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wird eine Erhöhung des Zaunes durch Stachel draht einen hoffentlich genügenden Schutz bringen. Nicht unerhebliche Kosten verursachte auch die Zuführung der Wasserleitung, die uns aber bei der Pflanzarbeit und später beim Gemüsebau wertvolle Dienste leistete. Nachdem nun so der Bepflanzungsplan in allen feinen Teilen ausgearbeitet und außerdem von Künstlerhand bis aufs kleinste zeichnerisch fest gelegt war (vergl. Abbildung), war noch die Be stellung des Pflanzmaterials anszuführen, die jedoch mannigfache Schwierigkeiten verursachte, da die einzelnen Sorten und Formen sich zwar in den Katalogen der Baumschulen ausgezeichnet befanden, aber oft nicht vorrätig waren; außer dem war zu bedauern, daß die Art der Unter lagen nicht allenthalben festzustellen war. Immerhin konnte am 18. April 191 l mit etwa des benötigten Pflanzmaterials begonnen werden; war es doch dadurch möglich, einen etwaigen Unter schied zwischen Herbst- und Frühjahrspflanzung zu zeigen. Leider entsprach das Pflanzmaterial nicht allenthalben berechtigten Wünschen, selbst wenn man einen bescheidenen Maßstab anlegte und des Sprichwortes gedachte: einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul. Gewiß wird es nun auch für den freundlichen Leser von Interesse sein, zu erfahren, wie hoch sich die Kosten bis zur Fertigstellung des Gartens belaufen haben. Es wurden in bar ausgegeben für Einfriedigung, Wegebau, Gartenhaus, Rohr leitung, Geräte, Pflanzgut, Dünger, Boden bearbeitung 2676,72 M. An Deckungsmitteln, standen uns zur Verfügung 200 M. vom Landes- Obstbauverein, 100 M. von einem Ehrenmitgliede, 85 M. aus der Bezirkskasse, 275 M. von dek Rittergutsbesitzern des Bezirks, 402 M. von den Schulgemeinden und 499,84 M. in kleineren Beträgen von Vereinsmitgliedern, von Lieferanten in Gestalt von Rabattgewährungen usw., in Summa also 1561,84 M. Der fehlende Betrag wurde teils aus laufenden Mitteln, teils aus dem Vereinsvermögen bestritten. Daß der Pflanzung eine gründliche Boden bearbeitung mit dem Untergrundpfluge und eine reichliche Kalkdüngung vorhergehen mußte, bedarf an dieser Stelle keiner näheren Begründung, zumal, wie schon erwähnt, sich das Grundstück in keiner besonders guten Verfassung befand. Vor allem machten uns die Quecken arg zu schaffen, so daß wir für den ersten Sommer das ganze Gelände zum Zwecke der Unkrautbekämpfung und Bodenverbesserung mit Erbsen feldmäßig bestellten. Trotz der großen Trockenheit des Jahren 1911 konnten wir mit dem Erfolg der Pflanzung im ganzen zufrieden sein, sodaß im Herbst ein weiterer Teil der Pflanzung voll guter Hoffnung vor genommen werden konnte. Ein Tropfen Wermut mischte sich freilich in den Becher der Freude über das bisher Erreichte, wenn man sich die Frage vorlegte: wie wird sich die Bewirtschaftung des nicht unbeträchtlich großen Grundstückes im nächsten Jahre gestalten. Galt es doch nunmehr die Ideen des oben geschilderten Bepflanzungs planes restlos zur Durchführung zu bringen. Von vornherein waren wir uns darüber im klaren, daß dies durch die Vorstandsmitglieder allein unmöglich sein würde. Nach vielen vergeblichen Bemühungengelang es endlich, einen einheimischen Gärtner zu gewinnen, der die Quartiere III—V zu Gemüseanbauzwecken kostenlos übernahm, ein Zustand, der freilich mit dem Schluß des Jahres l9l2 ein vorzeitiges Ende erreichte, da der be treffende Pächter von dem Vertrage zurücktrat, fo daß die ganze Last der Bewirtschaftung im Jahre 1913 auf der Schulter der Vorstands mitglieder resp. des aus ihrer Mitte gewählten Pflanzausschusses ruhte. Aber neben der Arbeit brachte uns das letzte Jahr auch die ersten Er folge der Arbeit. Eine reiche Erdbeerernte, die im Gegensatz zu anderen Landesteilen von den Spätfrösten fast gar nicht beeinträchtigt war, deckte einen großen Teil der Unkosten. Auch die Ernte des landwirtschaftlich bestellten Teiles (Kartoffeln und Hafer) trug, wenn auch in bescheidenem Maße, dazu bei. Als Gemüse waren aus tech nischen Gründen nur Buschbohnen angebaut worden. Sie unterstützten uns wesentlich im Kampfe gegen das Unkraut und erhöhten eben falls die Erträgnisse in zufriedenstellender Weise, wenn auch der Absatz manchmal Schwierigkeiten bereitete, da ein gewerbsmäßiger Verkauf mit Rücksicht auf die einheimischen Gewerbe vermieden werden mußte. Was die id e ellen Erfolge betrifft, so sehen wir diese darin, daß verschiedene Lehrer mit den Schülern der oberen Volks- und Fort bildungsschulklassen praktische Übungen und Demonstrationen abgehalten haben. Mehrfach erhielten wir den Besuch von Obstbauvereinen. Auch widmeten die Teilnehmer eines im Herbst 1912 in Dippoldiswalde abgehaltenen Jugend- spielkursus einen Nachmittag der Besichtigung des Musterlehrobstgartens. Ein Mitglied unseres Vorstandes hielt dabei einen erläuternden Vortrag über den Zusammenhang zwischen Jugendpflege und Obstbau. Ferner erbat sich eine süddeutsche Erziehungsanstalt Pläne und Beschreibung unseres Unternehmens. Den größten Erfolg sehen wir aber darin, daß durch die Anlage dieses Gartens ein festeres Band um die Mitglieder unseres Vereins geschlossen wird als bisher; betrachten doch alle den Garten gewissermaßen als ihren Garten und tragen somit direkt wie indirekt zur Hebung des Obstbaues bei. Eine große Freude würde es uns aber sein, wenn recht viele Freunde des Obstbaues sich von dem, was wir erstrebten und schon erreicht haben, durch den Besuch unseres Musterlehrobstgartens überzeugen wollten; hoffen