der Los von Rom-Bewegung zu studiren, um dann als Sachkundiger in Oesterreich gegen die evangelische Bewegung Verwendung zu finden; statt dessen ist er selbst evangelisch geworden. Im Jahre 1893 war er Domvikar in Bautzen geworden, und seit einiger Zeit, wie gesagt, Hofkaplan in Dresden. Er wendet sich jetzt in Hannover einem bürgerlichen Be rufe zu." — Der Sächsische Pestalozzi-Verein hat im Laufe deS vorigen Jahres folgende Herren Bezirksvorsteher, die nach langem verdienstvollen Wirken ihre Aemter niederlegten, durch seinen Vorstand mit Ehreudiplomeu ausgezeichnet: Lehrer Bernhardt in Oschatz, Kantor Eckhardt in Neudorf i. E., Lehrer Müller in Chemnitz, Kantor Offermann in Gröbern, Oberlehrer Prüfer in Dresden-Striesen, Lehrer Starke in Meißen. (Herr Schuldirector Röder in Johanngeorgenstadt verstarb vor Ausfertigung des ihm zugedachten Diploms.) — König Albert von Sachsen sagte einem Mit arbeiter der Münchener „Allg. Ztg", es sei ein fehler hafter Zug in der modernen Urtheilsbildung, stets zu fragen, was die Großen des Reiches dächten. Diese ihrerseits wünschten im Gegentheil sehr oft, zu erfahren, was das Volk denkt. — Auf der Eisenbahn kommt es gar oft vor, daß Reisende über die Bestimmungsstation, d. h. über die jenige Station, bis zu der sie Fahrkarte gelöst haben, hinausfahren. Man nennt dieses Zuweitfahren in Eisen bahnkreisen Paffagier-Verschleppung. In dieser Be zeichnung liegt der Sinn, daß der Reisende durch Ver schulden des EisenbahnpersonaiS wiver seinen Willen zu weit gefahren ist. Etwas anderes ist es, wenn das Eisenbahnpersonal dem Reisenden gegenüber seine volle Schuldigkeit erfüllt, d. h. die Wagenlhüren geöffnet und den Stationsnamen laut und deutlich auSgerufen hat. Wenn dann der Reisende dennoch über sein Reiseziel hinausfährt, so liegt eigenes Verschulden vor und der Begriff Verschleppung kann natürlich in solchem Falle keine Anwendung finden. Trotzdem aber glauben, wie man auf Reisen oft beobachten kann, viele Leute, daß sie den Schaffner für die wider Willen zurückgelegte Reise unter allen Umständen verantwortlich machen können und in ihrem Rechte seien, wenn sie freie Hin- und Rückbeförderung verlangen und womöglich gar noch Schädensansprüche für Zeitverlust usw. an die Bahn verwaltung stellen. Dreht dann die Eisenbahnvsrwallung den Spieß um und verlangt den doppelten Fahrpreis für die ohne Fahrkarte zurückgelegte Strecke oder ver langt die übliche Bahnpolizeistrafe von 6 Mk., dann em pfinden sie diese Maßregel als ein großes Unrecht und so mancher verweigert die Zahlung, was dann gewöhn lich eine gerichtliche Beitreibung des verwirkten Straf- betrages zur Folge hat. Wie dann das Gericht über die begangene Handlung unter Umständen denkt und urtheilt, darüber belehrt uns ein in der Zeitschrift „Gesetz und Recht" erwähnter Fall des Zuweitfahrens, wonach ein Schöffengericht mit schwerem Herzen die Strafe wegen Betruges hat aussprechen muffen. Hal es der Betreffende zu Schlimmem kommen lassen und ist er endlich mit sich darüber einig, daß er nach Gesetz und Recht im Unrecht ist, dann heißt es gewöhnlich: Ich habe mir ja gar nichts dabei gedacht! Wie gern würde er dann eine hohe Summe darum geben, wenn er die Strafe wegen Betruges von sich abwenden könnte. „Ich habe mir nichts dabei gedacht", so sagt wohl auch mancher, der eine für sich gelöste Rückfahrkarte oder ein Rundreisefahrscheinheft oder eine Monatskarte u. a. m. einem andern zur Benutzung übergiebt und dann, im Falle diese Handlung an den Tag kommt, wegen Be trugs sich zu verantworten hat. Warum? Weil der- artige Fahrtausweise, wie auch ein darauf ersichtlicher Ausdruck erkennen läßt, unübertragbar sind, denn die in ihnen liegende Fahrpreis-Vergünstigung ist bestimmungr- gemäß nur demjenigen zugestanden, der sie'erstmalig be nutzt, nicht aber auch dritten, vierten usw. Personen. Darum heißt es: nicht minder vorsichtig in der Ge- bahrung mit solchen Fahrtausweisen, wie in Bezug auf das Zuweitsahren ohne Fahrkarte sein. — Eine Radfahrerkarte von Sachsen giebt im kommenden Frühjahr der Sächsische Radfahrer-Bund heraus. Dieselbe wird in Planmanier sechsfarbig her gestellt und umfaßt im Maßstabe 1: 350 000 das Königreich Sachsen nebst den Grenzbezirken der Nach barstaaten bis zu folgenden Städten als weitesten Punkten. Rudolstadt im Westen, Görlitz im Osten, Halle im Norden, Eger im Süden. Die Karte wird an die Mitglieder des Sächsischen Radfahrer-Bundes umsonst abgegeben. Behufs Beitritt zu dieser Körper schaft wende man sich an Herrn Friedrich Pfost, Leipzig, Brüderstraße 6. — Das verzinslich angelegte Kapital des Johannis stifts in Leipzig belief sich am 1. Juli 1900 auf 3,635,902 Mark. Außerdem besaß das Stift noch ein bedeutendes Vermögen, das in Arealen in der Stadt flur, sowie in Gütern in der Umgegend Leipzig (Plaußig, Dösen, Seehausen, Zuckehausen rc.) angelegt ist. Das Gesammtvermögen des Stiftes läßt sich nach dem letzten Status auf über 7 Millionen Mark veran schlagen. — Ein militärpflichtiger junger Mann aus Plauen i. V., der es versäumt hatte, im vorigen Jahre zur Musterung zu erscheinen, ist nachträglich in Plauen zum Militär ausgehoben und vom Königlichen Bezirks kommando daselbst nach Zwickau abgeliefert worden. Er muß nun bis zum Herbste dieses Jahres beim Regiment verbleiben, bevor für ihn die regelrechte zweijährige Dienstzeit beginnt. Waldenburg, 11. Jan. In der am Mittwoch abgehaltenen Stadtverordnetensitzung kam ein Schreiben der Firma Kummer u. Co. in Niedersedlitz zur Verlesung, nach welcher die genannte Firma von der Ausführung des Bahnprojectes Limbach-Waldenburg vorläufig absiebt. Dresden. Viel besprochen wird der Selbstmord eines hiesigen, jungen Osficiers, der sich am vergangenen Montag in seiner Wohnung mit dem Dienstgewehr seines Burschen erschossen hat. Der Verstorbene hatte infolge von Vorkommnissen in der Sylvesternacht, bei denen er sich auch erheblich gegen Pol zeibeamte ver gangen, eine strenge Strafe zu gewärtigen. Chemnitz, 10. Januar. Ein hiesiger Arzt hält auch in Annaberg Sprechstunden ab. Darüber haben sich nun Annaberger Aerzte bei dem hiesigen ärztlichen Bezirksverein beschwert. Der Standesausschuß des Vereins untersuchte die Angelegenheit und kam zu dem Schluß, daß ein solches Gebühren nicht der ärztlichen Standeswürde entspreche. Der Verein beschloß darauf dem Arzte das weitere Abhallen von Sprechstunden in Annaberg zu verbieten und die Angelegenheit selbst dem ärztlichen Ehrenrath zu unterbreiten. — Schwere Brandwunden am ganzen Körper hat sich in der Nacht zum Freitag in Chemnitz ein 15jähriges Dienstmädchen zugezogen. Das Mädchen hatte die Gewohnheit sich Nachts angezogen aufs Bett zu legen und bei Lampenlicht zu lesen. Dabei ist sie eingeschlafen und hat im Schlafe die Petroleumlampe umgestoßen; diese fft explodirt und das brennende Oel hat sich über dre Unglückliche ergossen. Sie lief hell brennend zu einer auf demselben Boden wohnenden Frau, welche ihr die Kleider vom Leibe riß und das Feuer löschte. Die Verunglückte wurde in das Kranken haus ausgenommen. Zwickau. In der letzten Stadtverordneten-Sitz- ung wurde wieder über die gänzliche Unzulänglichkeit des hiesigen Personenbahnhofs dabattirt. Der Raths- vorsitzende gab bekannt, daß zunächst mit 138 000 Mk. ein Jnterimsbau vom Staatsfiskus geplant, ein völliger Neubau aber für später ins Auge gefaßt sei, daß aber auch für diesen Jnterimsbau der Fiskus verschiedene Projekte aufgestellt, für ein bestimmtes sich aber noch nicht entschieden habe. — In Meerane machte vorgestern der Bäcker meister R. seinem Leben dadurch ein Ende, daß er sich die Pulsader durchschnitt. — In der Nähe von Hartha ist am Dienstag ein Bettler erfroren aufgefunden worden. Riesa, 10. Januar. Der etwa 18000 Centner Tragfähigkeit besitzende, mit Getreide befrachtete eiserne Schleppkahn des Schiffseigners Arthur Thieme aus Hamburg, der am hiesigen Elbquai unter der Brücke angelegt hatte, kam in Folge schnellen Rückganges des Wasserstandes der Elbe mit dem Mitteltheil auf Grund und brach mitten durch. Rochlitz, 11. Januar. Mit der erfolgten neuen Verhaftung des Stuhlbauers August Stirl in Hilms dorf bei Geringswalde wird in unserer durch die wieder holten Mordanfälle stark erregten Gegend wohl Beruhig ung eintreten. Die Volksstimme bezeichnete Stirl schon bei seiner ersten Verhaftung als den Mörder der armen Ella Hinkelmann und Großmilkau und seine nächste Umgebung war äußerst erregt, als damals nach siebentägiger Haft Stirl wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Er hat sich gerade ein Vierteljahr lang der Freiheit erfreuen dürfen, nun sitzt er wohlverwahrt und unschädlich im Chemnitzer Landgerichts - Gefängniß. Seine Freiheit benutzte er, bettelnd die ganze Gegend abzustreifen. Es blieb ihm wohl auch nicht viel Anderes übrig, fand er doch nach Bekanntwerden seines Vorlebens und in Folge des schrecklichen Ver dachtes, der auf ihm lastete, nirgends mehr Arbeit. Als Bettler dürfte er keine schlechten Geschäfte ge macht haben. Dem Manne mit dem Verbrechergesichte, dessen Persönlichkeit bald in der ganzen Gegend be kannt war, gab man schon aus Furcht ein Geldstück. Die Erhebungen der Staatsanwaltschaft sind unterdessen im Geheimen ununterbrochen fortgesetzt worden, i Criminalbeamte und Geheimpolizisten haben weitere, Ermittelungen angestellt, und damit ist das Netz um Stirl schließlich so eng geworden, daß seine Verhaftung von Neuem gerechtfertigt war. Der gerichtlichen Vor untersuchung gegen Stirl, die damit eingeleitet worden ist, wird voraussichtlich die Verweisung der Sache an das königliche Landgericht folgen, und dann wird ver- muthlich noch vor dem nächsten Sommer das Schwur gericht das Urtheil zu sprechen haben. Ist Stirl in Wahrheit der gesuchte Mörder, so wird er wohl kaum den Tag erleben, an dem sich die grausige Blutthat im Großmilkauer Walde zum ersten Male jährt. Cunnersdorf bei Dresden. Ein dreistes Räuberstückchen setzte die Bewohner unseres Ortes in Aufregung. Ein früher bei dem Stellmachermeister Wagner dienender Wirthschaftsgehilfe drang am letzten Dienstag bei der allein zu Hause befindlichen Frau seines früheren Dienstherrn ein und zwang sie unter Drohungen und Mißhandlungen zur Herausgabe einer bedeutenden Summe Geldes. Der Bursche schloß die schwer geängstigte Frau dann ein und machte sich aus dem Staube. Die Frau wurde durch Nachbarn befreit. Gerichtsverhandlungen. 8 Zwickau, 11. Januar. Am 28. August v. I. erlitt in einem hiesigem Schachte ein Bergarbeiter den Tod dadurch, daß ein Kohlenhunt ihn überrannte. Diesen Hund hatte fahrlässiger Weise der Fördermann Emil Hermann Leonhardt in den Arbeitsplatz des Ver- unglückten laufen lassen. Leonhardt wurde jetzt wegen fahrlässiger Tödtung zu 3 Wochen Gefängniß verurtheilt. Z Dresden, 11. Januar. In der zweiten Hälfte des Monats October berichteten wir in der Angelegenheit des „schlafenden Bremsers" von Naußlitz, daß ein junger Mann diejenigen Personen, welche den „schlasenden Bremser" Dietrich in seiner Wohnung haben umhergihen und leichte Arbeiten verrichten sehen, zu beeinflussen ver sucht habe, wobei er sich als Beamter der Staatsan waltschaft ausqegeben hat. Dieser Pseudo-Staatsan waltsbeamte stand heute vor dem hiesigen Landgericht. Es ist dies der oftmals sehr schwer „wegen Diebstahls", öffentlicher Urkundenfälschung u. s. w. vorbestrafte Tischlergeselle Carl Arthur Max Gebauer. Die Be weisaufnahme ergab die Schuld des Angeklagten, worauf derselbe zu 10 Monaten Gefängniß und fünf Wochen Haft verurtheilt wurde. Vermisstes. * Fürst und Bürgerstochter. Wie man sich in der österreichischen Hauptstadt erzählt, wird der Majorats herr der Körmender Batthyani'schen Linie, Fürst Edmund Batthyany-Stratmann, der gegenwärtig im 75. Lebensjahre steht, sich in den nächsten Tagen in Wien mit Fräulein Amalie Holzmann, der schönen Tochter einer Wiener Familie, vermählen. Im Körmender Stammschlosse werden bereits Vorbereitungen zum Empfange des Paares getroffen. Edmund Gustav Fürst Batthyany, Graf von Strattinann, wurde am 20. November 1826 zu Mailand geboren und ge hört zu den vornehmsten und reichsten Magnaten Ungarns. Seine erste Gattin starb im Jahre 1892. Die Dame, welche der alte Fürst nun als Braut heim führt, ist keineswegs unbekannt; denn seit mehr als 15 Jahren beliebte es dem Fürsten, sich öffentlich mit ihr zu zeigen, in auffallend gelegenen Theaterlogen, auf öffentlichen Bällen, in fremden Ländern sogar am Turf und bei Nachtwettfahrten. Als sie ganz jung war, machte ihre Erscheinung, wohin sie auch kam, Sensation. Zart, weiß, blond und von durchsichtigstem Teint hatte sie etwas ätherisches, feenhaftes, und dazu gab sie sich mit einer abweisenden Vornehmheit, so daß man sich gar kein Geschlecht denken konnte, welches Vie Ehre hatte, eine solche Himmelserscheinung zu seinen Sprossen zu rechnen. Fürst Edmund Batthyani machte auch aus seiner Ver ehrung für sie gar kern Hehl und führte sie, soweit es sociale Rücksichten möglich machten, überall in die Welt. Aber niemals erschien er in der Rolle ihres Ritters. Diese übernahm ein unbemittelter Graf, an dessen Arm die Schöne in den Ballsaal, in die Loge schwebte. Fürst Batthyani folgte dann nach mit dem Fächer und dem Taschentuch dec Angebeteten, und beide Herren wetteiferten in Aufmerksamkeiten für die Dame, die alles mit Herablassung entgegennahm und nur selten lächelte. Warum sie der Fürst, der getrennt von der Gattin lebte, erst acht Jahre nach dem Tode der letzteren heirathet, ist unverständlich. * Kurz war der Traum! Aus München wird be richtet: Ein hiesiger nultlerer Beamter hatte sich mit einem hübschen Mädchen aus achtbarer Familie verlobt und bald darauf auch vermählt. Das Hochzeitsfest wurde in Freundes- und Bekanntenkreisen nach gut bayrischem Brauche gefeiert, d. h. man suchte dem Bräutigam die Braut zu stehlen, um mit idr dann auf Kosten des Bräutigams zu zechen. Während nun der glückliche Bräutigam in ein eifriges Gespräch verwickelt war, wurde die Braut „gestohlen." Darauf aufmerksam ge macht, machte sich unter allgemeinem Gelächter der Bräutigam auf die Suche nach seiner jungen Ehehälfte und fand sie auch nach längerer Zeit unvermuthet in der Wohnung eines Hochzeitsgastes im — gemüthlichen tötk-ü-M«! Natürlich hatte das Hochzeitsfest dadurch ein rasches Ende gefunden. Die Braut wurde zu ihren