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28. Jahrgang. Sonntag, dell 13. Januar 1901 Nr. 11. Redaction und Expedition: Bahnstraßc 3 (nahe dein K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. siir Weisltk-tztBlist, MrkWitz, HeMrs, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. s. ^ Jnsertionsgebühren: die funfgespattene 12 Pfg" Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg-, Rabatt. Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufg Annahme der Inserate für die folgens """ erbeten. 10 Uhr. Größere Anzeigen A^nds voryer 2. öffentliche Stadtverordnetensitzung Dienstag, den 13. Jannar 1it0I, -lbends 8 Uhr. Hohenstein-Ernstthal, am l2. Januar 1901. E. Rcdslot», Stadtverordneter. Tagesordnung: 1. Wahl der Ausschüsse. 2. Festsetzung der Baufluchtlinie der verlängerten Zeißigstraße. 3. Richtigsprechung der Armenkassenrechnung von Hohenstein auf das Jahr 1897. Bekanntmachung. Auf Grund des H 3 der Fernsprechgebühren-Orduung vom 20. Dezember 1899 (Reichsgesetzbl. S. 711) wird folgendes bekannt gemacht. Für jeden Anschluß an das Fernsprechnetz in Hoheustcin-Erttflthal, welcher nicht weiter als 5 lem non der Vermittelungsstelle entfernt ist, beträgt vom 1. April 1901 ab die Bauschgebühr 100 Mark ö. wenn an deren Stelle die Grundgebühr und Gesprächsgebühr gezahlt werden, . 1. die Grundgebühr . 60 Marc 2. die Gesprächsgebühr 5 Pf., mindestens jährlich 20 -Aar Die Theilnehmer, welche an Stelle der Bauschgebühr die Grun st Gesprächsgebühr zahlen wollen, müssen dies dem Kaiserlichen Postam. q? v stein-Ernstthal vor Ablauf des Februar schriftlich mittheilen. « alsdann zum 1. April andere Anschlußnummern. Theilnehmer, berei s st - bühren zur Zeit niedriger sind, als die künftig geltende Bauschgebuy, , ihre Anschlüsse für den 1. April kündigen. Die Kündigung ist ms des Februar schriftlich bei dem Kaiserlichen Postamt in HoheNsteiN-^rNf y anzubringen. Chemnitz, 10. Januar 1901. Kaiserliche Ober-Postdirection. Richter. Tag " - Z c schicht c. . 'ches Rei - Berlin Reichstag. Der Präsident erbittet und erhält die Ermächtigung, dem Kaiser anläßlich seines Geburtstages und anläßlich des 200jährigen Gedenk tags des Bestehens des Königreichs Preußen die Glück wünsche des Reichstags auszusprechen. — Auf der Tagesordnung steht ein von dem Abg. Nießler u. Gen. (kons.) beantragter Gesetzentwurf betreffend die Novelle zum Jnvalidenfondsgesetz Die Novelle will auch den 1870er Kriegsveteranen, deren Erwerbsfähigkeit seit dem durch Älter oder Krankheit auf weniger als ein Drittel herabgesetzt ist, Unlerstützungsansprüche gewähren. Eine Resolution des Antragstellers verlangt außerdem Bereitstellung entsprechender Mittel, nöthigenfglls aus dem Wege eines Nachtragetats. — Äbg. Nießler empfiehlt den Antrag warm. Es sei eine Ehrenpflicht des Reiches, in solcher Weise für seine alten Kriegs veteranen, soweit diese unterstützungsbedürftig gewor den, zu sorgen. 120 Mk. jährlich sei gar nicht zu viel, aber doch für die Betreffenden etwas. — Abg. Speck (Centr.) steht dem Anträge sympathisch gegen über, doch müßte die finanzielle Wirkung in der Bud- getkommission eingehend geprüft werden; in einer Frage, in der die Regierung leider so wenig Entgegen kommen zeige, müsse der Reichstag seine' Forderung genau stubstantiire». — Abg. Dr. Arendt (Reiehsp.) äußert ebenfalls seine Sympathie mit dem Anträge und kündigt einen Unterantrag an betreffend das Ver fahren bei" Feststellung des Maßes der Erwerbsunfühig- keit. Die jetzige Methode hierbei berücksichtige vielfach zu wenig die Unterstützungsbedürftigkeit. Der Anspruch dürfe nicht mehr wie bisher von einer absoluten Hilfs bedürftigkeit abhängig gemacht werden. Finanzielle Bedenken dürften in diesem Falle jedenfalls nicht maß gebend sein. — Abg. Gras Oriola (nl - tritt lebhaft für den Antrag ein. Für einen solchen Zweck müsse Geld da sein; es gehe auch nicht an, daß die Unter stützung davon abhängig gemacht werde, daß Jemand gewissermaßen schon Bettler sei. Wenn das erreicht werde, was vorliegender Antrag wolle, so solle der Reichstag nicht etwa glauben, daß nun alles gethan sei. Was die Regierung augenblicklich für die China kämpfer und ihre Wittwen und Waisen verlange, das müsse auch für die 70er Invaliden und auch für die, die auf dem „Gneisenau" ihre Schuldigkeit gethan, ver langt werden. — Abg. v. Vollmer (Soz.) nennt es geradezu eine Schande für das ganze Deutsche Reich, das jetzt überall in der Welt dabei sein müsse, daß für die Veteranen so gar nicht gesorgt sei, auch wenn sie in Noth seien. Erst spreche man von Heldensöhnen, dann aber, wenn die Geschichte vorbei, vertröste man sie auf die Zukunft. Auch seine Freunde seien dafür, daß für die Invaliden von 1870/71 ebenso viel ge schehen müsse, wie für die Kämpfer in China. — Abg. Schremps (kons.) beklagt, wie langsam es gehe, der Regierung auf diesem Gebiet Zugeständnisse abzuge- wiunen, trotz eines so enormen Jahresbudgets, wie das Reich aufweise. — Abg. Prinz, Carolath (nl.): Die Theilnahmlosigkeit der Regierung in dieser Frage könne nur auf gänzliche Unkenutniß der wahren Lage eines großen Theiles der Veteranen beruhen. Nicht aus Gnade ist hilfsbedürftigen Veteranen Unterstützung gewährt worden, sondern von Rechtswegen. Wie könne man heutzutage noch darauf bestehen, daß die Be treffenden den Nachweis des Zusammenhanges ihrer Leiden und ihre Erwerbsunfähigkeit mit dem Kriege führen! Ein solcher Nachweis sei heute in den seltensten Füllen möglich. — Abg. Werner (Ant.) be dauert die Abwesenheit des Schatzsekretärs. Der Reichstag habe den Bundesrath schlecht erzogen. Wir bewilligen Alles, was der Bundesrath fordert, aber auf unsere Wünsche bört der Bundesrath nicht. — Abg. Hoffmann (südd. Volksp.) äußert sich im gleichen Sinne. Der Reichstag könnte andere Bewilligungen versagen, bis ach die Regierung füge. — Abg. Pach nicke (steif. VeJ: Wenn die Regierung sich jetzt nicht entschließen wolle, so bleibe dem Reichstage nichts übrig, als entsprechende Ausgaben in den Etat einzu stellen. Jedenfalls dürfe der Zustand, daß anerkannte Ansprüche nicht berücksichtigt werden, nicht länger an dauern. — Der Antrag Nießler wird einstimmig an die Kommission verwiesen. Es folgt die Berathung der von den Sozialdemokraten beantragten Gesetzent wurfs, Novelle, zum Gewerbegerichtsgesetz. Der Ent wurf will vor Allem die Gewerbegerichte obligatorisch machen und ihre Kompetenz sowohl in personeller Hin sicht, wie z. B. auf Bergbauarbeiter, land- und forst- wirthschastliche Arbeiter, Gesinde, wie materiell, nämlich ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes, erweitern. — Wie Diäten willen, darüber konnte man beider ersten Sitzung am Dienstag im Reichstag und preußischen Abgeordnetenhanse vergleichende Betrachtungen anstellen. Im Reichstag konnte der Präsident kaum 50 Abgeordnete begrüßen; im Durchschnitt betrug während der Sitzung die Zahl der Anwesenden vielleicht 30. Im Abgeord netenhause waren dagegen 330 Abgeordnete erschienen, obgleich (oder weil?) es sich nur um eine rein formale Sitzung von wenigen Minuten handelte. — Graf Waldersee steht in der Mitte der ver bündeten Truppen wie eine sorgenvolle Hühnermutter, die ihre eigenwilligen Küchlein nach allen Richtungen davontaufen steht. Wenn der Graf nicht neben seinen militärischen Eigenschaften ganz bedeutende diplomatische Fähigkeiten besäße, dann hätte da« „Concert der Mächte" sich längst in einen einzigen ungeheuren Mißklang ver wandelt. Seine größte Kunst besteht jetzt dann, , le offenkundigen Auflehnungen, der fremden Truppensugrer vornehm zu übersehen und den Kampf gegen China säst ausschließlich mit den eigenen Kräften forlzusetzen. D'.r erste Unterredung de« Grafen Waldersee mit den ^mu sischen FriedenSvermitllern wird jetzt nach ihrem Wort laut bekannt. Es ist höchst ergötzlich, zu verfolgen, wie er auf jede kleine Bosheit Li-Hung-Tschangs sofort eine paffende Antwort bereit hatte und jede ausweichende Wendung des Prinzen Tsching in die rechte Bahn zu lenken wußte. Wer bisher an der staatsmännischen Be gabung des Grasen gezweifelt hatte, muß zugeben, daß er voreilig über ihn geurtheilt. — Die Schwierig keiten seiner Stell mg als Oberbefehlshaber beleuchten auch folgende Berichte: Wie ein aus China zurückge- kehrter Gewäbrsmann der „Tribuna" erklärt, bleibt das einhe lliche Vorgehen der Truppen nach wie vor ein frommer Wunsch. Die Ruffen und Franzosen handelten noch immer auf eigene Faust. Graf Waldersee könne nur auf den Gehorsam der Italiener und Deutschen rechnen, und selbst bei den letzteren herrsche unter den höheren Offizieren große Eifersucht. — „Morning Post" meldet aus Peking: Die chinesischen Friedensvermittler betrachten die Forderungen der verbündeten Mächte als mäßige, erklären aber, der chinesische Hof werde sich trotz dem denselben so lange widersetzen, bis die Reaktion nicht mehr am Ruder sei. Es handelt sich also vor Allem darum, ob es gelingt, durch die Einsicht und den Rath der Friedensvermittler die Einflüsse des Prinzen Tuan in Signansu gänzlich zu überwinden. Köln, 11. Januar. In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde auf Anregung des Oberbürger meisters über die Brandkatastrophe an der Follerstraße Bericht erstattet. Es wurde versichert, daß vor dem Eintreffen der Feuerwehr bereits der Ladeninhaber Ries seine Person in Sicherheit gebracht hat, unbe kümmert um das Schicksal der gesammten Familie, die er in den brennenden Parterreräumen zurückließ. Essei unbegreiflich, daß der Besitzer nicht auch seine Kinder gerettet, die er vom Dache des Abortes aus be quem erfassen konnte. Diese Aeußerung deckt sich mit in der Stadt cursirenden Gerüchten, wonach Ries zu nächst das Geld gerettet, alsdann erst aus dem Hause geflüchtet war, aus dem wenige Minuten später die verkohlten Leichname seiner Angehörigen hinausgeschafft China. Peking, 10. Januar. Prinz Tschun, der Brüder des chinesischen Kaisers, der als kaiserlicher Abgesandter nach Berlin geht/ hat dem deutschen Gesandten Dr Mumm v. Schwarzenstein einen Besuch abqestattet den hier herrschenden Begriffen ist dies ein ganz gewöhnliches Ereigniß. Zum erstenmale geschah es dak ein so naher Verwandter des Kaisers den Vertreter'einer