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Weit mehr geschieht das durch die Lokalsorten und jene, von denen niemand weiß, „wes' Nam' und Art" mit 15—25"/<>. Ohne weiteres geht aus dieser Zusammen stellung hervor, daß die „neuerdings" ein geführten Sorten mit ausgesprochener Vorliebe angebaut werden, oder umgekehrt, daß diesen mehr Beachtung geschenkt wird, als den „best empfohlenen" Sorten. Unschwer ist denn auch sestzustellen, daß alle die mit Fleiß und Mühe aufgebauten sogenannten Normalsortimente wenig oder gar nicht berücksichtigt werden. Nur wenig Ausnahmen sind vorhanden, so z. B. mit dem Geflammten Kardinal, der saft auf allen Ausstellungen bemerkenswert hervortritt. Eine nähere Untersuchung an Ort und Stelle ergibt jedoch, daß trotz des guten Gedeihens der Bäume und trotz der meist ausgezeichneten Entwicklung der Früchte in der Regel nur „ein einziger" Baum davon im Garten, bezw. in der Obst anlage steht. Fragen wir nun, wer sind die Aussteller, die mehr auf das „Neue", weniger aber auf das, was als „besonders gut" empfohlen wird, Wert legen? Die Antwort fällt nicht schwer. Zum weitaus größeren Teile sind es Kleinobstzüchter, wenn nicht Obstliebhaber und da darf es nicht Wunder nehmen, wenn diese Art Sorten zusammenstellung aus unseren Ausstellungen vor herrscht. Ob nun die außerordentlich starke Verbreitung der obengenannten, meist frühreifenden Sorten mit Recht unterstützt wird, ist eine andere Frage. Zuzugeben ist, daß die Tragfähigkeit der Bäume die wichtigste Eigenschaft ist, die maßgebend für die Anpflanzung sein muß; eins ist aber gewiß, wenn Sorten wie Gestammter Kardinal, Gelber Edelapfel, Cox Orangen-Renette, Baumanns Renette, Boskoop, Landsberger Renette, Eiser apfel und ähnliche, selbst in den rauhen Lagen, wie sie das Erzgebirge besitzt, noch sehr gute Erträge und sehr gut entwickelte Früchte liefern, dann sollte den neueren Sorten wie Suffield, Gro-venor usw. doch weniger das Wort geredet werden. Auf die Dauer vermögen sie ihre Be sitzer keinesfalls zu befriedigen, selbst auch dann nicht, wenn es sich nur um den Verbrauch im eigenen Haushalt handelt. Noch weniger aber wird das der Fall sein, wenn diese Sorten zur Versorgung der Massen, also zum Erwerb dienen sollen. Daß das kaufende Publikum allmählich lernt, den Wert einer Sorte zu beurteilen, ist nicht zu verkennnen, wenn auch in dieser Beziehung noch manches zu wünschen übrig bleibt. Der Sep tembermarkt in Dresden hat aber bezüglich der „Sortenwahl" des Publikums manches gelehrt, was zu beherzigen ist und ähnliche Erfahrungen können auf jedem kleineren Obstmarkte gemacht werden. Hoffentlich dehnt sich das auch bald auf das in den Straßen feilgebotene Obst aus, das trotz der jämmerlichen Beschaffenheit flotten Absatz findet und zwar für Preise, für die mancher Obstzüchter seine gut sortierte Ware gern hin geben würde. Allen Obstzüchtern kann nicht dringend genug der Besuch von Obstmärkten empfohlen werden; hier wird ihnen die Antwort auf die Frage, welche Sorten anzubauen sind, in einer so unzweideutigen Art und Weise gegeben, wie es einer Ausstellung nicht vermag, es sei denn, daß dieselbe als Vorläuferin des Obst handels betrachtet und demnach aufgebaut wird, der Kleinobstbau vom Erwerbsobstbau streng ge schieden ist. Das Bild des Obstbaues und der Überblick über die in einem Bezirk angebauten Sorten, was wir auf Obstausstellungen suchen und auch finden, darf schließlich nicht die Veranlassung derartiger Veranstaltungen sein; die Erfahrung lehrt, daß sich das Bild gar zu schnell ändert, ohne die Gewähr zu haben, damit einen Fort schritt erreicht zu haben. Wenn die minder- wertigen, namenlosen Sorten verdrängt werden sollen, was ja erfreulicherweise geschieht, dann dürfen aber nur zwei Wege eingeschlagen werden: Entweder begnügen wir uns mit den bekannten, von alters her erprobten und als gut anerkannten Sorten, oder wir führen Sorten als Ersatz für die abgehenden ein, die diese nicht nur durch einen „scheinbaren", sondern „wirklichen" Wert übertreffen. Anderenfalls sind sie kein Ersatz oder doch nur ein solcher, der eine dauernde Befriedigung nicht nach sich ziehen kann und dann kann von einer Förderung des Obstbaues nicht mehr die Rede sein. Wenn ferner noch die mehr oder minder unlieb samen Begleiterscheinungen der Obstansstellungen, wie z. B. die damit verbundene Verleihung von verdienten oder unverdienten Preisen, die hohen Opfer an Zeit und Geld und andere Dinge in Betracht gezogen werden, dann dürfte es wohl angebracht sein, an Stelle der Ausstellungen größeren Umfanges Obstmärkte an geeigneten Orten des betreffenden Bezirks zu veranstalten, während Obstschauen innerhalb eines Vereins ohne besondere Aufwände beizubehalten sind. Die Obstmärkte sind ja an und für sich auch Ausstellungen, nur mit dem Unterschiede, daß die hier tätigen Preisrichter, nämlich die Käufer, rücksichtsloser verfahren, und die Preise, die die Obstzüchter für ihre Produkte, für ihre Arbeit hier erhalten, werden mehr ansprechen und nachhaltiger wirken als alle Ehrenpreise.