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Nr. 32. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 1. August 1316. Sette 4. Was unsere Feinde vom zweiten Kriegskahr erwarteten. Als die Welt in das zweite Kriegsjahr eintrat, stand es mit der Stimmung im Lager der Entente nicht zum Vesten. Die große russische Dampfwalze, die Ende 1914 Deutschland zermalmen sollte, war gründlich festgefahren; während man im Herbst 1914 triumphierend den bevorstehenden Fall von Königs berg und Breslau gemeldet hatte, standen jetzt die Deutschen in Galizien und vor den Toren von Warschau. Die Zeitungs- artikel, mit denen man das zweite Kriegsjahr begrüßte, und die offiziellen Kundgebungen der lei! enden Staatsmänner klangen unter diesen Umständen ein wenig gedrückt. Aber bald hob sich die Stimmung wieder. Wenn man auch den Fehl schlag der Entente-Anstrengungen im ersten Kriegsjahre nicht wohl verschleiern konnte, so hoffte man doch um so bestimmter von dem zweiten Jahre die Erreichung des heiß ersehnten Zieles, die völlige Zerschmetterung Deutschlands. Mochten die deutschen und österreichischen Heere auch schon tief in Polen und Wolhynien stehen, so klammerte sich gerade hieran neue Hoffnung auf den Sieg, denn auch Napoleon war tief in das Innere Rußlands eingedrungen und hatte dort sein Schicksal gefunden. 2n allen Zeitungen der Entente wies man deshalb immer wieder auf den angeblichen Plan des Großfürsten Nikolaus hin, die Deutschen möglichst weit in das Innere Rußlands zu locken und dort in den, Eise des russischen Winters und den Flammen brennender Städte völlig zu vernichten. Bald sprach man von der »langsamen und totbringenden An ziehung des russischen Rückzuges". (»Journal des Debüts" vom 1. August; bald malte man sich fabelhafte Ziffern von deutschen Verlusten aus und war fest davon überzeugt, daß die Heere der Zentralmächte aus dem polnischen Feldzuge verhängnisvoll geschwächt ja geradezu verkrüppelt hervorgehen würden („Bir- ningham Daily Post" vom 3. August». Selbst ein so kühler und sachlicher Beurteiler der Dinge wie Kitchener erklärte am 19. September im Oberhaus, daß die Deutschen auf der Ost front fast ihren letzten Pfeil verschossen zu haben scheinen. Und je mehr man sich die Deutschen hungernd, frierend und von russischen Kugeln dezimiert an der Ostfront festgehalten vorstellte, desto stärker trat im Herbst 1918 der Gedanke her vor, durch eine gemeinsame Offensive auf allen Kriegsschau plätzen zugleich der deutschen Armee den Gnadenstoß zu geben. Wie immer im Lager der Entente nahm man auch hier sofort die Absicht für die Tat und schwelgte in rauschenden Phan tasien, die sich heute wie grausame Ironie lesen. Frohlockend ruft Henry Bidon im „Journal des Debüts" vom 1. Angust aus; Italien ersteigt in --großartigem Vorgehen den Karst; triumphierend prophezeite der »Radical" vöm 26. Juli, daß Italiener und Serben nach Wien und Berlin marschieren. Am 31. Oktober entwarf General Malleterre im »Temps" ein farbenprächtiges Zukunftsbild; auf dein Balkan-sind die Ver bündeten im Begriff, Konstantiopel zu nehmen; und unmittel bar nach diesem ersten entscheidenden Ereignis werden die Dinge auf allen Kriegsschauplätzen in Gang kommen. Schon ist die deutsche Front im Osten empfindlich geschwächt, einem neuen Wirterfeldzug wird sie nicht gewachsen sein. Ist erst Konstantinopel gefallen, dann dringen die Russen über die Weichsel und die siegreichen Heere der Franzosen überschreiten den Rhein Und um tue geschichtliche Ironie voll zu machen, verkündet auf englischer Seite Oberst Maude in der »Sunday Times" vom 1. August, daß die Engländer nunmehr in steigen dem Maße das Uederqewicht im Luftkampfe gewonnen haben; die Beherrschung der Luft wird in Zukunft ein ebenso wichtiger Faktor der englischen Volitik sein, wie Englands unbestrittenes Uebergewicht zur See! Je weniger die tatsächlichen Erfolge der Entente zum Triumphieren Anlaß gaben, um so aus schweifender wurden die phantastischen Hoffnungen, mit denen man der nächsten großen Offensive entgegengehen sah. Die russische Zeitung „Swjet" brachte am 1. August ein phanta stisches Gemälde, wie die Deutschen in diesem Kriege langsam aber sicher zu Grunde gingen, die Verbündeten dagegen erst jetzt begännen, ihre Kräfte ruhig zu entwickeln, wie die uner schöpflichen Menschenmassen Rußlands und die Millionenarmee der englischen Freiwilligen sich vorbereiten, Deutschland den Gnadenstoß zu geben. Die letzten krampfhaften Zuckungen Deutschlands, um jeden Preis einen wenigstens einigermaßen anständigen Frieden zu erlangen, scheitern an dem festen Ent schluß der Verbündeten, den Krieg bis zu seinem folgerichtigen Schlüsse, der endgültigen und völligen Vernichtung Deutsch lands, zu führen. Diese Stunde ist nahe, die Anstrengungen unserer heldenhaften Truppen sind nicht vergebens gewesen. Mit diesen ausschweifenden Hoffnungen ging man dem Herbst feldzug entgegen, der Deutschland vollends zerschmettern sollte. Die »sterbenden" Mittelmächte antworteten zunächst mit der Eroberung von Serbien und Montenegro und mit der Vertreibung der Ententetruppen von Gallipoli. Als das Jahr von Deutschlands.Zerschmetterung" zu Ende ging, rollten die ersten deutschen Eisenbahnzüge von Berlin nach Konstantinopel. Schon damals begann sich das Schicksal Townshends zu er füllen. Die Entente hatte demgegenüber nur den »Sieg" von Loos und Tahure zu buchen, wo die große, mit unendlichem Munitions- und Tintenverdrauch angekündigte Zerschmetterung Deutschlands zu Eroberung einiger französischer Dörfer geführt batte. Mit welchen Erwartungen die Entente dieser großen Offensive des Septembers 1915 entgegengesehen hatte, ergibt sich daraus, daß der Kommandeur der englischen Gardedivision seine Truppen »am Vorabend der größten Schlacht aller Zeiten" zum entscheidenden Stoß beglückwünschte, »von dem das Schick sal kommender englischer Generationen abhinge!" Es sollte wirklich der entscheidende Durchbruch sein, der die Deutschen aus Nordftankreich und Belgien Hinauswersen sollte; hatten die Verbündeten dazu doch eine Truppenma'se angesetzt, die fast so groß war wie das gesamte deutsche Heer, das im Jahre 1870 in Frankreich gefochten halte. Trotz aller Anstrengungen war die Zerschmetterung Deutschlands im Jahre 1915 miß glückt. Sie mußte daher auf das folgende Jahr verschoben werden. Es wurde der Ententepresse schwer, nach so vielen hochtönenden Reden sich mit einem derartigen mageren Ergeb nis zu begnügen; aber gegen Ende des vergangenen Jahres hatte man den alten Gleichmut wiedergefunden und prophe zeite aufs neue die Zerschmetterung Deutschlands, diesmal im Jahre 1916. Zum Jahreswechsel 1915/16 schrieb der französische Ministerpräsident Briand an die »New Pork Wor.rld": „Deutsch land und seine Verbündeten bestreben sich mit der Verzweif lung einer in die Enge getriebenen Ratte, das unvermeidliche Schicksal aufzuschieben. Aber 1915 ist für die Entente eine Periode gewesen, wo sich an die neuen und unerwarteten Be dingungen der Kriegführung anpafsen mußte, eine Periode harter Arbeit, intensiver Organisation und der Vorbereitungen zum Siege; das Jahr 1916 geht auf, iglänzend und voll Ver sprechungen, daß wir den Lohn unserer Anstrengungen ernten werden!" Briand steht mit dieser Hoffnung nicht allein. Seitdem Anfang Juli 1916 die große Offensive im Westen zugleich mit einer russischen Offensive voll unerhörter Kraftanstrengung im Osten begonnen hat. sind die Hoffnungen der Entente bereits ins unendliche gestiegen. Schon überbieten sich der Abbe Wetterle (nach „Etoile de l'Est" vom 5. Juli) und »Finanziell News" vom 10. Juli in dem Gedanken an phantastische Kriegs entschädigungen, die Deutschland zu zahlen haben werde. Wetterle belegt als Pfand berefts alle deutschen Eisenbahnen, Bergwerke, Domänen, Schiffswerften, die Kriegsmarine, die Handelsflotte, die deutschen Museen und den persönlichen Be sitz des Kaisers, während die englische »Finanzpithia" uns nur einen Jahrestribut von 8 Milliarden Mark auferlegt. Aber in auffallendem Gegensatz dazu stehen doch schon jetzt gelegentliche englische Stimmen, die zur Mäßigung warnen. Wer England kennt, wird darin gewiß kein Zeichen freiwilliger Großmut sehen, sondern nur das ungern abgegebene Geständ nis, daß die Niederschmetterung Deutschlands doch nicht so ein fach ist. Trotz aller Siegesfanfaren scheint die Entente denn auch nicht mehr in demselben Grade des Enderfolges sicher zu sein, wie noch vor einem Jahre. Am Ende des ersten Kriegsjahres schrieb das »Journal des Debüts" vom 1. August von den deutschen Siegen : Es ist der Todeskampf Fainers, der noch gefährlich ist, aber es ist der Todeskampf. Wir kennen die Geschichte vom »deutschen Todeskampf". Sie ist in der Vergangenheit, im Siebenjährigen Kriege und in der Napoleonszeit gar manches Mal erzählt worden, auch Anfang 1870 war sie nicht ganz verstummt. 2n diesem Kriege sollte sie dann endgültig zur Wirklichkeit werden. Sie hat all unsere Siege von Anfang an in der öffen.lichen Meinung des Auslandes auslöschen sollen. Als die Marne schlacht geschlagen war, da bot Deutschland bereits seine letzten Mannschaften, s-ine letzte Munition auf, da begingen deutsche Heerführer Selbstmord, da drohte in allen deutschen Städten die Revolution. Dann verblutete sich Deutschland zum zweiten Male in den polnischen Ebenen, war aber schließlich ooch im stande, sich noch einmal zu erholen — zum dritten Todes- kämpft bei Verdun. Nun ist der vierte Todeskampf Deutsch- lands in der Umklammerung durch die große Ententeoffensive angebrochen, aber Deutschland wird zum vierten Male von der geduldigen Welt papierener Träume an die harte Realität der Tatsachen appelieren. Wir halten durch und werden siegen. Voraussichtliche Witterung. 2. August: Warm, wolkig, Regen, vielfach Gewitter. Später kühler. Die geehrte Kundschaft wird gebeten, die ZlilkerlMten Möglichst sofort zur Abstempelung vorlegen zu wollen, da sonst im Bezüge von Zucker Schwierigkeiten entstehen können. VeMvtttiliigung siir Kleinhandel. 8. Die Mitglieder dec Bezugs- Vereinigung, sowie auch meine anderen Wiederverkäufer bitte ich, die VezWWMise sofort bei mir abliefern zu wollen. Hochachtungsvoll C. G. Lumg. I-edeptpeibpiemen 50—70 mm breit, neu oder gebraucht sucht zu kaufen lMüeMpM. KsmklnnlislL Donnerstag, den 3. Aug., abends '/st 9 Uhr: Sibel- »tunilv. Redner: Herr Ge meinschaftspfleger Peters. Jedermann Herzl, willkommen. UH rau86limonaä6n, IH 8elt6r8-^a886r UDempkieblt LMWllSNIMKült. Verl open. Am letzten Freitag abend wurde auf der Landstraße zwi schen Ohorn und Reichenbach eine goldne Miprmöel mii kleinerstttle verloren. Der ehrliche Finder wird ge beten, den Fund gegen gute Belohnung in der Geichäftsst. dieses Blattes abzugeben. KekSM. flumlek», im Aufschnitt Hst Pfd 55 Pfg. lliMpü 8s!!8p. Zur SM! 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