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Nr. 206. Pulsnitzer Tageblatt. — Dienstag, den 1. Dezember 1925. Seite 6. Nr. 89-90 völlig nieder. Wahrscheinlich ist das Feuer auf Brandstiftung zurückzuführen. " Ein Mörder festgestellt. Der Kommunist, der vor zwei Monaten in Erfurt auf offener Straße den Polizei oberleutnant Geipel niederschoß, um sich seiner Verhaftung zu entziehen, heißt, wie nunmehr festgestellt worden ist, Müller. Es handelt sich um einen mehrfachen Mörder. In Gleiwitz hat er einen Bergpraktikanten, der von einer Regi mentsfeier abends zurückkehrte, niedergeschossen. Auch wegen Beteiligung an einem Mordversuch wurde er von einer aus wärtigen Staatsanwaltschaft gesucht. " Strandung eines dänischen Motorschoners. Wie aus Vlissingen gemeldet wird, strandete bei heftigem Schneesturm auf der Höhe von Zoutelande der auf der Reise von England nach Schweden befindliche dänische Motorschoner „Vest- land". Wegen der heftigen Brandung war es anfangs unmöglich, das Schiff mit Rettungsbooten zu erreichen. Nach langen, mühevollen und andauernden Rettungsversuchen ge lang es, sieben Mann der Besatzung an Land zu bringen. Ein Mann ist ertrunken. Von den an Land Gebrachten mußten zwei sofort einem Krankenhause zugeführt werden. Der Schoner wird samt seiner Ladung als verloren an gesehen. * * Zusammenbruch einer jugoslawischen Bank. Aus Belgrad wird gemeldet: Die Rischer Industrie- und Verkehrs bank ist zusammengebrochen. Die Passiven konnten bisher n'festgestellt werden. Die Verwaltungsräte der Bank Vmo Milojkovic, Aleksa Gradinarovic und Dragoljub Jova novic, alle drei bekannte Großindustrielle, wurden auf Befehl der Staatsanwaltschaft wegen Betruges verhaftet. * * Verheerende Schneestürme in Jugoslawien. Aus ganz Jugoslawien werden verheerende Schneestürme gemeldet, k ie bereits riesigen Schaden angerichtet haben. An zahlreichen < Zellen, sind die Telephon- und Telegraphenverbindungen unerbrochen und der Eisenbahnverkehr lahm gelegt. * Der zehnte Komet dieses Jahres. Der Astronom Wilk der Sternwarte in Krakau hat am 19. November den zehnten Kometen in diesem Jahr entdeckt. Damit ist die bisher nur einmal während eines Jahres, 1898, erzielte Höchstzahl von Kometenentdeckungen wiederum erreicht. Das Jahr 1925 gehört also zu den kometenreichsten Jahren, die es gibt. * * Die Folgen einer Wette. Um eine Wette zu gewin nen, trank ein Mann in Budapest in einem Zuge vier Liter Wein. Er begab sich darauf auf die Straße und über fiel einige Fußgänger, die er durch Messerstiche schwer ver letzte. Ein Schutzmann, der den Betrunkenen verhaften wollte, erhielt ebenfalls ernste Verletzungen. * * Automobile können in der Garderobe abgegeben wer- den. London als Stadtbild ist nicht gerade außerordentlich schon, aber es sucht die fehlenden äußeren Reize durch Straßenkomfort zu ersetzen. Da hat man zum Beispiel vor kurzem öffentliche „Garderoben für Automobile" eingerichtet. Wenn in den andern Ländern Europas die Zahl der Auto- nwbilbesitzer nicht allzugroß ist, so ist das im wesentlichen darauf zurückzufuhren, daß der Autoherr einen Chauffeur oder einen Mechaniker braucht, der den zwischen zwei Fahrten auf der Straße haltenden Wagen bewachen muß, damit er nicht gestohlen werde. In London aber kann jetzt der Auto- besitzer seine Maschine auf der Straße, an dem ihm am passendsten dünkenden Platz, stehen lassen und ruhig seinen Geschäften nachgehen; wenn er wiederkommt, wird ihm der Wagen gegen eine „Garderobenmarke" unversehrt wieder aus- geliefert. * * Ein englischer Dampfer gescheitert. Nach einer Mel dung aus Kapstadt ist der englische Dampfer „Lom- petitor" in der Nähe der Delagoa-Bucht gescheitert. Ein Doot mit sechs Mann an Bord konnte die Küste erreichen. Der Nest der Besatzung, dreißig Matrosen, werden vermißt. Man befürchtet, daß sie ertrunken sind. * * Schwere Zugentgleisungen. Aus Atlanto (Pennsyl- vanien) wird gemeldet, daß zwei Güterzüge, die bet ^stün digen Abständen in derselben Richtung fuhren, in der Nähe der Stadt an derselben Stelle entgleist sind. Drei Personen des ersten Zuges und zwei des zweiten Zuges wurden auf der Stelle getötet. Außerdem werden drei Schwerverletzte und beträchtlicher Sachschaden gemeldet. «Voraussichtliche Witterung. Mittwoch: Teils heiteres, teils bewölktes Frostwetter mit etwas Schnee. — Donnerstag: Ziemlich helleres, trockenes Frost, wctier. Frost früh stark. - Freitag: Wolkiger, etwas Schnee, Frost etwas gelinder. Handel. Berliner Börse vom Montag. Der Uebergang zu Ler neuen Woche und zu dem neuen Monat hat sich doch glatter, als ursprünglich erwartet war, vollzogen. Amtliche Oevisen-Notierung. Devisen (In Reichsmark) 30 Novemvec 28 November GeG Brie' Geld Briet New Porl . . 1 K M 4,195 4,205 M 4,195 M 4,205 London . .,, 1 20,324 20,374 20,824 20,374 Amsterdam . 100 Fl. 168,64 169,06 168,59 169,01 Kopenhagen , 100 Kron. 104,37 104,63 104,42 104,68 Stockholm .. 100 Kron. 112,21 112,49 112,21 112,49 Oslo , 100 Kron. 85,39 85,61 85,39 85,61 Italien ,,,100 Lire 16,91 16,95 16,91 16,95 Schweis ,,, 100 Frcs. Paris , 100 Frcs. Brüssel »«, 100 Frcs. 80,86 16,32 19,00 81,06 16,36 19,04 80,85 16,25 19,00 81,05 16,29 19,04 Prag , ,,, 100 Kron. 12,42 12,46 12,415 12,455 Wien 100 Schill. 59,48 59,62 59,17 59,31 Spanien . . 100 Peseta 59,48 59,62 59,45 bö,59 Bankdiskont: Berlin S (Lombard 11). Amsterdam 4, Brüssel 515, Paris 6, London 454, Wien 9. Prag 7. Ostdevisen: Warschau 46,63 G 46,87 B, Riga 80.40 G 80,80 B, Reval 1,116 G 1,122 B, Kowno 411195 G 41,605 B, Kattowitz 46,38 G 46,62 B, Posen 46,63 G 46,87 B. — Noten: Gr. Polen 47,51 G 47,95 B, Letten 79,40 G 80,20 B, Esten 1,095 G 1,105 B, Lit. 40,79 G 41,21 B, kl. Polen 45,17 G 46,15 B. Effektenmarkt. Die 5proz. Reichsanleihc hatte mit 0,1875 und die Schußgebietsanleihe mit 4,05 eröffnet. Von Eisen bahnaktien gewannen Kanada 1 und Baltimore 1,25 Prozent. Schiffahrtsaktien fetzten gegen die ersten Notierungen ihre Aufwärtsbcwcgung fort. Ain Bankaktienmarkt waren die Anteile der Berliner Handelsgesellschaft zeitweise bevorzugt. Von Montanaktien gewannen Essener Steinkohle 1,75. Chemische Farbwerte verkehrten in sehr ruhiger Haltung, Bon Elektrizitätswcrten waren zeitweilig A. E. G. leb hafter beachtet und leicht gebessert. Waggon a'ktien neigten teilweise nach unten. Aktien der Maschinen- und M o - torenfabriken: hier zogen Berliner Maschinen und Hansa- Lloyd etwas an. Textilwcrte neigten überwiegend nach unten. Berliner Produktenmarkt vom Montag. Der Wochenanfang brachte dem Markt keine Belebung; die Haltung war nicht einheitlich und eher schwächer. Das Ausland hatte zwar mattere Berichte gesandt, doch erregte das Frostwetter Bedenken wegen der Saaten. Die Angebote waren nicht groß, auch zeigte sich vereinzelt Kauflust für die Ausfuhr. Die Mühlen beobachteten bei Anschaffungell Zurückhaltung. Mehl fand schwer Unterkommen. Hafer war nur in besten Sorten, die verhältnis mäßig schwach angcboten werden, käuflich. Gerste und Mais blieben unbeachtet. Amtlich festgesetzte Preise an der Produktenbörse zu Berlin vom 30. November. IGetreide und Oclsaatcn per 1000 Kilogramm, sonst per 100 Kilogramm, alles in Reichsmark.) Weizen, märkischer 245—248, Dezember 258,50—257,50, März 268,50—266,50, Mai 270—269 Brief, flau. Roggen, märkischer 154—158, Dezember 167,50—169—168, März 183—185—184, Mai 188,50—190—189,50, flau. Gerste, Sommergerste 189—213 (feinste Qualitäten über Notiz), Futter- und Wintergerste 153—166, matt. Hafer, märkischer 169—179, Dezember 170—172, Mürz 186, flau. Mais loko Berlin 198—202, still. Weizenmehl per 100 Kilo gramm frei Berlin brutto inkl. Sack (feinste Märken über Notiz) 31—36, ruhig. Roggcnmehl per 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack 23—25,25, matter. Weizenkleie frei Berlin 11,40—11,50, stetig. Roggcnkleie frei Berlin 9,70—9,80, stetig. Viktoria- Erbsen 25—32; kleine Speiscerbsen 23—24; Futtererbsen 19.50 bis 20,50; Peluschken 17—18; Ackcrbohnen 20—21; Wicken 20—22; Lupinen, blaue 11,75—12,25; Lupinen,gelbe 13—14; Serradella 19—21; Rapskuchen 15—15,40; Leinkuchen 23,20—23,40; Trocken schnitzel 8—8,50; Sojaschrot 21,40—21,60; Torfmelasse 30/70 7,80 bis 8; Kartoffelstöcken 15,20—15,60. Frühmarkt. (Amtlich.) Hafer gut 198—203, mittel 190 bis 197, Gerste 200—210—212, gelber Platamais 202—206, kleiner Mais 234—240, Roggenkleie 106—108—110. Weizenkleie 118 bis 122. Alles für 1000 Kilogramm ex Waggon oder frei Wagen. Berliner amtliche Eierpreise vom 3V. November, a) Inländische Eier (in Pfennig und je Stück): 1. Große, voll frische, gestempelte Inlandseicr —, 2. srische Inlandseier über 55 Gramm 18—21, 3. frische Inlandseicr unter 55 Gramm 14 bis 15, 4 aussortierte Schmutz -und kleine Eier —. b) Auslands eier (in Pfennig und je Stück): 1. Extra große Eier —, 2. große Eier 16—22, 3. normale Eier 13,5—15, 4. abweichende Eier 12 bis 13, 5. kleine und Schmutzeier 10,5—12. c) Kühlhauseier sm Pfennig und je Stück): 12—13,5, Dänen und Italiener 15,5—18,5. ä) Kalkeier (in Pfennig und je Sßück): Dänen —, gewöhnliche 11. Tendenz: Fester. Mctallpreise in Berlin (sür 100 Kilogramm in M.) vom 30. November: Elektrolytkupfer wire bars 135,75, Hütten rohzink im freien Verkehr 77,50—78,50, Remalted Plattenzink 65,50—66,50, Orig.-Hütienaluminium 98—99 Proz. 235—240, do. in Walzen oder Drahtbarren 240—245, Reinnickel 340—350, An timon-Regulus 162—165, Silber in Barren, ca. 900 fein, sür 1 Kilogramm 95,50—96Z0, Dresdner Produktenbörse vom 30. November 1925. Weizen, inländischer, Basis 74 Kilogramm 226—231, matter. Roggen, inländischer, Basis 71 Kilogramm, 162—167 stetig. — Sommergerste, sächsische 205—220, matter — Wintergerste 180—186, ruhig. — Hafer, sächsischer neuer 160 — 185. ruhig; preußischer neuer 190—195, ruhig. — Raps 320—340, ruhig. — Mai- (Laplata) 203—208, ruhig; Cinquantin 240- 250, ruhig. — Trockenschnitzel 10,50-10,78, ruhig. — Zuckerschnitzel 17-'1S, ruhig. — Kartoffel stöcken 18,00—18,50, fester. — Weizenkleie 10,70—11,20, ruhig. — Roggenkicie 10,50—11,70, ruhig. — Dresdner Marken: Kaiser-Auszug: 49,00-50,50, ruhig. — Bäckermuudmehl 40,50-41.50, ruhig. — Weizennachmehl 18,00-19,00 ruhia. — JnlandSweizenmehl, Type 70°/o, 36,50 38.00 ruhig. — Reggenmsh: 0 l, Type 60«/„, 30,60 bis 31,00, ruhig; Roggenmehl I, Type 70°/«, 28,00- 29,00, ruhig — Roggennachmeyi 17,00—18,00, ruhig. Feinste Ware über Notiz. Die Preise verstehen sich bis ein schließlich Mais per 1000 Kilogramm, alle anderen Artikel per 100 Kilogramm in Reichsmark. Rotklee, Erbsen, Wicken, Peluschken, Lupin o Mehl (Mehl frei Haus) in Mengen anrer 5000 Kilogramm ab Lager Dresden, alles andere in Mindestmengen non 10003 Kilogramm waaaoufrei sächsischer Versandstationen. Schlachtviehpreise a«f dem Viehhof Dresdea von, 30 November. HZ ros IS4 32« 44» 815 2078 3871 Weltklasse» I. Rinder. Ochsen: 4. Voirfleisch. aueoem. höchst. Schlachtwerte bi» zu S Jahren 2. Junge fleischig-, nicht au,g«m„ Liter- au»g«m. 3. Milbig g-nShrte junge, gut genährte Altere . s . >ienährt« jeden Alter» S. Auslandsliere s s s v. Bullen: I. Bollfleischige aurgewachjene bächfl. Lchlachtwerte» 2. Dollfl-Nckia-, jüngere 3. Mäßi, genährte jüngere und gut genäh !e ältere 4. Gering genährte . . 5. Auslandstiere tl. Kalben und Kühe: r. DoNf.-isch. ausgeurLst. Kalben HSchsleu Schlacht::-erles 2. Vollfleischige, ausgemöft. Kühe hüchst. Schlacht, werccs bi» zu 7 Jahren ....... 3. Acltcre aurgemSstete Kühe und gut entwickelte 4. Gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 5. Mäßig u. gering genährte Kühe und Kalben 8, Auslandstiere O. Fresser: Gering genährtes Jungvieh im Alter van 3 Monaten bis 1 Jahr ...... II. Kälb-r. Vom Viehhof Mngbeburg eingeführtc , 2. Beste Mast- und Saugkälber 3. Mittlere Mast- und gute Saugkälber 4. Geringe Kälber IN- Schafe. 1. Mastlümmrr und jünger- Masthamm-I 2. Acltere Wusthammel 3. Mäßig gcnährte Hamm-l u. Schafe (Mcrzschafe) 4. Holsteiner IV. Schweine. I. Vollfleischige der f-inereu Baffen n. deren Kreuzung, IM Alte« Li» zu v/> Jahre 2 Feltschweiu« 3. Fleischige 4. Gering entwickelte . 5. Sauen und Eber 8. Ungarn 7. Bakonier Ausnabmepreise über Notiz. (-) Preise i. R.-Wt. pr»50ks f-Le.'rend-' u.(im Durchschv.) f. Schlachtgewicht 50 Kx I VfL. 68-80 (107) 48-52 -Ny 38-40 ,81) 34—SS ,81, 64-83 (W-IV7) 65-57 (97) 48-52 (»l. 42 48 <85, 38-88 ,82, 63-55 (S8) 48-50 <S2) 37-10 ,88) 30-31 (80, 35 - 28 (78) «w-85 (M> 52-58 (92, 45 50 (88, 50—80 (108) 40 4S (93, 28—32 (78, 50-58 100.108) SI-S3 (NS) »5 »8 (,2lj 84-88 015) 78 82 (114, 70-8» cuxy Bom Glück vergessen. Roman von Fr. Lehne. 63. Fortsetzung. Nachdruck verboten. War das nicht ein Wink vom Himmel? Und diesmal ersann sie keine Ausreden, den Besuch aufzuschieben. Bei Maria Christina war sie geborgen! Dort gab es für sie ein Ausruhen nach den letzten aufregungsvollen Wochen! Und das gewünschte Telegramm ging ab. Es war Gwendoline, als wenn sie jeden Tag in einem schönen Traum lebte, aus dem zu erwachen sie sich fürchtete. Vierzehn Tage war sic schon East im Hsrzogsschloß. Sie führte ein wabres Märchenleben. Freundin der jungen Herzogin, wie man sie beneidete! Dennoch war ihr nicht das geringste anzuhaben; mit vollendetem Takt bewegte sie sich in ihrer schwierigen Stellung, und die Hofgesellschaft mutzte sich schließlich darein finden, datz eine Fremde, Außen stehende das allerhöchste Vertrauen genotz. Gwendoline fand, datz die Herzogin nicht mehr so gut wie früher aussah. Die grotzen sanften Rehaugen hatten einen wahrhaft überirdischen Ausdruck und sie hüstelte viel. Doch ihren zärtlich besorgten Fragen wich Maria Christina aus; ^e fühle sich ganz wohl, sie brauche keinen Arzt. Und dab-. errötete sie in ihrer lieblichen mädchenhaften Art, und auf ihren Lippen schwebte wieder ein Wort, das aus zusprechen sie nicht den Mut fand. Gwendoline kam ihr zu Hilfe. Sie ergriff die schmale, kindcrhafte Hand Maria Christinas. „Einen Arzt, Christa, wenn es nur der richtige wäre." „Ach, Gwendoline," hauchte die junge Fürstin, „das kann ja aber doch nicht sein," ihre Augen standen voller Tränen. „Noch nicht vergessen?" fragte die andere leise. „Das kann ich nie! — Gwendoline, ich hab' ihn ja wiedergeschen, hier, erst vor kurzem! Ganz dicht schritt er an unserem Wagen vorbei," flüsterte sie hastig und auf geregt. Gwendoline nickte. „Ich weiß es!" Da richtete sich Maria Christina aus ihrer bequemen Stellung auf. „Du weitzt es? Woher?" „Ich weiß es von ihm selbst." „Du hast ihn gesehen?" Fast fieberhaft leuchteten Maria Christinas Augen auf, ihr ganzes Wesen war eine einzige Frage. , Und Gwendoline erzählte von ihrem kurzen Zusammen treffen mit Dr. Ivers und seinem Vorhaben. Maria Christina satz da, das Gesicht mit der Hand be schattend. „Seine Liebe zu dir ist zu grotz, Christa, und Deuschland ihm zu klein dafür — er trug mir seine innigsten Grütze für dich auf," fchlotz Gwendoline. Die junge Fürstin zitterte; in Entsetzen schloß sie die Augen. „Die Schlafkrankheit erforschen! Es ist sein sicherer Tod! Nun liegt das Weltmeer zwischen uns! Nun soll ich das armselige Glück, ihn wenigstens von Zett zu Zeit zu sehen, auch nicht mehr haben! Er wollte doch feinen Wohnsitz hier nehmen! Wie Männer doch grau sam sind!" klagte sie in erschütternden Tönen. Schuldbewußt senkte Gwendoline den Kopf. Sie war ja die Ursache seines Entschlusses — doch sie bereute es nicht, ihm abgeredet zu haben, daß er sich in A. niederließ. — Maria Christina wäre ja nie zur Nuhe gekommen. „Hast du mir auch alles gesagt, Liebe?" Ja, Gwendoline hatte alles gesagt — nur das eine nicht, daß ihrer Freundschaft mit Maria Christina ihr Glück hatte zum Opfer fallen müssen! Die junge Fürstin hielt die Augen geschlossen und wie der fiel es Gwendoline auf, wie leidend sie aussah. „Nun hat mich das Glück ganz vergessen," flüsterte Christa, „für mich wäre es schon Glück gewesen, ihn zu sehen, ich bin ja so bescheiden! Ach, Gwendoline, wie oft habe ich an dieses Wort gedacht, das du mir zuerst gesagt: Ob man reich ist oder arm, ob man auf den Höhen des Lebens steht oder unbekannt in der grotzen Menge sein Dasein fristet — es ist gleich bitter " „Noch nicht, Christa," widersprach Gwendoline sanft, „die Not, die Sorgen des Lebens sind doch das bitterste! Du kennst wenigstens das nicht. Wenn du die Armut in ihrer nacktesten, traurigsten Gestalt sehen würdest, sagtest du nicht mehr von dir: vom Glück vergessen! Einem jeden dünkt aber feine eigene Last die schwerste — ein jeder hat sein Teil zu tragen." „Ach, Gwendoline, mit dir trägt dein Axel." „Nein, Christa, nicht mehr! Das ist vorbei!" „Aber warum?" „Frage mich nicht, Christa! Ich karm es jetzt doch nicht sagen, bitte." In mühsam unterdrückter Qual bebte ihre Stimme. „Nur eines noch, Gwendoline -- pekuniäre Gründe?, Du weißt doch —" „Nein, nein, Christa, nicht ums Geld." Eie blickte trübe vor sich hin. Christa streichelte ihr die Hände. „Könnte ich dir doch helfen! Wenn es in meiner Macht stünde!" Gwendoline antwortete nicht darauf. Da sagte die Herzogin, um das Gespräch auf etwas anderes zu bringen: „Erzähle mir von deiner Freundin Hanna, der kleinen Verwachsenen. Zu ihr ist dennoch das Mück gekommen!' „Nein, Christa, auch sie ist vom Glück vergessen und genarrt, wie wohl keine zweite! Ich muß meinen Bruder anklagen, wenn ich dir Hannas Schicksal erzähle." Erschüttert lauschte die junge Herzogin, und eine Träne glänzte in ihrem Auge. „Sieh', Christa, Hannas Geschick und das meine, es ist gar nichts Besonderes, nur eins von den vielen Tausenden! Und man muß still sein, mutz des Herzens Schrei ersticken!' „Du nicht, Gwendoline, du kannst dir vom Herzen her untersingen, was dich quält! Sing mir das Lied — du weitzt, welches ich meine wenn es auch nicht mehr zutrifft! Dennoch zaubert es mir meinen kurzen Som« mertraum vor — — — und morgen wird die Sonne wieder scheinen." Sie legte sich bequem auf die Chaiselongue, kuschelte sich in die vielen seidenen Kissen, während Gwendoline den kostbaren Stutzflügel öffnete, der das Wohnzimmer der Herzogin zierte. (Fortsetzung folgt.)