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Nr. 148. Pulsnitzer Tageblatt. — Dienstag, den 29. Juni 1926. Seite 6. § Leipzig, 26. Juni. (Der Mordversuch an dem Milchhändler Stawicki vor dem Schwurgericht.) We gen schweren Einbruches und versuchten Raubmordes hatte sich am Freitag der 19 jährige Oberschweizer Rudolf Wächter aus Göbschelwitz vor dem Leipziger Schwurgericht zu verantworte». Wächter hatte in der Nacht zum 5. Mai bei seinem früheren Arbeitgeber, einem Guts' besitzer in Störmthal, eingebrochen und vier Fahrräder entwendet. Am Morgen des 9. Mai überfiel Wächter auf der Landstraße zwischen Leip zig und Störmthal den Milchhändler Stawicki, der sich auf einer Gs« schäftsfahrt befand Wächter war ein Stück Wegs mitgefahrcn und hatte dann die Pistole gezogen und dem Milchhändler nach dem Kopse geschossen, in der Absicht, ihn zu töten und zu berauben. Stawicki, der durch die Wange geschossen war, wehrte den Räuber mit der Peitsche ab und ergriff die Flucht. Tas Gericht verurteilte den Täter wegen versuchten Raubmordes und Einbruchs zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und zwei Monaten Zuchthaus und drei Jahren Ehrenrechtsverlust. Sport Dresdner Radrennen. Das Goldne Rad von Dresden wurde am Sonntag von dem Breslauer Feja gewonnen, der der beste Mann im Felde war. Den 2. Platz im Stundenrennen belegte Krup« k«t vor Ruhffeveld, Brunder, Linart, Wittig und Saldow. Feja ge wann auch das 30 Km-Rennen. Verband M. B. B. Der Leichtathletik. Bierverbandskampf im Rahmen des 25 jährigen Jubiläums des Verbandes Mitteldeutscher Ballspiel.Vereine endete am Sonntag mit einem süddeutschen Siege 43 P. vor Westdeutschland 43 P., Mitteldeutschland 36*/» P. und der mit einer zweiten Mannschaft antretenden Brandenburgischen Verband 29*/,. Im Kugelstoßen stellte Brochenmacher (Süddeutschland) mit 25,125 m einen neuen Rekord auf (alter Rekord 24,68 m). Im 100 m - Lauf kamen der deutsche Meister Corts (Süddeutschland) und der mittel deutsche Wege in der Zeit 10,7 im toten Rennen an. Der deutsche Handballmeister Polizeisportverein Berlin schlng die Dresdner Städte. Mannschaft 5 : 3 (1 : 1). DreieckssReaaen im Erzgebirge. Beim Dreiecks Rennen im Erzgebirge als Borlauf der Deutschen Motorrad Gesellschaft des D. M. S. fuhr Bauhofer (München) die schnellste Zeit des Tages mit einer Stundengeschwindigkeit von 107,6 km, die schnellste Runde mit einem Stunde durchschnitt von 111,7 km. Ferro gewinnt bas Deutsche Derby. Das Derby 1826 hat mit dem einwandfreien Siege des Besten aus der Aufzucht von 1923 geendet. Mit Ferro hat der Stall Hamel seinen vierten Derbysieger gestellt. Vorangegangen waren Turmfalke 1913, Pontresina 1915 und Landgraf 1917. BleichrSder-Rennen 192«. Mit dem als Sonderwett- bewerb ausgeschriebenen DIeichröder.Rennen für Renn wagen fand das Gefamtprogramm der Süddeutschen Tourenfahrt seinen Abschluß. Es gab eine kleine Ueber- raschung, da der vorjährige Sieger Werner (Mercedes) von dem jungen Helmut Taxis (Alfa Romeo) knapp geschlagen wurde. Taxis fuhr mit 4:33,2 für die 10 Kilometer die schnellste Zeit des Tages, entsprechend einem Stundenmittel von 131,678 Kilometer. Ergebnisse: bis 1100 Kubikzentimeter: Cockerell-Mün chen (Cockerell) 6:47; bis 1500 Kubikzentimeter: Momberge r< Frankfurt a. M. (NSUJ 5:00; Lis 2000 Mbikzentimeter: Ehr. W e r n e r - Stuttgart (Mercedes) 4:33,8; über 2000 Kubitzenti- Meter: T a x i s. Stuttgart (Alfa Romeo) 4:33,2. — Motorrad herausforderungskampf: Stelzer-München (BMW.) 14:31 Lauffer in Magdeburg geschlagen. Die internationalen Gchwimmwettkümpfe der Magdeburger Hellenen waren > am zweiten Tage von gutem Wetter begünstigt. Die lieber- raschung des Tages war die Niederlage des amerikanischen Meisters Lauffer im 400-Meter-FreistiIfchwimmen durch den in vorzüglicher Form befindlichen Darmstädter Berges. Dis Ergebnisse: 100 Meter Rücken: 1. Lauffer 1:12,8; 200 Mete« Brust: E. Rademacher- Magdeburg 2:59,8. 11, Senior-Frei- ftilschwlmmen, 400 Meter: H a n d sch u m a ch e r-Dortmund 5:43,2. II. Rückenschwimmen, 100 Meter: Schlüter-Dort mund 1:19,4. I. Senior-Freistilschwimmen, 400 Meter: Berges- Darmstadt 5:24. II. Senior-Staffel, dreimal 200 Meter: P o - seidon-Gelsenkirchen 8:21,1. I. Senior-Lagenstaffel, viermal 100 Meter: Hellas-Magdeburg 5:03. Deutsche Schwimmersrege in der Schweiz. De: Schwimmclub Schwaben-Stuttgart wellte mit einer Mannschaft in Romannshorn in der Schweiz und konnte bei den dortigen internationalen Schwimmwettkämpfen verschiedene Siege einheimsen. Die Stuttgarter siegten im Wasserballspiel gegen S. C. Arbon 4:1 und gegen S. C. St. Gallen 4:2, sie gewannen ferner die viermal 50-Meter-Lag«nstaffel in 2:24,8 gegen S. C. Lonstanz 2:27 und S. T. St. Gallen 2:27,6.und sicherten sich auch die fünfmal 100-Meter-Freistilstaffel in 6:45,8 gegen S. C. Constanz 7:14 und S. C. St. Gallen 7:15. Kieler Ruderregatta. Bei besten Wasserverhältnissen und starkem Besuch ging im Kieler Hafen die alljährliche Ruder regatta vor sich. Besonders stark waren die Hamburger Ver eine vertreten, die dann auch den Löwenanteil an Preisen davon- trugen. Die Ergebnisse: Erster Jungmann-Vierer: Hansa- Hamburg 6:44; Iuniorvierer: Hansa-Hamburq 6:45,4; Zweiter Vierer: Schweriner R. G. 6:38,4; Kaiservierer: Rendsburger R. V. 6:33,4; Jungmann-Achter: Erster Kieler R. G. 5:58; Erster Achter: Hansa-Hamburg 6:03,4; Großer Einer: Klagemann sN. G. Lauenburg) 8:02,2; Zweiter Iungmannvierer: E r st e r K i e I e r R. C. 7:06,3; Junior- achter: Hans «-Hamburg 6:07,2; Schlußvierer: Wasser sport Neumünster (keine Zeit). Süddeutscher Futzballpokal. In dem noch ausstehenden Vorschlußrundenspiel um den Süddeutschen Fußball pokal standen sich auf dem V. f. B.-Platz in Stuttgart die Mannschaften von der Spielvereinigung Fürth und Phoenix-Ludwigshafen gegenüber. Der deutsche Meister beherrschte jederzeit die Situation und gewann hoch mit 7:1 (4:0). Das Entscheidungsspiel führt nunmehr wahrscheinlich am kommenden Sonntag in Frankfurt a. M. die Mannschaften von V. f. B.-Stuttgart und Spielvereinigung Fürth zusammen. 1OV-Kilometer-Mannschastsfahren in Dresden. Die Gaumeisterschaft im 100-Kilometer-Mannschaftsfahren des Gau 37 im Bunoe Deutscher Radfahrer wurde auf der Strecke D r e s d e n — Radeberg— Stolpen—-Dresden entschieden. Wie zu erwarten war, konnte die deutsche Meistermannschaft des S. C. Wanderfalk-Dresden in 2:57:29 einen überlegenen Sieg vor der ll. Mannschaft des gleichen Vereins (3:08:39) und Wcm- dersr-f !898-Dresden (3:30:08) davontragen. Kandel. Berliner Börse vom Montag. Wie vorauszusehen war, eröffnete auch die neue Woche in weiter sehr fester Haltung. Die Ueberzeichnung der Anleihe des Montantrusts und in Verbindung damit die Transaktion des Kon zerns mit der Deutschen Maschinenfabrik A.-G. haben dem Montan aktienmarkt, in erster Linie den Papieren der Vereinigten Stahl werke A.-G., neue Käufergruppen zugeführt. Amtliche Oevisen-Notiewngi Devisen l!n Reichsmark) 28. Juni 26. Juni Gew Brie« Gew Briel M. Ai. Ai. Ai. New Dort ,. rz 4,195 4,205 4,195 4,205 London .... 1 20,413 20,465 20,414 20,466 Amsterdam . 100 Gid. 168,53 168,95 168,51 168,93 Kopenhagen . 100 Kron. 111.25 l11,53 111.26 111,54 Stockholm . . 100 Kron. 112 58 112,84 112,86 Oslo 100 Kron. 92.03 92,27 92,21 92,47 Italien .... 100 Lire 15 25 15,29 15,32 15,36 Schweiz . . . 100 Frcs. 81.20 81,40 81,18 81,38 Paris 100 Frcs. 12.21 12,25 12,14 12.18 Brüssel .... 100 Frcs. 12.02 12,06 12,06 12.10 Prag ..... 100 Kron. 12,418 12,458 12,422 12,462 Wien Schill. 59,33 59,47 59,36 59,50 Spanien . . . 100 Peseta 67.40 67.56 67.57 '7,73 1 franz. Franc 0,12 M., I belg. Franc 0,12 M., 1 ital, Lira 0,15 M., 1 Zloty 0,42 M. Bankdiskont: Berlin 614 (Lombard 714), Amsterdam 3-4, Brüssel 7, Italien 7, Kopenhagen 5, London 5, Madrid 5, Oslo 514, Paris 6, Prag 6, Schweiz 314, Stockholm 414, Wien 714. Ostdevisen: Bukarest 1,875 G 1,895 B, Warschau 42,09 G 42,31 B, Riga 80,65 G 81,05 B, Kattowitz 42,09 G 42,31 B, Posen 42,09 G 42,31 D. — N o t e n: Gr. Polen 42,54 G 42,96 D, kl. Polen 42,04 G 42,46 B, Letten 80,10 G 80,90 B, Esten 1,105 G 1,115 B, Lit. 40,89 G 41,31 B. Effektenmarkt. Inländische Renten überwiegend fest. Die 5proz. Reichsanleihe wurde bei nicht bedeutenden Umsätzen bis 0,4325 gehandelt. Transportwerte gut behauptet. GH i f f a h r t s w e r t e stellten sich etwas höher. Eine sehr feste Tendenz wiesen Kaliaktien auf, ebenso die meisten chemi schen Werte. Von Elektrowerten stellten sich A.E.G. 142,50, später 141,75. Lebhafte Umsätze bei steigenden Kur se n entwickelten sich am Waggonaktienmarkt in Linke i Hofmann (69). Von Metall werten lagen vor allem : Deutsche Kabel und Rheinmetall höher. Amtliche festgesetzte Preise an der Produktenbörse zu f Berlin vom 28. Juni. (Getreide und Oelsaaten per 1000 ; Kilogramm, sonst per 100 Kilogramm, alles in Reichsmark.) ( Weizen, märkischer, Juli 301—299,50, September 266—265, Ok- ! tober 266,50 u. Brief, schwach. Roggen, märkischer 194—198, j Juli 209,50—210,50 u. Bries, September 207—207,50, Oktober i 208—208,50, fest. Gerste, Sommergerste 194—205 (feinste Quali- i täten über Notiz), inländ. Futtergerste 180—193, still. Hafer, i märkischer 197—207, Juli 191, September 191, still. Mais loko ! Devlin, waggonsrei Hamburg 168—170, September 166, still. ! Weizenmehl per 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack ; (feinste Marken über Notiz) 37,75—39,75, stetig. Roggenmehl l per 100 Kilogramm frei Berlin bruto inkl. Sack 27,75—29,50, fest, j Weizenkleie frei Berlin 10, still. Roggenkleie frei Berlin 11,N i bis 11,30, still. Viktoria-Erbsen 35—46, kleine Speiseerbsen 30 i bis 34, Futtererbsen 22—27, Peluschken 23,50—28,50, Ackerbohnen ! 23—25L0, Wicken 33—34, Lupinen, blaue 15—17, Lupinen, gelbe - 21—23, Rapskuchen 13,80—14, Leinkuchen 18,70—19, Trocken- ! schuiHel 10—10,30, Sojaschrot 19,40—19,80, Kartoffelflocken 21 bis 21,60. Berliner Kartoffclpreise vom 28. Juni. Kartoffel- s erzeugerpreise je Zentner, waggonsrei märkische Station, amtlich ! ermittelt durch die Landwirtschäftskammer für die Provinz Bran- : denburg und für Berlin: Weiße Katoffeln 1,80—2, rote Kartoffeln 2,10—2,30, gelbsleischig« Kartoffeln 2,80—3,20 Rm. ! Berliner Eierpreise vom 28. Juni. (Bericht der amt- s lichen Notierungskommifsion für den Eiergroßhandel.) Preise ! in PfJund pro Stück: a) Inländische Eier: Große, vollfrische, ge- ! stempelte Inlandseier 11,50—12,50, frische Jnlandseier über i 55 Gramm 9,50—10,50, frische Jnlandseier unter 55 Gramm f 8—9, aussortierte Schmutz- und kleine Eier 6—7. b) Auslands- i eier: Extra große Eier 12,75—13,50, große Eier 10,50, normale ! Eier 7,50—9, abweichende Eier 6—7, kleine und Schmutzeier 6—7. j Tendenz: ^wartend. Magdeburger Zuckerterminpreise vom 28. Juni. ! Juni 14 B 13,70 G, Juli 14 B 13,90 G, August 14,25 B 14?5 G, ! September 14,40 D 14,30 G, Oktober 14,60 B 14,55 G, November ! 14,55 B 14,50 G, Dezember 14,65 B 14,60 G, Oktober-Dezember > 14,85 B 14,75 G. Tendenz: Ruhig. Mctaliprcise in Berlin (für 10V Kilogramm in M.) ! Vom 28. Juni: Elektrolytkupfer wire bars 131,75, Hüttenroh- ! zink im freien Verkehr 67—67,50, Remalted Plattenzink 58,50 i bis 59,50, Orig.-Hüttenaluminium 98—99 Proz. 235—240, do. in ' Walzen oder Drahtbarren 240—245, ReinnickSl 340—350, Antt- - mon-Regulus 110—115, Silber in Barren, ca. 900 fein, für f 1 Kilogramm 89,75—90,75. . f Dresdner Produktenbörse vom 28. Juni 1926. Weizen, inländischer, Basis 74 Kilogramm, 315—32V, stetig. — Roggen, inländischer, Basis 71 Kilogramm, 211—216, fest. Sommergerste, sächsische 210—225, ruhig. — Hafer, sächsischer 215-224, fest; preußischer 215- 224, fest; ausländischer 212- 222, fest. — Mais (Laplata) 190—195, ruhig; neuer, anderer Herkunft 188—193, ruhig; Cinguantin 215—225, ruhig. — Wicken 33,00 34,00, ruhig. Lupinen, blaue 20,00—21,00, fest; gelbe 26,50—27,50, fest. — Futter lupinen 16,00—17,00, ruhig. — Peluschken 29,00—30,00, fest — Erb- j sen, kleine 33,00-34,00, fest. — Trockenschnitzel 12,00—12,50, ruhig.— z Zuckerschnitzel 18,50-21,00, ruhig. — Kartoffelflocken 23,50—24,00, 1 fest — Futtermehl 13,20 — 14,40, ruhig. — Weizenkleie 10,70—11,30, ruhig. — Roggenkleie 12,00—13,20, ruhig. — Dresdner Marken: Kai ser-Auszug: 53,00-55,00, ruhig. — Bäckermundmehl 46,00—48,00, ruhig. — Wcizennachmebl 18,50—19,50, ruhig. — Jnlai dsweizenmehl, Type 70"/o- 44,50—46,50, ruhig. — Roggenmebl 01, Type 60«/,, 33,00—35,00, ruhig ; Roggenmehl l, Typs 70 «/,, 30,50- 33,00, ruhig, Roggennachmehl 17,50—18,50, ruhig. Feinste Ware über Notiz. Die Preise verstehen sich bis ein schließlich Mais per 1000 Kilogramm, alle anderen Artikel per 100 Kilogramm in Reichsmark. Rotklee, Erbsen, Wicken, Peluschken, Lupinen, Mehl (Mehl frei Haus) in Mengen unter 5000 Kilogramm ab Lager Dresden, alle andere in Miu.dcstMcngen von 10000 Kilogramm waggonsrei sächsischer Versandstationen. ( — Sonne und Mond. 30. 6. Sonne: A. 3,42, u. 8,24. Mond: A. 11,37, u. 9,10. § - 1. 7. Sonne: A. 3,43, U. 8,24. Mond: A. 11,59, U. 10,33. tteber de« Ozean. Roma« von Erich Eb en stein. Copyright by Greiner L Co., Berlin W. 30. Nachdruck und Uebersitzungsrecht in fremde Sprachen Vorbehalten. (Nachdruck Vorboten.) IS. Fortsetzung. „Eigentlich nicht. Aber es kann immerhin etwas Un vorhergesehenes geschehen. Ein Schraubenbruch, ein Kessel- schaden oder ein Eisberg kann uns in die Quere kommen und zu Umwegen zwingen. Sicher ist sicher." Nachdem auch dies besorgt war, begaben sich die bei den Herren an Bord, um die Nacht bereits in ihren Ka jüten zu verbringen. Denn der „Capo" sollte mit Tages anbruch die Anker lichten. Kapitel 7. Golden strahlte die Morgensonne auf die Wogen des Atlantischen Ozcans, die wie blaugrüner Glasfluß die schneeweißen Planten des stolzen Riesendampfers „Queen Mary" umspülten. Vor zwei Stunden hatte er Southampton, wo die letzten Passagiere an Bord kamen, verlassen und soeben die Lotsen ausgebootet. Es war die Jungfernfahrt des schönen Schisses. Kapitän Trux stand, von vielen Passagieren um geben, auf dem Verdeck und sah mit seinem Glas noch einmal nach dem entschwindenden blanen Nebelstreifen, der die Küste Englands bedeutete. Dann glitt sein vergnügter Blick stolz über das prächtige Schiff mit seinen drei Stockwerken und vier Niesenschloten hin, das einer kleinen schwimmenden Stadt glich. „Wie sie geht, was?" wandte er sich dann an einen neben ihm stehenden Herrn, den er schon zweimal von Antwerpen nach New Jork gebracht hatte. „Das ist ein anderes Fahren als mit dem alten „Poseidon", den Sie > früher benützten, Mr. Banloqck Man merkt gar nicht, daß man aus dem Wasser ist." Vanlov nickte. „Ja, Ihre neue „Queen Mary" ist ein prächtiges Fahrzeug. Komfortabel auSgestattet in jeder Beziehung." „Dazu das schnellste Schiff, das wir gegenwärtig em- gestellt haben! Nur der „Capo" von der Cunard Line hat noch kürzere Fahrzeit. Uebrigens muß, sich der „Capo" gerade auch unterwegs nach New Jork befinden. Er ver ließ gestern Hamburg und wird uns vermutlich iu drei Tagen überholen. Fahrplanmäßig soll er New Jork um einen halben Tag früher erreichen als wir." Und das lassen Sie sich gefallen, Kapitän?" mischte sich ein anderer Herr in das Gespräch. „Mit diesem Prachtschiff, das so recht geschaffen wäre, bei seiner ersten Ausfahrt einen Rekord zu schaffen?" Kapitän Trux hatte sich nach dem Sprecher umge- wLndt und maß das kluge, von einem kleinen braunen Schnurrbart gezierte Gesicht, das ihm völlig unbekannt war, halb erstaunt, halb belustigt. Der Herr, dessen Helle scharfe Augen durch Brillen gläser funkelten, beeilte sich nun, sich vorzustellen. „Armand Gringoir, Kaufmann aus Paris", sagte er, sich verbeugend, „ich bin mit meinem Neffen Emile in Southampton an Bord gekommen." „Ach so, dann hatten wir sreilich noch keine Gelegen heit, Bekanntschaft zu machen. Willkommen auf der „Queen Mary!" Trux schüttelte Herrn Gringoir die Hand. Dann lachte er. „Sie würden also nur so drauflos dampfen, Mister Gringoir? Und die Verantwortung? Die Sicherheit dieser zweitausend Menschen, für die ich einzustehen habe?" Herr Gringoir blieb ganz ernst. „Bah, mit einem solchen Schiff, das, wie man sagt, gegen jede Gefahr geseit ist durch seinen Bau? Oder ist es nicht richtig, was mir vorhin einer Ihrer Leute sagte, daß hier das Schottenfystem in seiner höchsten Vollendung angcwcndet wurde?" „Gewiß ist es richtig. Unsere Schotten —" „Bitte, erklären Sie uns doch erst, was diese Schotten eigentlich sind", unterbrach ihn die junge Mrs. Evans, die sich mit ihrenr Gatten, einem amerikanischen Milliardär, auf der Hochzeitsreise befand und zum erstenmal eine größere Seereise machte. Andere Damen stimmten ihr bei. Kapitän Trux, gegen Damen immer galant, wandte sich sofort an sie. „Schotten, meine Damen, sind durch wasserdichte Querwände getrennte Abteilungen im Ünterraum des Schiffes. Sie find durch wasserdichte Türen abgeschlossen und reichen bis zu einer gewissen Höhe über den Wasser spiegel, wo sie durch das Schottendeck abgeschlossen sind. Im Falle einer Gefahr kann ich von der Schiffsbrücke aus mit einem Griff sämtliche Schottentüren abschließen, wo bei mir eine Signaltafel gleichzeitig zeigt, ob die Schlie ßung tatsächlich erfolgt ist. Durch diese Einrichtung wird das Sinken des Schiffes, falls es durch irgendeinen Unfall ein Leck bekommen sollte, unmöglich gemacht. Denn das Wasser könnte in diesem Fall immer nur in gewisse Abteilungen dringen und der übrige Raum, der, auch weun mehrere Schotten beschädigt werden sollten, noch Tragfähigkeit genug besitzt, bliebe intakt." „Eine großartige Einrichtung !Wir sind also sozu sagen sicher vor dem Sinken?" „Absolut ! Soweit menschliche Erfindungskraft es ver- j hindern kann." „Nun also," nahm Mr. Gringoir wieder das Wort, ! „und die Kessel sind ebenfalls von bester Qualität! Da würde ich, weun ich Kapitän wäre, schon so ehrgeizig i sein, wenigstens den Versuch zu machen, andere Schisse an Schnelligkeit zu übertrumpfen!" Kapitän Trux antwortete nicht. Aber um seine Lip pen schwebte ein undefinierbares Lächeln, als wollte er sagen: Was verstehst du Laudratte von allen Gefahren der See? Noch jemand lächelte, aber mit deutlichem Beifall und ! Mr. Gringoir wohlgefällig zunickend. Ein älterer statt licher Herr, wohlgenährt, rosig, mit klugen grauen Augen und glattrasiertem Gesicht. Kapitän Trux hatte ihn vor hin den Umstehenden als „Mister Cartergin, ein Ver- waltungsrat unserer Schiffahrtsgesellschaft, der die erste Ausfahrt der „Queen Mary" mitmacht", vvrgksteNt. Dir. Cartergin trat nun zu Herrn Gringoir uno schüttelte ihm die Hand. (Fortsetzung folgt.)