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Jahrgmig. Souliabeud, den 3. September 1898. Nr. 204. Redactiou und Expedition: »«huftraß« (nahe dem k Lmtlgertchl). relegramm-Ldrefl« : Anzeiger Hohensteinernfttdal. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage rLglich Nachmittags. — Zu beziehen dnrch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich I Mk. LS Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. Lugau, Wüstmbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, M ^nsertionSgebühren. die fünfgfgr auswärts lL PsA.. Naum für den «erbr ^xhrmalign Aufgabe Rabatt. Äeclame hie folgnidc Nummer bis Vorm. «v»ah«e Wgere Anzeigen Abends vorher erbeten. findet Montag, den 5. September c. sowie Dienstag, den K. September in der Htemeinde-Erpedition statt Oberlungwitz, am 31. August 1898. Der Schulvorstand. ?. Laube, Vors. Hohensteiner Stadtanleihe. Bei der gemäß des Tilgungsplanes erfolgten Ausloosung von Schuldscheinen der ZftzO/, Anleihe vom Jahre 1886 sind auf das laufende Jahr llt. 8. N°. M WM j. Mark gezogen worden. .„äbnte Schaldscheine entfallenden Beträge er- Die Auszahlung «ns vm S ) ^^^bn Z^^gen .om folgt gegen Rückgabe dieser «.^.s^sse 31. Dezember d. J^ ab der betreffenden Kapitalbeträge auf. Mit diesem Tage hort Kude des Jahres 1894 gekündigten Schuld- Bon den Wr Rückzahlung f"nd^ ^0.^6, 143, 153 lind f- Ä Vnoch nicht w«d«. w-q°lb di- Inhaber wkinr- Der Stadt raty. Nr. Polster. Bekanntmachung. Die Einnahme des Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Die sechs europäischen Großmächte unterhalten in Friedenszeiten stehende Heere von insgesamint 2 894000 Offiziere und Mannschaften. Rußland liefert zu dieser Zahl ungefähr ein Drittel, d. h. 893900 Mann, Deutsch land und Frankreich kommen mit 580500 resp. 567 600 Soldaten des Landheeres an zweiter und dritter Stelle. Oesterreich-Ungarns Armee besitzt 358 700, Italien und England nur 255600 bezm 236 800 Mann. Diese Zahlen geben aber wie gesagt nur die Friedenspräsenz stärke, denn im Kriege verfügen die sechs Mächte zu sammen über die enorme Zahl von 18 770 000 Soldaten. Deutschland kann heute 5 100 000 militärisch ausgebildete Leute ins Feld stellen, Frankreich 4 372 000, Rußland 3 400000, Oesterreich 1872 000, Italien 3 300 000, England 725000. Nicht einbegriffen in diese Zahlen sind die Marinestreitkräfte, im Frieden zusammen etwa 300 000 Mann, von denen England allein 133 000 stellt. Allerdings stehen alle diese Zahlen zunächst nur auf dem Papier und wenn auch im Falle einer Mobili- siruug Deutschland, Frankreich, Rußland und England vielleicht imstande sein dürften, die Reserven in der angegebenen Stärke einzuziehen, Italien z. B. dürfte wohl einige Mühe haben, die 3 300 000 Mann zu mobilisiren. Nicht aber bloß auf dem Papier steht die Kostenrechnung für Ausrüstung und Unterhaltung dieser Millionen, obgleich sie nicht weniger kolossale Zahlen aufzuweisen hat. Die veranschlagten Kosten für die Landheere stellen sich nämlich im laufenden Jahre: In Rußland auf 758,6 Millionen. - Deutschland - 731,5 - - Frankreich - 622,6 - - England - 458,5 - - Oesterreich - 374,6 - - Italien - 236,6 - Für die Marine: In England auf 558,4 Millionen, - Frankreich - F58,2 - Rußland - 159,7 - Deutschland - 146,3 - Italien - 101,2 - - Oesterreich - 29,6 Seit 1875 haben sich die jährlichen Ausgaben für die Landesvertheidigung um 1281 Millionen vermehrt und steigen natürlich fortgesetzt. Aus den obigen Ziffern ist zu ersehen, daß England gegenwärtig den Rekord hält. Noch im Jahre 1880 stand Frankreich mit einer Totalausgabe von 1016 Millionen, von denen 801 für das Landheer waren, an der Spitze. — England läßt zur Zeit bekanntlich industrielle Bezirke Deutschlands durch handelspolitische Agenten mit dem Auftrage bereisen, Spionierdienste für die eng lische Industrie zu thun, um unsere Produktionsmethoden und etwaige Fabrikationsgeheimnisse zu erforschen. Es wäre nicht die erste Entdeckungstour, welche im Interesse der englischen Industrie nach Deutschland unternommen wurde — ist doch die gegenwärtige englische Industrie theilweise erzgebirgischen Ursprungs. Zur Zeit Crom wells (17. Jahrhundert) verstanden die Engländer noch nicht verzinntes Eisenblech herzustellen. Das englische Zinn wurde nach Sachsen gebracht, hier zn verzinntem Eisenblech verarbeitet und dann nach England zurück geschickt. Da unternahm es ein Fabrikanr, Andrevs Narranton aus Ashly in Worcestershire, das Fabri kationsgeheimniß am Herstellungsorte selbst auszukund schaften. In seinem Buche „Englands Fortschritte zu Wasser und zu Lande, London 1677" erzählt er: „Es war beschlossen worden, daß von mehreren Gönnern das Geld sollte vorgestreckt werden für die Reise nach jener Gegend, wo solche Bleche gemacht werden und von wo ich die Kunst ihrer Fabrikation holen sollte. Ein guter Arbeiter, der sich auf die Behandlung des Eisens verstand, wie auch ein gewandter Dolmetsch, welcher der deutschen Sprache mächtig war und der lange Zeit selber mit Blech gehandelt hatte, begleiteten mich. Wir gingen erst nach Hamburg, dann nach Leipzig, von da nach Dresden, wo wir Kunde erhielten von den Ortschaften, wo solches Blech erzeugt wird. Haeranton erzählte nun, er sei in den genannten säch sischen Fcbrikdistrikten sehr entgegenkommend ausge nommen worden und wider Erwarten habe man ihm nicht nur das ganze Verfahren des Blechwalzens und Verzinnens gezeigt, sondern ihm überdies gestattet, eine Anzahl geschickter Arbeiter in Lohn zu nehmen, nm sie nach England zu bringen und dort eine ähnliche Fabrik einzurichten. Er preist dann die sächsische Ge birgsindustrie mit folgenden Worten: „In den Thälern, die sich herabziehen von „skANl-Hutton" (die Seiger hütten in Grünthal bei Olbernhau) nach den Städten ^nnnburxb, Snobui'Ab und Llarkmnbmßch und herab bis ^ve flüßen die Flüsse, woran die Blechwerke er richtet sind. Die Hügel und Berge im Umkreis von wenigstens 10 Meilen sind reich an Wäldern, diese Werke zu versorgen, nicht ein Acker Gemeindeland liegt wüste. Am Fuße der Hügel finden sich unzählige Säge mühlen, vom Wasser getrieben, welche alle Arten Föhren und Eichen zersägen. Im Sommer wird das Holz die Elbe herabgeflößt und nach Hamburg gebracht, und da man alle Vortheile genießt, die der Handel nur wünschen kann, so ist diese Gegend merkwürdig volkreich, außer ordentlich reich und bringt dem Herzog ein großes Ein kommen." — Zu dem russischen Abrüstungsvorschlage sagt die Neue Züricher Zeitung. „Die Franzosen verlangen, daß man erst dann von Abrüstung und Frieden sprechen dürfe, wenn ihnen Elsaß-Lothcmgen zurückgegeben werde. Wenn eine solche Forderung auf der Konferenz zur Behandlung kommt, dann wird die Sache gefährlich, und dann sind wir dem Kriege näher als der Erhal- unq des Friedens. Fürst Bismarck sagte einmal, wenn man bei europäischen Streitigkeiten von Konferenzen und Kongreffen spreche, so sei die größie Gefahr vor handen, daß der Krieg ausbrechen werde. Man sieht, die Abhaltung einer Friedens-Konferenz, besonders wenn diese nicht bloß in die Zukunft schaut, sondern in die Vergangenheit zurückgreift, ist nicht ungefährlich." — Nachträglich wird ein Vorfall besprochen, der sich in der vorigen Woche in der Gemeinderathssitzung in Heiligenhaus (Rheinprovinz) zugetragen hat: „Landtags abgeordneter Böllinger hatte der Gemeinde als Andenken an den Altreichskanzler ein Album geschenkt, wovon der Bürgermeister dem Genieinderath in der Sitzung Kennt- niß gab. Sofort nach der Rede des Bürgermeisters meldete sich der Graf v. d. Schulenburg und erklärte, er müße dagegen protestiren, daß das Geschenk von der Gemeinde angenommen würde; an den Namen Bismarck knüpfien sich für ihn nur üble Erinnerungen. Nachher besprach Fabrikant Kikert den Fall in großer Erregung und feierte gebührend den großen Todten. Anschließend hieran ließ der Bürgermeister das Andenken des Ent schlafenen dadurch ehre», daß er die Gemeiudeverordneten aufforderte, sich von ihren Sitzen zu erheben. Alle erhoben sich; nur Graf v d. Schulenburg blieb sitzen. Er protestirte vielmehr auch hiergegen und unter lanten Kundgebungen des Unwillens verließen sämmtliche Herren darauf den Saal." Ueber diese „üblen Erinnerungen" erhalten die „B. N. N" folgende Auskunft: Im Wahl kampf war einst dem Grafen gegenübergestellt Friedrich Kapp. Der Graf ersuchte nun den Kanzler, gegen diesen sich zu erklären. Bismarck ließ dem Grafen erwidern, er mische sich grundsätzlich nicht in die Wahlen, dann aber, er habe keine Ursache, für einen dieser beiden Wahlkandidaten Partei zu nehmen, endlich zolle er dem Dr. Kapp seine volle Hochachtung. Daher die „üblen Erinnerungen" des Grafen v. d. Schulenburg-Beetzendorf an den großen Todten. — Einen Stellvertreter für die Stimmabgabe bei der Reichstagswahl hatte der Fuhrunternehmer Spangen berg in Dortmund an die Wahlurne senden zu können geglaubt, da er selbst keine Zeit hatte. Am 16. Juni erschien in einem Dortmunder Wahllokal Stuckateur Bernhard Adler, zeigte die Einladung für den Fuhr unternehmer Spangenberg vor und wählte. Als sich der Mann wieder fortbegeben hatte, hörte ein Wahlvor standsmitglied, daß der Fortgehende nicht Spangen berg sei. Der Wähler wurde deshalb sofort wieder zurückgeholt, da das Wahlvorstandsmitglied Spangen berg persönlich kannte. Adler erklärte nun, daß sein Stiefvater (Spangenberg) keine Zeit hätte zum Wählen, deshalb sollte er es thun. Vor der Dortmunder Ferien- strafkammer erklärten Adler sowohl wie Spangenberg, daß sie mit der Handlung nichts Strafbares zu be gehen glaubten. Es wurde festgestellt, daß Spangen-