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W'EL'" Nr. 187 Sonntag, den 13. Angnst 1899 A«««,hiS« der Zrrsers.Se für die 1t» Ahr. Gräür-re 2W,-,eigen 10. Juli wieder mit einer Berurcheilung (in omckumkioiam) endet. Der Kampf wird immer erbitterter; ihm fällt das Kabinett Meline zum Opfer. Cavaignac wird Krieqsmiuister und erhärtet am 8. Juli bei einer Anfrage in der Kammer die Schuld des Dreyfus mit nachträg lichen von dem Obersten Henry gelieferten Beweisen. Piequart bezeichnet diese Beweise als gefälscht, wird verhaftet und unter Anklage gestellt. Dann kommt eine entscheidende Wendung. Henry wird als Fälscher ent larvt und tobtet sich selbst. Die Folge davon ist die Einleitung der Revision durch das Ministerium am 26. September. Der bekannte Beschluß des Kassations hofes und die Ueberweisung des Proceffes an das Kriegsgericht in Rennes, sowie die Rückkunft des Dreyfus bilden die Schlußdaten. Ueberblicken wir an der Hand dieser Daten den Verlauf des ganzen Handels, so stoßen wir überall auf unerquickliche Bilder. Unter der Hülle klingender Phrasen selbstsüchtige Beweggründe, hinter den lockenden Aushängeschildern von Gerechtigkeitsliebe und Patriotis mus nur Lug und Trug, überall Maßlosigkeiten, Leidenschaften, Ränke, Drohungen und Einschüchterungen, Kämpfe um die Macht, wo allerhand schone Grundsätze vorgeschützt werden. Das alles ist nicht durch den Dreyfus-Handel entstanden, aber durch ihn ans Licht gekommen. Der Boden, auf dem diese Giftpflanzen sprossen, war längst vorbereitet, ehe der Samen aufging. Der Dreyfus-Handel ist ein Symptom, nicht die Krank heit selbst. Darum ist das Ende der Sache, mag nun die Endscheidung in Rennes ausfallen wie sie will, schwerlich schon gekommen. Die Dinge sind zu weit gediehen, als daß Frankreich schon zur Ruhe kommen sollte. — Der „Figaro" erzählt folgende Geschichte: „Im Februar 1898 dinirte der deutsche Kaiser in Potsdam mit der Kaiserin, seinem zweiten Sohn und einer vierten Person, deren Namen wir verschweigen möchten. Die Kaiserin sprach von Frankreich und fragte den Kaiser, was er von der Dreyfus-Affaire denke und ob er nicht zu Gunsten eines Menschen wirke, an dessen Unschuld man glaube. Kaiser Wilhelm antwortete: „Die Dreyfus- Affaire geht mich nichts an. Sie beschäftigt lebhaft Frankreich und die Franzosen, und ich als Deutscher habe kein Recht, zu interveniren." „Und die Mensch lichkeit hort für mich an den Vogesen auf," erwiderte der Kaiser, der auf eine bezeichnende Bewegung der Kaisern, noch hinzufügte: „Durch eine Intervention von meiner Seite würde Dreyfus viel mehr Unrecht geschehen; ich weiß von dieser Affaire positiv nur das, was meine Minister auf der Tribüne des Reichstags erklärten. Solche Dinge gehören nicht zu meinem Ressort." Wenige Tage vorher hatte Bülow seine bekannte Er klärung abgegeben. — Gestern Vormittag nach zehn Uhr gab in Charlottenburg eine den besseren Ständen angehörige Person anscheinend in einem Anfälle von Geistesgestört heit im Geschästslokale der Mitteldeutschen Kreditbank auf zwei Beamte je zwei ^Schüsse ab und verwundete dieselben anscheinend nicht lebensgefährlich. Als Thäter wurde der Seeamtspräsident a. D. Dr. jur. Richard Prien ermittelt. Derselbe hat sich auf der Flucht im Wirthschaftshofe des Zoologischen Gartens durch vier Schüsse schwer verwundet und ist kurz darauf in der Unfallstation des genannten Gartens gestorben. — Wegen Unterschlagungen in Höhe von 100 000 1 Brerapvarat, 1 Ladentisch, Biergläser, Tische, Taseln, Stühle, - - Nummer w- ' erberen. 26. Jahrgang g-n>-rbsbin>sz,m°ss-»!ch»!t. wurde Dortmund, 21. August Die jianerre mit kolossalem Enthusiasmus arfgenmn. . bisherigen zu Anfang derselben Kaiser Wühelm den bisherige. Aufschub seines Hierherkommens mit " ^e ausdrückte - der Erkrankung „b'-ner ^au rk^., war dann direkt auf den Emskancu "bergeg V , hatte dabei die Worte fallen lassen, daß r v 1 her Vollendete nur als einen Theil des groß - betrachte, da brach der Jubel los. Vielleicht jedenfalls aber noch nie mit derarügem Enthusiasmus ist der Kaiser inmitten einer seiner Reden durch die ZU hö«r so ost unterbrochen worden, w'e heute hier w o das wiederholte sich mehrere Mal; so beispielsweise, als er betonte, die Regierung sei fest entschloßen, das ganze Werk durchzusührm, es sei das sein fester Wille, und er hoffe, das; die Volksvertretung bald die Mittel dazu bewilligen werde. Immer neue Hochs erschollen, nach dem der Kaiser geendet. In dem Enthusiasmus über die Antwortsrede des Kaisers ließ sich einer der an wesenden Zuhörer sogar zu einem Versuch Hinreißen, dem erlauchten Redner mitten in seiner Rede ein donnerndes Hoch auszubringen. Nach der Beendigung der Kaiserrede sprach noch der Kanalbau-Jnspektor Mathies. Alsdann stimmten die auf einer Tribüne vereinigten hiesigen Gesangvereine die Schlußhymne : „Die Himmel rühmen des Ewigen rc." an, und die Hasen-Einweihungsfeier war beendigt; unter donnernden Hurrahs, die sich immer wieder erneuten und forl- pflanzten, stieg der Kaiser die direkt aus dem Zelt zur Straße und Hafeubrttcke führende Treppe empor und überschritt letztere, auf der die Ehrenjungfrauen standen, zu Fuß, um sich dann im Galawagen in die nahe „Union" zu begeben. Kiel, 11. August. Prinz Heinrich wird neuester Bestimmung zufolge, im November d. I. von dem Kommando des astasiatischen Kreuzergeschwaders ent bunden und nach der Heimath mit dem Kreuzer „Hertha" zurückkehren. Der Prinz wird gegen Weihnachten in Kiel eintreffen, wo um diese Zeit in der prinzlicken Familie ein freudiges Ereigniß erwartet wird. Wiesbaden, 11. Aug. Im Dorfe Berg ist eine Typhus-Epidemie ausgebrochen; bisher sind vier Per sonen gestorben. Es sind strenge Abwehrmaßregeln getroffen. Jauer, 11. Aug. In der Kaserne des hiesigen 2. Bataillons des 154. Regiments ist der Tyhus aus gebrochen. Rußland. Peter bürg. Das amtliche Organ des General gouverneurs von Turkestan schreibt über die Möglichkeit einer deutsch-französischen Annäherunnq: Wir sind von jeglichen unruhigen Befürchtungen" anläßlich der Möglichkeit einer deutsch-französischen Annährunq in Asien weit entfernt. Unser Optimismus gründet sich sowohl auf die Rußlands an dem asiatischen Festlande ,m Allgemeinen, wie auch ' auf die großen geographischen und militärpolitischen Vortheile der Lage unserer centralasiatischen Be sitzung, welche Rußland tue Möglichkeit bietet seine entscheidende Stimme zur Geltung zu bringen Einst weilen aber möchten wir bereit sein, in gewissen Grenzen eine solche Grupplrung der Interessen in Westasien als treffliche Schutzwehr gegen alle uferüberfluthenden In Der , ^"nst-ckten. a g e s g e s ch r ch t Deutsche« Reich. Deutschen brauchen uns weder für 8-« Kapllan Dreyfus, der „Studienreisen" nach Deutschland unternommen hat, noch für den Chef der fnw^ E"'"en, brauchen w?der für den Revauchepiemger Deronlede, noch für den ultramontanen Judenfresser Drumont zu schwärmen Aber der Dreyfus-Handel greift so tief in das politische Getriebe Frankreichs ein, daß wir den Verlauf desselben doch aufmerksam verfolgen müssen, nicht mit der Leiden schaft, welche die Frankfurter und manche andere „deutsche" Zeitung an den Tag legt, wohl aber mit dem Bewußt sein, daß ein Brand in Nachbars Hause auch auf das m'srlge hcrübergreifen könnte. Ein Rückblick auf den Verlauf der Sache ist wohl nicht ganz überflüssig. Es war am 15. Oktober 1894, als der damalige Kriegsmimster Mercier den Hauptmann Dreyfus ver haften ließ; Dreyfus sollte als Generalstabsofficier militärische Geheimnisse an das Ausland und zwar an Deutschland verrathen haben. Der Proceß fand am 19. Dcccmber 1894 statt. Anter den Beweisen figurirte u. a. auch das später viclerwähnte „Bordereau", ein Verzeichniß von Aktenstücken,welches Dreh ns dem deutschen Militär-Nttachn Obersten v. Schwartzkoppen ausgefolgt haben sollte. Die Schrift auf dem Strcifbande des gefälschten Bordereaus wurde von einzelnen Schreibsach- verständigen als diejenige des Dreyfus begutachtet. Nachdem das von demVerurtheilten eingcreichte Revisions gesuch am 22. December verworfen worden war, wurde Dreyfus am 4. Januar 1895 seiner militärischen Ehren und Abzeichen entkleidet und alsbald nach der Teufels insel gebracht, wo er am 12. März anlangte. Während seiner Degradirung soll Dreyfus ein Geständniß seiner Schuld gemacht haben Eineinhalb Jahr später tauchte das Gerücht auf, daß dem Vertheidiger des Dreyfus Demange und seinem Klienten Beweisstücke nicht vorge legt worden seien, welche das Urtheil entscheidend beein flußt hätten. Damit trat die bis dahin daheim betriebene Agitation zu Gunsten des Dreyfus an die Öffentlichkeit und zwar zunächst getragen von dem Vicepräsidenten des Senats Scheuer-Kestner. Zu Scheuer-Kestner und Demage gesellte sich dann der Oberst Picquart, der auf Grund einer Rohrpostkarte, die angeblich aus der deutschen Botschaft an Esterhazy gerichtet war, Esterhazy für den Verräther und den Fälscher des Bordereaus erklärte. Nun folgen sich die Ereignisse in raschem Gang. Am 14. September 1896 wird das geheime Beweisstück gegen Dreyfus „eottn onnailln ckn I).", am 10. November das Facsimile des Bordereau ver öffentlicht; am 16. November 1897 erhob Mathieu Dreyfus öffentlich beim Kriegsminister Anzeige, daß Esterhazy der Verräther sei. Gegen Esterhazy wird Untersuchung eingeleitet, der Rohrpostbrief, den Picquart aufgefangen' haben sollte (der „Petit Bleu"), wird als Fälschung erkannt und Esterhazy sreigesprochcn. Aus dem Ankläger Picquart wird ein Angeklagter. Picquart wird wegen Vergehens im Dienst entlassen. Inzwischen kam am 13. December Zolas Brief mit seinen maßlosen Schmähungen und Mitte Januar 1898 der zwecke Brus an den Präsident Faun, in dem er das Kriegsgericht anklagt, Esterhazy auf Befehl freigesprochen zu haben. Zola wird am 24. Februar verurtheilt, der Kassa rons Hof ordnet jedoch eine erneute Verhandlung an, die am 1 kleiner Saalleuchter, event noch 1 Schreibsekretät und zur Versteigerung. . «i^^»thal. Der Gerichtsvollzieher des Kgl. Amtsgerichts Hohenstem- I. V.: Sekr. Günther. O' --