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AkÜWmh, 8crÄ»rf Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. s. w. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. Nedaction und Expedition: Bahnstraße 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohensteinernstthal. Insertion sgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Borm. 1« Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. 25. Jahrgang. Donnerstag, den 10. Februar 1898. Nr. 33. Ausland zu Schleuderpreisen vertreibe, während sie im Inland die Preise hochhalte. Wie werde dadurch unsere Arbeiterbevölkerung geschädigt, und da hindere man diese noch durch Posadowsky'sche Erlasse, durch das Koalitions recht sich günstigere Konjunkturen behu s Erlangung höherer Löhne zu Nutze zu machen. (Vicepräsident Schmidt erinnert den Redner, der auf die Koalitions frage ausführlich eingeht, daran, daß das „Auswärtige Amt" auf der Tagesordnung stehe.) Zu befürchten stehe anscheinend die Einfuhr chinesischer Arbeiter. Hätten doch unsere Unternehmer russische, galizische und italienische Arbeiter zu Hunderttausenden nach Deutschland gezogen, weshalb nicht da auch chinesische. Eme solche Politik, die derlei Vorschub leiste, machten seine Freunde nicht mit. — Abg. v. Kardorff (Reichsp.) hält die Besorgnisse des Vorredners, daß die Entwickelung einer deutschen Industrie in China auf die deutschen Arbeiter in Deutsch land selbst ungünstig zurückwirken werde, für gänzlich unbegründet. Wenn Richter sich heute günstig über Kiaotschau ausgesprochen habe, so habe er das offenbar unter dem Drucke der öffentlichen Meinung gethan. Hoffentlich wird Herr Richter nun der Flottenfrage nach- geben, denn auch in dieser habe Richter dreiviertel der Bevölkerung gegen sich. Wenn Richter ferner gesagt habe, daß Deutschland selbst sich mit einer chinesischen Mauer umgebe, so zeige dies nur, daß Richter mit seinen volkswirthschaftlichen Ansichten auf einem ururwäldlichen Standpunkt stehe. (Heiterkeit.) Die ruhige entschlossene aus wärtige Politik, die jetzt die Regierung in China bestätigt habe, erfülle die Partei des Redners mit Genugthuung. — Abg. Lieber (Centr) bedauert den bekannten Ausspruch, den Prinz Heinrich in dem Augenblick gethan, als er seine schwere und gefährliche Reise im Dienste des Vaterlandes nngetreteten habe. Eine dankenswerthe That sei die Besitz ergreifung Kiaotschaus' jedenfalls, besonders dankens- werth sei das warme Interesse, das der Staatssekretär auch heute wieder für die Missionen bekunde. — Admiral Richter's wegen des russisch-chinesischen Vertrags, es handle sich da um ein Gebiet, bei welchem unsere Interessen über haupt nicht in Frage kommen und außerdem um Ver trags-Bestimmungen, welche mit unserem Meistbegünstig- ungsrecht nicht tangirten, denn auch bei uns geschehe es, daß Landeinfuhr und Seeeinfuhr verschieden behandelt würden. - Abg. Bebel (soz.) kommt auf den Prozeß Tausch zurück, sowie auf den Begriff „Weltpolitik" und aus die Kieler Rede. (Präsident v. Buol bittet den Redner, nicht Ausdrücke des Monarchen zum Gegenstand der Erörterung zu machen.) Daß die deutschen Kapita listen jetzt schon aus der Erwerbung Kiaotschau'« Vor theile ziehen würden, leugne er nicht, aber die deutschen Arbeiter würden umsoweniger Nutzen davon haben, je mehr sich etwa in China eine deutsche Industrie eilt- wickeln sollte. Redner schildert sodann den Widerspruch, der darin liege, daß unsere Industrie ihre Waaren un wegen seiner maritimen Lage ist Kiaotschau durchaus geeignet. Wir haben hier ein Samenkorn gelegt, das Frucht tragen wird. Jedenfalls werden wir es sorgsam Pflegen. Risiko und Gewinnsatz und Erfolg sollen im rechten Verhältnisse stehen. Wir wollen besonnen vorgehe», nicht als Conguistoreu, und nicht als blose Kalkulatoren, sondern als richtige ruhige Kaufleute, wie die Maecabäer, in der einen Hand die Waffe, in der anderen Kelle und Spaten. Hüten vir uns vor ängstlicher Schwarzseherei, auch vor Jllu- iouen. Ich habe ihnen keine Luftschlösser vorgemacht. Mr hoffen, daß die Entwickelung Kiaotschaus dem christ ichen Glauben und der christlichen Gesittung znm Segen gereichen werde und zugleich der friedlichen Entwickelung nd Machtstellung des deutschen Volkes (Beifall). — lnterstaatssekretär v. Nichthofen: Mit der deutschen Regierung haben Verhandlungen über eine chinesische Anleihe nicht geschwebt, eine deutsche Garantie steht nicht in Frage eine Denkschrift über die Settlements liegt in Vor ¬ treten wir nicht entgegen, die englische Negierung denkt in dieser Beziehung genau so wie wir, und wenn die englische Presse die Erwerbung von Kiaotschau anders auffaßt, so entspricht das nicht den Thatsachen. Den Vertrag kann ich nicht vorlegen, da die Briefe von Peking nach hier sechs Wochen lang unterwegs sind, aber auf Grund telegraphischer Informationen kann ich meine früheren Mittheilungen über den Vertrag er gänzen. Der Staatssekretär verliest sodann den Inhalt des betreffenden Telegramms. In demselben wird be stätigt, daß China über das von uns erworbene Gebiet kein Hoheitsrecht ausübt, daß die Pacht nur eine For malität ist. Bezüglich der Eisenbahn- und Bergwerk konzessionen ist stipulirt; einer deutsch-chinesischen Eisen- bahngesellschast wird eine Eisenbahn konzessionirt von Kiaotschau zunächst nordwest- dann westwärts bis zum Anschluß an das projektirte chinesische Eisenbahnnetz. Unsere Eisenbahngesellschaft erhält mindestens ebenso günstige Bedingungen wie irgend eine andere europäische Gesellschaft, weitere Verhandlungen schweben und ver sprechen kein ungünstiges Ergebniß. Wir wünschen auf richtig das Wohl und den Fortbestand Chinas. Ich glaube auch nicht, daß das alte Reich von heute au morgen auseinanderfällt. Einem wißbegierigen Diplo maten habe ich noch vor wenig Tagen gesagt: China besteht 4377 Jahre, ich sehe keinen Grund, weshalb e« nicht noch 3000 Jahre so weiter gehen sollte. (Heiterkeit). Wir denken natürlich nicht daran, dem japanischen Volke zu nahe zu treten, dessen hohe Entwickelung und hohe Begabung uns die größte Achtung einflößen. Kiaotschau haben wir gewählt wegen der Nähe der Missionen und weil es von der Aktionssphäre Frankreichs und Englands und von dem russischen Operationsgebiet so weit ent fernt ist, daß die Interessen sich gegenseitig nicht tan- giren Als Hafen durch Klima und Hinterland und Tirpitz: Die Aeußerung des Abg. Lieber über den Prinzen Heinrich betreffend, so meine ich, daß die Rede eines Admirals und wäre er selbst ein Prinz, doch nicht Gegenstand der Erörterung sein sollten, zumal die eines Scheidenden, der zu einer solchen Fahrt von Frau und Kindern Abschied nimmt, sollte anders beurtheilt werden. Wir, die wir die Rede hörten, haben sie auch nicht so cmfgefaßt, wie dies in der Dresse geschehen ist. — Staatssekretär von Bülow: Freihafenstellung von Kiao tschau würde auch unseren Interessen am besten ent sprechen, aber wir möchten uns nicht gerade da rauf festlegen, sondern uns die Sache offen halten, wie dies auch England in Hongkong gethan hat. Auf eine bezügliche Anfrage Barth's erwiederte der Staatssekretär: Wir haben kein anderes Interesse, als daß Kreta nicht zur Brandfackel wird. Wer das Vergnügen haben wird als Gouverneur die interessante Insel zu regieren, ist uns gleichgültig. Wir meinen allerdings, daß es gut wäre, bei der Neuregelung auch die Minorität zu be rücksichtigen. Ein dauernder Friede ist nur möglich, wenn auch die Muhamedaner Sicherheit für Eigenthum und Leben erhalten, aber es kommt uns mehr auf den Frieden an als auf die Muhamedaner. (Heiterkeit.) Wir halten in Bezug auf die „pommerschen Knochen" an unserem bisherigen Programm fest. Es braucht ja in dem europäischen Concert nicht jeder dasselbe Jn- trument zu spielen, der eine schlägt die Trommel, Jener iläst die Trompete, der Dritte bearbeitet die Pauke (Heiterkeit), wir blasen die Flöte in Konstantinopel Heiterkeit) und nicht ohne Erfolg. Wir haben, als es sich um den türkischen Vormarsch gegen Athen handelte, mit Erfolg davon abgerathen, auf einen positiven Druck auf die Pforte versteigen wir uns nicht. Was aus Kreta wird, wissen nur die seligen Götter, aber der retische Wogenschwall wird jedenfalls nicht an der Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 8 Febr. Reichstag. Der Nest des Extraordi- nariums des Postamts und der Reichsdruckerei wird unverändert angenommen und der Handelsvertrag mit dem Oranjefreistaat definitiv genehmigt. — Es folgt der Etat des Auswärtigen Amtes in Verbindung mit dem Etat der Schutzgebiete. — Abg. Richter (freis. Volksp.): Seit der ersten Lesung haben sich die Dinge in Ostasien noch weiter entwickelt. Namens meiner Freunde stehe ich nicht an zu erklären, daß wir die Sache doch anders und günstiger anseken als unsere Erwerbungen in Afrika. Wir brauchen einen Stützpunkt für unsere wirthschaftlichen Interessen in China, diesem alten Kulturlands, wir brauchen eine Kohlen- und Flottenstation daselbst. Weitere Landerwerbe über Kiao tschau hinaus brauchen wir nicht. Redner fragt, ob nicht etwa gewisse Bestimmungen in dem russich-chine- sischen Vertrag unserem Meistbegünstigungsrecht in China zuwiderlaufen. Wegen der Entwickelung Japans und seiner Industrie brauchten wir allerdings nicht ängstlich zu sein, -Lr glaube überhaupt nicht, daß die europäischen Völker im Hinblick auf Japan um ihre heiligsten Güter besorgt zu sein brauchten. Auch sollten wir nicht übersehen, wie chinesisch sich die Dinge in Deutschland entwickeln. Nach den gestrigen Beschlüssen des deutschen Landwirthschaftsraths solle Deutschland geradezu mit einer chinesischen Mauer umgeben werden. Redner fragt schließlich, ob der Vertrag mit China nicht veröffentlicht werden kann, ob die Verhandlungen wegen Eisenbahn- und Bergwerkkonzessionen schon ab geschloffen, wie die Zonen abgetrennt sind und endlich ob etwa wirklich an dem Abschluß der chinesischen An leihe auch unsere Regierung betheiligt sei. — Staats sekretär von Bülow: Man hat gemeint, wir wollten über unsere auswärtigen Angelegenheiten einen Schleier verbreiten. Darauf antworte ich, über vertrauliche Vor- besprechungen können wir nichts mittheilen und thäte ich das, so würden meine auswärtigen Kollegen mit mir nichts mehr verhandeln wollen. Deshalb konnte ich mich im Dezember noch nicht eingehend äußern. Die Erwerbung von Kiaotschau ist keine Jmprovisatoin, sondern lange vorbereitet gewesen. Wir brauchen doch einen Stützpunkt für unsere wirthschaftlichen Interessen zu Gunsten unserer mächtig auftretenden Industrie. Analog den anderen Mächten brauchen wir einen terri torialen Stützpunkt, denn ohne einen solchen würden wir nur anderer Leute Aecker düngen, anstatt unserer « eigenen Gärten zu befruchten. Das Ansehen unserer Flotte wird verdoppelt, wenn wir einen solchen Stütz punkt haben. Nachdem Frankreich in Tonking, ferner Rußland und England dort Erwerbungen gemacht haben, würden wir zu dem Ansehen einer Macht zweiten Ranges herabsinken, wenn wir nicht einen gleichen Schritt thäten. Auch im Interesse unserer Missionen haben wir ihn gethan. Anzer hat ausdrücklich erklärt, daß nicht nur das Gedeihen, sondern sogar der Fortbestand unserer Missionen davon abhänge. Ob gerade jetzt der geeignete Zeitpunkt sei, können wir nicht wissen, aber wir glauben, wie der Dichter sagt, zwischen Uebereilung und Versäumniß die richtige Mitte gehalten zu haben. Wir sind vorbeigekommen an der Scylla und Charibdis menschlicher Entschließung, ohne irgend welche Reibung mit anderen Mächten. Wir sind dabei in vollem Ein klang mit Rußland, dessen Interessen in Europa die unserigen nicht durchkreuzen, dessen Interessen in Asien mit den unserigen vielfach parallel lausen und dessen natürliche Machtentwickelung wir als aufrichtige Freunde neidlos verfolgen. Was Frankreich anlangt, so schadet es uns nichts, wenn sich seine Verkehrswege immer neu entfalten. Auch den berechtigten Englischen Interessen