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Blatt Amts und des Stadtrathes des MU. Amtsgerichts Wutsnrh Abonnements - Preis «ierteljährl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Als Beiblätter: l . Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2 i.andwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Iomiabeiiv. 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, CarlDaberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-BureausvonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Comp Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Vorm.!) 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) Druck und Vertag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. Mittwoch KchtuudvisrffgK» Sahr-gang. Nr. 85. 21. Oktober 189«. Pulsnitz, am 17. October 1896. Der Stadtrat h. Schubert, Brgmstr. Bekanntmachung, Stadtverordnetenwahlliste betreffend. , Für die diesjährige Stadtverordnetenergänzungswahl sind in Gemäßheit Z 50 der rev'dirten Städteordnung die Listen der stimmberechtigten, sowie der wählbaren Bürger angefertigt worden und liegen von heute an 14 Tage lang in hiesiger Ralhsschreiberei, sowie bei dem Stadlverordneten-Vorsteher Herrn Or. woä. Sauer zur Einsicht der Betheiligten aus. - Bis Ende des siebenten Tages, von heute an gerechnet, steht eS jedem Betheiligten frei, gegen die Wahlliste beim Stadtrath Einspruch zu erheben. Bekanntmachung. An sofortige Abführung der auf den 2. Termin 189V fällig gewesenen Staats- und Kommunal - Abgaben bis spätestens Mittwoch, den 28. October 1896 wird hiermit erinnert. Pulsnitz, den 19. Oktober 1896. Der Stadtrath. Schubert, Brgrmstr. Die socialdemokratische Presse unter der Kritik der Genossen. Das beste Agitationsmittel der Socialdemokraten sind immer ihre Zeitungen gewesen, denn mit denselben können sie tagtäglich ihren Anhängern und solchen, die es werden sollen, am wirksamsten Klassenhaß, Neid, Umsturz und die Halbwahrheiten des Socialismus predigen. Keine gesprochene Rede dringt auch so ties in die breiten unteren Bolksklassen ein wie die billige Sociallstenieitung. Dazu kommt noch, daß trotz der viel gerühmten Kritik un5 Macht der öffent lichen Meinung die sociaHemokrattsche Presse sich in großen, fetten Lügen und schillernden Wahnvorstellungen ergehen kann, um die Genossen für die Socialdemokratie zu begeistern, denn diese mangelhaft gebildeten und meistens nur die socialisti- schen Zeitungen lesenden socialdemokravschen Arbeiter merken von dem Schwindel nichts. Freilich gehören der Socialdemo kratie auch innerhalb der nicht zu den Führern gehörenden Kreise eine Anzahl denkender Köpfe an, und diese sind es dann immer, welche auf den Parteitagen den Führern das Leben sauer machen. Sehr scharfe Angriffe der eigenen Genossen auf die socialistischen Presse fanden daher auch wieder auf dem in letzter Woche tagenden socialdemokratischen Parteitage in Gotha statt. Das „berühmte Centralorgan" der Social demokraten der „Vorwärts" wurde sammt seinem Chef redakteur, dem großen Liebknecht, nicht nur scharf von den Socialdemokraten getadelt, sondern sogar lächerlich gemacht. Der Socialist Andrick aus Berlin, wirkt dem „Vorwärts" und dessen Chefredakteur Herrn Liebknecht vor, daß der „Vorwärts" eine schwankende Haltung habe, zu den brennen den Tagesfragen oft gar keine Stellung nehme und über gewisse Vorgänge in der auswärtigen Politik ost „ganz ungeheuerliche Dinge" berichte. Am schlimmsten seien in dieser Hinsicht die Berichte, welche der „Vorwärts" über Frankreich und die französischen Socialfften bringe. Am 2b. August hätte es der „Vorwärts" fertig gebracht, seinen Lesern zu berichten, daß die französische Regierung ange sichts der großen Erfolge des französischen Socialismus ein Grauen vor dem Besuche des russischen Kaisers empfinde. Ferner habe der „Vorwärts" berichtet, daß von Chauvinis mus bei den Franzosen keine Rede sei. Der Socialist Andrik meint dazu noch, wenn solche Behauptungen des „Vorwärts" wahr wären, so müßten anläßlich der Beob- achtungen bei dem Zarenbesuche in Paris wohl die meisten Franzosen für irrsinnig erklärt werden. Auch genire sich der „Vorwärts" durchaus nicht, manchmal genau das Gegen theil von dem zu schreiben, was er vor vier Wochen be hauptet hätte. Ferner führte der Socialist Fischer aus Berlin aus, daß der „Vorwärts" weiter nichts sei, als „das Spiegelbild der Zerfahrenheiten in der socialistischen Presse." Auch habe ter „Vorwärts' nie den Muth der eigenen Meinung gehabt. Der Socialist Frohme aus Hamburg geht scharf mit dem anderen socialistischen Hauptblatt „Neue Welt" ins Gericht und erklärt, daß eine in diesem Blatte abgedruckte Erzählung „Mutter Berrha" „stinkende Schweinereien" enthalten habe. Natürlich haben die Führer Liebknecht und Bebel nebst den ihnen ergebenen Genossen die fatalen Vorwürfe der unzufriedenen Genossen über die innere Hohlheit und Erbärmlichkeit der beiden wichtigsten socialistischen Zeitungen zu entkräften gesucht, und der socialisti- sche Parteitag hat ja dann auch beschlossen, daß der „Vor wärts" und die „Neue Welt" fröhlich für die Socialde mokratie weiter wirken sollen, obwohl der Verlag der „Neuen Welt" ein recht fatales Deficit aufweist, das heißt viel mehr kostet, als er einbringt. Aus der Kritik der Lociaiisten über ihre größten Zeitungen kann man aber weiter lernen, mit welchen schönen Mitteln Anfänger für die Socialdemokratie gewonnen werden. Durch die Angriffe gegen den um die Partei so ver. dienten Führer Liebknecht zeigten die Socialdemokraten große Undankbarkeit. Das ist ja eben der Finch einer radikal- demokratischen P irtei, daß sie eine höhere oder anders ge artete Begabung auf die Dauer nicht vertragen kann, und daß die kleinen Geister, aus Ehrgeiz und Eitelkeit empor strebend, die lästige Fessel der höheren Intelligenz der anderen abzustreifen bemüht sind. Seit Jahren tobt der unerquickliche Streit zwischen de» „Akademikern" und den Männern aus niedrigeren Gesellschaftssphären innerhalb der socialdemokratischen Partei, und er wird weiter toben, weil er in der Natur der Sache liegt. In all diesen persönlichen Reibereien zeigt sich oftmals eine Spießbürgerlichkeit der Gesinnung, die mit den sonstigen großen Worten der Führer von der erhabenen, idealen Auffassunqsweise der deutschen Socialdemokraten nicht in Einklang sicht. Den Gipfel der AermUchkeil in der Ge- sinnung erklomm aber jener Lübecker Redner, der den unter gegangenen Mannschaften des „Iltis" zum Vorwurf machte, daß sie in ihrer Todesstunde ein patriotisches Lied gesungen hätten. Sie hätten vielmehr auf ihre Rettung bedacht sein müssen! Daß die Socialdemokratie in ihren maßgebenden Persönlichkeiten frei von patriotischen Anwandlungen ist, das weiß man, das muß man als bedauerliche Thatsache hinnehmen; aber daß man es wagt, jenen Zug von wahr haft heroischer Größe zu bemängeln, daß man so gar keinen Sinn hat für diesen zweifellos spontan ausbrechenden patriotischen Gesühlsausdruck der tapferen Seehelden in ihrer furchtbaren Todesstunde, wo sie sich rettungslos dem wilden Element überliefert sahen, — das zeugt von einem so jämmerlich beschränkten Gesichtswinkel, von einer so namenlos großen Philisterhastigkeit, daß man nun sagen kann: Aus den Leuten, die derartiges reden und die dem jubelnd zustimmen, kann niemals eine idealere Gestaltung der politischen Zukunft erstehen! Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Wie aus dem Annoncentheil dieser Nummer ersichtlich, begeht der hiesige Gabelsberger Steno- graphenverein heute sein diesjähriges Stiftungsfest. Es braucht wohl nicht erst darauf hingewiesen zu werden, welch eine große Bedeutung das Wort „Stenographie" heutzutage hat, wie dieselbe in verhältnißmäßig kurzer Zeit sich so einbürgerte, daß man sich die heutige Welt ohne sie gar nicht mehr denken kann. Welchen großen Nutzen bietet aber auch diese Redezeichenkunst jedem, der sie treibt! Sich über dieses Thema weiter auszulassen, würde hier zu weit führen. Der Beamte, der Kaufmann, der Jour nalist, viele Professtonisten bedienen sich ihrer, von den Parlamenten gar nicht zu reden, sogar die Militärver waltung bringt ihr ein reges Interesse entgegen, kurz, überall da, wo es entweder auf genaue Wiedergabe an- kvmmt, oder, wo es gilt, Zeit zu ersparen, macht sich die Stenographie unentbehrlich. In Würdigung dieser Vor theile hat sich denn auch in unserer Stadt sehr bald eine stattliche Zahl um das Banner der Kunst Gabelsbergers geschaart, um dieselbe zu pflegen, und immer weiter zu verbreiten, ihr Freunde und Gönner hierorts zu gewinnen. Damit das Letztere in immer größerem Maaße der Fall werde, sind dem Programm des oben genannten Festes verschiedene Punkte einverleibt, welche dem Laien den Nutzen der Schnellschreibekunst vor Augen führen. So möge denn dieser Veranstaltung ein recht zahlreicher Be such beschieden sein, und derselbe dazu dienen, dieser nütz lichen Sache immer mehr Anhänger und Freunde zuzuführen. Nacht zum Sonntag gegen des Gutsbesitzers Dreßler in Der Brandstifter hatte, um das Wasser im Mühlgraben Pulsnitz. In der 2 Uhr brannte die Scheune Hermsdorf bei Lausa nieder, das Spritzen zu verhindern, abgestellt, sodaß die Spritzen nicht in Thätigkeit kommen konnten. Der intensive Feuerschein war auch von hier aus bemerkt worden. — Sämmtliche Gebäude im Königreich Sachsen müssen bekanntlich in der Landesbrandkasse versichert werden, wäh rend in anderen Ländern die Gebäudeversicherung ganz oder theilweise den Privatgesellschaften überlassen geblieben ist. Daß dieser in Sachsen eingeführte Zwang ein wohl- thätiger und unsere Landesbrandkasse eine der billigsten, sichersten rücksichtsvollsten Versicherungsanstalten ist, darüber herrscht wohl im Lande nirgends ein Zweifel. Im Jahre 1875 waren bei dieser Landesbrandkasse oder „Jmmobiliar- brandversicherungSanstalt", wie die amtliche Bezeichnung lautet, die Gebäude Sachsens für 2160 Millionen Mark versichert; 20 Jahre später, im Jahre 1895, war die Ge- bäudezahl und ihr Versicherungswerth so gewachsen, daß sich die Versicherungssumme auf 4429 Millionen Mark belief. Es war mithin eine Zunahme um 2269 Millionen erfolgt. Die Versicherungssumme hat sich mehr als ver- doppelt; sie war um reichlich 105 Procent gestiegen! In der That hat ja auch die Zahl der Hausbesitzer in Sach sen während der letzten zwanzig Jahre eine außerordentlich starke Zunahme erfahren. — Die fünfte Klasse der 130. König!. Sächs. Lan deslotterie wird in der Zet vom 2. bis 23. November in Leipzig gezogen. Die Erneuerung der Loose ist vor Ab lauf des 24. October zu bewirken. — Das am Freitag Abend auch hier beobachtete Wet terleuchten rührte von einem Gewitter her, welches in Berlin schweren Schaden angerichtet hat. Großröhrsdorf. Durch die Unvorsichtigkeit eines etwa 12 —13jährigen Knaben hätte sich am Mittwoch Nachmittag kurz nach '^2 Uhr, beim Einlaufen des von Arnsdorf kommenden Personenzuges, leicht ein Unglücks fall ereignen können. Der betr. Knabe, welcher einen Sack über der Schulter trug, drängte sich kurz vor dem Ein laufen des Zuges bis an den äußersten Rand des Perrons vor, verlor hier das Gleichgewicht und kollerte mitsamt seinem Sacke auf das Gleiß. Der Lokomotivführer, welcher aus der Ferne den Vorgang bemerkte, gab sofort das Signal zum Bremsen, wodurch die Schnelligkeit des Zuges