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NOjMWMBüll UN- Anstiger Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Erscheint jeden Wochentag nachmittags—Fernspr. Nr. II u. 28. Postscheckkonto Leipzig 23464. — Gemeindegirokonto 14. Bankkonten: Commerz-und Privat. Bank Zweigstelle Hohen- stein - Ernstthal — Darmstädter und Nationalbank Zweig- Niederlassung Hohenstein-Ernstthal. — Unverlangt eingesandte Manuskripte werden nicht zurückgeschickt — Einsendungen ohne Namensnennung finden keine Ausnahme Bei Klagen, Konkursen, Vergleichen usw. wird der Brutto betrag in Rechnung gestellt Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung deS Betriebes der Zeitung, der Lieferanten oder der BesörderungSeinrich- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung des BczugspretfeS. Generalanzeiger für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdors, Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, Längenchursdorf, Reichen bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach. Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rüßdorf. Dieses Blatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen deS Amtsgerichts, des Finanzamts und des Siadtrats zu Hohenstein-Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Nr. 261 Montag, den 9. November 1931 Der Raum des Millimeters der cinspaltiaen Ansemen- zcile kostet 7 Psg., Ser cinivatttaeu Reklame,eile 2l Psg. Für den Nachweis werden 2ö Goldvkenniae berechnet. Bc,ugsvretS balbmonatliw SO Goldvkenutge einschlicbltch Trägerlob» I 81. Fähig. „M MM wm sich nicht vrrWMgen mit dem Wmgherrn" NMMMÜW «MMM HuzenSergs m -er HearWreffe — Ser SM -er Harzbuezer AMU Im ROhMSK des MzMgplanes keine Netinngsmöglichkeit Berlin, 8. Nov. Der deutschnationale Parteiführer Dr. Hu genberg hat der amerikanischen Hearstpresse einen programmatischen Artikel zur Verfügung gestellt, der in der Sonntagsbeilage der Hearst zeitungen erschienen ist. Dr. Hugenberg sagt Larin u. a.: Zn Deutschland habe man die Besprechungen zwischen Hoover und Laval mit größter Aufmerksamkeit verfolgt. Besonders wichtig sei dabei die Feststellung gewesen, das; man in Ame rika offenbar die Erkenntnis gewonnen habe, die Übel der Welt seien in erster Linie auf die Aus wirkungen der Gcwaltverträgc von 1819 zuriickzufiihren. Washington habe die Lösung der ans den Tribntprobleme» erwachsenen Schwierigkeiten der Initiative der europäischen Mächte aufcrlcgt. Die nationale Rechte habe den Honngplan von Anfang an abgclehnt und der Verlaus der Ereignisse habe ihr recht gegeben. Be reits 1929 habe er in einem Briefe an führende Persönlichkeiten der Vereinigten Staaten eine vernünftige Lösung der Tributfragc gefordert. Da das im Poungplan „jcht geschehen sei, sehe er auch im Nahmen dieses Planes keine Möglichkeit zu einem Ausweg aus der kri tische Lage Deutschlands und Ler Welt. Dr. Hugenberg fasst die Washingtoner Kom munique nicht als den Ausdruck der Aniiiteres- jicherheit Amerikas an der weiteren Entwicklung der Reparationsfrage auf. Die Verflechtung der wirtschaftlichen Interessen auf der Welt sei viel zu groß. Die Grundfesten einer neuen besseren Weltwirtschaft liege» in den nationalen Einzel wirtschaften. Die deutsche Rechte sei n i ch t g e- gen Verstäudigung, sondern nur gegen ihr Zerrbild, wie cs von Versailles bis zum Haag jede der großen Konferenzen gezeigt habe. Eine Verständigung könne niemals zwischen einer internationalen Kolonie Deutschland auf der einen und einem mit allen Druckmitteln der Waffen und des Goldes ausgesührten Zwing- Herrn auf der anderen Seite stattfinden. Senator Borah habe in seinem mutigen Ge spräch mit Laval darauf hingewiesen, daß auch die politischen Fragen einer Vereinigung bedür- ten. Dazu gehöre die Frage der Ost grenzen und die Korridors sowie die A b r ii st u n g s- frage. Die Welt stehe so vor Entscheidungen von größter Tragweite. Es handele sich jetzt nicht mehr darum, wie viel man aus dem deut schen Volke herauspressen könne. Znternationale Schulden seien nur durch Warenausfuhr tilgbar. Kein vernünftiger Mensch könne aber wünschen, daß Deutschland durch eine Ausfuhrpolitik.nach russischem Muster das Elend der Arbeitslosigkeit in der Welt noch mehr vergrößere. Die natio nalen Kreise Deutschlands würden alles daran setzen, die kommerziellen Verpflichtun gen Deutschlands zu erfüllen. Aber die Welt müsse dazu die Möglichkeit geben. Deutsch land sei bis heute ein sicherer Schutzwal! gegen den Bolschewismus gewesen. Die Verzweiflung sei diesem aber ein allzuguter Wegbereiter. Zn diesem Zusammenhang ist von besonderem Znteressc, was Hilgenberg am Sonntag im Nah men einer Wahlrede in Darmstadt über die Be deutung der Harzburger Tagung und die Zwei fel, die an der Einigkeit der nationanlen Oppo sition geäußert worden sind, anssührte. „Zch bin." so erklärte er, „nicht ohne Dokuu- mcnte über die Sachlichkeit und den Eifer die ser Zusammenarbeit. Sie war gegenseitig und wurde von der Erkenntnis getragen, daß nur die vereinte Kraft den Sieg verbürge. So ist cs auch heut und wird cs bleiben. Das ist auch der Grund, weshalb dieser Bund nicht wieder auscinandcrbrcchen kann. Nicht umsonst heißt es in der gemeinsamen Entschließung: „Geächtet ist jeder, der unsere Front zersetzen will." Da aber in der Politik ein System nur dann ge stürzt werden und gestürzt bleiben kann, wenn ei» neues System und Programm und eine neue Macht an die Stelle der alten tritt, so bedeutet die gemeinsame Negation des Bestehenden selbst verständlich auch die gemeinsame Beja hung eines Künftigen. Die Harzburger Kundgebung läßt darüber keinen Zweifel. Daß es dem Zentrum und den Gewerkschaften erwünscht sein würde, mit den Nationalsozia listen in ähnlicher Weise ihren Eonderpakt zu machen wie früher mit den damaligen Deutsch- Lübeck, 7. November Am 20. Tage des Calmette-Prozesses brachte die Vernehmung Dr. Wieners, des ehe maligen Assistenzarztes am Kinderhospital in Lübeck, eine viel Aufsehen erregende Wendung in die Beweisaufnahme. Dr. Wiener bekundete nämlich ans die Zwi- schensrage eines Sachverständigen, ob ihm nicht bei den von ihm behandelten Kinder» der Zu sammenhang mit der Fütterung klar geworden sei, cr habe überhaupt nicht gemußt, daß die Fütterung damals schon allgemein in Lübeck a n - gewandt wurde. Dr. Jannasch habe ihm wohl erzählt, daß das BCG-Vcrsahrcn cinge- gesührt werden sollte, aber irgendeine Mittei lung Uber die Einführung selbst sei ihm von kei ner Seite gemacht worden. Später, und ;wnr etwa Mitte April, habe cr von Hcbammen- jchwcsicrn gehört, daß man in Lübeck das VVK- Versahren bereits anwandte. 'Auch dann sei ihm keine Mitteilung von dem Ergebnis der Ver sammlung im Ärztlichen Verein gemacht worden. Zm weitere» Verlauf der Verhandlung wurde ein Antrag von Rechtsanwalt Dr. Frey vorgelegt, Professor Ealmetter kommissarisch zu vernehmen. Der Verteidiger Dr. Altstadts bat um Ablehnung des Antrages, da Professor Cal mette genau gewusst habe, was man in Lübeck plante. Professor Calmette habe die Stamm kultur in dem Bewußtsein nach Lübeck geschickt, daß sie weiter gezüchtet werden sollte. Es kam dann zu einem scharfen Zusammen stoß zwischen Rechtsanwalt Dr. Wittern und Professor Dr. Kolle. Dr. Wittern gab eine Erklärung ab, :n der er u. a. sagte: „Gewiß bin ich nicht der Anwalt von Pro fessor Dcycke; das entbindet mich aber nicht von dir allgemeinen Pflicht der Anständigkeit dem Graner gegenüber. Ich stehe hier als Vertreter einer großen Anzahl von Eltern, deren Kinder schwere gesundheitliche Schädigungen davonge- tragc» und die ihre Kinder verloren haben. Da darf ich allerdings einmal aussprechcn — und ich stehe mit dieser Auffassung nicht allein —: der Haupts ch uldiqc au dem Unglück in Lübeck ist Professor Calmette!" Bei dieser Äußerung rief Professor Kolle erregt und laut in den Eerichtssaal: I nationalen, ist selbstverständlich. Daß Zentrums leute sagen: „Wen» wir uns nicht über de» Kopf der Deutschnatio»ale» hi»weg mit den National sozialisten verständigen, wird das Zentrnm aus- einanderbrechen," ist trotz der gegenteilige» Ver sicherung des Herr» Heß bekannt. Aber a» dem Bestände und der Zukunft des Zentrums haben ja nicht alle Deutschen ein unbedingtes Interesse. Auch die Nationalsozialisten nicht. Daß im übri gen über manche Frage die Auslassungen der Dentschnationalen und der Nationalsozialisten auseinandergehen, ist oft betont. Wir Deutsch nationalen sind nicht Sozialisten, sondern aus gesprochene Anhänger der Privatwirtschaft. Wir haben auch nicht die Absicht, uns als „Misch masch" zu fühle», als Vorfpan» benützen zu las sen und da»» — dabei wurde als Muster Musso lini genannt — eine» Fußtritt geben zu lasse». Fassen Sie das bitte als jugendlichen Über schwang auf. Entfalte» Sie ruhig deiisclben ju gendlichen Überschwang. „Das ist ja unerhört!" Darauf antwortet Dr. Wittern: „Herr Pro fessor, Sie können sich nicht so in die Lage der Eltern versetzen, die ihre Kinder haben schwer leiden sehen. Wir habe» heute vo» einem Sach verständigen gehört, daß er eine Tuberkulin- Probe machen wollte, aber am ganzen Körper des Kindes keine heile Stelle gefunden habe, wo er die Probe ansetze» konnte. So haben die Kinder gelitten." In diesem Augenblick griff der Vorsitzende ein nnd bat Dr. Wittern, sich kurz zu fassen. Dr. Wittern erklärte darauf, er habe nichts mehr zu sagen. Nunmehr erhob sich Professor Dr. Kolle und sagte sehr erregt: „Zch muß dagegen protestieren, daß hier im Gcrichtssaal behauptet wird, Professor Calmette sei an dem Lübecker Unglück schuld. Zch bin Geg ner des Calmcttc-Versahrcns, weil ich es für un wirksam halte; aber ich bin überzeugt, daß das Mittel bei richtiger Anwendung unschädlich ist. Zch muß sagen, daß Dr. Wittern sich auf ein wissenschaftliches Gebiet begeben hat, wo ich ein solches Urteil (bei diesen Worten schlug Dr. Kolle mit der Faust auf den Tisch) nicht zulasten kann." Die Verhandlung endete mit der Verneh mung zweier Arzte über einzelne Sek- tionsb'efunde. Es sott der Zeugciibeweis dafür erbracht werden, daß Dr. Jannasch in der Ver- sammlnng des Ärztlichen Vereins, die sich mit dein Ealmette-Praparat beschäftigte, besonders darauf hingewiesen hat, daß es sich bei dem BEG um einen ab geschwächten leben digen Bazillus handelte. Ferner fordert die Verteidigung nochmalige Verneh mung des Präsidenten Dr. Hamel. Wie sie behauptet, verschwieg Hamel in seiner Verneh mung, daß das Lübecker Gesundheitsamt an; 1!). März 1M0 eine» Bericht der Lübecker Tuberku- lcsesürsorgestette an das Zentralkomitee zur Be- kämpsung der Tuberkulose in Berlin eingerichtet hat und daß in diesem Bericht die Einführung des Ealmette-Versahrens in Lübeck mitgeteilk wurde. Hamel soll aussagen, ob er diese» Be richt gekaimt hat. Die Verhandlung wnrde auf Montag vertagt. Jas Urteil im PwM HMsrs Berlin, 7. Nov. In dcm Prozeß wegen der Vorfälle amKur- fürstendamm am 12. September wurde heute nachmittag nach vierstündiger Beratung vom Schöffengericht Eharlottenburg folgendes Urteil verkündet: Die 'Angeklagten Gras Helldors und Ernst werden unter Freisprechung von den übrigen Ankiagepunkten wegen einsachen Land friedensbruches zu je K Monaten Ge fängnis verurteilt, ferner wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von je 199 Mark ersatzweise zu weiteren 10 Tagen Gefängnis. Der Ange klagte Brandt wird wegen einfache» Land- fricdc!:sbruchcs zu 6 Monaten Gefängnis ver urteilt, der Angeklagte D a m c r o w zu 3 Mona te», der Angeklagte Schulz zu 1 Monaten Ge fängnis. Die Angeklagten Hell, Hage meister und Samersli werden auf Kosten der Staatskasse srcigesprochen. Den Zeugen Detcrding und Simon wird die Befugnis zugcsprochcn, das Urteil gegen Hcll- dors und Ernst wegen der Beleidigung im „Ber liner Tageblatt" und im „Berliner Lokalanzci« gcr" aus Kosten der Angeklagten zu veröffent lichen. Aus Antrag der Verteidigung wurden die Angeklagte» Graf Helldors, Ernst und Brandt aus der Haft entlasten. Die Begründung des Urteils leitete Laud- gcrichtsdircttor Vre » nhnuse n mit der Be merkung ein, daß für das Gericht selbstverständ lich politische Gesichtspunkte von vornherein nus- ichcidc» mussten. Ein Teil der Demonstranten wollte w a h r s ch e i n l i ch wegen des Hu n- gers demonstrieren. Ein wesentlicherer Teil habe sich anläßlich des jüdische» Neujahrstnges aus dem Kurfürstendamm getroffen. Nach der Überzeugung des Gerichts fei der Plan im Lause des 12. September entstanden und habe sich daun unter den Demonstranten herumgesprochen. Dann allerdings hätte» die einzelnen Gruppe» planmäßig gehandelt. In gewissem Sinne sei also die Sache organisiert gewesen. Daß das Ganze ein Plan des Oberführers ge wesen sei, hat das Gericht n i ch t angenommc». Es sei also hauptsächlich den Angaben der An geklagten gefolgt. Rädelsführerschaft sei bei kei nem der Angeklagten angenomine» worden. Andererseits sei aber ermittelt worden, daß sich die verurteilte» Angeklagten des einfache» La»dfricdc»sbruchcs schuldig gemacht hätte». Das Gericht stehe aus dem Standpunkt, daß jeder, der sich in einer zusammengerottenen und Ge walttätigkeiten begehenden Menschenmenge be- sinde, machen müsse, daß er heraus käme, wenn er nicht bestraft werde» wolle. Er dürfe auch nicht hineingehen, um seine Leute h e r a u s z u z i e h c n. Deswegen mußte die Frage des Landfriedensbruches bei den Angeklagten bejaht werden, die auf dein Kurfürstendamm hin und her gefahren seien. Bei den freigesprochenen Angeklagten sei nicht festgestellt worden, daß sie sich der Menschen menge angcschlossen hatten. Außer diesem Tat« Der Arzt stellt sich schühend vor den Kollegen