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Nummer 15Z Montag, den 3. IM 192« 78. Jahrgang Politische Muhe bis zum Herbst Dr. Stresemann über die Konsolidierung der deutschen Verhältnissen seit der Revolution Rätselraten über den spanischen Besuch in Paris und London — Schwere Cisenbahnkata- strophe in Paris —7 Milliarden Mark neue Steuern in Frankreich Das Wichtigste Das Riesengebirge ist von heftigen Wolkenbrüchen heimgesucht worden. Der angerichtete Schaden ist noch nicht zu über sehen. Bei dem Orte Roßhaupt ist ein Verkehrsflugzeug abgestürzt, wobei fünf Personen ums Leben kamen. Ein Großfeuer hat die deutschen Kekswerke in Brandenburg a. H. vollkommen vernichtet. Aus noch nicht bekannter Ursache entstand gestern Sonntag nachmittag in der Emaillefabrik „Germania" in Rosenthal bei Breslau ein Großfeuer, das den Maschinenraum und den Emailleraum vollkommen vernichtete. Der Schaden ist noch nicht abzuschätzen. MW« «nö sSGfche AngtlegenMn — (Kurzarbeiterfürs orgc.) Der Reichsarbeits minister hat unterm 1. Juli 1926 eine Verordnung erlassen, wonach die Geltungsdauer der Anordnung über Kurzarbeiter fürsorge bis zum 27. November 1926 verlängert wird. Außerdem wird über die Unterbrechung der Unterstützung bestimmt: 1) Wird die Kurzarbeilerunterstützung auf 4 Ka lenderwochen oder länger unterbrochen, so kann die Unter- stützung erst wieder gewährt werden, wenn die Voraussetzungen der 3 bis 5 erneut erfüllt sind. Die Wartezeit des Z 3 kann ganz oder teilweise in der Zeit der Unterbrechung lie gen. 2) Nach Unterbrechungen von 3 Kalenderwochen oder weniger wird die Unterstützung weitergewährt. — (Die Mütterberatung in Ober st ein a) findet am Freitag, den 9. Juli, nachmittags >/,4 Uhr in der Schule statt. Arzt wird anwesend sein. — (Gesuchter Mörder.) Ein wegen mehrerer Mordtaten gesuchter polnischer Arbeiter Johann Liemerez (Spitzname: Blinder Johann: Blinder Johann), 1,80 groß, hager und schmächtig, krankhafte Gesichtsfarbe, an der Stirn blaue Schußnarben, treibt sich im Reiche umher und ist glaubhaften Angaben nach u. a. im April ds. Js. mit einem Gefährten in Radeberg gesehen worden. Er hat sehr herunter gekommen ausgesehen und graue Militärkleider getragen. Er dürfte auch weiter in Herbergen aufliegen und hat möglicher weise auf dem Lande als Kirschenpflücker usw. Unterkommen gefunden. Bautze«. (SparmaßnahmenderZeitungen.) Trotz der sich ständig verschlechternden Wirtschaftslage und der stark gestiegenen Herstellungskosten sind die Bezugspreise der Tageszeitungen seit 1924 stabil geblieben. Um einen Teil der Mehraufwendungen einsparen zu können, sehen sich die Bautzener Zeitungen gezwungen, ab 1. Juli die Sonntags- Bilderbeilage in Fortfall kommen zu lassen. Löbau. (Unter dem Verdachte der Brand stiftung verhaftet.) Der Wirtschaftsbesitzer Johann Fischer Maltitz Wasserkretscham ist unter dem Verdachte der Brandstiftung verhaftet worden. Bei Fischer brannten kurz nacheinander zwei Gebäude, die beide sehr baufällig, aber hoch versichert waren, nieder. Dresden, 2. Juli. (Ankauf des Sekundoge- nitur Grundstücks durch die Stadt Dresden.) Die Stadtverordneten hielten gestern ihre letzte Sitzung vor den Sommerferien ab. In 14stündiger Dauersitzung beendete man den Rest der nötigsten Arbeit. U. a. stimmten die Stadt verordneten der Ratsvorlage über den Erwerb des Grund stückes der Sekundogenitur an der Zinzendorfstraße durch die Stadt Dresden zu, in welchem zuletzt bis zum November 19l8 Prinz Johann Georg wohnte. Ein Teil des prächtigen Grund stückes soll für den Neubau des Deutschen Hygienemuseums Verwendung finden. Der Kaufpreis soll 5 Millionen Mark betragen. Dresden, 3. Juli. (Sängerbesuch.) Der Ober lausitzer Männerchor aus Neugersdorf i. Sa. wird der Stadt Dresden im Oktober einen Besuch abstatten und unter Lei tung seines Chormeisters Erich Hülle im Vereinshaus ein Konzert geben. Dem Oberlausitzer Männerchor geht ein ausgezeichneter Ruf voraus. Seine quellenden Tenöre und markigen Bässe, seine straffe Chordisziplin, vorzügliche Text aussprache und musikalische Auffassung der dargebotenen Politische Ruhe bis zum Herbst Längerer Urlaub des Reichskanzlers und des Außenministers. Berlin. Mit der Vertagung des Reichstages auf den 3. November haben die großen politischen Ferien, die sich Deutschland seit 1919 zum erstenmal wieder leisten will, be gonnen. Die Ferien stehen im Zeichen einer ungelösten par lamentarischen Krisis, nachdem das Kabinett am Freitag zu nächst seine Demission geben wollte, dann auf Bitten des Reichspräsidenten im Amt geblieben ist und das Kompromiß gesetz zur Fürstenabfindung zurückgezogen hat. Durch dis Verlängerung des Sperrgesetzes bis zum 31. Dezember ist die Möglichkeit einer reichsgesetzlichen Regelung von neuem gegeben. Die Versuche der einzelnen parlamentarischen Gruppen zur Schaffung eines solchen Gesetzes werden wahrscheinlich lange vor Ablauf der Reichstagsferien wieder einsetzen, zu mal Auseinandersetzungen zwischen der Deutschen Volks partei über die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft und inner halb des Zentrums und der Demokraten über die Stellung zur Sozialdemokratie mit Beginn des Herbstes zu erwarten sind. Der Reichskanzler, der Außenminister und mehrere andere Mitglieder des Kabinetts werden zunächst einen länge r'en Urlaub antreten, so daß, da auch die Ausschüsse des Reichstages erst Mitte Oktober wieder zusam mentreten und Sitzungen der Parteiausschüsse nicht vor Be ginn des Herbstes anberaumt sind, zunächst wirklich poli - tischeRuhe eintreten wird. Dr. Stresemann über die Konsolidierung der deutschen Verhältnisse seit der Revolution Hannover, 5. Juli. Aus einer Kundgebung der Deutschen Volkspartei Hannover-Ost auf dem Dobrock sprach der Reichsaußen minister Dr. Stresemann, der seinen Ausführungen die Dee der Kon solidierung der deutschen Berhältnisse seit dem Umsturz der Staatssorm zu Grunde legte und die Notwendigkeit del Mitarbeit am heutigen Staate als Pflicht für alle und als Ausdruck wahrer nationaler Ge sinnung hervorhob. Sowohl außen- wie innenpolitisch hätten sich die Verhältnisse in Deutschland seit den Tagen des Jahres 1918 grund legend geändert und gebessert. Trotz mancher Rückschläge werde das Volk in der Ausübung seiner verfassungsmäßigen Rechte sich denjenigen Parteien zuwcnden, die für eine Festigung des Staates cintreten. Die selbe Konsolidierung gehe auf außenpolitischem Gebiete vor sich. Früher habe man sich Deutschland gegenüber stets nur ultimativer Drohungen bedient. Seine Teilnahme an den internationalen Verhandlungen habe fast nie unter dem Zeichen der Gleichberechtigung gestanden. Heute sei diese Periode überwunden. Deutschlands gleichberechtigte Mitwirkung an der große» internationalen Frage werde als selbstverständlich ange sehen und derselbe Völkerbund, der im Jahre 1919 Deutschlands Ein tritt abgelehnt habe, habe selbst gewisse Schwierigkeiten mit großen, ihm angchörcnden Nationen nicht gescheut, um sich die Mitarbeit Deutschlands zu sichern. Der Außenminister nahm dann Veranlassung, sich gegen schiefe Auffassungen zu wenden, die über das Dawcsabkom- mcn beständen und betonte im Zusammenhang mit der Forderung nach Revision des Dawcsgutachtcns, daß ein Volk, das durch den verlorene» Krieg tatsächlich arm geworden sei, auch nicht einen falschen Eindruck erwecken dürfe, wie es heute durch jene Maßnahmen der deutschen Großstädte geschehe, die sich bei der Schaffung öffentlicher Einrichtungen keine Beschränkung auscrlegten, obwohl unsere tatsächlichen Verhältnisse Zurückhaltung erforderten und die steuerliche Belastung weit überspannt sei. Aus die innerpolitischen Verhältnisse übergehend, betonte Dr. Strese mann, daß die Deutsche Bolkspartei ihren Charakter als nationale und liberale Partei niemals aufgeben würde. Sie sei ihrem ganzen Cha rakter nach zum Ausgleich der Gegensätze bestimmt und werde die in ihrem Programm festgelegten Gedanken der Ueberwindung der Partei- gegensätzs und der Zusammenfassung aller Kräfte trotz vieler Fehlschläge grundsätzlich weiterhin vertreten. Der Wiederaufbau Deutschlands könne niemals das Werk einer einzelnen Partei sein, sondern werde sich nur aus der Zusammenfassung aller hierzu in Betracht kommenden Kräfte ergeben. Das Rätselraten über den spanischen Besuch in Paris und London London, 5. Juli. Mit der Reise des spanischen Königspaares nach Paris und London werden eine Reihe politischer Kombtuationen verknüpft, die u. a. von Verhandlungen über die Tangerfrage und über das Völkerbundsproblcm sprechen. In diplomatischen Kreisen wahrt man größte Zurückhaltung. Die Tatsache, daß die ersten Meldungen des Daily Telegraph bisher unwidersprochen blieben und die große englische Presse nur als gesellschaftlichen Ereigis Kenntnis nimmt, spricht neben einer Reihe anderer Momente dafür, daß solche Vermu tungen nicht ganz grundlos gehegt werden. Der diplomatische Korre spondent des „Observer" geht am Sonntag etwas näher auf das dip lomatische Kulissenspiel ein. Nach seinen Informationen wjrd die die außerordentliche Versammlung des Völkcrbundsratcs, die im nächsten Monat für die Vorbereitung des Eintrittes Deutschlands in den Völ kerbund zusammentrcten sollte, wahrscheinlich nicht stattfinden. Die Aussichten für den Eintritt Deutschlands in den Bund hätten, wie das Blatt bemerkt, die diplomatische Aktivität gehemmt. Es sei aber wahr, daß die Diplomaten aller im Völkerbund vertretenen Länder sich hinter den Kulissen mit der durch die Haltung Spaniens und Brasiliens geschaffenen Lage beschäftigen. Auch der Besuch des spani schen Königs in Paris und London stehe privatim mit dieser Frage in Verbindung. Die britische Regierung sei entschloßen, ihre durch Cecil und Austen Chamberlain zum Ausdruck gebrachte Politik in der Frage der ständigen Ratssitze durchzuführen, nunmehr verlaute indessen, daß die Frage des Tangerstatuts in diesem Zusammenhang wieder in den Vordergrund gerückt sei, manche diplomatische Kreise Tanger als Kompcnsationsobjekt benutzen wollten, um Spanien dem Völkerbund zu erhalten. Für eine Revision des Tangerstatuts werde der Einfluß Italiens, Spaniens und der Vereinigten Staaten in die Wagschale geworfen, um den energischen Widerstand Frankreichs zu brechen. Großbritanien beschränke sich, wie oft in solchen Fällen, darauf, einen diplomatischen Ausweg zu suchen. Das einzig gewisse sei also gegen- wärtig der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. Aber diese aus dieser Tatsache sich ergebenden Komplikationen seien sehr groß und Gegenstand lebhafter Auseinandersetzungen. Diese Aeußerung dürfte im wesentlichen zutrcffe». Im Augenblick sind die Dinge aber noch nicht spruchreif um irgendwelche bestimmte Umrisse für erfolgversprechende Lösungsmöglichkeiten erkenen zu lassen. Schwere Eisenbahnunfälle in Frankreich. Paris. Nach mehreren Monaten haben die französischen Eisenbahnen in ihren Annalen wieder ein schweres Eisenbahnunglück zu verzeichnen. Der Schnellzug Le Havre—Paris ist in der Nähe von Acherez entgleist. 18 Reisende wurden getötet und 97 verletzt. Der Zug fuhr mit 90 Kilometern Stundengeschwindigkeit inmitten eines heftigen Gewitters. In einer Kurve wurde die Lokomotive »us dem Gleis geworfen, die beiden nächsten Wagen folgten ihr, während bei dem folgenden Wagen die Kuppelungen burchrissen wurden, so daß sie gegen die Bäume schlugen Und in dem dadurch frcigcwordcncn Raum fuhren die letzten Wagen vorwärts und wurden an der Lokomotive und den beiden dahinter liegenden Wagen zertrümmert. * Außer der Katastrophe von Acherez ereignete sich noch ein zweites Eisenbahnunglück in der Nähe von Vigncux bei Paris, und zwar durch den Zusammenstoß von zwei Personenzügen. Zehn Reisende wurden verletzt. 7 Milliarden neue Steuern in Frankreich. Vorschläge der französischen Finanz sachverständigen. Paris. Ein Pariser Blatt bringt Einzelheiten über den Bericht der Finanzsachverständigen. Es handelt sich um ein sehr umfangreiches Dokument. Das Programm der Sachverständigen enthält u. a. einige geradezu sensationelle Vorschläge. Z. B. wird eine Erhöhung der Steuern um 4 Milliarden Frane vorgeschla- ßen. 3 Milliarden sollen durch neue indirekte Steuern, vor allem durch eine Steuer auf Güter- und Persouentransporte, drzielt werden. Unter den Sparmaßnahmen wird u. a. eins löprozentige Reduzierung der Kriegsbeschädigten-Pensione« vorgeschlagen, wodurch dem Staate jährlich Milliarde« Franc erspart bleiben. 1 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinüeräte Großnaundorf und Weißbach tzÄn^lblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Oberstcina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter -. I. W. MohrinPulSnitz PulsmherFayeblaü Fernsprecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz Lostscheck-Konto Dresden 2138. Giro-Konto 146 4V! Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und V THF » Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzahlen in RM: Die 42 mm breite Petitzeile (Moffc'sZeilenmcffer 14) RM 0.28, in der Amtshauptmannschaft Kamenz RM 0.2V. Amtliche Zeile RM 0.75 und RM 0.60. Reklame RM 0.60. Tabellarischer Satz 80 °/° Aufschlag. - Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der volle Recknungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. 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