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pulsnitzerwochendlaN Donnerstag, 27. Juli 1916. Beilage zu Nr. 90. ' " ' 68. Jahrgang. Den Verkauf von Schlachtvieh an Fleischer betreffend. Um Mißverständnissen vorzubeugen, wird ausdrücklich daraus hingewiesen, daß auch Fleischer, die auf Bezugsschein Vieh erwerben, nicht nur den Bezugsschein an den Kommunalverband oder die von ihm beauftragte Stelle (bei Bezugsscheinen für den Militürbedarf durch den Fleischbeschauer an da» Garnisonskommando) zurückzugeben, sondern auch dem VtehhandelSverband die vorgeschriebene Kaufranzeige zu erstatten haben. Sowohl der Bezugsschein als auch die Kausranzeige ist dem Verkäufer natb Eintragung des Uaukpretfes zur Unterschrift vorzulegen. Dieser hat die Richtigkeit des eingetragenen Preise» zu prüfen und durch Unterschrift mit Tintenstift zu bestätigen. Wer Schlachtvieh abgibt ohne den tatsächlich vereinbarten Kaufpreis auf der KaufSanzetge durch Unterschrift zu bestätigen, oder wer Schlachtvieh vor solcher Bestätigung de» Preise» auf der KaufSonzeige abnimmt, wird mit Geldstrafe bi» zu 150 M oder mit Haft bi» 6 Wochen bestraft. Dre» den, am 83. Juli 1916. Ministerium des Innern. Grietzverkauf. Die nächste Verteilung de» Grießes erfolgt von morgen ab durch die von der Königlichen AmtShauptmannschaft mit der Grießabgabe betrauten Verteilungsstellen Grießkarten zum Bezüge von Grieß können vom 28. Juli an bei den Ortsbehörden wieder entnommen werden. Die Gültigkeitsdauer der Karten wird ans s Woche festgesetzt. Alsdann können die Vorräte gegen Vorzeigung der Brotmarkenausweise frei verkauft werden und zwar an eine Haushaltung mit 1—3 Köpfen 1 Pfund, 4 — 6 Köpfen 2 Pfund und sofort. Kamenz und Pulsnitz, den 25 Juli 1916. Die Königliche Amtshauptmannschast und der Stadtrat zu Pnlsnitz. Bezug von Web-, Wirk- und Strickwaren. Nack Z 11 der Bekanntmachung des Bundesrat» über die Regelung deS Verkehr» mit» Web-, Wirk- und Strickwaren vom 10. Juni 1916 — Kamenzer Tage- bl tt Nr. 139 vom 18. Juni 1916 Pulsnitzer Wochenblatt Nr. 74 — dürfen vom 1. August d. I ab im Kleinhandel und in der Maßschneiderei Web', Wirk- und Snickwaren sowie die au» ihnen gefertigten Erzeugnisse nur gegen Bezugsschein an die Verbraucher veräußert werden soweit die» nicht auf Grund der in der glei chen Zeitungsnummer ersichtlichen Bekanntmachung de» Reichskanzlers vom 10. Juni 1916 ohne Bezugsschein zulässig ist. Der Bezugsschein wird drm Verbraucher nur tm Bedarfsfall und nur auf Antrag erteilt. Die Ausstellung der Bezugsscheine erfolgt für die Bewohner der Städte mit reo. Städteordnung Kamenz und Pulsnitz durch die betreffenden Stadträt« für die Bewohner der übrigen Gemeinden und der selbständigen GutSbeztrke durch die Königliche Amtshauptmannschast. Für die Bewohner der Stadtgemetnden König», brück mit Gutsbeztrk und Elstra mit GutSbezi k sowie der Landgemeinde Großröhrsdorf ist die Ausstellung der Bezugsschein« den Bürgermeistern bez. dem Gemeinde- Vorstände daselbst übertragen worden. > . Vordrucke der Anträge können nach Bedarf bei den Ortsbehörden entnommen werden. Den letzteren liegt auch die Prüfung der Notwendigkeit der Anschaffung jener oben in Absatz 1 erwähnten Waren und Erzengniffe ob. Der Kommunalverband der Königlichen Amtshauptmannschast Kamenz, am 26. Juli 1916. Die Pflicht der Daheimgebliebenen. Der Rus „Das Gold in die Reichsbanl" hat in den Herzen aller Volksgenossen, die ihr Vaterland lieben, begeisterten Widerhall gesunden. Reich und Arni, Vornehm und Gering, Bauer und Städter haben bereitmilligst ihre Truhen und Schränke geöffnet. > Heute weist unsere Neichsbank e nen Goldschatz von nche- zu 2'/, Milliarden aus und widerlegt mit dieser stolzen Ziffer aufs schlagenste die Mär unserer Feinde von, finanziellen Zu sammenbruch unseres Vaterlandes! Gewiß, vieles ist damit erreicht, eine sichere goldene Grundlage für das stolze Gebäude unserer Geldwirtsch st ist geschaffen. Aber immer noch gilt es rastlos weiterzuarbeiten! Melle Gebiete des feindlichen Landes in Ost und West sind von unseren siegreichen Truppen besetzt Nachdem hier die deutsche Verwaltung Ordnung geschaffen hatte, stellte sich Ha-del und Verkehr wieder ein; aber das Notwendigste fehlte, dar, allge meine Tauschmittel: das Geld. Da mußte unsere Reichsbank einspringen und mit ihren Noten die weilen Gebiete versorgen. Sie mußte weiterhin im eigenen Lande das ihr zugesührte In eiserner Zeit. Kriegsroman von Charlotte Wilbert. 23 „Hatte er es hier mit dem Mörder des alten Perko- witsch ans Berlin zu Inn? Nnn, die Vögel sollten schon bald mit gestutzten Flügeln hinter Schloß nnd Riegel sitzen. Da war ihm ja das Glück wieder sehr günstig gewesen, daß er noch gerade diese Worte vernommen hatte. Mit lautem Krach wurde nun oben eine Tür zugeschlagen und schwere, stolpernde Tritte ans dein Korridor hörbar. Rasch hnschte der Kommissar von seinem Lanscherposten nnd steuerte direkt aus die Treppe los, als plötzlich eine trunkene Stimme von oben hernnterrief: „Ra, was fachen Sie denn hier, Mann?" Der Pseudo-Ganner blickte hinanf in das rote, aufgedun sene Gesicht Henry Startekls. Fast sah es ans, als sei dieser einer Irrenanstalt entsprangen, so wild stierten seine Angen, so wirr hing das Haar in die feuchte Stirn. Beschmutzt und unordentlich hingen ihm die Kleider am Leibe. Der Rothaarige rief wichtig, die Angen verdrehend: „Ick möcht mal zu det gaä' Fränl'n. Ick Habs in 'ne janz drin gende Sache ze sprechen!" „Sooo, na, was soll denn das wieder sein? Ach was, zum Kuckuck, was scheert mich der Kram! Kommens herauf, Sie — Sie — Rotfuchs!" Der Rothaarige stieg schwerfällig, als getraue er sich nicht auf die kostbaren Läufer anszntretea, die Treppe hinauf. „Da klapsen Sie, da, dort an die erste Tür, da —ja! Haha! Fräulein Startell bekommt heute eleganten Besuch!" Und polternd stieg er die Treppe hinunter, warf drnnten kra chend eine Tür ins Schloß rind daun war es still im Hanse. Greis klopfte an die bezeichnete Tür, ein langsamer, müder Tritt näherte sich, die Tür wnrde geöffnet nnd Liane Star tell stand vor ihm. Erschreckt prallte sie zurück. „Wer sind Sie, was wollen Sie hier?" Mit einer linkischen Verbeugung platzte er verstört und schüchtern heraus: „Guäd' Fränl'n, ick bring Ihn Ihren Steen!" „Was, Stein? Ich verstehe Sie nicht. Na, kommen Sie mal herein!" Der Vieudo-Gauuer trat nnn vollends ins Zimmer, drückte Gold im Verkehr durch Roten ersetzen und das Heer mit den erforderlichen Zahlungsmitteln versehen. Ein gewaltiges An schwellen ihres Notenumlaufs war die Folge. Nun muß aber die Reichsbanl für die ausgegebenen Banknoten mindestens ein Drittel der Summe in bar vorrätig halten Je günstiger die Bardeckung der Noten ist, d b also je mehr bares Geld in den Kassen der R e i ch s b a n k liegt, desto eher wird es unseren Feinden zum Bewußtsein kommen, daß Deutschland auch sümnziell unbesiegbar ist Darum ist es Pflicht jedes Deutschen, an seinem Teile dazu beizutragen, daß das Deckungsverhältuis der Noten durch den Barvorrat möglichst günstig ist Das kann dadurch er reicht werden, daß einerseits, wie es die Goldsammlung erstreb!, alle bare Münze ausnahmslos in die Kassen der Reichsbant geleitet und andererseits in der Verwendung von Papiergeld die äußerste Sparsamkeit geübt wird. Niemand speichere Banknoten und Kassenscheine aus oder trage sie nutzlos in der Brieftasche mit sich herum! Wenn ich der Reichsbanl 120 Mark in Banknoten voreuthalte, zwinge ich sie, dafür mindestens ein Drittel in Metall als Deckung bereitzustellen. Oder anders ausgedrückt: Wenn ich der Bank i 1L0 Mark in Banknoten zucückbriuge, leiste ich dein Vater- I lande denselben Dienst, als wenn ich 10 Mark in Metallgeld die Tür hinter sich ins Schloß und kramte umständlich mit vieler Mühe ans dem untersten Winkel der schmutzigen, zer rissenen Hosentasche ein Päckchen heraus, wickelte es aus und der Diamant kam zum Vorschein. Der volle Lichtstrahl fiel nun auf die Gestalt Lianes, und der Kommissar bemerkte ihr müdes, übernächtiges Aussehen; dunkle Ringe lagen unter ihren Augen, das Haar war un geordnet und hing wirr nur ihren Kops. „Hier, det is man Ihr Steen! Sie sind doch det Fräulein Braut von meenen Iras?" Liane Startells Züge wurden immer erstaunter! „Von Ihrem Gras? Ja, aber wer sind Sie denn eigentlich!" „Nun nee! Ick bin im Dienste bei dein Jräs Brixdorf! Ick kehr' man jedden Morgen die Rammbe vor det Schloß, wissen Sie! Nn hab' ick Se gestern mit meeneu Graf in't Anto ankomme seh'», ick hab'noch g'denkt: Jess' u«, was kriejen mer da'ne scheene Schloßhernn! Nn, nnd heil morgen, wie ick meene Rammbe kehr, was tu ick finden, eenen Steen, eenen leichtenden, blitzrigen Steen! Ick hab'n gedenkt, det kann een Echter sin; und sin gleech zu meene Frau jeloofen, die sich uff de Steene vastehl. Jess' nee, hat die jejreint, det is a Ech ter, a janz deirer, echter Diamant, den mußte jleich Widder znrücklrage! Da hab' ich mir jleich jedacht, der Steen is von nimand anders, als von det Fränl'n Braut von meenen Iras. Nn! Nnn da hab ick mir jleich uffjemacht zu Jhue, unu da, hab'n Se Ihren Steen!" Mit einer plumpen Bewegung reichte er der Tänzerin den Diamant, den diese ergriff und dann mit leisem Schrei znrückfuhr. Furchtbares Erschrecken malte sich in ihren Ge- sichlszügen, atemlos stieß sie hervor: „Diesen, diesen Stein — haben Sie gesunden?" „Jawoll, gnä' Fränl'n!" Stolz kam es ans dem Munde des Rothaarigen, dessen kleinen Augen nichts, nicht die ge ringste Bewegung der Tänzerin entgangen war, Prüfend, forschend sah Liane Startell den vor ihr stehen den Mann an. In ihrer Brnst kämpften Zweifel, ob sie den Stein anuehmen sollte oder nicht. Aber der Kommissar Greif spielte seine Rolle so vortrefflich, legte einen solch dummen, gewöhnlichen, harmlosen Ausdruck in sein Gannergesicht, daß nnn auch der letzte Zweifel des Weibes schwand,, und sie kopf schüttelnd sagte: „Ja, so geht's manchmal. Aber tatsächlich, einzahle; denn für die Banknoten, die ich der Bank zurück bringe, braucht sie keine Dritteldeckung zu halten. Wie entledige ich mich aber am vorteilhaftesten der über flüssigen Banknoten, diene meiner Bequemlichkeit und mache noch ein Geschäft dabei? Indem ich mir bei einer Bank, Spar kasse, Genossenschaft oder bei der Post ein Konto einrichten lasse und das Geld dort einzahle. Habe ich Zahlungen zu leisten, so brauche ich das Geld nicht abzuheben, sondern beauftrage die betreffende Bank usw., ans nuinem Guthaben dem Konto des Zahlungsempfängers den schuldigen Betrag gutzuschreiben. Dazu ist kein Pfennig Geldes nötig. Keine Gefahr des Diebstahls oder des Ver lustes durch Feuer oder Unachtsamkeit, durch Verzählen oder Falschstücke; und obendrein bringt das Geld in der Regel noch Zinsen! Vor allem aber diene ich ans diese Weise durch die Ersparnis an Umlaufmitteln den Interessen des Va terlandes. Darum auf, Gewerbetreibende, Kaufleute, Handwerker, Landwirte, Beamte und Privatleute! Wer von euch noch kein Konto hat, lasse sich unverzüglich ein solches Anrichten. Jeder Tag der Versäumnis ist eine Pflichtverletzung gegenüber dem Vaterlande! ich habe den Diamant bisher noch nicht vermißt. Wo hatte er denn gelegen?" „Nun, jrade vor det Portal, wo det Anto jehalten hati Na, nun find Se man froh, det Se Ihren kostbaren Steen zn- rückhaben, 's hätt'n och een Andrer finden kenne, nnn ob Se ihn da Widder fekriejt hädden, is man ne stoße Frage." „Ich bin Ihnen auch sehr dankbar für Ihren Dienst, hier, nehmen Sie eine Kleinigkeit!" Sie griff zur Börse und wollte ihm ein Goldstück reichen, doch der Rote trat rasch eine» Schritt zurück. „Nee, nee, dafür nimmt en ehrlicher Berliner nischt, det war blos mau meene Pflicht, Unehrlichster, jeht nujereeuem ja jejen's Blut. Nee! Nee!" ' Wieder ein gegen alle Austandslehre streitender Kratzfuß, ein lautes, derbes „Adjüss', gnä'Fräuln!" und der „ehrliche Finder" trottete zur Treppe durch den Korridor und bald knirschte draußen im Gartenweg der Kies unter seinen Füßen. Es schien, als ob sich die kleinen, zierlichen, weißen Steinchen empören wollten, sie, die sonst nur die Last eleganter, feiner Dameuschuhchen oder nobler, moderner Herrenstiefel trugen, sollteil sich nnn von solchen vorsintflutlichen jämmerlichen Stiefeln zertreten lassen. Klirrend fiel das Gartentor in s Schloß und von seiner Arbeit befriedigt, trat oer rothaarige Gauner — alias Kriminal-Kommissar Greif — den Heim weg an. An das Fenster gelehnt, stand Liane Startell, den Dia mant in der Hand. In ihrer Brnst tobte ein furchtbarer Kamps, der sich selbst in ihrem Aeußern abspiegelte. Bleich, matt waren die Züge, glanzlos die schönen Angen, die juno nische Gestalt schlaff und gebrochen. O, wie furchtbar waren die letzten Stunden, die sie erlebt! Ihr Mann kam nach Hanse, fluchend und tobend, betrunken und — ein Mörder. Stieren Blicks, hohnlachend hatte er ihr erzählt, wie ec es dem Per- kowitsch, dem alten Schuft, heimgezahlt, wie er geglaubt, die Pläne noch zu finden, nnd das Schicksal ihn betrogen. Wie wahnsinnig hatte sie aufgeschrien, als er ihr dies roh in sei ner brutalen Art ins Gesicht geschleudert: Der alte Schicks ist tot — tot — erschlagen hab'ich ihn! Sieh her, Weib! Sieh, dort — dort das Blut, sieh, wie es spritzte, als ich ihm den Hammer auf den Kops schlug. Ha, der Elende! die Papiere, die Pläne l" „ - 235.20