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Tabellarischer Satz 50Ausschlag. — E ei zwangsweiser Einziehung der Anzcixengebühren durch Klage oder in Konkursfüllen gelangt der volle Recknungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung Bis */,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshavptmannschaft Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgerichtsbezlrks: Pulsnitz, Pulslütz M. S., Großröhrsdorf, Brelulg, tzauswalde, Ohorn, Obersteina, Niederstem«, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohrin Pulsnitz Nummer 74 Montag, den 2S Marz M26 78. Jahrgang Das Wichtigste Reichskanzler a. D. Fehrenbach wird am heutigen Montag nach mittag in Freiburg beigejetzt Der österreichische Bundeskanzler vr. Ramek tras in Berlin ein und wohnte einem Frühstück beim Reichspräsidenten bei. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland kann einen geringen Rückgang verzeichnen. Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, ist bei Pedra im Rio Grande ein Zug in eine Schlucht gestürzt, wobei eine große An zahl von Personen getötet wurden Ein Dampfer mit Pilgern an Bord, der fick aus der Fahrt von Bahia nach der Insel Itaparica befand, ist untergegangen, wo bei 30 Personen ertranken. Beim internationalen Rennen um den Preis des Königs von Ita lien, der von dem Fahrer Maggi aus einem Bugattiwagen ge wonnen wurde, ereignete sich ein schwerer Unsall. Ein anderer Bugattiwogen, der von Lutelli geführt wurde, überschlug fich und stürzte in den Tiber. Cutelli und sein Mechaniker wurden schwer verwundet ins Hospital gebracht. Zn -er nördlichen Havpistadt. Aus dem Tagebuch eines Berichterstatters. vr. Maß. — Sagen Sie, wie denken Sie über die Politik? — Bei uns in Amerika kann nur der Präsident der Vereinigten Staaten über die Politik denken. Das ist seine Beschäftigung und dafür erhält er sein Gehalt. Sie sind wahrscheinlich ein Fremder und wissen nicht Bescheid, daß bei uns in der neuen Welt sich jeder nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert: Der Präsident interessiert sich für die Politik und wir, alle Amerikaner, für busmsss — d. h. Geschäft, und nur Geschäft. — Solch eine Antwort bekommen Sie auf diese Frage nicht allein in Amerika, sondern auch im heutigen Rußland, bloß an Stelle des Präsidenten steht dort die regierende Kommunistische Russische Partei. Sie würden sich schwer hüten und es bereuen, wenn Sie sich dort für die Politik interessieren würden. Im Gegenteil. Niemand wird Sie dort anfechten, falls Sie sich ausschließlich für businsss-Geschäft interessieren wür den. Und leßterenfalls sind Sie dort immer willkommen. * * * Ich bin in Leningrad — Petrograd — Petersburg. Offiziell ist die Hauptstadt von Rußland um SOO Kilo meter südlicher, und zwar — in Moskau. Jedoch die alte Newastadt bleibt in der Annahme vieler Ausländer, ja höchstwahrscheinlich auch vieler Russen, als die kalte, nördliche und liebste Hauptstadt. Obwohl diese Stadt vom großen Weltkriege verschont geblieben war, hat sie doch durch den Bürgerkrieg, die furcht bare Revolution und Umwälzung insbesondere viel gelitten. Glücklicherweise ist schon alles vorbei. Petersburg — heute Leningrad, wird wiederhergestellt. Schnell und gründlich. Die Russen scheuen keine Arbeit, um den Wiederaufbau des Landes zu tätigen, und es gelingt ihnen im vollen Maße. Man kann ohne weiteres sagen, daß das Lebenstempo Leningrads kein europäisches, sondern ein amerikanisches ist. Die russische regierende Partei macht keinen Halt vor den schwersten Kompromissen, um den Wiederaufbau des Staates zu fördern. Es genügt zu sagen, daß der popu lärste Name in Sowjetrußland zurzeit der amerikanische Milliardär, der Autofabrikant Ford ist. Ditz russische Re gierung ist von der organisatorischen Tätigkeit Fords be geistert und möchte den ganzen Neuaufbau der Industrie nach Fords Beispiel im großen Maße vollziehen. Rußland, dieses Wunderland, ist tatsächlich ein Land voll Ueberraschungen und Widersprüchen. Dor einigen Wochen haben die russischen Behörden den Besuch einer Gruppe amerikanischer Sozialdemokraten, welche nach Rußland kommen wollten, glatt abgelehnt. Es ist nicht zu bezweifeln, -aß, wenn Ford die gleiche Absicht gehabt hätte, er mit offenen Armen ausgenommen werden würde. So schreibt die alte Weltgeschichte. * * * Das Bild Leningrad stellt ein Bild einer großen euro- väischen Stadt dar: nehmen wir die geraden, strengen Linien MMMMIIW Skl WW MME Struersenkung und Staatsvereinfachung in Bayern. Ministerpräsident vr. Held über Spar- maßnahmen. München. Der gemeinsam« Antrag der Koalitions parteien zur Steuersenkung und Staatsvereinfachung wurde im Staatshaushaltungsausschuß eingebracht. Finanzminister vr. Krausneck nahm im Verlauf der Debatte das Wort zur Begründung der vorgeschlagenen steuerlichen Maßnah men, wobei er betonte, die bayerische Regierung habe sich schon seit längerer Zeit darüber schlüssig gemacht, daß die Staatsausgaben vermindert und die Staatsverwaltung vereinfacht werden müßten. Aber auch die Reichsregierung müsse auf das gleiche Ziel hinarbeiten. Er hoffe, daß es ihm gelingen werde, mit dem Reich zu entsprechenden Vereinbarungen zu kommen. In der weiteren Aussprache erklärte Ministerpräsident Or. Held, die Wirtschaft könne auf die Dauer die hohen Ausgaben des großen Staatsapparates nicht mehr leisten. Weder im Reiche noch in den Einzelstaaten könne man mit dem bisherigen Verwaltungskörper auskommen, seil die finanziellen Unterlagen dazu fehlten. Zur Lösung des Problems der Staatsvereinsachung solle ein Generalplan aufgestellt werden, der eines gewissen Zeitraumes zur Durch führung bedürfe. Die Minister seien beauftragt, Einzelpläne vorzulegen, welche die Unterlage für den Generalplan bilden sollen. Der Ministerpräsident betonte, die Landwirtschaft sei der am schwersten von den Steuern betroffene Stand, bei ihr müsse mit der Steuersenkung begonnen werden. Wenn es nicht gelinge, durch eine Reihe tief einschneidender Maß nahmen eine neue Grundlage für den Staatshaushalt zu gewinnen, würde dies zur Liquidierung des Staates von selbst führen. Mit allem Nachdruck müsse der Kampf um einen besseren Finanzausgleich ausgenommen werden. Der Generalplan der Regierung könne nur durchgesührt werden, wenn eine Garantie bestehe, daß auch vom Reich dasselbe in seinem Verwaltungsbereich geschehe. Die Volks vertretung möge die Staatsregierung bei ihren Bestrebungen unterstützen. Die weiteren Verhandlungen wurden vertagt. Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Berlin. Die Entwicklung des Arbeitsmarttes in der ersten Märzhälfte zeigt eine mäßige, aber noch keineswegs entscheidende Besserung. Die Zahl der Hauptunterstützungs- empfänger ist von 2 056 000 auf 2 017 000, d. h. um noch nicht ganz 2 v. H. zurückgegangen. Im einzelnen haben sich die männlichen Hauptunter stützungsempfänger stärker, nämlich von 1750 000 aus 1703 000, vermindert, während bei weiblichen Hauptunter stützungsempfängern noch eine Zunahme, nämlich von 306 000 auf 315 000 eingetreten ist. Die Zahl der Zuschlagsempfänger (unterstützungsberechtigten Angehörigen von Hauptunter stützungsempfängern) ist von 2 279 000 auf 2 204 000 zurück gegangen. Soweit ein Rückgang eingetreten ist, beruht er zum wesentlichen Teile auf den Außenberufen (Landwirt schaft, Baugewerbe usw.). Die Aufhebung der Sektsteuer. Berlin. In der Oeffentlichkeit sind Zweifel darüber entstanden, ob durch das neue Steuermilderungsgesetz am 1. April auch die Sektsteuer wie die allgemeine Weinsteuer wegfällt. Dazu verlautet, daß tatsächlich die Schaum wein st euer vom 1. April ab vollständig weg^ fällt. Erst am 1. Juli soll die Sektbanderolensteuer von 1 M. bzw. 20 Pfennig für Fruchtsekt wieder eingeführt werden. Dann müssen aber die vorhandenen Sektbestände nachver steuert werden. Ob die Nachversteuerung auch auf die in Privathänden befindlichen Schaumweine ausgedehnt wird, ist vorläufig noch nicht entschieden. In den Ausführungsbestim mungen wird aber auch diese Frage rechtzeitig geklärt werden. Berlins, die wunderbar schönen Architekturen der Schlösser und Museen Wiens, die luxuriösen Warenhäuser und Restau rationen des leichtsinnigen Paris — so ergibt sich ein Gesamt bild des heutigen Leningrad. Bemerkenswert ist jedoch die außergewöhnliche Verbreitung des Autowesens. Das Auto charakterisiert insbesondere das neue, schnelle Tempo des Leningrader Lebens. Das Verkehrsnetz verbreitet sich mehr und mehr und wird durch zahlreiche Autoomnibuslinien innerhalb Leningrads und seiner Umgebung ausgebaut. Alle Fabriken sind mit dem Zentrum der Stadt durch Straßenbahnen und Autoomnibusse verbunden, auch beab sichtigt man in kürzester Zeit eine Stadt- und Ringbahn zu bauen. Dabei ist noch zu bemerken, daß alle Fabriken in Lenin grad vollauf mit Arbeit beschäftigt sind. Und wenn die rus sischen Behörden der einen oder anderen Fabrik ein be sonderes Lob spenden wollen, so sagen sie, daß die betreffende Fabrik die Höhe des „Fordismus" erreicht hat. Also Ford, Ford und abermals Ford! * * - * Wofür interessiert man sich in Leningrad? Es wäre richtiger, zu fragen, wofür man sich in Lenin grad nicht interessiert. Der Ruhm der russischen Theater ist nicht nur in Ruß land, sondern auch in Deutschland und überhaupt in der ganzen Welt bekannt. Die russische Oper, das russische Ballett, das russische Drama, die russische Kinokunst, die sich mit der schwedischen in jeder Weise messen kann, Radio usw. Um ein abschließendes charakteristisches Bild des kul turellen Leningrads zu geben, muß man noch auf die Tätig keit der zahlreichen Lehranstalten und Hochschulen Hinweisen, vor allem auf die an der Spitze stehenden berühmten staat lichen Akademie der Wissenschaft, die vor eiyiger Zeit ihr 200jähriges Jubiläum gefeiert hat. Man braucht nicht Russe zu sein, um die nördliche Hauptstadt ins Herz zu schließen. Diese Stadt ist eine russische Schönheit, von welcher man sagen kann: „Du bist schön in allen Gestalten." Schön ist es dort im Sommer, auch schön im Herbst, wunderbar im Winter und prachtvoll im Frühling . . . MIM und WWt ÄMlMheitkn Pulsnitz. (Liliputaner-Theater.) Auf das morgen abend im Schützenhaus stattfindende einmalige Gast spiel des weltberühmten Liliputaner-Theaters wird nochmals empfehlend hingewiesen. — (Woher stammt die Konfirmation?) Die Heimat der Konfirmation, wie so mancher anderen evanglisch- kirchlichen Feier (z. B. auch des Buß- und Bettages), ist Straßburg; ihr Begründer ist der elsässische Reformator Martin Nutzer. Sie war ihm Bestätigung in die christliche Gemeinschaft- „Die Kinder, wenn sie den Katechismus ge faßt, tun ihren Glauben in der Versammlung Gottes bekennen und sich in die Gehorsame Christi und seiner Gemeinde selbst begeben und (die Seelsorger) sie darauf mit dem Gebet und Handauflegen in die ganze Gemeinschaft Christi und seiner Gemeinde bestätigen." Von Straßburg aus kam die Konfir mation zunächst nach Hessen und faßte hier feste Wurzeln. Andere Gebiete erwiesen sich vielfach unzugänglich. Im 17. Jahrhundert sand sie weitere Verbreitung. Der Be gründer und Führer des Pietismus, PH. I. Spener, förderte sie tatkräftig. Auf den Fittichen dieser Bewegung wurde sie in viele Landeskirchen getragen, die sie bisher abgelehnt batten. Immer mehr gewann sie an Volkstümlichkeit. Freilich hat manche Landeskirche sie recht spät eingeführt; als letzte Hamburg erst im Jahre 1832.