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67 dann erstrebenswert, wenn sie etwas ungewiß wäre. Bleiben bei Gärtnern und Landwirten nicht auch Nebeneinnahmen aus gewissen Ernten in manchen Jahren ganz aus? Die Schwierigkeiten, die dem Seidenbau ent gegenstehen, sind nach meiner Ansicht nicht un überwindlich. Wenn es erwiesen ist, daß in unserm Klima günstige Erfolge überhaupt möglich sind, so muß es die Aufgabe fortgesetzter praktischer Versuche und wissenschaft licher Forschung sein, alle Störungen auszuscheiden und den Zufall zur Regel zu machen. Störend ist zunächst das späte Erscheinen der Blätter des Maulbeerbaumes und deren Emp findlichkeit gegen Fröste, die auch im Mai bei uns auftreten können. Hat aber nicht die Gartenkunst in anderen Fällen von empfindlichen Pslanzen (Kartoffeln, Pfirsifche) härtere Nachkommen gezogen oder solche, die zeitiger mit dem Laub erscheinen, und hat man sich um die weiße Maulbeere schon in dieser Weise je bemüht durch eine verständige Zuchtwahl? Ferner ist schon wiederholt die Zucht mit den Blättern unserer bekannten Schwarzwurzel (Saorsonsrn) gelungen, vor längeren Jahren auch im Zoologischen Garten zu Dresden. Sollten sich nicht noch andere Futterpflanzen finden lassen? Ich selbst habe als Student indische Raupen, die an Walnußblätter gewöhnt waren, mit Weidenblättern groß gezogen. Die Verwandtschaft der Futterpflanzen scheint keine Rolle zu spielen. So srißt die Raupe des Totenkopfes, der alljährlich aus dem Süden zu uns kommt, Kartoffel, Jasmin, gelbe Rübe, Teufelszwirn und noch manches andere. Die Raupe selbst verlangt zu ihrer Entwick lung weniger Wärme, als man gewöhnlich glaubt, nur dauert die Entwicklung bei geringerer Wärme länger. Wahrscheinlich würde sich eine harte nordische Rasse beim Tiere noch leichter erzüchten lassen als bei der Pflanze. Gegen die vielen und verheerenden Krank heiten der Raupen freilich gibt es kein Heilmittel. Gewöhnlich stirbt eben die ganze Zucht, und die gesamte Jahresernte geht verloren. Deshalb ist aber der Seidenbau nicht ein gegangen, sondern deshalb, weil diese Seuchen viele Jahre hintereinander aufgetreten sind, so daß man selbst in Südeuropa an Stelle der Mai länder Rassen neue japanische Tiere einführte. — Aber gerade hier verhindert jetzt die genaue mikroskopische Untersuchung der Eier, die man nach Pasteur getrennt ablegen läßt und sofort untersucht, eine Übertragung der Krankheit auf die Nachkommenschaft des nächsten Jahres. Des infektion der Zimmer und Hürden kommen hinzu. Haben wir nicht mit Hilfe der Wissenschaft uns auch anderen Krankheiten jetzt gänzlich fern gehalten oder ihre Verbreitung eingeschränkt? Am schwierigsten dürfte ohne staatliche Unter stützung die Errichtung einer Haspelanstalt und einer Seidenfabrik sein, die inländische Seide abnimmt. Vielleicht werden die Bundesstaaten, deren Unterstützung man erhofft, doch zunächst selbst wissenschaftliche Versuchsstationen einrichten, um Erfahrungen zu sammeln und Wanderlehrer auszubilden. Sicher aber wird es unter den Lesern dieser Blätter manche geben, die Neigung und Gelegenheit haben, selbst Zuchtversuche in der von mir angedeuteten Richtung anzustellen, auch ohne Aussicht auf unmittelbaren Gewinn. Ich bin gern bereit, an dieser Stelle auf Wunsch eine kurze Anleitung zur Zucht zu geben, dagegen kann ich mich aus Akangel an Zeit auf Beant wortung brieflicher Anfragen nicht einlassen. Ein Stück Vereinsarbeit. Nachdem eine reichbeschickte Ausstellung des Bezirks-Obstbauvereins Colditz im geseg neten Obstjahre 1904 bewiesen hatte, daß in der Colbitzer Pflege zwar eine Menge herrliches Obst gebaut wurde, daß aber Sortenwahl und Sorten kenntnis noch viel zu wünschen übrig ließen, unternahm der Verein auf den Rat des Herrn Obstbauwanderlehrers Wolanke im Herbst 1906 eine Sortenschau für Äpfel und Birnen, die einen geordneten Überblick über die hier vorhandenen Sorten bieten und zugleich Unterlagen zur Auf stellung eines Bezirks-Obstsortiments liefern sollte. Gleichzeitig wurde ein Fragebogen ausgesandt, in welchem die Anzahl der vorhandenen Apfel- und Birnbäume anzugeben waren. Die Sortenschau wurde nach Äpfeln im Landessortiment (323 Teller) und außerhalb desselben (441 Teller), sowie Birnen im Landes sortiment (120 Teller) und außerhalb desselben (112 Teller) geordnet. Von den ausgestellten Sorten gehörten 38 Äpfel und 32 Birnen zum Landessortiment, 91 Äpfel und 30 Birnen aber nicht. Es war also auf den ersten Blick zu sehen, daß das Landessortiment noch nicht die über wiegende Stellung einnahm, die ihm gebührt. Dazu waren, namentlich bei den Äpfeln, die meisten Sorten außerhalb des Landessortiments geringwertig. Streiflinge, rötliche Renetten, Süß äpfel, Herrenäpfel waren zahlreich vertreten. Ein ähnliches Bild bot die Zusammenstellung der Fragebogen (ausgegeben 180, beantwortet 61 Stück). Es waren nachgewiesen: Apfelbäume Birnbäume überhaupt. . . . 3182 1125 im Landesfortiment 1874 (in 47 Sorten) 552 (in 40 Sorten) außer dem Landes ¬ fortiment . . . 1318 an 148 Sorten) 573 (in 4S Sorten)