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Nr. 86. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, den 9. Juli 1925. Seite 3. Ist -as Räumung -es Ruhrgebietes? D Essen, 9. Juli. Die seit einigen Tagen ausgenommen N«n Abbau-Maßnahmen der französischen Besatzung im öst- Kchen Teil des Ruhrgebietes werden fortgesetzt. In Witten, Hattingen und Bochum sind die Familien der Besatzungsan gehörigen zum Teil bereits abtransportiert. Einzelne Woh nungen und Kasinoräume sind zurückgegebeN und trans portable Gebäude und größere Lager abgebrochen worden. Die Vermutung, daß die Räumung bereits am 1b. 16. Juli beginnen wird, dürfte nicht zutreffen. Bis zu diesem Termin sollten vielmehr im östlichen Ruhrgebiet die Vorbereitungen zur Räumung durchgeführt sein. Merkwürdigerweise sind in dem zur Rheinprovinz gehörenden Teil des Ruhrgebietes die Vorbereitungen bisher in keiner Weise ausgenommen worden. Nur Umgruppierung, nicht Abtransport. Der Magistrat der Stadt Kaiserslautern ist von den Be- ätzungsbehörden angewiesen worden, für 100 französische Of- iziere Wohnungen zu beschaffen. Mes ist darauf zurückzu- uhren, daß die Ruhrtruppen in das altbesetzte Gebiet geführt werden sollen. Es würde sich also nicht um einen Abtrans port der französischen Truppen nach Frankreich, sondern nur um eine Umgruppierung handeln. Professor Aerebse über die Agrarzölle. G Berlin, 9. Juli. Im Agravausschuß des Reichstages erstattete der bekannte landwirtschaftliche Betriebslehrer Professor Aereboe ein Gutachten zur Frage der Agrarzölle. Es führte u. a. aus: Wenn die ganze Welt freihändlerisch wäre, könnten auch wir fveihündlerisch sein. Solange das nicht -er Fall ist, würde man gewisse Kampfzölle nicht ent behren können. Gegen die gegenwärtige Zollvorlage müsse man sich aber wenden, weil sie die Intensität der Landwirt schaft nicht fördere, sondern hindere. Eine allseitige steuer liche Belastung sei gegenwärtia für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse unmöglich. Gescbützt werden könnten die Pro dukte, die eine Steigerung der Intensität auslösen. Me tierischen Erzeugnisse müßten mit einem ausreichenden Zoll versehen werden. Wenn der Staat subventionieren wollte, so solle er Kartoffeltrocknereien fördern. Die Einfuhr von Kraftfuttermitteln müsse zollfrei bleiben. Bei Getreide zöllen spricht sich der Redner nur für Kampfzölle grundsätz lich aus. Die Förderung des Hackfruchtbaues würde mehr zur Intensivierung der Landwirtschaft beitragen als die des Getreideanbaues. Wir hätten für 600 Millionen Mark tierische Produkte eingeführt, dagegen nur für 350 Millionen Mark Getreide. Eine Erhöhung der Viehzölle würde die selben Anforderungen an die Betriebe stellen wie die Getveidezölle. Vor allem müssen die Zölle auf Milchprodukte, Butter, Käse und Fett erhöht werden. Dadurch würden die Einnahmen der Landwirtschaft sofort in die Höhe schnellen. Durch diese Förderung der tierischen Produkte würden der Landwirtschaft die ungeheuren Summen zufließen, die fetzt für den Import hinausgehen. Durch die freie Futermittel- einfuhr werde vor allem die Stallmistproduktion gehoben, die die Basis für bessere Ertragsfähigkeit und daher für spätere Entbehrlichkeit der Importterung bilden würde. Geheimrat Nabethgke weist auf die gegenwärtige Not der Landwirtschaft hin. Me Einstellung des Professors Aereboe sei nur auf lange Sicht richtig. Die Landwirtschaft stelle sich aber nur sehr schwer um, und wenn man ihr nicht sofort helfe, drohe sie zugrundezugehen. Die englisch-russische Krise London, 9. Juli. Daily Mail berichtet an hervor ragender Stelle Uber eine neue englisch-russische Krise und die Gefahr eines Bruches mit Rußland. Die Rückkehr Rakowskis aus Moskau werde erwartet, und es sei möglich, daß er eine Unterredung mit Chamber lain im Foreign Office haben werde. In diplomatischen Kreisen werde die Tatsache nicht länger verheimlicht, daß die Frage praktischer Aktionen gegenüber Rußland von der Regierung erwogen und eine Entscheidung vielleicht bald erfolgen werde. Es herrsche aber über diese Frage augen blicklich noch keine Uebereinstimmung unter den Ministern. Außerordentliche Sitzung des Aus- lvärligenAusschuffes desReichsiages T Berlin, 9. Juli. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages trat zu einer außerordentlich stark besuchten Sitzung zusamemn. Vom Reichskabinett waren mit dem Reichskanzler vr. Luiker Außenminister Or. Stresemann, In nenminister Schiele und Reichswehrminister Geßler erschienen, ferner zahlreiche Vertreter der Länder. Die Ausschußmitglie- «r selbst hatten sich fast vollzählig eingefunden, auch der Deichstagspräsident Löbe wohnte den Verhandlungen bei. Vor Eintritt in die Tagesordnung fand eine ausgedehnte Erörte- rnng über die Frage einer politischen Debatte im Reichstags plenum statt. Dn Vorsitzende Abg. Hergt (Dnat.) machte vor Eintritt A.tue Tagesordnung Mitteilung von einem Schreiben des Abg. Muller-Franken (Soz.), worin der Wunsch ausgedrückt wrrd, die Frage zu klären, ob eine außenpolitische Aussprache Plenum des Reichstags stattfinden solle. Reichskanzler vr. Luther erklärte hierzu: Me Reichs regierung beabsichtige, vor Absendung der Antwortnote auf die französische Note mit dem Auswärtigen Ausschuß in noch» malige Fühlung zu treten. Mes solle erfolgen, sobald ein Text für die Antwortnote in der Regierung selbst durchbera ten sei. Obgleich diese Note nach dem Stande der internatto- ttalen Erörterung des gesamten Problems noch nicht »inenabschließendenCharakter tragen werde, so könnten immerhin wesentliche Vorfragen darin bereits zur faktischen Entscheidung kommen. Me Regierung halte eins Erörterung im Plenum des Reichstags vor Absendung der Note nicht für zweckmäßig, halte dagePn an der Auffassung fest, daß nach der Absendung eine Erörterung im Plenum an- tzezeigt sei. Die auch der Regierung bei der Gesamtlage und Lei der Bedeutun, «wünkckte varlanmetarische Mitwirkung Oie Kre-ünoi -er -eutschen Wirtschaft. Die Stabilisierung unserer Währung, die ein einzig artiger Erfolg der Nen te nm arisch öpsun g ist, so sehr auch die Verfechter und Anhänger der reinen Goldwährungstheorie sich sträubten, diese Tatsache anzuerkennen, oder sie gar zu verdrehen suchten, hat doch nicht auf der ganzen Linie das jenige Maß von Befriedigung ausgelöst, das an diese Aktton von vielen Seiten erwartungsvoll geknüpft wurde. Manche Kreise, insoweit sie durch die spekulativen Machinationen während der schlimmsten Inflationszeit am schwersten zu leiden hatten, sind nur zu sehr geneigt, den jetzigen Zustand, so wenig er auch als Idealzuftand zu preisen ist, mit der einleuchtenden Einschränkung gutzuheißen, bevor es wieder zu einer neuen Inflation kommt, wollen wir lieber die heutigen Zustände einstweilen in Kauf nehmen. Das mag ein Trost sein, wenn auch nur ein schlechter, und darf uns nicht blind machen gegenüber Mängeln und Fehlern, die unserer der zeitigen Währung anhaften, die letzten Endes einzig dafür verantwortlich ist, daß unsere Wirtschaft langsam dem Ver falle entgegeneilt. Wo aber, so wird man fragen müssen, liegt nun eigentlich der Hund begraben, wie es im Volks- mun.de so drastisch heißt? Das Nächstliegende wäre, wenn nicht die Währung an sich als der schuldige Teil angesprochen werden kann, die Kreditpolitik der Reichsbank anzuklagen, da sie immerhin gewisse schwache Stellen und Angriffsflächen bietet. Es ist aber durchaus falsch, einzig die Reichsbank und ihre sonst so scharf kritisierte Kreditpolitik, die viel fach auf planmäßige Kreditverweigerung hinauslüuft, dafür allein verantwortlich zu machen. Sicherlich könnte das Kreditwesen unseres Landes durch Maßnahmen der Reichsbank Förderung erfahren, das unter liegt keinem Zweifel; leider sind aber unserer Reichsbank durch die harten Diktatvorschriften des Versailler Vertrages die Hände mehr, als man glaubt und die Oeffentlichkeit weiß, förmlich gebunden. Denn unsere ehemaligen Feinde, die heute als „Gläubigerstaaten" auftreten und scheinheilig von dem deutschen Volke „Erfüllung" heischen, sind bislang mit ihren Pflichten, die sie uns gegenüber in Versailles einge gangen sind, nur zu sehr im Rückstände. Ja, sie haben sogar noch das ganz pfiffig erdachte Reparationssystem von ihrer Seite aus, wie es in neudeutscher Kampfsprache so schön heißt, kunstgerecht sabotiert. Man wird ebenso neugierig wie erstaunt fragen, wie das möglich sein kann; denn kein Mensch in Deutschland besitzt auch nur eine Ahnung davon, daß unsere Gläubiger „nicht" erfüllt haben sollen. Und doch ist es der Fall und trägt einzig und allein die Schuld daran, daß die deutsche Wirtschaft durch ein Ränkespiel unserer lieben Feinde von gestern blutleer und, was gleichbedeutend, geld"- und kreditlos geworden ist. DieEntentei st u n d war nämlich verpflichtet, nach den genauen Bestimmungen des Versailler Diktats nicht mehr und nicht weniger alsfünf Milliarden Goldmark der deutschen Wirtschaft als dau ernden Kredit zur Verfügung zu stellen, der auf Repavationskonto bei der Reichsbank eingeschossen wer- cm.n» da« .Dawes-Gutaibten" ist an dieser Kern- bestimmung des" Versailler Vertrages katzenartig vorbei ge schlichen. Um die Oeffentlichkeit darüber zu tauschen, Laß diese wichtige Vertragsbestimumng seitens der Gläubiger staaten wissentlich und grob fahrlässig verletzt worden ist, hat man seine Ausflucht zur Daroes-Anleihe mit ihren wuche rischen Bestimmungen genommen, hat also eineLeistung der Gegner erneut in eine Last des deu tschen Volkes umgewandelt. Der Wortlaut des Versailler Vertrages ist nach dieser Richtung so klar und bestimmt, daß man sich wundern muß, daß die große Oeffentlichkeit in Deutschland hiervon bislang kein Sterbenswörtchen zu erfahren bekommen hat. Diese fünf Milliarden, die den Grundstock der neuen Währung und des Kreditwesens in Deutschlaird bilden sollten, fehlen ein fach der deutschen Wirtschaft; sie können nicht durch Noten- vermehrung künstlich geschaffen werden, auch nicht durch be- liebige Streckung des 'Wechselkredits. Im Frieden betrugen bekanntlich die Guthaben der deutschen Wirtschaft bei deu Banken des Landes etwa 20 Milliarden Gold, und wir be- saßen trotzdem nur 650 Millionen an Goldbestand bei der Reichsbank; heute strotzt zwar die Reichsbank von Gold und Devisen, ihr Bestand an obigen Werten ist sogar bas Dop pelte des Friedensbestandes, aber der Kredit humpelt auf Krücken dahin, und die Wirtschaft geht zugrunde. Mes« fünf Milliarden, die mm» uns letzt Äpperwerse in Form von Auslandskrediten mit unerhörten Zinsen und Provisionen anbelastet, zögernd zur Verfügung stellt, können nicht als Be se i ja durch die in Aussicht' genommene Fühlungnahme mik dem Auswärtigen Ausschuß gesichert. Hieran schloß sich eine ausführliche Geschäftsordnungs debatte, in deren Verlauf der Reichskanzler und der Reichs minister des Auswärtigen wiederholt das Wort nahmen, Marokko. Neuer Marokkokredik. G Paris, 9. Juli. In der Kammer brachte Painleva einen Gesetzentwurf ein, der für Marokko einen Zusatzkredit in Höhe von 800 Millionen Frank fordert. Unterredung Briands mit dem spanischen Gesandten in Paris. Paris, 9. Juli. Briand hatte heute eine lange Unter redung mit Lem spanischen Gesandten in Parts, die sich auf die Madrider Konferenz bezog. Ueber alle Fragen, die sich auf eine Zusammenarbeit in! Marokko beziehen, hält Ler Quai d'Orsay London dauernd auf dem Laufenden. Die Befehlsübernahme Noulins. Paris, 9. Juli. Der neue Oberbefehlshaber der militä- rischen Streitkräfte in Marokko, Noulin, wird seinen neuen Posten in zehn Tagen antreten. Italienische Vorsichtsmaßregeln in Tripolis. Paris, 9. Juli. Im Anschluß an die Ereignisse in Ma rokko hat Italien in Tripolis Vorsichtsmaßregeln getroffen, um Ler panarabischen Propaganda vorzugreifen. Man er kennt in Rom an, daß man dieselben kolonialen Interessen zu verteidigen habe wie Frankreich, und Laß Italien nicht ab- geneigt sei, an der Ueberwachung der Rifküste mit Spanien und Frankreich tetlzunehmen. freiung von einer Verpflichtung angelegen weroen, zu ovr sich «die Diktatoren des Versailler Vertrages heilig und teuer verpflichtet hatten. Hier also liegt der „Hund begraben"', und solange uns diese 5 Milliarden Gold, Lie wir obendrein -zinslos"'zu fordern haben, vorenthalten. stattdessen aber Reparationen aus uns hrrausgepreßt werden, muß die deut sche Währung als auf dem „Papier" stehend angesehen werden. Deutscher Reichstag. 8 9. Sitzung, Mittwoch, den 8. Juli 1925. Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 2^ Uhr. Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt Abg. Or. Best (Völk.) eine Erklärung ab, dis sich gegen die Behauptung richtet, er sek der größte Hyphothekengläubiger Hessens und habe im Kriege und in der Inflationszeit Millionen durch den Erwerb von Hypo theken verdient. Or. Best stellt fest, daß sich sein Hypotheken- bestand auf 97 600 M. beläuft. Die Behauptung, daß es sich um einen Millionenbesitz handele, sei also eine planmäßig ausgestreute Verleumdung. Restlose eidliche Aufklärung der Angelegenheit sei erforderlich, vr. Best teilt mit, daß er die Strafverfolgung der deutschnationalen Abgg. vr. Oberfohren und Rademacher beantragt habe, daß er ferner bei der Staatsanwaltschaft Klage gegen vier Zeitungen erhoben habe, und daß er gemeinsam mit der völkischen Fraktion die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungs ausschusses beantragen wollte. Leider habe die deutschnationale Fraktion, die doch an der Klarstellung der Dinge ein besonderes Interesse haben müsse, die erbetene Unterstützung dabei ver weigert. Die zweite Lesung des Reichshaushaltplans wird darauf fort gesetzt beim Haushalt für den Friedensvertrag und für dis Kriegslasten. Abg. v. Guerard (Ztr.) berichtet über die Ausschußver handlungen. Der Ausschuß schlägt Entschließungen vor, in denen die Reichsregierung aufgefordcrt wird, mit allem Nachdruck dahin zu wirken, dass bei der Räumung -es Sanktionsgebietes und der ersten Besatzungszone eine entsprechende Verminderung der gesamten Vesatzungs- stärke erfolgt und eine stärkere Belegung der zweiten und dritten Besatzungszone vermieden wird. Ferner werden energische Schritte gefordert, damit die deutschen Per sonen, die durch den Betrieb der Regieeisenbahn zu Schaden ge kommen sind, endlich entschädigt werden. Die Finanzämter der besetzten Gebiete sollen angewiesen werden, möglichst Härten zu beseitigen. Der Redner hält die Schlechterstellung der Beamten des besetzten Gebietes gegenüber denen in den unbesetzten Landes teilen auf die Dauer für untragbar, da diese Beamten auch in Zukunft vor weiteren schwierigen Aufgaben ständen. Oer Neichslandbund über die Geiretdezölle. D Berlin, 9. Juki. Auf die Einladung des Neichs- Landbundes zu einer Besprechung Wer die dringlichen Wirt- schasts-, insbesondere Zollsragen hatten fast alle Berliner Zeitungen Vertreter entsandt. Ebenso waren die namhaften Provinzzeitungen -dem Rufe gefolgt. Der Präsident des Reichs-Landbundes, Neichstagsobgeordneter H e p p, bot nach der Begrüßung der Erschienenen eine umfassende wirtschafts politische Uebersicht. Er forderte eine organische Wirtschafts politik mtt dem Ziel, die Gesamtwirtschaft zu fördern, und zeigte gegenüber der stark passiven Wirtschaftsbilanz, daß bei aller Wertschätzung einer starken Ausfuhr angesichts der Autarke der Auslandsstaaten unsere Wirtschaftspolitik nicht im großen auf Export eingestellt werden könne. Dafür er mögliche es eine kaufkräftige Landwirtschaft, die Aufnahme industrielles Erzeugnis, noch um 30 v. H. zu steigern. Me Schutzzölle sollen den Wettbewerb des Auslands nicht über haupt ausschalten, aber der Schutz der inländischen Erzeu gung müsse gleichmäßig gewährt werden. Wer Getreidezöll« ablehne, weil im Augenblick eine ausländische Konkurrenz nicht drohe, übersehe, daß weite Ländereien allein in Nord amerika in Kürze ebenfalls mit Getreide bestellt und daß die dort bereits vorhandenen Kulturflächen bald intensiver be wirtschaftet werden können. Ebenso sei der Auffassung, daß Getveidezölle nur den Großen nützen, die Tatsache entgangen, daß in der Nachkriegszeit namentlich im Westen bäuerliche Betriebe in großer Zcchl zum Getreidebau übergegangen seien. Mian braucht nicht zu verkennen, daß in der Preisgestaltung die Viehzucht heute schlechter dastehe als der Getreidebau und könne daraus noch nicht die Folgerung ableiten- den Ge- treidebau' überhaupt ungeschützt zu lassen. Daß der Reichs- Landbund sich für den gesicherten Schutz der Viehzucht und des Obst-, Gemüse-, Tabak- und Weinbaues einsetze, sei selbst verständlich. Jede Wirtschaftspolitik müsse eine Politik auf Weits Sicht sein. Gegenüber allen etwaigen Bederrken wegen der Preisbeeinslussuüg durch Zölle müsse der Gesichtspunkt den Ausschlag geben, daß eine verständige Schutzzollpolitik die gesamte Wirtschaft belebe und zum Besten der jetzt Ar beitslosen neue Erwerbsmöglichkellen bringe. In der sich anschließenden ausgedehnten Aussprache, die u. a. Gelegenheit bot, die ablehnende Stellung der Land wirtschaft zu gleitenden und zu Bereiffchastsgöllen zu recht fertigen, beteiligten sich neben Lem Präsidenten des Reichs- Landbundes, Grafen von Kakckreuth, noch die Her ren vr. Freiherr von Wangenheim, vr. von Hahnke und der Präsident Ler Brandenburgischen Land wirtschaftskammer, von Oppen. Vom Standpunkte des Verbrauchers trat der bekannte Schriftsteller und Politiker vr. Schiele-Naumburg der Auffassung entgegen, als diene die Zollvorlage in erster Linie den landwirtschaftlichen Erwartungen. Der Staat als Vertreter der Gesamtheit müsse nicht nur aus Derhandlungszölle dringen, sondern bei der monatlichen Verarmung Les deutschen Volkes um 30Ü Millionen zur Festigung der Währung auch auf Wähvungs- zölle. Me Vorbelastung der deutschen Wirtschaft mache Aus gleichszölle unentbehrlich, und bei dem von der Industrie er warteten Schutz seien Parllätszölle zugunsten der Landwirt schaft eine selbstverändliche Forderung. Gerade in» Ver- braucherinteresse liege es, die Nahrungsmitteleinfuhr durch einen vernünftigen Agrarschutz abzuL-rosteln, da sonst die Preisgestaltung ausschließlich der Willkür des Auslandes übertragen werde. . In seinem Schlußwort verwies Präsident Hepp auf di« Einmütigkeit, mit der die Landwirtschaft hinter den Forde- rungen des Reichs-Landbundes stehe, und sprach die Gewiß heit aus. Laß bald allseits erkannt werde, wie stark da» Wohlergehen der Gesamtheit von einer verständigen Agrar politik alchänge.