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Blatt Amts und des StadLrathes des Königs. Amtsgerichts Wutsnrtz 3V. Dezember 1896 Mittwoch Abonnements - Preis «iertelj chrl. 1 M. 25 Pf. Aus Wunsch unentgeltliche -Zu sendung. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. Als Beiblätter: l. Jllustrirtes Sonntagsblat! (Wöchentlich); 2 iiandwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Inserate sind bis Dienstag und Freitav Vorm? 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennig«. KescHäftsstelren: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, CarlDaberkow, Groß röhrsdorf. Nnnoncen-BureauSvonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Comp Am 17. December 1896 ist Herr Friedrich Georg Lehmann in Pulsnitz als Schornsteinfeger für die Ortschaften Pulsnitz M./S., Ohorn, Oberlichtenau, Großnaun dorf, Lichtenberg, Mttteldach, Böhm -Vollung, Oberstema, KnedersLoff mit Tyiemenvorf, Kleindittmannsdorf mit Niederlichtsnau, sowie für die selbstständigen Gutsbezirke, Pulsnitz, Ohorn und Oberlichtenau verpflichtet worden. Königliche A m t s h a u p t m a n n s ch a f t K a m e n z , am 19. December 1896. von Erdmaunsdorff. Ortskrankenkasse Pulsnitz. Die Herren Arbeitgeber, welche solche Kafsenmitglieder beschäftigen, bei denen mit dem Jahreswechsel eine Lohnverändernug eintritt, werden hierdurch ersucht, dies recht bald und wenn möglich noch Vor Neujahr an Kassenstelle anzuzeigen. Der Vor st and der Ortskrankenkasse. Ilim Abonnement auf das mit dem 1. Januar 1897 begiuueude I. Quartal öes Wochenblattes für Wuksnitz unö Wingegenö, Amtsblatt des Kgl. Amtsgerichts u. des Stadtrathes zu Pulsnitz, gestattet sich die unterzeichnete Expedition ergebenst nnzuladen. Bestellungen durch die Kaiscrl. Postanstalten wlle man schon jetzt bewirken, damit die Zustellung zr rechten Zeit erfolgen kann. Jeder Briefträger, sowie unsere Stadt- und Lad-Zeitungsboten nehmen Bestellungen auf Abon- neients entgegen. Hochachtungsvoll Expedition des Wochenblattes. Hungersuoth in Indien. dn Jugend auf hat man viel gehört von den fabelyten Reichthümern, welche die indischen Radschas und Große aufspeichern, von den unerschöpflichen Goldminen Golkoias, von den Diamanten, Rubinen und all den Edelsteen, welche der mit tropischer Fülle ausgestattete Boden adiens birg:, daß es schwer wird, der Illusion zu entsan, daß Indien unter allen Ländern der Erde das reich- und g ücklichste sei. Und doch wird dieses Land, das die sjndu in ihrer hyperbelreichen Sprache Linut Lisolmn h. Emblem des Paradieses nennen, vielleicht mehr als herid ein anderes von Plagen der verschiedensten Art heungecht. Wir erinnern an die zahlreichen Menschen, welche giftin Schlangen und wilden Thieren jährlich zum Opfer falle ferner an die vielen Tausenden, welche Jahr aus Jahr e von der Cholera und den Blattern dahin gerafft werd« und endlich an die furchtbaren Heimsuchungen, welche die p odisch wiederkehrenden Hungersnöihe über dieses Land deWunder und des Bodenreichthums bringen. Auch gegenwä,g werden weite Strecken Indiens von einer großen sngersnoth bedroht. Nach Mtttherlungen des Staatssekreez für Indien, Lord Georg Hamilton, sollen nicht weher als 36 Millionen Menschen davon betroffen werden,also mehr als ein Zehntel der indischen Gesammtbevöikerih, welche sich heut innerhalb der indischen und englischen Grvxu auf nahezu 300 Millionen Seelen beläuft, eine ganz tgeheure Volkszahl, wenn man bedenkt, daß British-Jndien ich nicht ganz zwei Drillet des euro päischen Fächeninh-rs besitzt. Die Hungersnöch in Indien sind w erst Linie in natürlichen Verhältnissen oegründel. Bei uns' der Regen so ziemlich gleichmäßig über das ganze Johr -rtheilt. Anders in Indien. Dort giebt es nur zwei Epocg des Jahres wo man aus Nieder schläge hoffen kann. T Südwest-Monsun bestreicht die West-Küste der indischeHalbinseln im Juni, der Nord- vst-Monsun dagegen havLchlich ihren östlichen Theil und tritt meist gegen Ende Siember oder October aut. Von ersterem hängt das Gedeih der khar-it oder Sommersaat, von letzterem das der rabier der Wintersaat ab. Bleiben nun einmal jene mächtigen, fruchtenden Regengüsse, welche der Monsun birgt, aus, mn droht das Gespenst der Hungersnoth den unglücklich Bewohnern. Das Furcht barste aber ist die häufige Wiederholung und die Gleich mäßigkeit mit welcher die Hungersnöihe seit undenklichen Zeiten die hindostanischen Lande heimsuchm. Schon die arabischen Schrisisteller wußien davon zu erzählen, ebenso alle christlichen Missionare, die den Fußtapfen Francois Taviers nach Indien gefolgt waren, endlich legt auch die Geschichte der eugüchen Compagnie Zeugniß ab von der oll unbeschreiblichen Noth. So berichten beispielsweise die „Transactions in India", indem sie die Hungersnoth des Jahres 1783 schildern, von den furchtbaren Verheerungen, die diese, von Madras angefangen, bis nach Tanger an- richteie, alle Landwege, Straßen uud Häuser mit Leichen vom Hunger dahmgeroffter Eingeborenen anfülleud. Or. Hunte , der viele Jahrs Direktor des indischen statistischen Amtes gewesen ist, urn das Leben und Weben der indischen Bevölkerung mehr als jeder Andere bis in alle E nzelhellen hinein zu beobachten Gelegenheit hatte und der sich nament lich mit dem Studium der Gesetz? dieser Volksplage be- schälligt hat, gelangte zu dem Schluß, daß in Indien durch schnittlich alle 10-11 Jahre eine Hunaersnoth einzutreten pflege. Ganz erschreckende Dimensionen nahm außer anderen die Hungersnoth im Jahre 1877 an, als der Vizekönig von Indien, Lord Lyton, von einer Schaar eingeborener, m t Edelsteinen überladener Fürsten umgeben, zu Ehren dec Proklamirung der Königin von England zur Kastenn von Indien seinen feierlichen Einzug in Delhi hielt. Da mals wurden allein in den Provinzen Bombay, Madras und Maitur etwa 160 000 englische Quadratmeilen mit 30 Millionen Bewohnern heimgesucht und 5>/i Millionen starben Hungers. Die indische Regierung ist angesichts der bevorstehenden Noth nicht unihätig geblieben, sondern trifft ih e Vorkehrungen, um unter allen Umständen den An forderungen der Lage gewachsen zu sein. Das von ihr orgamsirte „rollet vork" wird sich nicht bloß darauf be- schränken, au die Notleidenden Lebensmittel zu vertheilen, sondern vor Allem die Jnangr-ffnahme öffentlicher Arbeiten anordnen, bei welchen Tausende von Eingeborenen Be schäftigung finden. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Unser städtisches Musikchor halte bei dem am 1 Feiertag im Schützenhaus gegebenen Concert wieder seinen guten Tag, sowohl hinsichtlich des zahlreichen, den Saal vollständig füllenden Zuspruchs, als auch der reichen bis °/Z2 Uhr währenden gelungenen Darbietungen. Unter Mitwirkung von drei Dresdner Musikern zeigte unsere Kapelle wieder, was sie zu leisten vermag, auch bei verhältnißmäßig wenig Proben, weil jeder Einzelne mit Ernst, Eiser und tüchtigem Können seinen Mann stellt und geleitet wird von einem befähigten Dirigenten. Herr Musikdirektor Frenzel hatte mit bedeutenden Kosten für Notenanschaffung durchweg neue Piecen auf das gut entworfene Programm gesetzt, wie z. B. die nicht leichte, aber mit Bravour gespielte Kalifen-Ouvertme v. Bottdieu und fein vorgetrageue Streichquartette, denen unsere lieb lichen Weihnachtslieder zu Grunde gelegt waren. Auch für den Humor war gesorgt durch das Tongemälde „Bauernhochzeit in Savoyen," ein Thongrmälde, wenn man an die dabei als Instrumente mit benutzten Töpfe denkt; freilich würden Gläser das Glockengeläut wohl besser markieren. Ebenso war das humoristische Trom- petenquartktt, wenn auch gerade kein Ohrenschmaus, doch ein willkommenes Intermezzo, wie der stürmische Beifall, der zur Wiederholung nöthigle, bewies. Auch alle übrigen Stücke ernteten von dem in froher Feiertagsstimmung erschienenen Publikum wohlverdienten, reichen, manchmal rauschend n Beifall und mehrere mußten Du. onxo ge spielt, einige Nummern auch eingelegt werden. — Die sogenannten zwölf Nächte, d. s. die Nächte vom Weihnachtssest, dem 25. December bis zum hohen Neujahr (6. Januar,) sind bekanntlich im Aberglauben des Volkes von großer prophetischer Bedeutung. Was man in ihnen träumt, wäre sorglich zu merken, ü?nn es träfe ein. Die dunklen Tage, die lange, nebelreiche düstere Zeit der kürzesten Tage, die mehr rathen, alS erkennen läßt, war von je die Lieblingszeit der Furcht und des Aber glaubens. Stäbchen wurden geworfen, Karten gelegt, Blei und Wachs gegossen, langaneinandcr hängende Ae- pfelscha^en wurden auf heiße Ofenplatten geworfen um aus den schließlich zusammengeschrumpften Gestalten derselben Schlüsse ziehen zu können auf die Zukunft. — Beim Herannahen des Jahreswechsels ist wiederum darauf aufmerksam zu machen, wie es sich dringend em pfiehlt, den Einkauf der Freimarken für Neujahrsbriefe nicht bis zum 31. Dezember zu verschieben, sondern schon früher zu bewirken, damit der Schalterverkehr an dem ge nannten Tage sich ordnungsmäßig abwickeln kann. Ebenso liegt es im eigenen Interesse des Publikums, daß die Nenjahrsbriefe frühzeitig zur Auflieferung gelangen, und daß nicht nur auf den Briefen nach Großstädten, sondern auch auf Briefen nach Mittelstädten die Wohnung des Empfängers angegeben werde. — Die Inhaber von Eisenbahn-Monatskarten zum halben Preise (sogenannte Nebenkarten, die in Verbindung mit Monats-Siammkarte verabreicht werden) werden dar auf aufmerksam gemacht, daß nach den einschlagenden Tarif bestimmungen die beigebrachte Bescheinigung über die Haus standszugehörigkeit mit dem Schluffe des Jahres 1896 er lischt und daß zur Erlangung von Nebenkarten für das neue Jahr eine neue Bescheinigung nöthig ist. Es wird sich empfehlen, rechtzeitig die Bescheinigung zu erneuern, denn die Stationen sind nicht befugt, auf Grund der alten Bescheinigungen Nebenkarten aus das neue Jahr zu ver abreichen. — Der „Niederschlesischen Zeitung" entnehmen wir folgendes: Diejenigen, welche den deutsch-französischen Krieg bei den „Görlitzer Jägern" mitgefochten, werden voll Theilnahme folgende Todesnachricht erfahren. Frau Böhme, genannt „Mutter Sedan", ist sozusagen eine historische Persönlichkeit gewesen, denn als am 1. September 1870 unter dem Donner von mehr als 1000 feuerspeienden Ge schützen rings um die Festung Sedan der Erdboden er- zitterte, als splitternd? Granaten unheimlich über das weite Schlachtfeld zischten, da gab „Mutter Sedan", er innert der „Neue Görl. Anz.", in unmittelbarer Nähe von dem Kampfgetümmel einem jungen Erdenbürger das Leben. Auf einem Marketenderwagen erblickte der Kleine das Licht der Welt, denn Frau Böhme, die Ehegattin des seinerzeit in Görlitz wohnhaften Bäckermeisters Böhme, war bei Ausbruch des Krieges als Marketenderin mit den ber Jägern von Görlitz ausgezogen und widmete der Pflege „ihrer Jäger" eine nahezu rührende Sorgfalt. Als später die deutschen Truppen weiter nach Frankreich hinein mar- schirten und das stolze Seine-Babel mit einem ehernen Wall umgaben, da setzte auch „Mutter Sedan" mit ihrem Jüngstgeborenen, dem das Rollen des Kanonendonners und das Krachen der Gewehrsalven ein seltsames Wiegen lied sang, den Marsch nach Paris fort. In dem Dorfe Vaucresson, 3 bis 4 Kilometer nördlich von Versailles, richtete sich die Mutter häuslich ein. Sobald etwas Ruhe eingetreten war, wurde zur Taufe des Neugeborenen ge schritten, die — wiederum unter dem Donner der Geschütze, welche vom Mont Valerien in den bekannten „Zuckerhüten" den deutschen Truppen ihre Grüße znsandten — von einem Feldgeistlichen vollzogen wurde. Der damalige preußische Kronprinz, der Sieger von Weißenburg und Wörth, der