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Nr. 33. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 8. August 1918. Seite 6. Selbstversorger. (Mahl- und Verbrauchsbiicher.) Aussonderung und Vermahlung des Getreides. 8 i. Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe, die fristgemäss erklärt haben, daß sie in dem am 16. August 1916 beginnenden Erntejahre von dem Rechte der Selbstversorgung Gebrauch machen wollen und im Besitze der zu dieser Versorgung bis zum Ende des Lrntejahres ausreichenden Vorräte an Brotgetreide (Roggen und Weiien) sind, dürfen diesen Vorräten für die Zeit vom 16. August 1916 bis 15. August 1917 zur Beköstigung der Angehörigen ihrer Wirtschaft einschließlich de« Gesinde» und der Naturalberechtigten (insbesondere der Aurzügler und Arbeiter, soweit sie kraft ihrer Berechtigung oder al» Lohn Brodgetreide oder Mehl zu beanspruchen haben) die jeweilig gesetzlich zulässige Menge (d. i. bi» auf wettere» 9 kg auf den Ropf und Monat) entnehmen. 8 2- Die Selbstversorger haben da» zur Beköstigung der Angehörigen ihrer Wirtschaft nach den jeweilig festgestellten Säßen freigegebene Getreide, sobald e» au«, gedroschen ist, auszusondern und dieses sowohl al» da» au» ihm ermahlenr bez. eingetauschte Mehl streng getrennt von ihren übrigen Vorräten auszubewahren. 8 3. Di« Selbstversorger dürfen da» ausgesonderte Getreide unter Beachtung der jeweilig geltenden Au»mahlvorschriften in einer der Mühlenvereinigung Kamenz e. G. m. b. H. angehörenden Mühle des Bezirks de» Kommunalverbandek gegen Entrichtung des vollen Mahllohns in barem Gelbe vermahlen lassen bez. gegen Mehl eintauschen (stehe 8 4). Nur die Selbstversorger, die Müller sind, dürfen da» auigrsonderte Getreide in ihrer Mühle selbst vermahlen. Diejenigen Mühlenbesitzer, die Getreide der Selbstversorger gegen Lohn ausmahlen bez. gegen Mehl eintauschen, haben über diese» Getreide und die von ihnen abgelieferten Kleie und Mehlmengen genau Buch zu führen, und zwar nach dem von der Firma Eberhard Clemen», Ebersbach, Sa. he Z urgegebenen Vor- druck, der von der Firma Adolf Fallet in Kamenz sofort zu beziehen ist. 8 4. Den au»gesonderten Vorräten darf nur so viel Getreide zum vermahlen bez. zum Eintausch gegen Mehl im voraus entnommen werden, al» für di« nächsten beiden Monate nach d«n jeweilig festgesetzten Sätzen und der Zahl der zu beköstigenden Personen zulässig ist. Au»nahmen können nur in besonderen Fällen von der Kgl. Amtthauptmannschaft bewilligt werden. Mühlenbesitzer dürfen nicht mehr Getreide zum Vermahlen bez. Eintauschen annehmen, al» nach den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist. Sie haben sich zu dem Zweck von jedem, der ihnen Getreide zum Aurmahlen bez. Eintauschen bringt, da» Mahl- und VerbrauchSbuch (8 7 slg.) vorlegen zu lassen und sich davon zu überzeugen, ob die Vermahlung zulässig ist. Den Empfang de» Getreide» haben sie im Mahl- und Verbrauch»Such zu bestätigen. Die Müller sind verpflichtet, die gesamten au» dem Getreide gewonnenen Erzeugnisse einschl. allen Abfälle» an die Selbstversorger abzuliefern bez. einzulauschen. 2. verbrauch des Mehles. 8 6. Da» ermahlenr bez. eingetauschte Mehl können die Selbstversorger im eigenen Haushalt zur Herstellung von Speisen verwenden, oder unter Beachtung der jeweilig geltenden Backoorschriften im eigenen Hause verbacken bez. gegen Entrichtung de» vollen Backlohnes in barem Geld« bei einem Bäcker de» Bezirk» de» Kommunalverbande» verbacken lassen bez. gegen Brot etntauschen. 8 6. Dem Bäcker darf jedoch nur soviel Mehl im vorau» übergeben werden, al» für einen Monat nach den bestehenden Bestimmungen zulässig ist. Aurnahmen können nur von der Königlichen Amtthauptmannschaft in besonderen Fällen zugelassen werden. Der Bäcker hat sich durch Einsicht in da» Mahl- und Verbrauchrbuch (8 7 slg.) davon zu überzeugen, ob die Lieferung de» Mehle» zulässig ist und den Empfang derselben im Mahl- und Verbrauchrbuch zu bestätigen. Die Bäcker haben für jeden Selbstversorger, der bet ihnen backen läßt, einen Bestand»- und Verbrauchrnachweir nach amtlich festgestelltem Muster zu fahren. Die Bestand»- und Verbrauch»nachweise sind von der Amtthauptmannschaft bez. dem Stadtrat zu Kamenz zu beziehen. 3. Mahl- und Verbrauchsbücher. 8 7. Die Selbstversorger haben für die Zeit vom 16. August 1916 bi» 15. August 1917 Mahl- und Verbrauchsbücher nach dem amtlich festgestellten Muster zu führen. Die Aurgabe der Mahl- und V«rbrauch»bücher erfolgt durch die Königliche Amtthauptmannschaft und zwar sind für jede» solche Buch einschl. de» Bestandr und Verbrauchrnachweise» für Bäcker 1.25 Mark Gebühr an die Gemeindehehörde (Stadlrat, Bürgermeister Gemeindevorstand) zu entrichten. 8 8. Für jeden Monat ist in den Mahl- und Verbauchrbüchern einzutragen: 1. wieviel Personen in der betreffenden Wirtschaft zu beköstigen sind, 2. welche Getreide, bezw. Mehlmengen für die Beköstigung dieser Personen nach den jeweilig sestgestellten Sätzen verwendet werden dürfen. (Eine Ta- belle hierzu befindet sich in jedem Mahl- und VerbrauchSbuch.) Die Richtigkeit dieser Eintragungen, und zwar auch soweit e» sich um Rittergüter handelt, ist durch die Gemeindebehörden (Stadtrat, Bürgermeister, Gemeinde vorstand) zu prüfen. Die Bücher find zu diesem Zweck den genannten Behörden spätesten» btt zum 3. eine» jeden Monat« — iw August 1916 bi« zum 20. diese« Monat« — vorzulegen. Gehen der prüfenden Behörde gegen die Eintragungen keine Bedenken bei, so hat sie deren Richtigkeit zu bestätigen, andernfalls bat fieberen Abänderung zu veranlassen. Handelt e« sich um die Wirtschaft de« Gemeindevorstande», so hat der Gemeindeälteste die Bescheinigung zu geben. Nachträgliche Aenderung in der Personenzahl und die dadurch sich ergebenden Aenderungen in den zur Verwendung zulässigen Mengen sind sofort ein- zutragen und ebenfall» den Gemeindebehörden zur Prüfung vorzulegen. Die genannten Behörden haben darüber zu wachen, daß ihnen die sämtlichen Bücher rechtzeitig zur Prüfung vorgelegt werden, und vor allem darauf zu achten, daß dann, wenn in einem Monat von einem Selbstversorger etwa zu viel entnommen worden ist, die entsprechend« Menge im nächsten Monat wieder ab gezogen wird. . 8 9 Außerdem ist für jeden Monat von den Selbstversorgern in dem Mahl- und VerbrauchSbuch anzugeben, wieviel von den Mrhlmengen, die nach den jeweilig sestgestellten Sätzen und der Zahl der zu beköstigenden Personen verbraucht werden dürfen, s) zur Verstellung des vrotss, d) zur Herstellung von Spelfen verwendet werden sollen. 4s. Schluszbestimmungen. 8 io. Die Mahl- und Vervrauchrbücher, ferner di« von den Lohnznüllern nach 8 3, Abs. 2 zu führenden Bücher über die ihnen von Selbstversorgern übergebenen Getretdemengen und endlich die von den Bäckern nach § 6 Absatz 4 zu führenden Bestand«- und Verbrauchrnachweise sind jederzeit den Gemeindevorständen, sowie den mit der Revision der Betriebe beauftragten Beamten und Sachverständigen auf Verlangen vorzuzetgen. 8 11. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden mit Gefängnis btt zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bi« zu 1500 Mork bestraft. Mit derselben Strafe wird, soweit nicht nach dem Strafgesetzbuch «ine strengere Strafe verwirkt ist, derjenige bestraft werden, der bei Einträgen in das Mahl- und Ver brauchsbuch oder bei Einträgen in die in 8 3 Absatz 2 und 8 6 Absatz 4 genannten Bücher bez. Nachweise wissentlich oder fahrlässig unrichtige oder unvoll ständige Angaben macht Dieselbe Strafe trifft Mühlenbefitzer und Bäcker, die mehr Getreide bez. Mehl von Selbstversorgern zum vermahlen bez. verbacken annehmen, al» nach Ausweis des Mahl- und Verbrauchsbuchs zulässig ist. 8 12. Einem Selbstversorger, der gegen die vorstehenden Bestimmungen verstösst und sich sonst unzuverlässig zeigt, kann das Recht der Selbstversor gung unter sofortiger Enteignung seiner gesamten Vorräte entzogen werden. 8 13- Die vorstehenden Btstimmungen trrtrn am 16 August 1916 in Kraft. Die Bekanntmachung der Königlichen Amtthauptmannschaft Kamenz und de« Stadtrate« zu Kamenz vom 5. August 1915 über Selbstversorger tritt an dem selben Tage außer Kraft. Kamenz, den 7. August 1916. Die Königliche Amtshauptmannschaft. Der Stadtrat zu Kamenz. Aufbewahrung der Kartoffeln. Die nun einsetzende größere Zufuhr vo Kartoffeln veran- laßt viele Haushaltungen, sich größere Mengen von Kartof feln zu beschaffen. Hierzu sei bemerkt, daß sich Frühkartof feln im allgemeinen nicht zur längeren Aufbewahrung eignen, zumal bei der diesjährigen großen Feuchtigkeit. Auch der verhältnismäßig geringe Stärkegehalt der Frühkartoffeln bringt ein leichteres Verderben mit sich. Wer sich jedoch aus irgendwelchen Gründen Frühkartoffeln hinlegen will, der mutz sie erst sorgfältig mit der Hand verlesen. Alle an gestoßenen, verletzten oder bereits angefaulten Kartoffeln müs sen ausgeschieden und zum sofortigen Verbrauch bereit ge stellt werden. Die auszubewahrenden Kartoffeln sind in ei nem lustigen, möglichst duklen Raum, eventuell unter leichte ster Zudeckung mit altem Zeitungsvapier aufzubewahren, keinesfalls darf die Aufbewahrung in schlecht gelüsteten Kel ler erfolgen, besonders dann nicht, wenn in den Kellern An lagen für Zentralheizung oder Warmwasserversorgung vor handen sind. Schnelles Verderben würde die unausbleivliche Folge sein. Für die Hausfrauen sei hier noch ein kleiner Wink gegeben, wie sie ohne Schwierigkeiten schwärzlichen Kartoffeln die schöne weiße Farbe wiedergeben können. Bei solchen Kartoffeln setzt man dem Kochwasser kurz vor den dem Garwerden einen Löffel Essig bei, und läßt sie dann vollends weich kochen. Die Knollen werden dann die nor male weiße Farbe zeigen, ohne im Geschmack irgend wie beeinflußt zu sein. Vermischtes. ' (Ein mustergültiger Kriegsochse) wurde jüngst im Schlachthaus zu Crossen für die dortigen Trup penküchen geliefert. Das Tier war drei Jahre alt und wog 18 '/, Zentner. Es war das schwerste Tier, das jemals in dem Schlachthaus gewesen und stammte von einem Domi nium. >8'/, Zentner - trotz Mangel an Kraftfutter!! Wo mit mag der Ochse wohl gemästet worden sein? Der Preis betrug mit allen Unkosten 2278 Mk. * („Ein Geschichtchen vom Krieg und der Unabkömmlichkeit"), falls nicht wahr, gut erdacht, er zählt die „Leonberger Zeitung": Fleischermeister E. ist zum Landsturm eingezogen, während seine Gehilfen seit Anfang der Mobilmachung im Felde stehen Da seine Frau das Geschäft allein nicht weiterbetreiben kann, macht sie einen Reklamationsversuch, der aber abgelehnt wird. Es wird ihr angetragen, es mit einem Kriegsgefangenen zu versuchen. Die Frau unternimmt die nötigen Schritte und nach einigen Wochen öffnet sich die Türe, es erscheint ein Franzose und hinterdrein zur Bewachung ihr so vermißter Ehemann — Landsturmmann. * (Siebzigtausend Portionen bei den täglichen M a s se n sp eisung e n.) Die Volksspet- sung in Berlin hat sich schnell eingebürgert. Die Anmel dungen lausen immer zahlreicher ein. Wer sich anmelden will, mutz sich von seiner Brotkommission bei der Vorlegung seiner Fleisch, und Kartoffelkar^e eine Stammkarte besorgen. Auf diese Karte erhält mann gegen Bezahlung Blechmarken, die zum Empfang von Mittagsessen berechtigen In den letzten Tagen wurden durchschnittlich 70L0O Portionen täg lich verabfolgt. Die Ausgabe erfolgt in Turnhallen, nicht in den Küchen, die sich in Markthallen befinden. In den nächsten Monaten wird eine Leistungsfähigkeit von 300000 Liter-Portionen erreicht werden.