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Nr. 145. Vulsnitzer Wochenblatt — Sonnabend, den 2. Dezember 1916. Seite 6H * (10 1 Jahr alt, und nochketneEtsen- bahn gesehen.) Die Nurträgerin Anna Söldner in Schmiedreut im Bayerischen Wald wird dieser Tage 101 Jahre alt. Sie wünscht — so schreibt die „Südd. Zig." — nur noch dak Ende dieses Krieges zu erleben und — eine Eisenbahn zu sehen und da rauf zu fahren, denn so wett hat es das steinalte Mürterlein tief drinmn im Byrrischen Wald bet ih- ?en mehr al» hundert Jahren noch nicht gebracht. * (Riesenbrände in London.) Die briti sche Hauptstadttst von zwei verheerenden Schadenfeuern heimgesucht worden. Am Sonnabend brannte ein großes Lagerhaus von Luxuswaren in der Nähe der St.-Paulus-Kathedrale und am Dienstag ein Lager- Haus am Themsehafen, hauptsächlich mit Reis und anderen Lebensmitteln. Der Schaden wird aus je 200 000 Mark geschätzt. Zn /raben beim ÄäeUrse/ren 500 * (446 Zentner Getreide heimlich bei seite geschafft.) Vom Landgericht Leipzig find der Mühlrnpächter Paul Karl Dräger und seine Ehe frau in Plöfitz bet Taucha wegen gemeinschaftlicher Zuwiderhandlung (.egen die Bundesratsoerordnung über den Vsrfthr mit Brotgetreide verurteilt worden, und zwar Dräger zu 850 M Geldstrafe oder 85 Tag« Gefängnis und seine Frau zu 450 M Geldstrafe oder 45 Tage Gefängnis. Die Verurteilten haben von dem für den Bezirktverband Leipzig beschlagnahmten Getreide 183 Zentner Weizen, 263 Zentner Roggen und 115 Pfund Weizenmehl beiseite geschafft und eine falsche BestandSanzeiye erstattet. Er besteht die Vermutung, daß Dräger da» beiseite geschaffte Ge- treibe zu seinem Nutzen vermahlen und das Mehl wohl gar als „Nutlandsmehl- ,ü hohe» Preisen heimlich verkauft hat. * (Das Holzscheit der Pariser Schul- kinder.) Die Kohlennot, unter der dt< französische Hauptstadt schwer zu leiden hat, hat in verschiedenen Vororten von Paris eine sonderbare Erscheinung g«. zeitigt; die Schulen mußten geschloffen werden, wril die Kinder da» Sitzen in den ungeheizten Klassenzim mern nicht authalten konnten. Wenn auch die Schü ler darüber nicht allzu unglücklich waren, so sannen doch Behörden und Lehrer auf «inen Ausweg, den sie jetzt gefunden haben. Man suchte, wie schon oft, Denkt an urrslSMäet GaLemÄLeEum Aigaretten. ^Vüücommeosts - Liebesgabe! ^ÜÄück.felcipostmäflig verpackt portofrei? verpackt 10 k>l. Porto! z» 4 5 6 s IO -4 L 6 S !0 12 Psci.5tü6< eiNLckIieübcb KirieqsaulscbleiQ Hilfe bei der »guten, alten Zeit' und nahm seine Zuflucht zu einer bewährten Einrichtung, die noch heute auf dem Lande gebräuchlich ist. Die Echulmei- ster der Provinzstädte sagten zu jedem ihrer Schul- linder: »Von morgen ab mußt du ein Holzscheit mitbringen, um die Klaffe zu Heizen", und flehe da — es geschieht. Nun zeigen die Ortschaften allmor- gendlich das Bild, daß Schulkinder mit dem Ranzen auf dem Rücken und einem Scheit Holz unterm Arm den Bildungsstätten zupilgern. Kirchen-Aachrichten. Pulsnitz. Dienstag, den 5. Dezember, 8 Uhr Bwelstunde in Oler- stnna. Donnerstag, den 7. Dezember, 8 Uhr Bibelstunde in Ohorn. („Was wollen die Adventisten?") Lichtenberg. Sonntag, 4. Dezember, 1. Advent. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt. 3 , Beichte und Abendmahlsseier. (Herr Pfarrrr Schlei- nitz-Großröhrsdorf.) Freitag, den 8. Dezember, abends 8 Uhr Sitzung des Aus schusses für Kriegshilfe. Grostnanndsrf. Sonntag, 3. Dezember, 1. Advent. 9 Uhr Predigtgottesdienst, Math. 21, 1-9. 2 „ Communion für die weibliche Jugend. Dtenstag, 5. Dezember, na m. 5 Uhr, Beginn der Fort bildungsschule. 8 Uhr Bibelbesprechstunde über Offenbarung Johannes Z, 1—13. Freitag, 8. Dezember, oorm. 10 Uhr Wochenkommunion, abds. '/, S Uhr Missionsstunde im Pfarchause. Gberlichtenau. Sonntag, den 3. Dezember, 1. Advent. 9 Uhr Predigtgottesdienst (Herr Pfarrer Dätzler-Reichenbach) darnach Beichte und heil. Abendmahl (derselbe). 8 „ Hausväterverein. Beerdigt: Richard Paul Gäbler, Schlosser von hier, ge storben zu Dresden, 24 2., 11 Mon, 18 T. alt. Reichenbach. Sonntag, den 3. Dezember, 1. Advent. 9 Uhr Lesegotterdienst. 2 , Taufen. Gbergersdorf. Sonntag, den 3. Dezember, 1. Advent. >/,9 , Beichte und heil. Abendmahl. 9 „ Predigtgottesdienst. '^2 „ Katechismusunterredung. U ri e g s b e t ft « n d e n. Pulsnitz. Mittwoch, den 6. Dezember, abends 8 Uhr Kriegs- betstunde. (Gedächtnisfeier) Pastor I-ic. Stange. Grostnaundorf. Donnerstag, d. 7. Dezember, abends 8 Uhr AM M'Kciegsbetstunde. Gbergersdorf. Mittwoch, den 6. Dezember, 7 Uhr Krrgs- bestunde. Reichenbach. Donnerstag, 7. Dezember, abds. 8 Uhr Kriegs- betstunde in Reichenau, L-LML.? - MNLLkS - KGWkEkSSvN HMLOLEMMSZ. L-SMSN- U. ttSffCnwsLckS US« wur ssnr SGliLis, Waren. Prsgsr5trsk«12 33 „Aber, Gott sei Dank, haben wir sie in den Fingern," fuhr Nadeschda fort. „Jecker, der Esel, hat sie mir ins Hans gebracht." „Jerker ist nicht mehr aus dem Hohenseeberg." „Ist er fort?" „Nein, er ist mit seiner Herzensallerliebsten durchgebrannt. Habt Ihr ihn hier volbeireiten sehen? Ob er je wiederkom- rnen wird, ist unsicher, denn die Liebe ist ein eigen Ding, mein guter Varon!" „Scherzt nicht, Nadeschda. Fürwahr, eS ist jetzt nicht die Zeit zn Scherz und Spiel. Ich habe mein ganzes Hab und Gut in den Händen der Bauern lassen müssen." „Ja, ja, ich iveiß es. Jetzt liegen schmutzige Weiber und ungewaschene Kinder in Euren Ciderdaunen, lieber Baron." „Schweigt mir davon!" „Nur nicht böse werden! Was bedeutet diese Bagatelle gegen die hohe Mission, die Euch das russische Reich aufge tragen hat, und gegen den Glanz und die Ehren, die Euch einst bestrahlen werden. Laßt nur Kosatkowsky erst da sein." „Wenn er mir erst das wäre! Lange genug läßt er unS warten." Jie Spione. Kriegkroman von Johannes Funck. „Ohne Frage ist er unterwegs aufgehalten worden. Er hätte schon längst hier sein können." „Vielleicht ist er auf fiuuländische Truppen gestoßen?" „Dies bezweifle ich. Denn der feige finnländische Feld« marschall zieht sich ja immer mehr zurück. Fürwahr, er macht uns die Arbeit leicht," sagte sie mit übermütigem Lachen. Auch der Baron lächelte. „Und Wibelius?" fragte der Baron schnell. „Er lebt noch," antwortete Nadeschda. „Solange er noch am Leben ist —" „Seid ruhig, die Kugel, die ihn niederstrecken wird ist lcreits gegossen. Doch jetzt zn meiner Aufgabe! Es wird i-icht lange dauern, und Ihr werdet oak Schienen uns dem Hohenseeberg hören." „Hoffentlich!" sagt der Baron. »Habt Ihr Eure Leute beisammen?' „Ja!" »Und Munition?" ..Ja!" „Gut I Dann rückt von dieser Seite vor, während Kosat kowsky von der andern angreift. Kein Finnländer darf ent kommen: und ist alles besorgt, dann trinken Kosatkowsky und ich im Rittersaal auf Euer Wohl, Herr Baron. Hoffentlich haben die Bauern inzwischen nicht Euren Keller ganz ge leert. Doch, lebt wohl! Auf Wiedersehen!" „Wohin wollt Ihr?" „Nach dem Hohenseeberg! -Ihr?" „Ja, in meiner Verkleidung und in meiner Eigenschaft al» JerkerS Vetter oder Neffe. Bei den Bauern bin ich gut angeschrieben, und st« warten ja auf Nachricht von Jerker." »Bon Jerker!" »Nun ja! Er ist ja mit PekkaS Braut, der hübschen Aina durchgegangen, in die er sich sterblich verliebt hat. Er bat mich um meinen Rat, und da ich mich gern in den Dienst der Lieb« stelle, habe ich mich seiner Sache angenommen. Aus dem Wald« zurückkehrend, meldet« ich ihm und den andern Finnländern, daß ich PekkaS Spur gefunden habe, und bat Jerker, mich zur weiteren Verfolgung derselben zu begleiten. Jerker ging mit Freuden darauf ein, Aina schloß sich ihm an und so ließen un» di« nichts ahnenden Parteigänger ru hig ziehen. — Vorher hatte ich der Sicherheit wegen «in Pferd au» Eurem Stalle genommen." »Verflucht I" »Es gesattelt und es in den Wald aeführt. Dort fanden wir eS zufällig, und ich bat Jerker und Aina, eS zu bestei gen, um sich zu retten, falls der Russe plötzlich auftauchen sollte. Kaum saßen st« im Sattel, als ich ihnen zurief, daß ich auf den Feind gestoßen sei, Jerker gab dem Pferd die Spo ren und ist mit seiner Beute auf und davon gegangen. Jetzt muß ich den Bauern Aufklärung schaffen und sie über Jerkers Verschwinden beruhigen." »Wie wollt Ihr das aber machen?" „Nun, das wird sich schon unterwegs finden. Inzwischen ist Kosatkowsky auch wohl schon angelangt. Doch, ruft jetzt einig« Eures Leut« und laßt mich sortsührrn." »Weshalb diese Umstände? Geht dcyh allein!" „Nein! Die Gefangenen müssen glauben, daß ich ein ech ter finnländischer Junge bin. Ruft laut, daß man mich absiiy- ren und sofort hängen soll." „Wozu diese Komödie. Von den Gefangenen haben wir nichts mehr zu befürchten." „Man kann nicht vorsichtig genug sein," meinte Nadeschda. „Na, wie Ihr wollt." Der Baron rief einige seiner Leute herbei. Sie wurden ins Vertrauen eingeweiyt und die widerstrebende Nadeschda mit aller Gewalt hinauSgeführt. „Sucht den höchsten Baum aus und hängt ihn, so hoch Ihr könnt," rief der Baron mit lauter Stimme. „Wehe, wehe," klagte Nadeschda, „ist niemand da, der mir helfen, mich befreien kann? Weshalb soll ich sterben ? Ich bin noch so jung und habe doch nichts getan! Gnade! Gnade!" „Fort mit ihm! Hängt ihn!" rief der Baron wieder. Die vier gebundenen Gefangenen machen krampfhafte Ver suche, sich loSzureißen und dem Knaben zu Hilfe zu kommen. Nadeschda wurde aber abgeführt. „Selbst die Kinder werden nicht geschont!" rief Pekka in höchster Wut. „Verflucht sei dieser Schurke, dieser Verräter," fiel einer der Soldaten ein. Nadeschda hatte ihre Rolle gut gespielt. Als sie aus der GesichtSweite der Gefangenen war, ging sie munter plau dernd neben ihren Begleitern her und verabschiedete sich von ihnen mit einem kräftigen Händedruck. Sie ahnte aber nicht, daß Olla dem ganzen Auftritt beigewohnt hatte und sich darüber klar geworden war, daß hier ein neuer Verrat vor sich ging. — ES war Abend und Nacht geworden und auch diese war vergangen. Schon neigte es sich wieder gegen Mittag und Kosatkowsky war noch immer nicht da. Er war bereits am dem Marsch gewesen, als er den Befehl erhalten hatte, zu erst in St. Michel einzubrechen, um einen dort ausgebro chenen Aufstand zu unterdrücken. Kaum hatte er dort einiger maßen Ruhe geschaffen, als er im Eilmarsch auf den Hohen seeberg vorrückt«. 230,20