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Ser englische Besuch in Kiel Kiel, 4. Juli Die englischen Kreuzer „Dorsetshire" und „Norfolk" sind Sonnabend früh gegen 9V- Uhr von Stockholm kommend in den Kieler Hafen eingclaufen. Zur Begrünung waren die zwei deutschen Begrüßungsoffiziere, Kapitän leutnant Nuge und Oberleutnant z. S. Godt, mit dem Boot des Hafenkapitäns den Englän dern bis Kiel-Feuerschiff entgegengefahren, wo Kapitänleutnant Ruge mit seinem Eignalosfizier an Bord des Kreuzers „Dorsetshire" ging, auf dem der Kommandant des zweiten britischen Kreuzergeschwaders, Admiral E. A. Astley- Rushton, seine Flagge gesetzt hatte. Ober leutnant Godt begab sich an Bord des Kreuzers „Norfolk", der von Kapitän C. V. Prickett geführt wird. (Admiral Astley-Rushton ist nicht zum ersten Male als Gast der deutschen Marine in Kiel. Bei dem letzten britischen Flottenbesuch im Juni 1914 führte er den Kreuzer „Southamp ton", dessen Führer er später auch in der See schlacht am Skagerrak war. Die Schriftl.) Als die britischen Kreuzer unter deutscher Führung die Friedrichsorter Ende erreichten, fiel von der „Dorsetshire" der erste Schuß des Saluts, mit dem die Engländer die deutsche Flagge salutier ten. Die Batterie von Friedrichsort erwiderte dann die 21 Salutschüsse der Engländer mit der gleichen Zahl. Die englischen Kreuzer liefen dann in den Kieler Hafen ein und gingen zwischen den deut schen Schiffen, die am Freitag nachmittag von einer Norwegenfahrt zurückgekehrt waren, an die Bojen. Sofort nachdem die englischen Kreuzer festgemacht hatten, brachte das deutsche Marine boot „Libelle" den britischen Generalkonsul Shepherd aus Hamburg an Bord der „Dor setshire". Kurz nach V-11 Uhr ging Admiral Astley- Rushton an Land, um den Generalkonsul Shep herd seinen Gegenbesuch zu machen. Nach einem Besuch im Hotel „Continental" begab sich der englische Admiral Astley-Rushton im Kraftwagen zum Kommandogebäude am Düsteren Brook, um den Chef der Marinestation der Ostsee, Bizeadmiral Hansen, einen Besuch zu machen. Anwesend waren der Chef des Stabes, Konteradmiral Groos sowie die Her ren des Stabes und der Inspektion. Nach kur zem Verweilen fuhr Vizeadmiral Astley-Rushton zum Schloß, wo ihn der Oberpräsident Kürbis empfing. Vom Schloß begab sich der Admiral zum Rathaus, um dem Oberbürgermeister D r. Lucken seine Aufwartung zu machen. Um 11.40 Uhr fuhr der englische Geschwaderchef dann zur Vineta-Brücke zurück. Von dort fuhr er in seinem Boot zum Linienschiff „Schleswig-Hol stein", auf dem der deutsche Flottenchef, Vize admiral Olde kop, feine Flagge gesetzt hatte. Beim Anlegen des Bootes am Fallreep trat die Wache unter Gewehr. Gleichzeitig wurde der Salut von 13 Schuß abgegeben. Der englische Admiral wurde von Admiral Oldekop empfan ¬ gen, in dessen Begleitung sich außer den Herren seines Stabes der Befehlshaber der Aufklärungs streitkräfte, Konteradmiral Albrecht, sowie die Kommandanten und Chefs aller im Hafen liegenden Schiffe befanden. Um 12.30 Uhr fuhr der Flottenchef, Vize admiral Oldekop, vom Linienschiff „Schles wig-Holstein" zum britischen Schiff „Dorsetshire", um dem britischen Admiral seinen Gegenbesuch abzustatten. Erst nachdem er den britischen Kreuzer wieder verlassen hatte, legte das Schiff boot des Stationskommandanten am Fallreep der „Dorsetshire" an und Vizeadmiral Hansen begab sich zum Besuch des Admirals Astley-Nush- ton an Bord. Beim Eintreffen der deutschen Admirale wurde jeweils der Salut von 15 Schuß gefeuert. Kurz vor 13 Uhr fährt der Oberpräsi dent zum englischen Schiff hinüber, um den Be such des englischen Admirals zu erwidern' Auch der Oberbürgermeister von Kiel stattete der „Dorsetshire" seinen Gegenbesuch ab. Der englische Kreuzerbesuch verleiht dem Bilde Kiels eine besondere Note. Das Straßen- bild hat in dem reichen Flaggenschmuck der Kie ler Wochen und durch hie und da eingestreute Union-Jacks ein farbiges Aussehen erhalten. An dem Ball des Kieler Pachtklubs am Sonnabend, eine der bedeutendsten gesellschaft lichen Veranstaltungen der Kieler Woche, nah men der englische Admiral Astley-Rushton, die Kommandanten der beiden Kreuzer und etwa 20 englische Offiziere teil. Die Reichsmarine war durch den Flottenchef Admiral Oldekop, den Stationschef Admiral Hansen, den Befehlshaber der Aufklärungsschiffe Admiral Albrecht und zahlreiche Offiziere vertreten. Am Sonntag vormittag.fuhr der englische Admiral mit Stationschef Admiral Hansen zu der Regatta hinaus, an der die englischen und deutschen Kriegsjchiffskutter teilnahmen. Sonn tag vormittag fand eine Besichtigung des Kreu zers „Dorsetshire" durch englische und deutsche Pressevertreter statt. Die Besucher wurden durch das ganze Schiff geführt, das mit seinen neuzeit lichen Einrichtungen einen vortrefflichen Ein druck macht. Am Abend nahm eine große Zahl von englischen Offizieren an dem Gartenfest der Kieler Segelvereinigung teil. London, 5. Juli Kiel und seine Schönheiten, die Frische der Kieler Mädchen und die Höflichkeit der deutschen Behörden stehen im Vordergründe aller Berichte der englischen Presse über die Aufnahme der eng lischen Kreuzer in Kiel. Ausführlich schildern die nach Kiel entsandten Sonderberichterstatter, wie wohl sich der englische Seemann im deutschen Kiel fühlt. Einstimmig betonen sie, daß man in Deutschland alles tut, um den englischen Kriegs schiffen gegenüber die alte Feindschaft verstum men zu lassen und daß stattdessen neue Freund schaften geschlossen werden. Psitzri 1« „Vramm HM" München, 4. Juli Am Sonnabend nachmittag ging es in der Umgegend des „Braunen Hauses" lebhaft zu, da die Polizei das „Braune Haus" be setzte und dort Posten aufstellte, um die Durch führung des erlassenen Uniformverbotes zu sichern. Am Abend wurde von der Polizei direktion ein amtlicher Bericht ausgegeben, wor in als Grund der Aktion die Nichtbeachtung der polizeilichen Anordnungen vom 1. Juli über das Verbot des Tragens einheitlicher Kleidung durch Wach- und Ehrenposten angeführt und dann weiter gesagt wird: „Diese augenfällige Miß achtung behördlicher Anordnungen und Ver höhnung der staatlichen Autorität veranlaßte die Polizeidirektion, heute nachmittag kurz nach 12 Uhr zwei Überfallwagen der Schutz polizei zum Parteiheim abzuordnen und die so fortige Entfernung sämtlicher uniformierter Wach- und Ehrenposten zu fordern. Das Ver langen wurde abgelehnt. Daraufhin wurde nach Heranziehung einer Hundertschaft die gesamte uniformierte Besatzung des Parteiheims in Stärke von 29 Mann auf die Polizeidirektion g bracht. Das Wjederaufziehen von Posten wurde durch bereitgestellte Polizeikräfte verhin dert. Im Laufe des Nachmittags wurden offen sichtlich auf Parteianweifung mehrere hundert Parteigenossen in bürgerlicher Kleidung im Par teiheim zusammengezogen. Durch eingesetzte Polizeikräfte wurde weiterer Zuzug verhindert und das Betreten des Parteiheims bis auf weiteres verboten. Adolf Hitler hat für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei an den Minister des Innern, Dr. Stützel, an die Polizeidirektion München und an die Kreisregierung von Ober bayern Telegramme gerichtet, worin er gegen eine Verfügung der Polizeidirektion München, durch die das Betreten des „Braunen Hauses" soeben allgemein verboten worden ist. Be schwerde erhoben und auf das schärfste gegen diese „uugeheuerliche rechtlich niemals zu haltende Maßnahme" protestiert. * München, 5. Juli Auch ym Sonntag kam es zu Zwischenfällen zwischen Nationalsozialisten und der Polizei. Zum Standkonzert im Hosgarten waren zahl reiche Nationalsozialisten erschienen, die als Er kennungszeichen kN ausfallender Weise den „Völ kischen Beobachter" zur Schau trugen. Als Kri minalbeamte hiergegen einschreiten woll ten, rotteten sich die Nationalsozialisten zusam men und gingen gegen die Beamten tätlich vor. Dabei wurde nach der Mitteilung des Polizei berichtes ein Beamter niedergeschla- g e n. Die Musik unterbrach das Konzert und rückte ab. Überfallkommandos trieben die De monstranten auseinander. Fünf Nationalsozia listen wurden festgenommen und dem Schnell richter übergeben. Nach 16 Uhr kam es in der Nähe des Karolinerplatzes zu einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und politischen Geg nern, wobei abermals Überfallkommandos aus rücken mußten und vier Personen festgenommen wurden. Eine Erklärung Hitlers E i a e n e 8-» n k in e l d >i » g München, 6. Juli Im Hinblick auf die Vorgänge am Braunen Haus erläßt Hitler im heutigen „Völkischen Be obachter" eine Erklärung an die Parteigenossen, in der er zunächst darauf hinweist, daß trotz gegenteiliger gerichtlicher Entscheidungen die Notverordnung vom 28. März erneut die Zu lässigkeit von Uniformverboten behauptet habe. Die Münchener Polizeidirektion habe es für an gebracht gehalten, im Wege unhaltbarer Anord nungen und Verfügungen den uniformierten Schutz des Braunen Haufes zu bekämpfen. Ent gegen der Zusage der Polizeidirektion, daß uni formierte Parteigenossen den Verkehrsdienst im Braunen Haus besorgen könnten, soweit sich die ser auf Grund und Boden des Parteiheimes ab spielt, wurden am Sonnabend über 400 Mann Landespolizei aus München gegen das Braune Haus eingesetzt. Die Vor gänge, die sich in Durchsetzung der Polizeiein- grisfe in und vor dem Braunen Hause abspiel ten, erregten die breite Masse der Münchener Bevölkerung. Um für die kommenden rechtlichen Auseinandersetzungen zugleich das einwandfreie Beweismaterial' zu sichern, wurden die wesent lichsten Vorgänge sofort urkundlich festgestellt. Die Rechtswidrigkeit dieser polizeilichen Maß nahmen sei von namhaften deutschen Juristen, die in der- Reichsleitung anwesend waren, sofort vermerkt worden. Gegen jede Einzelmaßnahme sind die Rechtsmittel ergriffen. Es besteht die dringende Hoffnung, daß nunmehr durch einen eklatanten Fall eine gerichtliche Entscheidung grundsätzlicher Art herbeigeführt werden wird. Die Erklärung Hitlers schließt mit der Mah nung an die Parteigenossen, sich durch gar nichts provozieren zu lassen. „An unserer Gesetzlichkeit wird der Gegner trotz allem zerschellen". GremDischeusM am Rhein Kehl, 6. Juli Am 4. ds. Mts. vormittag gegen 11,30 Uhr hat sich auf der Grenzstrecke Kehl-Freistett ein Grenzzwischensall zugetragen, bei dem nach Blättermeldungen aus Straßburg der Gastwirt Alfons George aus Wanzenau-Elsaß durch rechtsseitigen Lungenschuß aus der Pistole eines Zollbeamten schwerverletzt worden sein soll. Cs steht fest, daß von französischen Fischern in zu nehmendem Maße auf deutschem Hoheitsgebiet, insbesondere auch verbotenerweise zur Nachtzeit, im Rhein gefischt wird. Ebenso besteht begrün deter Verdacht, daß der Rheinschmuggel auf der genannten Nheinstrecke die Unterstützung dieser Fischer findet. Im vorliegenden Falle hat der zwei bis drei Meter von der deutschen Ufer böschung mit einem zweiten französischen Grenzbewohner fischende Alfons George trotz wiederholter Anrufe des Beamten kei nerlei Notiz von dessen Ausforderungen, sich auszuweisen und sein Boot anzuhalten, ge nommen. Der Beamte lief dabei sogar eine Strecke von ungefähr 300 Metern neben dem Boote her. Jedoch wurde seine Drohung, nöti genfalls auch von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, nicht beachtet. Der Beamte, dessen be reits vorhandener Verdacht auf in dem Boote vor handener Schmugglerwaren sich durch dieses Ver halten verstärkte, versuchte nun, durch Schreck schüsse die Ausführung seiner Anordnung zu erzwingen. Das Boot hatte sich zu diesem Zeit punkt ungefähr acht Meter nach der Nheinmitte zu entfernt. Infolge der Blendwirkung der Sonnenreflexe auf dem Wasser und der Be wegung des Bootes nebst der Besatzung ging je doch ein auf die Durchlöcherung der Schiffsplan ken gerichteter Schuß fehl und traf den Obenge nannten. Dieser wurde von seinem Begleiter auf das französifche Ufer gebracht. Nach Zeitungsmeldungen aus Straßburg, die den Vorfall ziemlich entstellt wiedergeben, soll der Verletzte im Krankenhaus Straßburg ausge nommen worden sein. Mn Antrag ans HrraMsng der MeSeSmgsMW Berlin, 5. Juli Von der Reichsbank wird über die am Sonn tag abend abgehaltene Generalratssitzung, an der Mitglieder des Generalrates vonFlemming, Louis Hagen, Urbig, Müller-Oerling hausen teilnahme.n und zu der vom Neichsbank- direktorium neben dem Reichsbankpräsidenten Dr. Luther Reichsbankvizeprüsident Dreyse und Direktor Vocke zugegen waren, folgende Mitteilung ausgegeben: „Dem Generalrat der Rcichsbank wurde vom RcichsbanlpräjiLenten über die gegenwärtige Lage, über die getroffenen und die in Aussicht genommenen Maßnahmen berichtet. Der Gcne- ralrat hat den Bericht des Neichsbankpräsidcnten zustimmend cntgegengcnommen. Anträge aus Herabsetzung der Notendcckungsgrenze lagen nicht vor." Dazu erfährt die TU noch, daß ein Antrag auf Verlängerung des 100-Millionen-Dollar- Rediskontkredits noch nicht gestellt worden ist. Auch der über die Eolddiskontbank bei der International Acceptance-Bank zur Verfügung stehende Bereitschaftskredit ist bisher noch nicht beansprucht worden. Diskontmaßnahmen oder die letzthin vielfach erörterte Herabsetzung der Notendeckungsgrenze erscheinen dem Reichsbank- -direktorium in Erwartung günstiger Auswirkun gen der Pariser Abmachungen nicht notwendig. Die Indexziffer der (Hrosrhandelspreife Berlin, 4. Juli Die vom Statistischen Neichsamt für den 1. Juli berechnete Indexziffer der Eroßhandels- prcife lag mit 112,5 um 0,3 v. H. niedriger als! in der Vorwoche. Die Indexziffern für die i Hauptgruppen lauten: Agrarstoffe 107,3 (— 0,9 vom Hundert), Kolonialwaren 97,5 (4- 0,3 vom Hundert), industrielle Rohstoffe und Halbwaren 103,4 (-s- 0,2 v. H.) und industrielle Fertig waren unverändert 136,5. WMlMMlüMMM des Ret-SMsidenten SN Hoover Neuyork, 4. Juli Anläßlich des amerikanischen Nationalfeier tages hat Reichspräsident von Hindenburg an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Hoover, ein Glückwunsch telegramm gerichtet, in dem es u. a. heißt, er hoffe aufrichtig, daß die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland sich immer enger gestalten möchten und daß die groß herzige von Hoover eingeleitete Aktion eine Rettung für die ganze Welt werden möge. Bei der amerikanischen Unabhängigkeitsfeier kamen nahezu 200 Personen ums Leben. Viele verunglückten beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern, die meisten jedoch wur den bei Kraftwagenunfüllen getötet, andere er tranken. Berlin, 4, Juli Reichsaußenminister Curtius hat heute dem amerikanischen Botschafter Sackett einen Besuch abgestattet, um ihn auch persönlich die Glückwünsche der Reichsregierung zum amerika nischen Nationalfeiertag zu übermitteln. Sitzung des Neichskabinetts Berlin, 2. Juli. Die Sitzung des Neichskabinetts ist heute vor mittag um 11 Uhr zusammengetreten. Sie zog sich bis in die ersten Nachmittagsstunden hin. An den Besprechungen nahm auch Reichsbankpräsi^ dent Dr. Luther teil. Ihr erstes Thema war die allgemeine Lage, zu der sich die an dem Reparationsproblem beteiligten Kabinettsmit glieder ausführlich äußerten. In diesem Zu sammenhang wurde auch die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftslage erörtert, wobei die Möglichkeiten besprochen wurden, die zur Sanie rung von Staat und Wirtschaft weiterhin noch ergriffen werden können. Etaenc 8 u n k m c I i> u n a Berlin, 6. Juli Das Neichekabinett ist am Montag vormit tag zu einer Sitzung zusammengetreten, um auf Grund der letzten Nachrichten aus Washington und Paris die Gesamtlage zu erörtern. In der Frage des Zahlungsaufschubes nimmt man in Berliner politischen Kreisen nach wie vor eine abwartende Haltung ein. Man warnt vor Optimismus, ist aber auch dicht ge neigt, die Lage bezüglich des Endergebnisses pes simistisch zu beurteilen. ZWWüg des Arsssrnmn-EhMMM Mainz, 5. Juli In Anwesenheit von Vertretern des Reichs präsidenten, der Reichsregierung, des Reichs tages, des Völkerbundsrates und Briands fand im reich beflaggten Mainz die feierliche Einwei hung des Stresemann Ehrenmals statt. Der Führer der Deutschen Volkspartei, Neichstagsabgeordncter Dingeldey, entwarf in seiner Gedächtnisrede ein Bild von Strese mann als Deutschem, als Mensch und Freund, worauf Reichsaußenminister Dr. Curtius die Weiherede hielt, in der er ausführte: Ich komme von der Störte des Wirkens Stresemanns, die in den. letzten Wochen gleichsam mit poetischer Hochspannung geladen war. Nur langsam be ginnt sich die Spannung zu lösen. Noch ist eine vollständige Einigung in Paris nicht erzielt. Wir zweifeln aber nicht an der Sicherung des Feierjahres und der Erleich terung für das deutsche Volk. Wir hoffen, daß die Durchführung des großen Planes Hoovers eine neue Phase der Weltwirt schaft einleitet und die Bahn freimacht für eine vertrauensvollere Zusammenarbeit der Völker zur Stabilisierung eines dauerhaften und ge rechten Friedens. Als Stresemann sein Amt antrat, war der Ruhrkampf verloren, erschien Deutschlands Lage hoffnungslos. Als er starb, war die Befreiung der Rheinlands gesichert und Deutschland wieder ein mächtiger Faktor der Weltpolitik. Seine Außenpolitik erstrebte Zu sammenarbeit und Verständigung der Völker, ein neues glücklicheres Europa und Ausgleich der Spannungen, vor allem zwischen Deutschland und Frankreich. Die Grundsätze seines Han delns erwarben ihm Achtung, Bewunderung und Liebe bei internationalen Kongressen wie im Völkerbund. Zahllose Kränze, darunter vom Reichspräsi denten, der Reichsrcgierung, dem Reichstage und Briand, sowie vielen Verbünden wurden am Ehrenmal Stresemanns niedergelegt. Aus den Lüften warf ein Flieger einen Blumenstrauß mit der Widmung „Dem Befreier des Nhein- landes" ab. Bei der Enthüllung ereignete sich ein Zwi schenfall. Unmittelbar nachdem Abgeordneter Dingeldey seine Rede beendet hatte, stieß ein unter den Fahnendeputationen in unmittelbarer : Nühe des Mikrophons für die Rundfunkübertra gung stehender, unauffällig gekleideter Mann den Ruf „Deutschland erwache!" aus, der natürlich auch über die angeschlossenen Rund funksender zu hören war. Der Betreffende wurde sofort von Polizeibeamten festgenommeit.