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167 fahrung. Erst in neuerer Zeit wendet man der Düngung der Obstbäume seine ganze Aufmerksam keit zu. Und das ist notwendig, denn der Spruch „Aus nichts wird nichts" hat auch im Obstgarten seine Gültigkeit. Wie aber muß gedüngt werden, damit der Dungstoff dem Obstbaume allein zu kommt? Der Obstbaum hat ja viele Mitzehrer, die eher an der vollbesetzten Tafel schmausen können als er, da sie ihr näher sitzen: es sind die Gräser und Kräuter, die die Baumscheibe beschatten. Das Einfachste wäre, um diesen un gebetenen Gästen das Mahl zu entziehen, sie von dem Tische des Obstbaumes fernzuhalten. Und wahrlich, es muß als der rationellste Weg angesehen werden, dem Baum eine seiner Größe entsprechende ausreichende Nahrungszufuhr zu verschaffen dadurch, daß man ihm den Tisch allein deckt und von der genügend großen Baum scheibe alles Gras, Unkraut und andere un willkommenen Gäste fernhält. Wir haben schon eine ganze Menge Obstfarmen, die auf die Grasnutzung verzichten und die ganze Fläche einige Male im Jahre umarbeiten lassen. Offenes Land liebt vor allem der Obstbaum! Nirgends wächst der Stamm so rasch in die Breite als in aufgeschlossenem Erdreich. Wird außerdem noch einige Male im Jahre fleißig gedüngt, so kann der Obstbaum zur „milchenden Kuh" werden. Kann man nicht das ganze Land, auf dem die Bäume stehen, offen halten, so gebe man den Obstbäumen wenigstens eine genügend große Baumscheibe. Die offene Baumscheibe regt nämlich die Tätigkeit der Bodenbakterien an und sorgt auch dafür, daß der rübenartige Wurzel hals, das wichtigste Stück am Baum, sich nach allen Seiten frei entwickeln und ausbreiten kann. Besonders aber bei der Düngung leuchten die Vorteile des offenen Bodens ein. Es läßt sich die Baumscheibe leicht bearbeiten; ohne Mühe kann Mist oder Humus untergehackt werden; die künstlichen Düngemittel lassen sich leicht ein bringen; die Siebfähigkeit des Bodens (Kapil larität) läßt sich erhöhen: lauter Vorteile, die für das Wachstum des Baumes von großer Bedeutung sind. Namentlich die Erkenntnis, daß der Baum als Flachwurzler mit Vorliebe die Ergänzung der verloren gegangenen Säfte aus den obersten Erdschichten ergänzt, hat dazu geführt, auf Unterkulturen und Gras im Obst garten zu verzichten. Und daß dem Baum fort während wichtige Dungstoffe erneuert werden müfsen, ist ja eine Binsenwahrheit. Die Stoffe, die der Baum verbraucht, sind nicht gering. Um einen Baum ausreichend zu düngen, sind not wendig: 6 Zentner Stallmist, 4 Pfund Kali düngesalz oder 12 Pfund Kainit, 12 Pfund Thomasmehl oder 4 Pfund Superphosphat und 24 Pfund Kalk. 30jährigen Bäumen gibt man etwa ^4, 20jährigen dieser Dungmengen. Da diese Dungmengen gemischt und auf der ganzen Baumscheibe ausgebreitet undsuntergehackt werden müssen, ist der Vorteil des offenen Bodens in die Augen springend. In den meisten Fällen ist aber die Herrichtung einer Baumscheibe nicht möglich, da ja der Obst bau in Verbindung mit der Feldwirtschaft ge trieben wird. Der Landmann mag auf den Grasertrag nicht verzichten, zumal der Obstbaum nicht immer mit gleichguten Ernten seinen Kapital wert verzinst. Will sich der Obstliebhaber trotzdem die Annehmlichkeiten der Baumscheibe sichern, dann wende er den sogenannten „Pomologischen Zauberring" an: er entblöße in der Nähe der Kronentraufe einen Ring von der Grasnarbe und vertiefe diesen Ring etwas zur Aufnahme der Dungflüssigkeit. Noch besfer aber ist es, wenn die oben angeführten Düngemittel unter gehackt werden. Damit der Wurzelhals sich aber dem Wachstum des Baumes entsprechend ent wickeln kann, muß auch um den Stamm herum die Erde gelockert werden. Eine solche Ein richtung kann als Ersatz für Baumscheiben an gesehen werden. In vielen Fällen aber ist es nicht einmal möglich, diesen Ring anzubringen, da es an Zeit, Arbeitskräften usw. fehlt. Hungrig mag man den Baum auch nicht in der Grube stehen lassen, und so greift man zu Ersatzmitteln. Je schneller man mit diesen seinen Zweck erreicht, um so willkommener ist es. Es gibt nun viele Ver fahren, die diese Arbeit erleichtern helfen. Da es darauf ankommt, die Dungflüssigkeit möglichst unmittelbar den Wurzeln zuzuführen, um eine rasche Wirkung zu erzielen, stellt man senkrechte Dunglöcher in der Kronentraufe her. Als Gerät wird der Erdbohrer empfohlen, mit dem man runde Löcher Herstellen kann. Beim Bohren sammelt sich die Erde über einem kreis förmigen Blech, so daß der Aushub während der Herstellung des Bohrloches sich leicht bewerk stelligen läßt. Jedoch erfordert die Arbeit mit dem Erdbohrer viel Zeit und Kraft, so daß sich dieses Instrument wohl nie in allen Obstgärten einbürgern wird. In vielen Zeitschriften wird neuerdings empfohlen, die Dunglöcher mit der Hacke ein zustoßen bezw. auszuheben. Mit diesem Verfahren kann ich mich aber ebenfalls nicht befreunden, denn tiefe Löcher erfordern ebenfalls viel Zeit, und seichte Löcher sind wirkungslos. Da sowohl Bohr- als Hacklöcher einen großen Umfang haben, sind ferner Wurzelverletzungen unvermeidlich. Als bestes Mittel zur Düngung im Obst garten mit Grasnarbe muß das Locheisen, ein zugespitzter, quadratischer Stahlstab angesehen werden, denn seine Anwendung ist leicht und mühelos. Da man in einigen Minuten eine große Anzahl Löcher einzustoßen vermag, muß