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Bekmultmlichrmg, die Bekämpfung der Blutlaus betreffend. Von der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau sind mittels Bekannt machung vom 22. vor. Mts. alle Obftbaumbefitzer aufgefordert worden, ihre Obsttäume sofort auf das Vorhandensein der Blutlaus genau zu uutersuchen und, sofern dieselbe gefunden wird, sowohl die nach Maßgabe der auch hier fast in allen Schanklokalen aushängenden Belehrung geeigneten Vertilgungsarbeite» schleunigst vorzunehmen, als auch anher Anzeige zu erstatten. Indem man hiermit nochmals auf diesen Erlaß aufmerksam macht, wird gleich zeitig bekannt gegeben, daß hierseits die vorzunehmenden Vertilgungsarbeiten, welche bis 2t». dsS. Mts. beendet sein müssen, durch einen Sachverständigen überwacht und die dabei ermittelten Säumige« entsprechend bestraft werden werden. Oberlungwitz, am 1. November 1898 Oppermann, Gemeindevorstand. Bekanntmachung. Die zum Zwecke der bevorstehenden Gemeinderathswahl aufgestellten Listen der Stimmberechtigten und Wählbaren liegen vom 14. November dieses Jahres ab 14 Tage lang zu Jedermanns Einsicht während der Geschäftsstunden in hiesiger Gemeinde-Expedition aus. Bis zum Ende des siebenten Tages nach Beginn der Auslegung, also bis mit 20. dieses Monats, steht es jedem Betheiligten frei, gegen diese Wahl listen bei dem Unterzeichneten Einspruch zu erheben. Oberlungwitz, den II. November 1898. Der Gemei« devorstand. Oppermann. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Den übereifrigen Enthusiasten für eine phan tastische Weltpolitik Deutschlands wird offiziös in der „Köln. Ztg." ein kleiner Dämpfer aufgesetzt. Das bloße Gerücht über Abmachungen zwischen Deutschland und dem Sultan hatte Herrn Professor I)r. Hasse, Leiter des „Alldeutschen Verbandes", zu folgender Aufforderung im Verbaudsorgan veranlaßt: „Also Bolldampf — vorwärts nach dem Euphrat und Tigris und nach dem Persischen Meer und damit der Landweg nach Indien wieder in die Hände, in die er allein gehört, in die kampf-und arbeitssreudigen deutschen Hände." Diesen und ähnlichen Politikern führt der offiziöse Artikel der „Köln. Ztg." zu Gemüthe, daß die schwere Niederlage der Franzosen in der Faschvdafrage auch für uns eine Lehre biete, die nicht außer Acht gelassen wer den dürfe. Die Niederlage der Franzosen rühre im wesentlichen daher, daß die Franzosen bei ihren, Heiß hunger, immer neuen kolonialen Besitz zu erwerben, die politischen Machtverhältnisse Europas vollständig außer Acht gelaffen haben. Daß der Zug des Majors Mar chand zu einer schweren Demüthigung des französischen Mutterlandes geführt, habe Frankreich ausschließlich den französischen Kolonial-Enthusiasten zu verdanken. Dieses Beispiel, so fährt die „Köln. Ztg." fort, sollte für uns in Deutschland nicht verloren gehen; vielmehr sollte das selbe bei uns einen um so größeren Eindruck Hervor rufen, als die Mehrheit solcher überschwenglicher Kolonial freunde sich dadurch auszeichnet, daß sie über sehr viele und sehr laute Worte, dagegen nicht über die entsprechen den Mittel zu verfügen pflegt, die allein im Stande sind, jene Worte in Thaten umzusetzen. Das Treiben dieser Leute hat in der letzten Zeit einen Umfang angenommen, dem offen entgegengetreten werden muß, weil es.geeignet ist, die ernste Arbeit unserer gediegenen Kolonialkräfte zu stören. Wo irgend auf der Landkarte noch ein leerer Flecken aufzustöbern ist, da soll er gleich für Deutschland mit Beschlag belegt werden. Ernste deutsche Kreise, die diesen Zügellosigkeiten nicht zustimmen können, werden ohne Weiteres mangelnder Vaterlands Liebe und mangeln der Voraussicht bezichtigt. Noch jüngst habe ein öfters genannter Reichstagsabgeordneter (eben Prof. Hasse) in der Presse seine vollste Entrüstung darüber ausgesprochen, daß Deutschland sich nicht in den Faschodastreit einmische und daß es dadurch in namenloser Kurzsichtigkeit die letzte Gelegenheit verpaffe, zu verhindern, daß die Eng länder sich einen ununterbrochenen Streifen Landes zwischen Kapstadt und Kairo aneignen. „Was daraus geworden wäre, wenn die deutsche Regierung dieser eigen artigen Weltanschauung gefolgt wäre, braucht heute nicht mehr auSgesührl zu werden." Wir sind jetzt, mein, die „Köln. Ztg.", in die Zeit getreten, wo es vor Allem darauf ankommt, zu beweisen, daß wir im Stande sind, die endlich erworbenen Schutzgebiete für Deutschland nutzbringend zu machen, und die deutsche Negierung müsse es ablehnen, solche Wege zu wandeln, wie sie jetzt die Franzosen nach Faschoda geführt haben. O e st e r r e i ch-U n g a r n. — lieber das Duell Gniewosz-Wolf werden noch folgende Einzelheiten berichtet: Der ganze Kampf nahm nur wenige Minuten in Anspruch, war aber so auf regend, daß sich die Anwesenden kaum bewußt wurden, wie kurze Zeit er gedauert hatte. Die Gegner standen sich mit tiefernstem Ausdruck, die Waffe in der Hand gegenüber. Sekundant FML. v. Schmidt trat vor, setzte ihnen die Äommandoworte zweimal auseinander und fragte sie, ob sie dieselben richtig verstanden hatten. Kaum war das Kommandowort ertönt, als auch schon beide Gegner auseinander losschlugen. Die Sekun danten hatten als Waffe leichte Säbel gewählt, ein glücklicher Umstand, denn bei dem furchtbaren Ernste, mit dem dieses Duell ausgesochteu wurde, wäre es bei schweren Kavalleriesäbeln zweifellos zu einem fatalen Ausgange gekommen. Der Kampf war für Ritter von Gniewosz durch seine hochgradige Kurzsichtigkeit erschwert, welche ihn einen Freund aus einen Meter Entfernung kaum erkennen läßt. Die ersten Hiebe, welche Gniewosz führte, saßen alle, aber kein einziger traf höher als Wols's Brust; gleichzeizig hatte Wolf den Gegner auf den Kopf getroffen und zwar durch einen Hieb auf die linke Seite des Schädels, der bis zur Stirn herab reichte; so daß reichlich Blut floß, welches Gniewosz zwang das linke Auge zu schließen. Er schlug aber immer weiter drauf los und auch Wolf führte noch einen Hieb, der Gniewosz an der Hand verletzte und den fleischigen Theil der Hand unterhalb des kleinen Fingers durchschnitt Als das Blut aus der Kopfwunde trat, rief FML. v. Schmidt sofort gebieterisch „Halt!" und Wolf senkte auch nach dem Nachhiebe, welcher die zweite Verwundung herbeiführte, die Waffe, Gniewosz aber schien nicht zu hören, er drang, Hiebe austheilend, auf Wolf ein, der zuerst noch stehen blieb und erst, als alle Sekundanten zugleich Halt! riefen, zwei Schritt zu rück trat. Gniewosz aber hörte noch immer nicht und drängte Wolf nach, bis die Sekundanten ihn faßten und der Arzt die antiseptische Watte auf die Kopfwunde drückte und den Verwundeten zu einem Sessel geleitete. Er wurde dann auf einen mit einem Leintuch bedeckten Strohsack gebettet und die Wunden wurden genau unter sucht. Der Hieb über den Kopf ist zwölf Centimeter lang und mehr als einen Centimeter tief, in der Mitte ans wenigstens vier Centimeter ist der Knochen bloß ge legt und verletzt. Viel schmerzhafter als die Kopfwunnde ist die Wunde an der Hand, welche ohne die hochgradige Aufregung, in der Gniewosz war, ihn gleich hätte ver hindern müssen, den Säbel noch zu halten. Als die Sekundanten energisch intervenirten, warf auch Gniewosz den Säbel mit einer Gebende des Schmerzes weg. Noch während der Arzt mit der Kopfwunde beschäftigt war und die Sekundanten den Verwundeten umstanden, tratWolf auf ihn zu und streckte ihm, ohne ein Wort zu sprechen, die Rechte hin. Gniewosz zögerte Ansangs und reichte ihm dann die unverletzte linke Hand .Hierbei soll Gniewosz gesagt haben: „Ich warne Sie ein zweites Mal, die polnische Nation zu beschimpfen!" Wolf nahm die linke Hand Gniewosz', drückte sie und ging, ohne weiter ein Wort zu sprechen, fort. Ritter v. Gniewosz wurde in seine Wohnung ge bracht, wo seine Gattin und seine zwei Töchter in grober Angst des Ausganges des Zweikampfes harrten. Die Besorgniß mar namentlich wegen der in der Familie sprichwörtlich gewordenen Kurzsichtigkeil des Herrn von Gniewosz hervorgerufen, die ihn eigentlich zu einem ernsten Kampfe unfähig machen sollte. Der Abge ordnete Gniewosz hütet nicht das Bett, sondern ist in einen großen Fauteuil gebettet, weil das Hoch halten des Kopfes seinem Zustande erträglicher ist als die horizontale Lage. Der Abg. Wolf soll in dem Kampfe mehrere Kontusionen au der Brust und eine an der Hand erhalten haben. S p a n i e n. — Spanien weigerl sich, die Abtretung dec Philip pinen zuzugestehen und will mit einer feierlichen Ver wahrung gegen die amerikanische Gcwaltthat die Ver handlungen abbrechev. Die Amerikaner berufen sich aber im übrigen auf die Rechte des Siegers und die unver meidlichen Folgen vollständiger Niederlagen. Vermischtes. * Die Medizinische Gesellschaft in Berlin Hal ihren Vorsitzenden Professer Virchow mit einer Einrichtung überrascht, die sowohl zu dessen Schonung als für die leichtere Einhaltung der Ruhe und Ordnung bei er regten Diskussionen dienen soll. Es ist ein Apparat, der auch den Parlamente» angeboten werden soll und welcher den Vorsitzenden mit dem jeweiligen Redner in Flammenschrist die Weisungen des Präsidenten, wie: Lauter sprechen! Langsam! Bitte nicht ablesen! Schluß! Ich entziehe Ihnen das Wort! u. s. w., ohne daß die übrigen Anwesenden etwas davon merken oder ahnen. Fehlt nur noch ein Apparat, der den Redner, sobald er nicht Ordre parirt, durch einen elektrischen Schlag mundtodt macht. * Die Strafkammer des Altonaer Landgerichts hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Photo graphen Willy Wilcke in Hamburg und Priester in Berlin wegen Hausfriedensbruchs im Schlosse zu Fried- richsruh in der Todesnacht des verstorbenen Fürsten Otto von Bismarck beschlossen. Infolge dieses Be schlusses findet auf Requisition der Altonaer Straf kammer un Moabiter Straf - Justizgebäude die kommissarische Vernehmung des Leibarztes des ver storbenen Fürsten v. Bismarck, des Prof. Dr. Schweninger, ferner des Direktors Blatz von der Patriotischen Ver lagsanstalt, Beide wohnhaft in Berlin und des jetzigen König!. Portiers des Schlosses Bellevue, des bekannten früheren Leib-Kammerdieners des Fürsten, Pinnow, statt. Der Vertheidiger der Herren Wilcke und Priester, Herr Rechtsanwalt Dr. Vielhaben aus Hamburg, sowie der angeschuldigte Wilcke sind bereits nach Berlin abgereist, um der Verhandlung beizuwohnen. Eine andere kommissarische Vernehmung in dieser Sache hat bereits vor einigen Tagen in Demmin (in Pommern) statt gefunden. Der Termin zur Hauptverhandlung in Altona dürfte nach beendeten Vernehmungen angesetzt werden. * Eine Skandalgefchichte, die mit dem Fall Kotze eine gewisse Aehnlichkeit hat, erregt in Potsdam großes Aufsehen. Seit geraumer Zeit sind bei Beamten, Mili tärpersonen und angesehenen Bürgern in Potsdam Post karten mit beleidigendem, theilweise sogar unfläthigem Inhalt eingelaufen, welche die Empfänger in große Ver legenheit setzten. Die Polizei bemühte sich lange Zeit vergeblich, diesem gewissenlosen Treiben auf die Spur zu kommen; auch eine öffentlich ausgeschriebene Beloh nung von KOO Mark hatte keinen Erfolg. Endlich ge lang es jetzt, nachdem eine ganze Reihe von Personen in falschen Verdacht gerathen war, den Thäter zu fassen. Ueber die Person desselben wird vorläufig noch Still schweigen beobachtet. Wie groß der Umfang der Korre spondenz war, ergiebt sich daraus, daß ein Beamter allein 50 Stück derartiger anonymer Sendungen erhielt. Das gerichtliche Nachspiel der Skandalgeschichte dürfte bei der großen Zahl der Beleidigten einen enormen Umfang annehmen. * Bestrafter Uebermuth. Aus Bozen wird gemel det : Bei der Auswaggonirung der Menagerie Kludsky ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Ein Fleisch hauer steckte dem Riesenelephanten aus Uebermuth einen brennenden Cigarrenstnmmel in den Rüssel, worüber der Elephant so erbost war, daß er den Mann mit dem Rüssel erfaßte, in die Höhe hob und mit voller Kraft zu Boden schleuderte. Schwer verletzt wurde der Fleischhauer ins Spital gebracht. * Eine Tragödie auf dem Bahnhof. Aus Klausen burg wird dem „Wiener Extrablatt" berichtet: Auf dem Perron des hiesigen Bahnhofes wartete gestern nacht ein junges elegantes Ehepaar auf den um 11 Uhr von Vredeal kommenden, nach Pest weitergehenden Eilzug. Herr und Dame plauderten in heiterster Stimmung. Als der Zug herankam, sagte der Herr so laut, daß es den übrigen Passanten aufsiel: „Wie lange gedenkst Du in Pest zu bleiben?" „Drei bis 4 Tage", antwortete die Frau. Mit den Worten : „Ich glaube, Du kommst schon viel früher!" umarmte der Herr zärtlich die Frau, die sodann in ein Coupö erster Klasse stieg und die Fahrt nach Pest antrat. In der Station Szasa ließ der Stationschef die Dame rufen und las ihr folgendes Telegramm vor: „Frau v. K., die mit dem Nachtzuge nach Pest fährt, ist zu benachrichtigen, daß sie mit dem nächsten Schnellzuge zurückkommen soll, da sich ihr Gatte auf dem Klausenburger Bahnhofe sofort nach dem Abgänge des Schnellzuges erschossen hat." — Frau v. K., deren Mann ein hervorragender sieben- bürgischer Gutsbesitzer war, brach beim Empfang dieser Nachricht ohnmächtig znsammen und wnrde besinnungs los auf den Perron gebracht. Der Zug erfuhr durch diesen Zwischenfall eine Verspätung von 7 Minuten. * Aus dem Pariser Leben. In einem eleganten Cafö der Ville Lumiöre spielte sich dieser Tage eine merkwürdige Scene ab. Es mar gegen 5 Uhr Abends. Ein Herr, der niil einer hübschen jungen Dame einge treten war, wollte sich gerade an einem Tisch nieder lassen, als von einem Nebentische ein Gast aufsprang, auf ihn zustürzte und ausrief: „Sie sind ein Elender; Sie haben mir meine Frau entführt!" Ohne eine Wort zu erwidern, nahm der Angegriffene seinen Hut, ließ seine Begleiterin im Stich und eilte den Boulevard entlang, verfolgt von seinem Beleidiger, der ihn anch bald einholte. Die beiden Herren geriethen nun in ein Handgemenge, dem erst ein hinzugekommener Polizei kommissar ein Ende machte. Der Angreifer erklärte, daß er sich Henri Körös nennen, 35 Jahre als und belgischer Unterthan sei und daß die junge Dame, die sich in Gesellschaft des Griechen Karatos Koloni befunden habe, seine Frau sei. Der Angegriffene widersprach diesen Behauptungen und, um der Sache auf den Grund zu kommen, mußte man die junge Frau holen laßen. Diese erklärte einfach, daß sie weder dem Einen, noch dem Andern gehöre, sondern im vergangenen Monat durch Heri K^rös ihren Eltern entführt und nach Paris ge bracht worden sei. Körös habe sie dann gezwungen, den ganzen Tag spaziren zu gehen, und wenn sie Abends kein Geld nach Hause brachte, hätte er sie ge schlagen. Um diesem Leben zu entgehen, wäre sie zu dem Griechen geflüchtet, bei dem sie es auch viel besser habe. Schon wollte man die netten Leutchen entlassen, als der Polizeikommissar sich erinnerte, daß gegen Henri Körös bereits ein Haftbefehl wegen Entführung einer