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Nr. 86. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, den 9. Juli 1925. Seite 2. mischt, unter der Leitung des Herrn Kantor Reumuth, ver schönte die Feier. In der Nachversammlung in Hartmanns Gasthof erzählte der Prediger anschaulich aus dem Leben der kleinen nur 200 Seelen starken evangel. Diasporagemeinde Rosendorf, die sich nur mit Hilfe des Gustav Adolf - Vereins über Wasfer halten kann. Außerdem schilderte ein Bretniger Kind, Herr Schölzel, die Lage der Evangelischen in Galizien, besonders die außerordentlich segensreich wirkenden Zöckler- schen Waisenhausanstalten in Stanislau, an denen er als Inspektor tätig ist. Ansprachen des Ortspfarrers und des Vereinsvorsitzenden, Pfarrer Schulze - Pnlsuitz, treffliche Ge sänge des Männergesangvereins, glockenhelle Solo - und Duett gesänge der Geschwister Morgenstern und frische Kinderlieder ließen die Zeit rasch vergehen. Der Festprediger konnte mit einer Festgabe von 150 Mark, die Festgäste bereichert in ihrer Kenntnis evangelischen Lebens und gestärkt in ihrem Glaubensmut nach Hause gehen. Gewiß wird die Feier allen Teilnehmern in guter Erinnerung bleiben. Arnsdorf. (Gewitter.) Am Sonnabend tobten stundenlang schwere Gewitter über unserem Dorfe, zahlreiche Blitzschläge gingen nieder, ohne glücklicherweise großen Scha den anzurichten. Im Niederdorfe wurde in einem Hause die Lichtanlage zerstört. Zwischen Arnsdorf und Kleinröhrsdorf wurden mehrere Bäume zersplittert. Der Regen war wolken- bruchartig. Die Röder trat aus ihren Ufern. — (Der Bienenzüchterverein Arnsdorf u. Umgegend) stiftete für die bienenwirtschaftliche Landesausstellung in Meißen einen Ehrenpreis von zehn Mark, desgl. stiftete der Obstbauverein einen Betrag zu Prämiierungen bei der Kir schenschau in Elstra Stolpen, 7. Juli. (Zwei Abenteurer.) Zwei 15jährige Jungen, die mit noch anderen Bürschchen eine Art Bande gegründet hatten, verließen bei Nacht das Eltern haus, da sie die Entdeckung einer Reihe von Dummenjungcn- streichen fürchteten. Wie verlautet, erlangten die Jungen Schlag- und Schußwaffen durch einen hiesigen 15jährigen Jüngling, der in Sebnitz bezw. in der Tschechoslowakei sich die Waffen verschaffte. Hoffentlich gelingt es der Polizei, die beiden Ausreißer, die wahrscheinlich in der Richtung Bischofswerda wanderten, bald zu erfassen, da beide über wenig Geldmittel verfügen. Radeberg, 7. Juni. (540 jähriges Be st ehen der priv. Bürgerschützengesellschaft und fünf zigjähriges Fahnenjubiläum.) Nur noch wenige Wochen trennen uns von dem Jubiläum der Radeberger Schützen, das vom 16. bis 20. August gefeiert werden soll, und die Ausschüsse sind eifrig an der Arbeit, alles aufs beste vorzubereiten. Das allgemeine Programm ist nun fertig gestellt und läßt einige Tage hoher Festesfreude im Voraus erwarten. Am Sonnabend wird die Weihe der Jubiläums fahne und ein Kommers das groß angelegte Fest einleiten. Jeden Tag wird Schützenauszug und Konzert auf dem Fest- Platz, der an Volkbselustigungen aller Art reich sein wird, dafür sorgen, daß das Interesse der breiten Massen an dem Fest wach bleibt. Ein prächtiger Festzug wird für Sonntag den 16. August geplant, ein glänzendes Feuerwerk für Diens tag, den 18. August. Am Mittwoch ist Schießen nach der Jubiläumsscheibe und Einzug in die festlich geschmückte und hoffentlich recht reich illuminierte Stadt nach dem Kaiserhos, wo Bekanntgabe der Preisträger stattfindet. Donnerstag ist Kaffeetafel bei der vorjährigen Königin, Frau Saalbach in der Hüttermühle, Kinderschießen und Kindertanz. Am Sonntag beschließt ein großer Festball das dann sicherlich in allen Teilen glänzend verlaufene Fest. Dresden, 8. Juli. (Schließung der Dresd ner Börse.) Die Börse sieht sich durch die plötzlichen erneuten Beschlüsse des Aufwertungsausschusses in der Mirage der Anleiheaufwertung vor eine völlig neue Lage gestellt, deren Endgültigkeit noch nicht einmal feststeht. Hierdurch ist in den Anleihemarkt eine derartige Unsicher heit gebracht worden, die geeignet gewesen wäre, auch andere Marktgebiete zu beunruhigen, sodaß der Börsen vorstaud die Schließung der heutigen Börse angeordnet hat. — (Schweres Automobilunglück.) Ein auswörtiger ttraftwagenführer fuhr in der Nacht zum 7. Juli in der Nähe von Hermsdorf bei Dresden in den Straßengraben, wobei seine mit aus der Fahrt befindliche Ehefrau von dem sich überschlagenden Wagen erdrückt, der Kraftwagenführer selbst schwer verletzt wurde Sächsischer Landtag. Dresden, 8. Juli. (Landtagsauflösung ab gelehnt.) In der heutigen letzten Sitzung des Landtages vor seiner Vertagung wurde der Etat in zweiter und dritter Lesung gegen die Stimmen der Linkssozialisten und Kommu nisten genehmigt. Bedeutungsvoll waren hierbei die Aus führungen des Abg. Blüher (D. Vp.) über die Ursachen des im Staatshaushalte entstandenen Defizits von rund 40 Millionen Mark. Die Hauptursache liege darin, daß an Reichssteueranteilen anstatt der vorgesehenen 116,5 Millionen Mark nur 89 100 000 Mark eingegangen seien, also 27 Mil lionen Mark weniger. Entweder müsse nun an Ausgaben gespart oder es müßten die Real- und Mietzinssteuern we sentlich gesteigert werden. Die Lage der Länder und ebenso der Gemeinden sei untragbar. Wenn nun noch der von der Reichsregierung geplante Gesetzentwurf Annahme finden sollte, wodurch dem Reiche eine Finanzkontrolle über die Länder eingeräumt werden solle, dann würde das der euro päischen Finanzkontrolle über die Türkei gleichen, ein Zu stand, der geeignet sei, die Reichsfreudigkeit schwer zu beein trächtigen. Finanzminister Dr. Reinhold schilderte noch mals ausführlich sein Vorgehen im Reichshaushaltsausschuffe des Reichstages. Er erklärte aber, er gäbe die Hoffnung nicht auf, daß das geplante Vorgehen des Reiches doch noch unterbleiben werde. Andernfalls müßten die Länder im I Reichsrat Einspruch erheben und dann wäre an eine An- s nähme des Gesetzes mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit nicht zu denken. Der Staatshaushalt wurde schließlich in zweiter und dritter Lesung gegen die Stimmen der Links sozialisten und Kommunisten genehmigt. Endlich wurde über die Anträge der Linkssozialistcn und Kommunisten auf Auslösung des Landtages verhandelt. Alle Parteien er läuterten ihre Stellungnahme. Die Deutschnationalen er klärten, daß sie für Auflösung stimmen würden. Interessant waren die Auseinandersetzungen zwischen den Links- und Rechtssozialisten. Die Letzteren stimmen geschlossen gegen die Auflösung. Die Auflösungsanträge wurden schließlich mit 49 Stimmen der Koalitionspartner! abgelehnt. Dann ver tagte sich der Landtag bis zum 3. November In der Sitzung des AeltestenratS des Reichstags setzten der Reichskanzler vr. Luther und der Reichsaußen minister vr. Stres emann die Gründe auseinander, wes halb eine außenpolitische Debatte im Reichstag vor der Ab sendung der deutschen Note nicht opportun erscheint. Eine Einigung über den Termin der Debatte wurde unter den Parteien nicht erzielt. Die Mehrheit war entschlossen, diese Debatte nicht vor der Absendung der Note stattfinden zu lassen; dem widersprachen die Sozialdemokraten, die Kommunisten und Völkischen. — Im übrigen ist über den Geschäftsplan des Reichstages noch zu sagen, daß am Freitag die beiden Aufwertungsgesetze für Hypotheken und öffentliche Anleihen im Plenum zur Be ratung gelangen und diese Beratung bis Mittwoch abend nächster Woche zu Ende geführt sein soll. Demnächst werden die Steuergesetze vom Plenum in Angriff genommen wer den. — Ueber alles andere, namentlich über das Ende der Reichstagsverhandlungen vor der Ferienpause, lassen sich zurzeit Schlüsse noch nicht ziehen. Der Protest der Börse gegen den Beschluß des Aufwertungsausschusses. Berlin, 9. Juli. Der Börsenvorstand teilt mit: Wegen des Beschlusses des Aufwertungsausschusses, die Aufwertung des sogenannten Neubesitzes an Anleihen auf die Hälfte des in der Regierungsvorlage vorgesehenen Satzes herabzusetzen, ist der Börsenvorstand zu einer Sitzung zusammengetreten. Der Börsenvorstand stimmt in der Auffassung überein, daß nach Hem bereits gegen die ernste Warnung aller deutschen Börsenvorstände die Differenzierung von Alt- und Neubesitz beibehalten wurde, dieser neue Beschluß geeignet ist, das Vertrauen zu den deutschen Anleihen zu vernichten, und auch das Vertrauen zu den Erklärungen amtlicher Stellen zu beeinträchtigen. Diese Auffassung wird unverzüglich den beteiligten Instanzen zur Kenntnis gebracht werden. Der Börsenvorstand beschloß ferner, die Mittwoch-Ver sammlung der Wertpapierbörse auszusetzen, damit nicht unter dem ersten Eindruck des Beschlusses des Aufwertungs ausschusses übermäßige Rückwirkungen auch auf die übrigen Teile des Marktes eintreten. Endlich sah sich der Börsenvorstand zu dem Beschluß ge zwungen, bis auf weiteres die Notiz für die auf Papiermark lautenden Anleihen des Reiches, der Länder und Gemeinden einzustellen, da er nicht die Verantwortung zu tragen ver mag, daß Wertpapiere amtlich gehandelt werden, deren Be- wertungsgrundlagen von einem Tage zum anderen völlig verschoben werden. Um die Getränkesteuern. 4- Berlin, 9. Juli. Im Steuevausschuß Les Reichstages wurden die Getränkesteuern behandelt. Dem Ausschuß lag ein Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung auf Aufhebung der Getränkesteuern vor, den der Antragsteller eingehend be gründete, wobei er besonders auf Lie Ungerechtheit in Ler ungleichmäßigen Erhebung der Steuern Lurch Lie Gemein den und Lie Steuerhinterziehung hinwies. Abg. Merck (Bayer. Volksp.) sprach sich gegen Len Antrag auf Streichung der Getränkesteuern aus, insbesondere mit Rücksicht ans die .Verhältnisse in Bayern, wo ein sehr beträchtlicher Betrag den Gemeinden aus den Getränkesteuern zufließe. Tagung des Reichsverbandes des Tischlergewerbes. -p Hamburg, 9. Juli. Der Reichsverbwnd des Tischler gewerbes veranstaltete zur Beratung von Berufsfvagen eine Tagung, zu Ler mehrere hunLert Tischler aus Lem Reich er schienen waren. In einer großen öffentlichen Kundgebung sprach der Syndikus des Verbandes über Zweck und Ziels Les deutschen Genossenschaftswesens. Reichstagsabgeordneter Tischlerobermeister Siller-Stuttgart sprach über Existenzfragen des Handwerks im deutschen Reichstag, wobei der Redner besonders eingehend die Aufwertungsfvage und die Mietzins angelegenheit behandelte. Zur Neugestaltung der Neichsoev- dingungsordnung sprach vr. EnzgrwberEssen. In einer Entschließung wurde gefordert, daß die Wünsche des Hand werks vom Reichsverdtngungsansschuß und der Reichsbau- verwaltung ernstlich geprüft werden. Frankreich «nd China. T Paris, 9. IM. In Ler französischen Kammer fragte ein Abgeordneter Briand über die Abkommen, die Frankreich mit Amerika, England und Japan über China abgeschlossen habe. Durch »die Abkommen solle Lie Selbständigkeit Chinas gewahrt wevden, außerdem müsse in China die Ordnung wie- Lerhergestellt werden, um eine feste Regierung zu ermMglichen, die das beste aus Len Reichstümern des Landes heraushownt könne Briand erklärte weiter, in spätestens drei MonateN werde eine Konferenz einberufen, um die allgemeine LagS zu klären. Frankreich habe China gegenüber bisher eine Politik der traditionellen Freundschaft verfolgt und denke nicht daran, sich davon adzukehren. Es sei wahrscheinlich, daß Rußland auf ein Abkommen mit China Hinziele. Briand und Vandervelde. D Paris, 9. IM. Die Besprechungen Briands mW Bandevv-elde werden sich hauptsächlich auf Lie Räumung Ley Ruhr und weiter auf einen Entschluß beziehen, den di« beiden Mächte über das Schicksal -er Städte Düsseldorf, Ruhrort und Duisburg treffen wollen, deren Räumung ich Londoner Abkommen nicht.festgelegt worden ist. Außerdem wird das noch nicht abgeschlossene belgisch-französische Wirt- schaftsabkommen erörtert werden. Daß der SicherheitspaA einen breiten Raum in den Besprechungen einnumut, ist be reits erwähnt worden. Die Lage in China. S London, 8. Juli. Ein Offizier der Pünnanarmee ver suchte, den Außenkommissar von Kanton und den General Hsü Tschung Tschi zu ermorden, als sie von der Einführungs- feier der neuen Regierung zurückkehrten. Die Angreifer wurden von der Leibwache erschossen. In Taichow töteten chinesische Soldaten zwölf Bauern, von denen sie angegriffen worden waren, die Europäer wurden gezwungen, den Ort zu verlassen. In einem Bache bei Schanghai wurde die Leiche eines amerikanischen Matrosen gefunden, ein weiterer Ma trose wird seit drei Tagen vermißt. Der größte Teil der Elektrizitätsversorgung von Schanghai wurde eingestellt. Agitatoren benutzen die Einstellung der Elektrizitätsver sorgung, um Unruhen hervorzurufen. Die Einschüchterung der Straßenbahner wird unvermindert fortgesetzt. Ver schiedene Zwischenfälle werden gemeldet. In chinesischen diplomatischen Kreisen ist man darüber unterrichtet, daß die ^Sowjets am 1. September eine große bolschewistische Be wegung in China organisieren wollen. Amerikas Stand punkt in der Frage der Lhinakonferenz ist unverändert. Die amtlichen Kreise in Amerika hoffen, daß noch ein Zusammen gehen Japans und Englands mit Amerika, wenn dieses die Einberufung der Konferenz China überlasse, ermöglicht werden kann. Draht-Bericht de» Pulrnltzer SageMU». Dresden, 8. Juli, nachm. '/,6 Uhr Der Landtag lehnte in namentlicher Abstimmung der Linkssozialisteu und Kommunisten die Anträge auf Auflösung des Landtages mit 49 zu 38 Stimmen ab. Gegen die Auf lösung stimmten die Rechtssozialisten, Demokraten und die Deutsche Volkspartei, für die Auflösung gaben an Stimmen ab, die Dentschnationalen, Linkssoziaiisten und Kommunisten. Das Haus vertagte sich auf Dicyslag den 3. November. NeArfte Meldungen Der Reichspräsident beim Wachregimeut Berlin. Berlin, 9 Juli. Nach den Morgenbiättern be suchte Reichspräsident am Mittwoch Nachmittag dos aus Mannschaften und Offizieren aller deutschen Stämme zusammengesetzte Wachregiment Berlin in seiner Kaserne in Moabit. In seiner Begleitung befanden sich Reichs- wehrminister Geßler und General von Seckt, der Chef der Heeresleitung. Ge-e« die Schnldlüge. Berlin, 9 Juli Wie die Morgenblätter melden, wird die französische Linkspresse am heutigen Donners tag eine von etwa 1000 französischen Journalisten, Politikern und Militärs unterzeichneten Aufruf ver öffentlichen, der um die Wahrheit und Gerechtigkeit willen, die Ausmerzung des Artikels 231 des Versailler Vertrages, mit dem darin Deutschland aufgezwungenen Geständnis einer Alleinschuld am Kriege, sowie der Auf gabe der Artikel 227 bis 230, in denen die alliierte« Regierungen sich das Recht zu Sanktionen gegenüber Deutschland vorbehalten haben, fordert. Auch in Berlin Bauarbeiterstreik ausgebroche«. Berlin, 9. Juli. Die Generalversammlung des Deutschen Baugewerksbundes hat, wie die Morgenblätter melden, in später Nachtstunde den Streik der Bauarbeiter für Grotzderlin beschlossen. Es werden somit am Freitag früh rund 20000 Bauarbeiter Berlins in den Streik treten. Hauswirte und Mieter beim Reichspräsidenten. Berlin, 9 Juli. Wie der „Tag" meldet, empfing der Reichspräsident am Mittwoch die Vertreter des Zentrolverbandes der Haus> und Grundbesitzervereine) sowie die Hauptvertreter des Bundes deutscher Mieter. WWWWW W - WM können nur durch das F-. .Tageblatt", die IM» Alleinvertriebsstelle für Pulsnitz und Umge- MM», gend, oder durch dessen V !N bezogen werden. Molscht. Kindermann. pon Dkttum«. Die drei in Moskau zu« Lode verurteilte« deutschen Gtndente«.