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Zum Schnitte Das Wohl und Wehe des Obstbaues ist vorherrschend von der mehr oder weniger ge schickten Lösung der Sortensrage abhängig. Man darf keine Äpfel bauen wollen, wenn Lage und Boden für Birnenkultur sprechen, und weiße Winter-Kalville sind nur dort mit Vorteil zu ziehen, wo sie Aroma und Geschmack der fran zösischen erreichen. Was mancherorts als Winter- Kalvill ausgegeben wird, trägt eben nur den Namen dieser Sorte. Es gibt aber auch eine Anzahl Obstsorten, die fast überall gedeihen. Man kann diese als Universalsorten bezeichnen, und schließlich ist selbst in wenig günstigen Lagen noch Obstbau möglich, wenn man sich auf den Anbau der anspruchslosesten Sorten beschränkt, der Sorten, die in der betreffenden Gegend ent standen und deshalb dort zu Hause sind Also richtige Auswahl der Sorten! Äber Sorte bleibt nicht immer Sorte. Un günstige Einflüsse von Lage, Boden, Ernährung, Pflege bringen in die Eigentümlichkeiten der Sorten Änderungen hinein. Eine Sorte, die unter ihr nicht zusagenden Verhältnissen angebaut wird, neigt leicht zu Erkrankungen. Hat sich dann erst einmal eine Krankheit, etwa der Schorf, eingenistet, so ist es mit dieser Sorte unter den betreffenden Verhältnissen vorbei. Sie krankt, „degeneriert". Edelreiser von ihr, selbst auf gesunde, wüchsige Bäume gepfropft, übertragen die Krankheit von neuem. So kann auch eine Sorte durch ungünstige, jahrzehntelang auf sie einwirkende Einflüsse unfruchtbar oder doch zu einem faulen Träger werden. Die Sorte liebt vielleicht ihrer Natur nach leichteren oder kalk haltigen Boden, wird aber vom Nichtkenner in einen feuchtschweren, kalkarmen Boden gepflanzt. Auch durch überreiche, mehr einseitige Stickstoff düngung kann die Fruchtbarkeit einer Sorte verzögert und auch ganz unterdrückt werden. Schneidet man von solchen überdüngten Bäumen, die noch nie getragen haben, Edelreiser, so über trägt sich die Unfruchtbarkeit auf andere Bäume. Wir veredeln unsere Obstsorten. Ohne Zweifel der Edelreiser. begünstigt auch die eine Unterlage die Fruchtbar keit, eine andere kann sie verzögern. Kurz, es können sich manche Gründe dafür finden, daß gewisse Bäume einer Sorte tragbar, andere der gleichen Sorte sich fortgesetzt als faule Träger zeigen. Ich bin ein Freund der „Gute Luise von Avranches". Zwei Spindeln von ihr stehen in meinem Garten. Der eine Baum wurde seiner zeit aus einer bekannten französischen Baumschule bezogen, der andere aus einer ebensolchen Nord deutschlands. Beide Bäume sind unter sich grund verschieden. Ersterer wächst üppig und trägt nie reich, eine große, wenig gefärbte Frucht, der andere Baum könnte mehr Trieb zeigen, er ist aber alljährlich reich mit prächtig rotbäckigen Birnen behangen. Und doch sind beide Bäume ausgesprochene „Gute Luise von Avranches". Wenn ich diese Sorte weiter vermehren will, bin ich nicht im Zweifel, von welchem Baum ich die Edelreiser schneiden soll, nehmen muß. Hier liegt der Angelpunkt der ganzen Sortenfrage. Es gibt Obstbauer, die heute aus der Baumschule überhaupt keine Sorten beziehen wollen, sondern nur gesunde, wüchsige Bäume, deren Name ihnen gleichgültig ist. Diese Züchter pfropfen nach einigen Jahren den Baum um und setzen nun eine Sorte auf, von der sie wissen, daß sie ihnen Geld bringt; sie nehmen die Reiser aber nur von ganz bestimmten Sortenindividuen, deren Tragbarkeit und Schönheit der Frucht ihnen durch jahrelange Beobachtung bekannt ist. In Nr. 12/1910 ist im Artikel „Die Gewin nung von Edelreisern" so viel Treffendes ge schrieben, daß ich keine Wiederholung bringen darf. Nun möchte ich noch darauf Hinweisen, daß mir ein frisch geschnittenes Edelreis das liebste ist. Es setzt freilich voraus, daß dann die Veredelungsarbeit bis Anfang April aus geführt ist. Wer spät umveredeln will oder muß, sollte schon Reiser verwenden, die zur Zeit der vollstäudigen Baumruhe von Dezember bis etwa Mitte Februar geschnitten und sachgemäß auf bewahrt wurden. M. Löbner. Praktische Vereinsarbeit. Seit Jahren habe ich für meinen Bezirk Ver kaufsvermittelung übernommen und das konnte zum Teil schon waggonweise geschehen, z. B. mitPeters- birnen, da dieselben am meisten verbreitet sind. Aber im allgemeinen muß man doch klagen, daß wenig marktfähige Ware unserer beliebten Sorten zum Verkaufe angeboten werden. Die Ursache, daß der Landwirt noch nichts Besseres zu Markte bringt, findet seine Erklärung darin, daß die in den zwei letzten Jahrzehnten angepflanzten Bäume keine nennenswerten Er träge liefern und daher die Zahl der Lokalsorten noch vorherrschen. Um in dieser Frage ganz klar zu werden, um andererseits nun mit allen Mitteln kräftig eingreifen zu können, um eine Änderung herbei zuführen, ließ ich an eine Anzahl ländlicher Mitglieder eine Umfrage ergehen, dahingehend, wieviel Bäume über 20 Jahre alt seien, welche Sorten, bez. dieselben mit den ortsüblichen Sorten namen bezeichnen. Das Ergebnis von 20 größeren und kleineren Besitzungen war nun folgende?.