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HohmstM-EmMaler Tageblatt MöLllMger Nr. 280 , Sonnabend, den i Dezember 1034 i.Beilaae M erste Advenlskerze brennt... Adventslicht Von Hans Albrecht, Kassel Wenn in der Jahreszeit dunkelsten Stunden Lichtluser Spätherbst die Lande durchzieht — Draußen längst Sonne und Leben entschwunden Und Nebelgrau lastet aus Sinn und Gemüt Wssst Ihr, das; nächtens aus himmlischen Weiten Grüßt Euch eiu Lichtgucll aus Ewigkeiten? — Dann schmückt den Adventskranz und zündet daran Sinnend die erste der Kerzen seht au! . . . Seht wohl umher: wieviel Not allerwegen! Kämpstnd so viele mit hartem Geschick! Und blicken doch alle dem Christfest entgegen, Und hoffen doch alle aus WeihuachtSglück! Drum spendet und opfert! Dann wird es gelingen, Bald allen den Lichtschein deS Festes zn bringen! .. Wie Kerze auf Kerze am Kranze entbrennt, So flamme die Liebe empor im Advent! Ja, spendet und opfert! Meßt karg nicht die Gaben! — Jus ärmste der Häuser AdveutSlicht hiuciul Wo Kindleiu zum Himmel gebetet haben, Soll WeihuarhtSerwarteu voll Freude sein! . . . Lasst sorgende Liebe im Bate: land walten, Das; Glaube und Friede» sich wieder entfalten! Seid so znm Empfange des Heilands bereit! . . . Dann segnet/üns Gott deutsche Weihnachtszeit! Mische WeiWsHt Lro» Walter Ltccgcr Aus der Mittngsglut des Sommers tauchten wir eiu in die Kühle des Herbstes, und nun schreiten wir den Weg in das winterliche Dunkel. Zeit heiliger Wunder und seltsamen Webens, will sie von uns Menschen innerlich erlebt wer den mit der Kraft unseres Herzens und unserer Seele. Zeit der Märchen und Sagen, da wir wieder zu Kindern werden und gläubig den ge heimnisvollen Spuk geweihter Nächte schauen. Du findest uns aufnahmebereit und empfänglich für deine Gaben, die du ausstreucn willst! Das Schönste und Größte aber steht am Ende dieser Wochen: Weihnacht. Ein deuts-ber Dichter — mit reinem Blick begnadet — deutete die Wochen auf den 24. nnd 2ö. Dezember, in deren Bannkreis wir uns nun befinden, in dieser Weise: „Dem Weihnachtsfeste fliegen Engel der Liebe voraus. Es sind die Engel der Über raschungen, des liebevollen Versteckspicls. Und so ist um die nahende Wintersonnenwende viel Herzlichkeit in der Lufthülle des Erdballs wirk sam". Wir Deutschen sind mit Weihnachten verbun den, wie kein anderes Volk der Erde. „Vom Weihnachtsabend bis in den Januar hinein, die zwölf heiligen Nächte hindurch, bleibt unser Tannenbaum an seinem festlichen Platz. Der Wald ist in unser Zimmer hereingekommen. Und um den Baum herum sind ganze Scharen von Hausgeistchen versammelt, freudig, zärtlich, neckisch, ein melodisches Vielerlei. Die Haus frau selber schmückt jedes Jahr den Daum und ordnet die Geschenke; der Hausherr spielt ihr in zwischen auf dem Klavier Cornelius-Lieder und ähnliches. Dann baut er die Krippe auf, wo Ochs und Esel, Könige und Hirten sich friedlich verehrend sammeln um die Eltern und das hei lige Kind". Jahr für Jahr feiern wir aufs neue das Mysterium der Menschwerdung Gottes. Und wie die Hirten auf dem Felde gen Bethlehem kamen und Maria und Joseph im Stall fanden, dazu das Kind in der Krippe liegen, so will es auch uns ergehen: Gott zu preisen und zu loben um alles, das wir gehöret haben. Denn wir durften in jenem schlichten, verachteten, ver folgten und gekreuzigten Zimmermannssohn aus Nazareth — dessen gewaltige Lehren vom Gottesrcich noch heute die Menschen zu einem deutlichen Für oder Wider zwingen — unseren Gott und Erlöser erkennen lernen! Deutscher Weihnachtsglaube stützt sich auf Doktor Martin Luthers Bibel, der uns darin die lieblichste Geschichte von der Geburt des Welten heilandes geschenkt hat. Jetzt drängt es uns wieder, das alte Evangclienbuch in die Hand zu nehmen und das zweite Lnkaskapitcl zu lesen, das der große Reformator und Lehrer der Deut schen zu einem sprachlichen Meisterwerk, zu einer wahrhaften Dichtung gestaltete: „Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde". Die ganze Seele dieses flammenden Predigers Gottes breitet sich aus in dieser so echten Erzählung. Eine stille Leuchtkraft liegt über diesen De zembertagen, in denen einst unsere Altvordern, die Germanen, das Julfeuer auf den Höhen der Berge anbrannten und zur Hellen Lohe ent fachten. Weithin ins Land kündend, daß die Sonne mit dem Lenzing, den Frühlingsstürmen wicderkehre! Und sie feierten das Winterson nenfest, wissend, daß auch die längste Nach.- dem Licht weichen muß. Der Glaube an den Sieg des Lichtes über die Finsternis blieb im deutschen Volk für alle Zeiten verwurzelt. Aber immer wieder ist auch die L i ch t s e h n s u ch t zum Durchbruch gekommen. Wenn wir die Kerzen des Adventskranzes und dann die Lichter des Tnnnenbaumcs an zünden, geben wir unserem Verlangen nach Licht, nach Sonne, nach wärmender Liebe gleichfalls Ausdruck. Wir können nicht ohne Licht, nicht ohne Liebe fein! Wir brauchen beides für unser Sein, wie das tägliche Stück Brot für den Kör per. Und wir können das Licht haben, wenn wir glaubend wollen und wollend glauben. Denn der, der vor zweitausend Jahren geboren ward nnd das Kreuz auf sich nahm, sagte von sich: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nach- solget, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben". Diese Verheißung Jesu Christi wird sich er füllen an dem, der schon heute bereit ist, Christ in der Tat und in der rechten Nachfolge des gött lichen Meisters zu werden. Wohlan, zögern wir nicht länger, beginnen wir, dem Christentum zum Siege über alle Religionen zu verhelfen, damit es Tag werde auf Erden! Es DM MM Bon Maria Fischer Draußen fallen glitzernde Schneeflocken, dicht und leis, und so langsam, denn sie haben ja Zeit; sie kommen ja vom Himmel, dorther, wo es kein Hasten und Jagen, sondern Frieden, herrlichen heiligen Eottesfrieden gibt. Da wurde drinnen in einem Zimmer alles für die kommende Adventszeit vorbereitet. Große Tannenzweige waren vom Gürtner geholt worden, und die Mutter schnitt sie zurecht in kleinere Zweige und Zweiglein. Ihre vier sonnigen Kinder, drei Jungen und ein Mädelchen, halfen ihr dabei. Es herrschte so echte rechte Vorweih nachtsstimmung. Der Kroße schleppte die Treppenleiter herzu, um die höheren Regionen zu schmücken. Die zwei kleineren Jungen besteckten die tiefer gelegenen Bilder mit Tannengrün. Dabei tat das Schwester chen den lieben Brüdern kleine Handreichungen. Alles bekam ein festliches Gepräge. Sämt liche Vasen wurden mit duftenden Tannenreisern gefüllt. Dazwischen standen in bunten Holz sternen die roten Adventskerzen. Nun kam der Adventskranz an die Reihe. Die Kinder reichten die Zweiglein der Mutter zu, und die e band sie schön gleichmäßig um den Drahtreifen. Dann wurden noch große, schöne Tannenzapfen daran befestigt, vier dicke rote Kerzen hineingesteckt, mit Lametta behangen und nun mit langen roten Bändern an dem Deckenhaken befestigt. Während all' dieser frohgeübtcn Pflichten wurden dreistimmig Weihnachtslieder gesungen. Endlich kam die Adventsampel noch an ihren Platz. Werner, der jüngste der drei Jungen, hatte sie selbst gefertigt. Sechseckig, von Pappe; Spitzbogenfenster ausgeschnitten und mit buntem Seidenpapier in Ostwaldschen Farben fein sauber beklebt. Und in jedem der sechs Fenster schwebte ein Weihnachtsengel als Stammbuchblümchen. In der Mitte brannte eine große Kerze. Alle Vorbereitungen waren nun erledigt. Jetzt brannten allabendlich im wohlig durchwärmten Zimmer die roten Kerzen, und ihr Schein ver mischte sich mit dem Tannenduft. Wenn beim Anzünden der Kranz und die Ampel ein wenig schwangen, so huschten die riesenhaften Schatten i der Zweige an der Zimmerdecke hin und her, was s etwas zauberhaft Schönes hervortäuschte. Das war so märchenhaft, man möchte sagen, es „weihnachtet" schon. Die Kinderaugen leuchteten. Die Mangen der Kleinen glühten. Die Weihnachtslieder erklan gen immer jubelnder. Die Weihnachtsarbeiten wurden gar bald fertig. Die Herzen klopften in Seligkeit. Wie sollten sic auch nicht? O, du fröhliche, o, du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Denn euch ist heute der Heiland geboren! O, diese unermeß liche Freudenbotschaft! Weihnachten ist ja das Fest der Liebe! Und da ist die große heilige Gott heit selbst herniedergestiegen als liebes Christ kindlein, um dermaleinst die ganzen sündigen Menschen zu erlösen, für sie zu sterben, für uns — für mich — für dich —. Heilige Weihenacht! Noch ahnt die Menschheit nicht die Größe deiner Wundermacht. Jahre sind vergangen. Advent und Weih nachten kehren alljährlich wieder, mit all' ihren Vorbereitungen und süßen Heimlichkeiten. Doch die Mutter schmückt ihr Zimmer allein. Ihr Haar ist grau geworden. Und sie schmückt mit ganz besonderer Sorgfalt und Liebe die Bilder ihrer geliebten drei Jungen, die nun ihre Weihnacht Der erste Wrihnachtsbaum in Berlin Auf dem Sbagerrabplah in Berlin ist bereits jetzt der erste Weihnackstsbaum angezündet worden All abendlich erstrahlt ein 10 Meter hoher Christbaum mit vielen hundert eletztrischen Glühlampen und un zähligen weißen Sternchen. gemeinsam im Himmel feiern. Denn sie wurden kurz nacheinander als stille Schläfer hinans gelragen. Dort ruhen ihre Körper in einem Grabe. Ob sie dort schlafen? O, nein! Sie leben! Leben mehr, als vorher hier aus Erden, über haupt in der herrlichen Weihnachtszeit. Denn auch ihnen ist der 'Heiland geboren. Sie haben ihn gar wohl gekannt und lieb gehabt, sonst Hütte cr sie ja in seinem herrlichen Himmel gar- nicht brauchen können. Und wenn die Adoentskerzen brennen und knistern, so ist sie fest überzeugt, daß sie nicht allein ist. sondern daß die Seelen ihrer geliebten Jungen sie umgeben nnd ihr Kraft bringen. „O, Lu fröhliche, o, du selige, gnadc-nbringende Weihnachtszeit!" M M-WW Rächte Vorweihnacht im Brauchtum dl8K Keine Zeit ist dem Banern so heilig wie die Vorweihnachtszeit. In sie hinein spinnt der deutsche Bauer geheimnisvolle Sitten und Gebräuche, die der vorchristlichen Zeit entnom men sind und die uns an den Kult des Mitt- winters unserer heidnischen Altvorderen ge mahnen. Wer um das Brauchtum der Adventszeit weiß, kann den mythischen und mystischen Sinn der altdeutschen Winterfeste erfassen. Als Motiv germanischer Mrttwinterfeicrn kehrt immer wie der der Kampf zwischen den Helden des Lichtes und dem Dümonenheer der Finsternis, zwischen den guten Geistern der Fruchtbarkeit und den schlimmen Dämonen der Zerstörung und Er starrung. In der Bauern mär, wie wir sie heute noch da und dort vernehmen können, klingt dieser Glaube der Ahnen an das gigantische Geistcrringen nach. Drinnen in der Spinnstv.be surrt die Spule, aber draußen vor dem Gehöft Hausen und heulen die bösen Geister. Hört, wie der Wind schier jämmerlich klagt und wie der Sturm in den Nauchfang fährt! Braust durch die Lüste nicht Perchtas wilde Schar? Zischt in die Herdglut nicht die übel wollende Hexenbrut? Hocken am Ackerrain nicht hämische Kobolde? Lauert vor den Stalltüren nicht Trud, das schreckliche Weib? Dieses Dämonenheeres muß sich der Mensch erwehren, will er den Sieg des Frühlings, des Lichtes und das Wiedererwachen der Fruchtbar keit erleben! Da greift der Mensch zu uralten primitiven Abwehrmitteln, wie sie ihm die Vorstellung verrät, daß die Macht der schlimmen Dämonen zunichtegemacht werden kann, wenn man deren Gewandung und Maske trägt. So hielten die altdeutschen Sippen ihre nächt lichen Maskenu mzüge, sobald die Zeit der langen Dunkelheit angebrochen war. An diese heidnische Mittwintersitte knüpfen die Klop fe r t s g ä n g e an, die in Tirol und Altbayern noch üblich sind. In früherer Zeit begannen die Klopfertsgeher ihren Umzug schon um Martini, also Mitte Neblung. Heute hören wir den Klopfertsgesang nur am Donnerstag der Ad ventswochen. Sang und Reimspruch der Klop fertsgeher sind ebenso schauerlich wie ihre Klei der. Das Gewand ist meist mit uralten, nur mythologisch zu erklärenden Figuren geziert, überreich mit Ketten, Kuhglocken und Schellen behangen. Da läuten die Glocken, bimmeln die Schellen, knallen die Peitschen und hallen die Jodler. Solch' Lärmen bringt Fruchtbarkeit, vertreibt die schädlichen Dämonen oder raubt ihnen ihre verderblichen Kräfte. Während in Altbayern meist etliche Kinder zum Anklopfen gehen, ziehen in Tirol die Bur schen zu Hauf' von Gehöft zu Gehöft. „V erch - ten laufen" nennen die Bauersleute diesen Brauch, der außer am Tage der Perchta an den „Klopfertstagen", in der Andreasnacht, am Klausenabend und in der Thomasnacht geübt wird. Berühmt waren einst die Berchtentünze der Pinzgauer. Sie trugen phantastische Ko stüme aus rotweißgeblümtem Kattun und dazu einen Kopfschmuck aus Blumen, Laubwerk und Hahnenfedern. Noch origineller waren die Berchtcnkappen der Pongnuer, die zwei, drei und vier Meter hoch aufragten, mit Seiden bändern, Flittertand und farbenbunten Bildern geschmückt waren. Zu Hunderten beteiligten sich die Vauernburschen an dem lärmenden Umzug und viel Volk folgte ihm zum „Flurtanz", bei dem das Schreien, Jodeln, Peitschenknallen und Schellengebimmel zum ohrenbetäubenden Spek takel anwuchs. Je lauter der Lärm und je milder der Tanz, desto sicherer die Abwehr der bösen Dämonen und Erwachen der Wachstunis geister. Diesem Glauben entsproß auch die Sitte, in der Andreasnacht (29. November) um die Obstbäume zu tanzen. Die Andreasnacht ist schon seit Urzeiten eine heilige Nacht, in der Perchta Uber die Fluren jagt. Wer in dieser Nacht Zweiglein schneidet und diese in das Wasser steckt, der kann zu Weihnachten ein Blütenwunder erleben. In vielen deutschen Gauen ist die Andreasnacht dafür bekannt, daß sie Geheimnisse offenbart. Der Bauer, der Zwiebel- und Nußschalen, mit Wasser ge füllt, auf das Fensterbrett stellt, erhält Aus kunft über die Witterung der nächsten zwölf Monate. Noch mitteilsamer ist die Andreas nacht zu den Mädchen. Schon Friedrich von Log au (17. Jahrhundert) sagt: Wenn Sankt Awdrcasabend kimmt, Pflegt jeder, der sich will beweiben, Auch die, die sich bemannen will, Ein hitziges Gebet zu treiben. Deshalb treten die Mädchen das Strohbett, damit sie von dem Zukünftigen träumen oder sie werfen einen Schuh über sich nach rückwärts, um daraus, wie der Schuh auffällt, Schlüsse für das kommende Jahr ziehen zu können. In Nord bayern und im Frankenlande ist es der Brauch, einen Strohwisch auf einen Apfel- oder Birn baum zu werfen. Bleibt der Strohwisch im Geäste hänge, dann ist das Eheglück nicht mehr ferne. Zauberkräfte empfängt derjenige, der am St. Varbaratage (4. Dezember) vom Kirschbaum Zweiglein schneidet- Wintermaien heißt man solche Zweiglein. Bricht zur Christ nacht der Flor auf, dann geht der Wunsch in Erfüllung, den man beim Schneiden gehegt hat: Am Barbara tage brach ich Drei Zweiglein vom Kirschenbaum, Die setzt ich in eine Schale: Drei Wünsche sprach ich im Traum. Wintermaien stellt man auch am Klausen- abend aus. An diese seltene, aber urtümlich« Sitte erinnert die Rute des Krampus oder Knecht Ruprecht. Wer mit der Nute be rührt wird, der braucht um seine Gesundheit nicht bangen; denn die Rute wurde von der