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Berlin gewählt wurde, ist als besondere Anerkennung seiner Leistungen bei der Leitung des Baues die Summe von 75 000 Mark als Gratification gegeben worden. — Aus verschiedenen Gegenden unseres engeren Vater landes liegen Meldungen vor, daß die Staare angekommen sind. Diese ersten „Frühlingsboten" haben sich in den Gegenden von Glauchau, Schellenberg und Leipzig gezeigt. Noch streiten sie sich mit Sperlingen, Finken und Amseln um das Futter, das die Menschen ihnen spenden. Ist dieses Eintreffen auch kein Zeichen dafür, daß nun der Frühling bald einziehen wird, so ist doch immerhin da durch die Hoffnung erweckt worden, daß wir eine sibirische Kälte wie sie Falb vorausgesagt hat, nicht mehr zu er- warten haben. Lieb entHal. Als der Morgen-Gottesdienst in der evangelischen Kirche beendet war, wurde mit den Glocken geläutet. Unter den Besuchern der Kirche befand sich auch die 20 jährige Tochter des Stellenbesitzers Schubert. Ge rade als dieselbe heraustrat, löste sich plötzlich der Klöppel der Glocke und traf im Fallen das Mädchen so unglück lich, daß dem letzteren der linke Arm zerschlagen wurde. Der Klöppel hat ein Gewicht von 50 Vfund. Zwickau. Mit Rücksicht auf den andauernden billigen Geldstand und des großen Angebotes von Geld durch Creditinstitute u. s. w. haben die hiesigen städtischen Collegien beschlossen, den Zinsfuß für Sparkasseneinlagen von 3 auf 2»/4 Proc., und zwar vom 1. Juli d. I. ab, hecabzusetzen. Es soll aber auch der Zinsfuß für auf Grundstücke ausgeliehene Capitalien nicht mehr, wie bisher, 4 Proc. und darüber, sondern nur 3^ Proc. begehrt Werden. Bestimmend für diesen Beschluß war u. A, daß im vorigem Jahre 300 000 Mk. Hypothekendarlehne an die Sparkasse zurückgezahlt und 800000 Mk. Spargelder nuhr eingezahlt worden sind, als im Vorjahre. Plauen i. V. Der 52 jährige Gastwirth Franz Louis Petzoldt in Kleingera, eingelernter Schuhmacher, be schäftigt sich damit, durch Sympathiekuren den Leuten Vas Geld abzunehmen. Das Geschäft blüht derart, daß, wie der Bezirksarzt äußerte, die Massensammlung am Wohn orte Petzoldts zeitweise als gesundheitsschädlich anzusehen ist; da nicht alle, die seine Hilfe begehren, in Kleingera Schlafstätle erhalten können, so sitzen die Leute auf den Treppen in der Hausflur oder bleiben in ihrem Wagen, der sie hergesührt. Am Charsrei.ag des Vorjahres würde die Hilfe des Wundermanncs von 288 Personen (!) in Anspruch genommen. Der Mann, der das Geschäft seines Schwiegervaters fortsetzt, welcher 42 Jahre lang den Hokus pokus ausgeübt hat, heilt alles: englische Krankheit, Gicht, Reißen, Blattern im Auge rc. Die Untersuchung Kranker hält er für überflüssig, diese seien ja schon vorher bei einem Arzte gewesen und sagten ihm schon, was ihnen fehle. Selbstbewußt erklärte er vor Gericht, er habe schon vielen geholfen und auch bei bösen Fällen kämen die Kranken schließlich doch zu ihm. Die Behandlungsweise Petzoldts ist weitläufig. Der Mann erhielt nur eine Woche Ge fängnis. Das Landgericht hat nun im Berufungsverfahren die Strafhöhe bestätigt. — Ein eigenartiger Unfall ereignete sich vor einigen Tagen imKemnitzthal insofern, als das Geschirr des Gutsbesitzer Gcuber, das zur Neumühle fuhr, auf der Höhe vom Wege abkam und den Berg hinunkrstürzte. Das Pferd blieb unterwegs an einem Baume hängen und konnte trotz größter Mühe lebend nicht heruntergebracht werden. Es verendete und wurde unmittelbar an der Unfallsstelle vergraben. Das Pferd hatte einen Werth von 600 Mk. Tagesgeschichte Deutsches Reich. In der in Berlin stattgefundenen „Protestversammlung" der „deutschen" Kaufmannschaft gegen das Börsengesetz sind, wie das „Volk berichtet, einige recht interessante Aeußerungen gefallen. So sagte der Geh. Kommerzienrath Herz: „Der Gewinn an der Börse ist auch keineswegs mühelos. Wir behaupten, daß in keinem Stande mehr und schwieriger gearbeitet wird, als in dem unfrigen." Das Börsenspiel als Arbeit zu bezeichnen, das bringt doch nur ein Jude fertig! Der Stadtrath Kämpff that den klassischen Ausfpruch: „Nirgends gelten Treue und Glauben höher, als an der Börse." Daß die Versammlung darauf mit „stürmischem Bravo" statt mit stürmischer Heiterkeit geantwortet hat, beweist, Wie wenig Sinn für Humor sie hatte. Sie war mehr kriegslustig aufgelegt. Darum ging es auch dem einzigen Mann, der den Muth hatte, gegen die Resolution zu stimmen, sehr schlecht. Er wurde fofort von allen Seiten angeödet mit Worten wie „Agrarier" (Inbegriff der Be schimpfung im Munde eines Börsenmannes!) „Künstler seele" (Bezeichnung der tiefsten Verachtung), „Der Mann ist betrunken" rc. Als der Lärm immer ärger und die Haltung der Schreier immer bedrohlicher wurde, schritt der Börsenkommissar mit den Worten ein : „Meine Herren, vergessen Sie sich nicht, würdigen Sie sich nicht herab!" Unter dem Schutze des Börsen - Kommissars mußte der „Agrarier" ins Freie geleitet werden, um der wüthenden Meute zu entgehen. „Machen Sie, daß Sie herauskommen, sonst kann ein Unglück passiren!" meinte der Kommissar zu dem Herausgeleiteten." — So weit das Volk." — Die „Rheinisch-Westfäl. Zt g." begleitet ihren Bericht über diese famose Bö.senprotestversammlung mit folgenden Wor ten: „Trotz aller faulen Gründungen gewisser „Banken", trotz aller Depotunterschlagungen, sensationeller und be trügerischer Konkurse, gefolgt von Selbstmorden zahlreicher Börsianer, trotz allen Schwindels, welcher zumeist an den Produktenbörsen getrieben wird, leugnet die Börse mit dreister Stimme ab, daß irgend etwas' faul sei; sie identi- fizirt sich dadurch mit jenen Elenden, welche alle soliden Banken weit von sich weisen." — Bei den diesjährigen Kaisermanövern werden sich, wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, Artillerie- Kämpfe in einer Großartigkeit abspielen, wie sie noch nie, auch bei den letzten Manöver« nicht, zur Darstellung ge langt sind. — Der preußische Minister für Landwirthschaft, Domä nen und Forsten weist in einer Cirkulärversügung vom 21. Januar dieses Jahres über die Bekämpfung der Dassel fliege (Rinderbremsfliege, BieSfliege) von Neuem auf einen auch für hier bemerkenswerthcn Erlaß vom Jahre 1888 hin worin ausgeführt wird, daß nach dem Gutachten der angehörten Sachverständigen zwar eine gänzliche Vertilgung der Dasselfliege nicht zu erreichen ist, es aber zu ihrer wesentlichen Verminderung beitragen würde, wenn die Rin der vor dem Auftrieb auf die Weide im Frühjahr, etwa im Monat April, aus das Vorhandensein von Dasselbeulen und in der Jahreszeit, während welcher das Insekt schwärmt, also vom Juni bis September, mit der Kardätsche häufig abgeputzt würden. Die bei der Untersuchung der Rinder gefundenen Larven des Insekts müssen, wie in dem da maligen Erlaß ausgeführt wird, aus den Beulen ausge drückt und sorgfältig vernichtet werden. Das Abputzen der Rinder mit der Kardätsche würde während der Monate Juni bis September möglichst an jedem Morgen vorzu nehmen sein, um dadurch die etwa an den Haaren der Rinder klebenden Eier der Dasselfliege zu entfernen, bevor die Larven aus ihnen auskciechen und sich in die Haut einbohreu können. Da durch die Bearbeitung mit der Kardätsche auch Staub und Schmutz von der Haut entfernt und deren Thäügkeit belebt wird, so wird hiermit gleich zeitig die Milchsekretion gesteigert und das Wohlbefinden der Thiere gebessert werden. 7 Düsseldorf, 5. Februar. Eine Untersuchung gegen einen hiesigen Arzt, Or. Volbeding, erregt allgemeines Aufsehen. Volbeding ist beschuldigt, sich bei Ausübung seiner ärztlichen Praxis groeer Unregelmäßigkeiten schuldig gemacht zu haben. Während der acht Jahre, wo er in Düsseldorf praktizirte, hat er etwa eine halbe Million Patienten in Behandlung gehabt; an einem Tage hat er schon 495 Patienten „behandelt", meistens brieflich. Dieser kolossale Gejchäftsumfang wurde in der Weise bewältigt, daß Dr. V. mehrere Schreiber anstellte; diese lasen die eingehenden Anfragen von Kranken und sollen dieselben in der Weise beantwortet haben, daß sie, ohne den Doktor nöthig zu haben, einfach beliebige Medizin, die Dr. V. auf Lager hat, unter Nachnahme (gewöhnlich sechs Mark, Honorar für Vie „Konsultation" zehn Mark) an die Fra genden sandten; besser Situierte mußten Vie Mixturen teurer bezahlen. Wie die Anerkennungsschreiben zu stände kommen, lehrt u. A. folgender Fall: Ein Lehrer a. D. in einem süddeutschen Landstädtchen ließ sich von Dr. V. für ein Magenleiden Elixire senden, bildete sich em, geheilt worden zu sein, trotzdem er nach ärztlichem Befund jetzt noch gerade so krank ist, wie ers vor Jahren war, und schrieb an Volbeding, er werde ihn in der Gegend weiter empfehlen; Dr. Volbeding zeigte sich dafür durch Gewäh- lung freier Medizin, Geldgeschenke, Cigarren u. s. w. erkenntlich. Im Ganzen besitzt Dr. V. etwa 500 „Aner- kennungsschreideu", die jammt Rezepten, Bestellbriefen u. s. w. beschlagnahmt wurden. Drei Angeklagte, Schreiber, ohne jegliche Vorbildung, die Konsultationen hielten, Arz- neren nach eigenem Gutdünien verabfolgten rc., kommen mit Dr. Volbeding, der für diese „Konsultationen" das Honorar einstecUe, gleichzeitig auf die Anklagebank. Rußland. Die Krönung des Zaren. Aus Mos kau wird geschrieben: In allen südrussffchen Städten werden Deputationen gewählt, die den Krönungsfeierlichkeiten im Mai beiwohnen sollen, und Hundertlausende Rubel werden gezeichnet um Geschenke zu kaufen, die dem Zaren bei dieser Gelegenheit dargebracht werden sollt«. Der Schah von Persien sendet- mehrere prächtige Gaben, die ein russischer Kreuzer über das Kaspische Meer bringen wird uns die dann zu Lande uilter militärischer Bedeckung nach Petersburg geschafft werden solle«. Die kaiserlichen Wür- dcnzeicheu und andere Wecthgegenstände werden zu Anfang der russischen Osterzell nach Moskau einströmen; das Truppenkorps von hundertsünfzigtausend Mann wirv erst wenige Tage vor der Krönungs.eremonie eintreffen. Um fassende Vorbereitungen für die öffentlichen Feste, Bälle und Illuminationen werden bereits getroffen; man rechnet auf zahllose Besucher aus allen Ländern. Die. Gesammt- kosten der Zeremonie werden sich für die Regierung auf mehrere Millionen Rubel belaufen. — Auf dem freien Platz Khodynskoö, gegenüber dem Palast Petrowsky, ist der kaiserliche Pavillon gebaut. Daneben werden sich vier offenene Theater, ein Zirkus, elf Caroussels, zehn Orchesterbühnen, hundert Buffets und zwemudzwanzig leichte Bauten für Bier- und Kaffeewirthschaften erheben. Die Beleuchtung des Kreml wird feenhaft sein; sie wirk nicht weniger als 500 000 Lampions und 14 000 elektrische Flammen erfordern. Das Krönungszeremoniell ist in seinen Grundzüge« uralt, nur rm Anfang des vorigen Jahrhunderts sind Einzelheiten geändert worden. Die alten Gebete sind beibehalten und durch zwei andere ver mehrt, deren eines der Souverän knieend, mit der Krone auf dem Haupte hersagl, während der amtirende Geistliche das andere spricht. Bei der Zeremonie werden Stellen aus dem Propheten, den Aposteln und den Evangelien vorgelesen. Die altmodischen Gewänder des Zaren sind jetzt durch moderne Kostüme ersetzt. Die Schapka ist der Krone gewichen und die Kette des belebenden Kreuzes der Kette des Andreasordens. Das Gefolge des Zaren bestand früher aus Bojaren und DiakS; heutzutage bilden es Generale, Hoswürdenträger und höhere Zivilbeamte. Das Krönungszeremoniell in seiner heutigen Gestalt ist eine Schöpfung Peters des Großen, dessen eigene Krönung jedoch nach dem alten Ritus stattfand. In den neuen Formell krönte Peter der Große jedoch seine eigene Ge mahlin Katharina. Dies Ereigniß rief damals im ganzen Ausland eine große Sensation hervor; denn es war das erste Mal, daß eine russische Kaiserin gekrönt wurde. In der That hätte man auf die byzantische Kaiserzeit zurück greifen müssen, um Präzedenzfälle für solche Krönungen zu finden. Peter der Große motivirte die Krönung der Kaiserin damit, daß Katharina an den Staatsgeschäften eifrigen Antheil nahm. Spanien. Madrid, 10. Februar. Heute früh halb 10 Uhr platzte über der Stadt ein Meteor. Die Explosion erfolgte, wie eine Miltheilung des Observatoriums besagt, in der Höhe von 32,OM Metern unter glänzenden Lichterscheinungen und war von einem gewaltigen Rollen begleitet, das eine furchtbare Panik hervorrief. Alle Ge bäude wurden erschüttert und zahlreiche Fenster zerbrochen. Kriegschronik 1870/71. 9. Ievrnar. Die am 9. Februar 1871 erfolgte Sistirung aller noch ausstehenden Nachsendungen von Landwehrtruppen nach Frankreich wurde allgemein als eine Maßregel ange sehen, welche auf einen baldigen Friedensschluß hindeute. Andererseits wmde aber für alle Fälle die Zusendung von Ersatzmannschaften an die im Felde stehenden LinientrupptN angeordnet, um die Bataillone mindestens wieder auf 800 Mann zu bringen. Auch waren alle deutschen Truppen- lheile angewiesen worden, die Waffenruhe zur möglichsten W'.derherstellung ihres Bekleidungsstandes, namentlich zum Ers -tz des Schuhwerkes zu benutzen. Versailles. Die bisher veröffentlichten 193 Verlustlisten umfassen die zwölf norddeutsche« Armeekorps nach der Friedensformation und die badische Division und konstatiren an Todten: 2 Generale, 72 Stabsoffiziere, 791 Hauptleute und Lieutenants, 240 Feldwebel, Vize- Feldwebel, Wachtmeister, V'ze-Wachtmeister, Stabs-Trom peter und Fähnriche, 1275 Sergeanten, Unteroffiziere, Trompetec, Hautboisten und Oberjäger, 11 567 Gefreite, Spielleute und Gemeine, 1 Geistlicher und 16 Aerzte usw. Summa 865 Offiziere und 13 099 Mann. An Ver wundeteren : 14 Generale, 192 Stabsoffiziere, 2674 Subal ternoffiziere, 997 Feldwebel usw., 5681 Unteroffiziere usw., 7832 Gefreite usw., 2 Geistliche, 1 Roßarzt, 1 Büchsen macher, 107 Aerzte usw., 16 Krankenträger. Summa 2880 Offiziere und 64 637 Mann. An Vermißten: 46 Offiziere 281 Unteroffiziere, 6 Fähnriche, 12 Feldwebel, 5 Vize-Feldwebel, 1 Wachtmeister, 1 Regiments- und 1 Bataillons - Tambour, 17 Aerzte, 37 Lazarettgehiifen, 32 Kranken- resp. Verbandzeugiräger, 2 Roßärzte, 1 Zahl meister, 7041 Gefreite usw. Summa 46 Offiziere und 7437 Mann. Der Gesammtabgang stellt sich demnach aus 3791 Offiziere und 85 173 Mann. Unter den 193 Listen befinden sich mehrere, welche Berichtigungen enthalten. Leut-, die ursprünglich als Tod anfgefvhrt waren, sind nur verwundet, Leute, die man vermißt hatte, haben sich in den Lazaretten vorgesunden oder sind zum Regiment resp. Ersatzbataillon zurückgekehrt. Diese Kategorie von Berichtigungen sind in obigen Berechnungen berücksichtigt. 10. Kebruar. Anc 10. Februar 1871 war die Festung Belfort ihrem Falle bereits sehr nahe gebracht; auch der Commandant derselben, Oberst Denfert, sah dies ein und knüpfte des halb Verhandlungen an, die aber noch zu keinem Ziele führten. In der Festung selbst herrschten furchtbare Zu stände, indem Typhus, Ruhr und Pocken unter der theil weise in Kellern wohnenden Bevölkerung wüiheten. Die Begräbnisse mußten, da alle Straßen und Plätze unsicher waren während der Nacht Und ohne jede Ceremonie vor genommen werden; die Todten konnten nicht einmal Särge erhalten. Vermischtes. — Der Wirth hat die Miethe abzuholen. Ein Prozeß, der auch für hn sige Kreise von großem Interesse sein dürfte, ist dieser Tage von der Graudenzer Civilkammer entschieden worden. Ein Hausbesitzer aus Tiefenau bei Marienwerder Halle einen Mischer auf Exmijsion und Zahlung der Miethe verklagt, weil er ihm die Mieche nicht in seine Wohnung gebracht hatte, mithin mit der Wohnungsmiethe in Rück stand war. Der Beklagte hatte indessen den Hauswirth ersucht, sich die Miethe persönlich abzuholen, was dieser kurzer Hand ablehnte. Das Amtsgericht in Marienwerder, das zu entscheiden hatte, wies den Kläger mit seiner Klage ab mit der Begründung, daß er verpflichtet sei, sich die Mieihe abzuholen, wenn der Miether sie nicht freiwillig überbringe. Der Hauswirth legte gegen dieses Urtheil Berufung ein, und die Civilkammer des Graudenzer Land gerichts schloß sich der Auffassung des Amtsgerichts an, wies den Hauswirth ebenfalls mit seiner Klage ab und verurlheilte ihn außerdem zur Tragung sämmtlicher Kosten. * Die größte Dampfmaschine der Erde wird gegen wärtig in der Werkstätte der Gebrüder Sulzer in Winter- lhur hergestellt. Sie arbeitet mit vier Cylindern, denen vier Dampfkessel den Dampf mit 11 Atmosphäre« Druck liefern, und leistet 2000 Pferdekräfle. Die Maschine hat eine Länge von 20 Meter und eine Breite von 15 Meter; das Schwungrad hat 7 Meter im Durchmesser. Die Maschine ist für eine Fabrik in Petersburg bestimmt. * Das erste fünfsitzige Niederrad in Berlin. Der ältesten Berliner Farrad-Fabrik von Haase L Stamm ist es gelungen, ein fünfsitziges Niederrad zu konstruiren, das aus der Berliner Gewerbe-Ausstellung seinen Platz finden wird. Die Geschwindigkeit, welche man mit diesem ersten europäischen Fünfsitzer wird erzielen können, dürfte bei Besetzung desselben mit besten Rennfahrern der eines Schnellzuges gleichkommen. * Lynchjustiz in Rußland. Die Russen im Allgemei nen und die russischen Bauern im Besondern zählen zu denjenigen Menschen, welche sich durch ein minimales Maß von eigener Initiative auszeichnen und besonders die russi schen Bauern sind gewohnt, sich in allem und jeden auf Gott und den Kaiser bezw. auf die hohe Obrigkeit zu verlassen, eine Erscheinung, die sich leicht aus der russischen Regierungssorm und aus der ehemaligen Leibeigenscbaft erklärt. Nur in einer Beziehung machen die russischen Bauern eine Ausnahme, wenn es sich nämlich um den Dübstahl von Pferden handelt; denn von seinem Arbeits- Pferde hängt geradezu die Exfftenz des armen Bauern ab. Wenn es sich um die Bestrafung eines abgesagten Pferde siebes handelt, vergißt der russische Bauer all seinen Respekt vor Gesetz und Obrigkeit, ja selbst seine angeborene Gut- müihigkeit; dann rivalisirt er an Grausamkeit mit den Rothäuten Amerikas. Daß die Pferdediebe zu Tobte ge peitscht werden, ist noch das Mindeste. Die russische Zeitung „Wolyn" e-zählt, daß im Kiewer Gouvernement die Bauern eines Dorfes einem Dvrfgenossen, den sie beini Pserdedieb- stahl ertappt hatten, eiserne Nägel in die Fußsohlen schlugen. Noch schlimmer verfuhren Bauern des Gouvernements Tschernigow, welche einen Pferdedieb förmlich skalpirten, und zwar auf folgende Weise. Zuerst schnitten sie dem Verbrecher ringsrum die Kopfhaut auf; dann bogen sie