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86 Italiener, dcr aus mich einen nichts weniger als angenehmen Eindruck machte, aber Frau v. Blissen, die gern vornehme Fremde in ihren Salons empfängt, sehr imponirte. Dieser Marchese Paletta nun drängte sich mit einer Anmaßung an mich heran, die er durch die Behauptung zu rechtfertigen suchte, ich sei die Verlobte seines alten Freundes, und er spielte hartnäckig den Ungläubigen, als ich ihn eines Besseren be lehren wollte. Ich bemerkte bald aus seinen Veden," fuhr die Baronin athemholend fort, „daß Hoy ihn nicht nur in alle meine 'Verhältnisse eingeweiht, die er kennt, sondern auch ihm Dinge mitgetheilt hat, welche er durch Er kundigungen über mich erfahren haben muß, fo zum Beispiel war er über die Persönlichkeit Grotter's unterrichtet und hatte die Frechheit, mich damit zu necken, daß derselbe Hoy um meine Gunst beneide. Ich war bereits des zudringlichen Menschen so überdrüssig," er zählte die Baronin weiter, ohne das Erröthen Laura's zu bemerken, „daß diese Dreistigkeit das Blaß meiner Geduld erschöpfte; ich fertigte den Menschen in einer Weise ab, die ihm gleichzeitig jeden Zweifel „Ich benutze Deinen Hausschlüssel," so lauteten die mit Bleifeder hingeworfcnen Zeilen, „um mich zu entfernen. Ich sende Dir den selben morgen zurück, vergiß nicht, die Korridorthür wieder zu ver riegeln. R." Laura athmetc ans, wie von centnerschwerer Last erleichtert. Erst jetzt fiel ihr ein, daß dieser Ausweg Robert sehr nahe gelegen; an ihrer Thür ivar ja ein Schlüsselbrett, aus welchem die Bezeichnung aller Schlüssel angegeben war. Robert hatte wahrscheinlich sich Licht an gezündet, als sie zu lange verweilte, hatte die Schlüssel gesehen und sich wohl schon längst entfernt, als-sie nach in Angst geschwebt, die . Baronin könne die Anwesenheit eines Fremden in ihrer Wohnung ent j decken. g. Am folgenden Al argen gegen zehn Uhr erschien der Rutscher der ' Frau v. Stolpen ganz verstört bei dem Polizeikommissär des Reviers und meldete, daß in der vergangenen 'Rackst an seiner Herrin ein Raubmord verübt worden sei. darüber benahm, daß ich auch von seinem Freunde nichts mehr wissen Wenn das Haus, in dem die Baronin wohnte, auch in einem wolle, und drehte Hoy den Rücken, als er sich bald darauf mir zu vornehmen Viertel lag und meist vornehme Bewohner hatte, die gern nahen versuchte. Werden Sie bebte vor Leiden schaft, „daßFrau v. Blissen und andere Damen bald nachher mir Vorstellungen machten, als ob ich in frivoler Laune das Herz des Grafen Hoy gebrochen, als ob ich mit ihm ein kokettes Spiel ge trieben Hütte, als habe er einRccht, sich über mich zu beklagen? Auf diese infame Weise will der Mensch offenbar mich jetzt zwin gen, daß ich aus Schani vor dem Gerede dcr Welt Rechte aner kenne , die ich ihm nie gegeben habe. Das ist der Lohn für eine Regung des Mit leids, für die eitle Schwäche, sich Dankbarkeit erwerben zu wollen — Alo- risch hat mich ausgeplündert, Hoy meine Ehre bloßgestellt — ich Menschen verachten, das ist die große Weisheit, die man erst in der geschlichen habe. Der Mann gab ferner an, daß an keinem der Thür- Schule des Lebens lernt!" schlösser eine gewaltsame Verletzung zu bemerken sei, dagegen stehe der Laura hatte mit tiefer Erschütterung gelauscht; es überkam sie im Schlafzimmer der Baronin befindliche eiserne Kassenschrant offen wieder das Gefühl, daß sie die Baronin doch falsch beurtheile, daß und sei seines Inhalts beraubt. im Herzen Juliens ein Gefühl verborgen sei, das sie nur zu wecken Polizeitommissär Griep begab sich, nachdem er die Weitermeldung brauche, um in ihr eine wahre Freundin zu gewinnen. Aber die UnZ des Vorfalles an die betreffenden Behörden angeordnet hatte, unver- ruhe darüber, daß Robert sich noch in ihrem Zimmer befinde, daß die - züglich nach dem Schauplatze des Verbrechens, wo dann auch sehr bald Baronin ihr keinen Glauben schenken könne, wenn sie ihr jetzt, unter > infolge seiner Reyuisition der Staatsanwalt Samtcr, der Gcrichtsarzt solchen Umständen, ihr Geheimnis; beichte, hielt sie ab, dieser zu ge- Doktor Wendel und der Briminalkommissarius Flatow eintrafen. stehen, ivas sie beängstigte. ' Man sand die junge schöne Frau nut Hilfe einer Schnur erdrosselt; Die Baronin mackste jetzt Anstalt, sich zur Ruhe zu begeben. Sie, der Verbrecher hatte offenbar der Schlafenden ein Kissen auf die Lippen entledigte sich ihrer Schmucksachen und ließ sich von Laura in ihr! gepreßt, während er die Schlinge zugezogen; der Hausarzt Doktor Schlasgemach sichren Da war es Beiden, als hörten sie ein knistern Frerinck, den dcr Polizcikommissär bereits bci dcr Ermordeten traf, des Geräusch. da man nach ihm zuerst geschickt hatte, erklärte, daß der Tod sehr „Es ist nichts!" sagte Laura, ihren Schrecken gewaltsam verbergend, rasch eingetreten sei, wahrscheinlich, ehe die Schlasendc zum Bewußtsein Sie wähnte, das Geräusch komme vom Korridor her, Robert habe sich gekommen, denn nichts verricth, daß sie mit dem 'Vorder gerungen vielleicht entschlossen, Jemand zu suchen, der ihn aus dem Hanse lasse, oder den Versuch gemacht habe, zu entfliehen. Alan mußte annehmen, „Wir werden doch keine Mäuse haben!" bemerkte die 'Baronin daß der Mörder mit außerordentlichem Geschick und ruhiger Sicherheit arglos, da sich nichts wieder hören ließ. > zu Werke gegangen, da sein Opfer nicht einmal dazu gekommen war, Kurze Zeit später tonnte Laura endlich, nachdem ihre Gebieterin einen Hilseruf ausstoßen zu können, und er die Schnur der Schlafen sich niedergelegt hatte, nach ihrem Zimmer eilen; aber als sie daselbst den doch um den Hals hatte legen müssen. «Kociwumu pa«i > eintrat, fand "sie es leer. Ein Zettel lag auf dem Tische. > j lange schlafen, so war es doch höchst seltsam, daß eine solche Meldung Tcr ncstsaal dcr Wartburg. (L. 88) darüber, daß die Baronin noch nicht geklingelt, in deren Lchlaszimmer werde nie wieder einem Menschen vertrauen; die glauben," schloß die Baronin, und ihre Stimme, so spät einlief. Erbrochene Thüren und Schlösser mußten doch von den Dienstboten srüher bemerkt worden sein, wenn das Ver brechen, wie an zunehmen, in dcr Stille der Rackst geschehen war.— In dem Hause, dessen ersten Stock die Baro nin gemiethct, wohnte, wie der Polizeibeamtc sofort sestslellie, im Parterre ein höherer Offizier; die Wohnung über zwei Trep pen hatte der Wirth, ein Ren tier Bcllermann, inne; außer die sen drei Partien hattedas Grund stück keine Be- wohner, in dem Hintergebäude bcsanden sich die Stallungen. Auf Befragen erklärte der Kut scher , daß die Zose der Baro nin ihre Herrin todt im Bctte ge funden , als sie sich, beunruhigt