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Atts den Vereinen. Vezirks-Obstbauverein Großenhain. Die Hauptversammlung des Bezirks-Obstbauvereins Großenhain, die am Mittwoch, dem 7. Juni, nachmittags im Saale des Hotels de Saxe abgehalten wurde, war gut besucht. Der Vorsitzende, Herr Geh, Negierungsrat 0r. Uhlemann, eröffnete die Versammlung unter Be grüßung der Erschienenen und gab, in die Tagesordnung eiutretend, einen kurzen überblick über das verflossene Vereinsjahr, aus dem zu entnehmen war, daß der Verein rege gearbeitet und erfreulicherweise wiederum an Mit gliedern zugenommen hat, Er bat im Anschluß hieran darum, die Baumwärter, deren 16 in den verschiedenen Teilen des Bezirks zur Versügung stehen, noch mehr zur Baumpflege heranzuziehen, die Verkaufs- und Vermittlungs stelle des Landes-Obstbauvereins in Dresden, Grunaer Straße 18, rege zu benutzen und auf die jedem Mitglieds zugehende Zeitschrift in Bekanntenkreisen hinzuweisen, auch Mitteilungen und Aussätze für die Zeitschrift einzusenden. Weiter regte er die Veranstaltung einer Obstausstellung im laufenden Jahre an. Nachdem Herr Kantor Kirsten- Strießen die Anregung unterstützt halte, ermächtigte die Versammlung den Vorstand, eventuell die weiteren Schritte einzuleiten. In der sich anschließenden Aussprache regte Herr Kammerherr von Palm an, daß regierungsseitig die Vertilgung der Maikäfer angeordnet werden 'möchte. Herr Pfarrer Tammenhain-Zabeititz wünschte die Ver anstaltung eines Obstverpackungskursus und Herr Baumeister Bahrmann-Seußlitz die Abhaltung eines Frühobst verwertungskursus in Seußlitz. Alsdann trug Herr Pfarrer Weißenborn-Lampertswalde die Jahresrechnung 1910 vor und beantragte, zugleich im Namen des zweiten Rechnungssührers — HerrnPrivatus Uschner-Lamperts- walde —, die Entlastung des Kassierers, was einstimmig geschah. Der Herr Vorsitzende dankte den Herren Rechnungs prüfern und'dem Herrn Kassierer, Stadlrat Arnold, für ihre Mühewaltung und schlug, zum nächsten Punkte der Tagesordnung übergehend, vor, die Herren Rechnungs prüfer durch Zuruf wiederzuwählen. Dem wurde ein stimmig entsprochen und es nahmen beide Herren die Wahl an. Der nächste Punkt der Tagesordnung, Ergänzungs wahl des Vorstandes, fand dadurch Erledigung, daß die Versammlung die ausscheidcndcn Herren Geh. Regierungs rat Or. Uhlemann, Kammerherr Freiherr von Palm- Lauterbach, Bürgermeister Richter-Radeburg, Gemeinde- vorstaud Schreiber-Fraueuhain auf Vorschlag des Herrn Amtsrats Oelschlägel-Skassa durch Zuruf einstimmig wiederwählte. Die Herren erklärten sich, soweit sie anwesend waren, zur Übernahme der Wahl bereit. Hiernach hielt der Geschäftsführer des Landes-Obstbauvereins, Herr Lindner-Dresden, einen Vortrag über: „Zeitgemäße Fragen im Obstbau". Davon ausgehend, daß eine gute Obsternte wesentlich von der Pflege der Bäume mit abhängt und namentlich auch von der Bekämpfung der Schädlinge und Krankheiten, schilderte er die besonders in diesem Jahre stark auftretenden Schädlinge (Maikäfer, Apfelgeipinstmotte, Ringel- und Schwammspinner, Gold after), sowie Krankheiten (Fusicladium, Meltau usw) und gab die Bekämpfungsweise und Mittel an. Zum Schluß streifte er noch die Verwertung des Obstes und ersuchte uin rege Benutzung der Vermittlungsstelle des Landes- Obstbauvereins, bei der stets große Nachfrage vorhanden sei. Der Vortrag wurde beifällig aufgenommen und zeitigte eine sehr lebhafte Aussprache, in deren Verlaufe die von den Einzelnen gemachten Erfahrungen in der Bekämpfung der Schädlinge und Krankheiten' ausgetauscht wurden. Es beteiligten sich zum Teil wiederholt hieran die Herren Kantor Kirsten-Strießen, Pfarrer Tammenhain- Zabeltitz, Kammerherr Freiherr von Palm-Lauterbach, Reißig-Glaubitz, Amtsrat Oelschlägel-Skassa, Bahr mann-Seußlitz, Kirchschullehrer Klitzsch-Peritz, der Herr Vorsitzende und der Herr Vortragende. Gegen s/i7 Uhr schloß der Herr Vorsitzende die Versammlung mit dem Wunsche, daß auch diese Tagung dazu beitragen möge, den heimischen Obstbau zu fördern. Vezirks-Obstbauverein Leipzig. In der am 26. April d. I im Hotel Sachsenhof unter Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Pflanz- Böhlen abgehaltenen Mon.ttsversammlung hielt Herr Or. Volhard von der König!. Versuchsstation in Leipzig- Möckern einen Bortrag über das Thema: „Wie läßt sich das Dungerbedürfnis des Bodens feststellen, unter besonderer Berücksichtigun > des Obstbaues?" Ju geschichtlicher Entwickelung gab der Vortragende eine Übersicht über die Bemühungen, die Wissenschaft und Praxis darauf verwandt haben, um das Düngerbedürfnis des Bodens festzustellen. Dabei ging Redner vom Jahre 1840 aus, in welchem Professor von Liebigs Buch „über die Anwendung der Chemie auf Agrikultur und Thysiologie" erstmalig erschien. In dieser Schrift wurde zum ersten Male klar und deutlich die Ansicht aus gesprochen, daß die Fruchtbarkeit des Bodens abhängig ist von einem Gehalt des Bodens an Aschenbestandteilen der Pflanze (Kali, Phosphorsäure, Kalk, Magnesia! und daß der Boden jährlich einen Ersatz brauche an diesen Nähr stoffen in dem Maße, als er dnrch die Ernten entnommen würde. Der ursprünglich von Liebig selbst angegebene „Pateutdünger" leistete diesen Ersatz nicht. Er enthielt die wichtigsten Pflanzennährsalze in schwer löslicher Form, so daß er von den Pflanz-n nicht ausgenommen werden konnte. Liebig hielt diese schwer lösliche Form für notwendig, um ein Auswaschen der Pflanzennährstoffe des Bodens an der Ackerkrume zu verhindern. Diese Anschauung stellte sich als großer Irrtum heraus, da der Boden durch Ab sorption auch leichtlösliche Pflanzeunährstoffe festhält; somit ist es überflüssig, Düngesalze erst aus künstlichem Wege schwer löslich zu machen. Liebig hat diesen Irrtum freiwillig ein gestanden; es dauerte aberlange, biS sein stark erschüttertes Ansehen in dieser Frage wieder hergestellt wurde. In der Ausklärung der Landwirte über die zweckmäßige Ernährung der Pflanzen fand Liebig namentlich in Sachsen durch die Bemühungen von vr. Nenning, Generalsekretär im Landwirtschaftlichen Kreisverein Dresden, wirksame Unter stützung. Zur wissenschaftlichen Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen wurden die landwirtschaftlichen Versuchs stationen gegründet; die erste 1852 in Möckern. Die Frag " nach der Düngerbedürftigkeit des Bodens läßt sich chemisch, allein durch die Analyse, nicht entscheiden. Es spielen dabei zu viel andere Faktoren physikalischer und geologischer Art mit. Die wichtigste Grundlage für solche Feststellung ist der korrekt angestellte Vegetationsversuch, bei welchem man die Pflanze dadurch, daß man sie unter gewissen Bedingungen wachsen läßt (ungedüngt, Voll düngung, ohne Kali bez. Phosphorsäure, bez. Kalk usw.), selbst veranlaßt, eine Antwort auf die gestellte Frage zu geben. Die von verschiedenen Syndikaten angestellten Vegetationsversuche über die Wirkung von Thomasmehl, Kali, Chilisalpeter usw. sind nicht immer einwandfrei. Für den Obstzüchter scheint es am zweckmäßigsten, bei Verwendung von Düngersalzen irgend welcher Art selbst Beobachtungen anzustellen dadurch , daß er ebenfalls die Gabe der Salze variiert; dabei sind genaue Notizen über Entwickelung, Blütenansatz, Erniegewicht usw. unerläßlich. Nur so kann er im Lauf einiger Jahre ein Urteil über die Düngerbedürstigkeit seines Bodens gewinnen. HerrOr. Volh ard erntete für seinen interessanten Bor trag, an den sich eine lebhafte Debatte anschloß, reichen Beifall. Hieran schloß sich weiter eine Aussprache über die beiden Apfel sorten Gelber Richard und Sächsische gelbe Renette; weiter wurde beschlossen, einer Einladung des Herrn vr. Volhard folgend, am 18. Juni eine Besichtigung der König!. Landwirt schaft!. Versuchsstation Leipzig-Möckern vorzunchmen. L.