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Nr. 68. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 6. Juni 1916. Seile 3. Eins unserer Uuterseeboote hat am 3l. Mai vor dem Humber einen modernen großen englischen Torpedobootzerstörer vernichtet. Die Nachricht ausländischer Blätter über den Verlust zweier Zeppeline im Anschluß an dir Seeschlacht ist falsch; es ist kein deutsches Luftschiff verlorengegangen. Die österreichisch > ungarischen Truppen nahmen am Sonn abend wieder 5600 Mann, darunter 78 Offiziere, gefangen. Der Angriff der russischen Südwestheere hat begonnenzwischen dem Pruth und dem Styr-Knie bei Kolki ist eine große Schlacht entbrannt. Die englische Presse überbietet sich in einer Verdrehung der Tatsachen Sei der Seeschlacht, aus dem sie einen „Sieg" der englischen Flotte zurechtzimmert. Die englische Kriegsflotte hat in der Nordseeschlacht ungefähr ein Fünftel ihrer gesamten maritimen Kraft eingebüßt. General Serrail hat in Saloniki den Belagerungszustand an geordnet. Englands Größenwahn im Sinken. Der große Sieg der deutschen Kriegsflotte bei Horns Riff über die englische hat außer seiner gewaltigen Bedeu tung für den Krieg Deutschlands gegen England noch eine besondere hohe politische Wichtigkeit, er zeigt der ganzen Welt, daß England zur See nicht unüberwindlich ist und er schlägt das jahrbundert alte Gebäude des englischen Größen wahnes in Stücke. Bei den Engländern galt es bis vorge stern noch als ein seemännischer Glaubenssatz, daß die eng lische Hochseeflotte in einer Seeschlacht mit der deutschen Hochseeflotte selbstverständlich alle deutschen Schiffe vernich ten würde, die englischen Großmäuler waren sogar so frech zu sagen, daß die deutschen Kriegsschiffe sich wie die Wasser ratten in Löcher versteckten, aber demnächst aus den Löchern herausgeräuchert und auf den Meeresgrund versenkt werden würden. Nun liegen nach der Seeschlacht bei Horns Riff aber mindestens zwölf englische Kriegsschiffe und darunter vier neue auf dem Meeresgründe, und nur drei deutsche und zwar ein altes Linienschiff und zwei kleine Kreuzer sind die Opfer aus deutscher Seite. Schätzt man aber den englischen Verlust in der großen Seeschlacht nach dem Tonnengehalte und Schiffskampfwert ab, so verlor die engliche Flotte fünfmal mehr als die deutsche Dazu kommt, daß die engliche Kriegs flotte tatsächlich fast vollzählig in der großen Seeschlacht auf getreten ist, denn nach der Angabe des Konteradmirals Heb binghaus im Reichstage standen in der großen Seeschlacht bei Horns Riff der dsuschen Flotte 34 engliche Großkampf schiffe gegenüber, die deutsche Hochseeflotte mutzte also in der Schlacht auch gegen eine zahlenmäßige Uebermacht Kämpfen. Aus allen diesen Tatsachen können wir in Deutschland ohne jede Uebertreibung die Schlußfolgerung ziehen, daß die Füh- rung der deutschen Flotte unter dem Vize-Admiral Scheer - und unter den Kapitänen der einzelnen deutschen Kriegsschiffe - der Führung der englischen Flotte überlegen gewesen sein mutz, und daß die schwere deutsche Seeartillerie und die deutschen ! Torpedos auch viel besser geschossen haben müssen als die englischen, sonst wäre der große Erfolg der an der Schiffs zahl schwächeren deutschen Flotte gegen die englische einfach nicht möglich gewesen. In den Blättern der neutralen Staa ten kann man ja auch die große Bewunderung der Leistungs fähigkeit der deutschen Flotte finden, albern, sogar bodenlos albern ist es aber, wenn einzelne Zeitungen der neutralen Staaten schreiben, daß der Oberbefehlshaber der englischen Flotte die Kräfte seiner eigenen Flotte und die der deutschen Flotte wohl nicht richtig eingeschätzt habe, denn sonst hätten die Engländer diese Schlapp? wohl nicht erleiden können!? — Was gab es denn bei Beginn dieser Seeschacht wohl noch richtig für den englischen Oberbefehlshaber an Schiffskräften einzuschätzen, wenn die englische Flotte mit 34 Großkampf- schiffen vom Skagerrak bis Horns Riff auftrat und fick der deutschen Flotte überlegen fühlen mutzte! Die unermüdliche beispiellose gründliche deutsche Arbeit bat eben auch in der Kriegsmarine gezeigt, daß die deutsche Arbeit, Ausdauer und Gründlichkeit aller ausländischen Arbeit überlegen ist, und im Geiste drücken alle Deutschen dem Großadmiral von Tir- vitz die Hand, der so großzügig und gründlich für die deut sche Flotte so viele Jahre gearbeitet hat. Aber auch Krupp mit seinen vorzüglichen Kanonen und Panzerplatten und al len deutschen Schiffsinaenieuren gebührt heißer Dank für ihre Leistungen für die deutsche Flotte. Unser größter Dank gilt aber unsern todesmutigen Seehelden, die förmlich darauf brannten, den verfluchten Engländern einmal zur See die deutsche Ueberlegenheit gründlich zu zeigen. Es ist nun zur weltgeschichtlichen Tatsache geworden, daß die englische Flotte und die englischen Seeleute der deutschen Flotte unterlegen ist Oertliche und sächsische Nachrichten Pulsnitz. (Frühjahrs-Versammlung.) Der Westlausitzcr Stenographenverband „Babelsberger" hielt am letzten Sonntage im hiesigen Ratskeller seine diesjährige Früh- jahrsversammlung ab. Um 11 Uhr sand die Vertretersitzung statt. Von hier gefaßten Beschlüssen ist zu erwähnen, daß die Neuwahl des Gesamtvorstandes wegen des Krieges aber mals um ein Jahr verschoben und als Ort der Herbstver sammlung Sohland a. d. Spree gewählt wurde. Aus dem Jahresbericht war zu entnehmen, daß dem Verbände gegen wärtig 13 Vereine mit 899 Mitgliedern angehören, wovon 196 im Felde stehen, daß die Kassenverhältnisse günstig und in der Unterrichtstätigkeit (hauptsächlich im Anfängerunter richt) gute Fortschritte gemacht worden sind. Um 2 Uhr be gann das Wettschreiben, an dem sich gegen 80 Stenographen beteiligten. In der kurz vor 5 Uhr im Hotel „Grauer Wolf" eröffneten zahlreich besuchten Hauptversammlung, in der von Mitgliedern des Pulsnitzer Vereins einige der Zeit entspre chende Vorträge geboten und mit großem Beifall ausgenom men wurden, wurde das Ergebnis des am Nachmittag ab gehaltenen Wettschreibens verkündet. (Die Preisträger wer den in nächster Nummer bekanntgegeben.) Pulsnitz. (Volksschule.) Am Montag fanden auf Befehl Seiner Majestät des Königs anläßlich des deut schen Seesieges am Skagerrak in allen Schulen des Landes Schulfeiern statt. — In unsrer Volksschule wurde nach den Klassenfeiern der Unterabteilung der Flotte und ihrer Taten auch in einer gemeinsamen Feier der Oberklassen in Wort und Lied gedacht. Herr Lehrer Dietze würdigte dabei in einer Ansprache die Bedeutung des Sieges und die hohen Verdienste Seiner Majestät des Kaisers um die deutsche Flotte und den Flottenstützpunkt Helgoland. Pulsnitz. (Das Eiserne Kreuz 2. Klasse) erhielt am Königs Geburtstage der Unteroffizier Otto Sens im Reserve-Infanterie-Regiment 242, 10. Kompagnie. Pulsnitz. (Kriegsauszeichnungen für hie sige Postbeamte.) Herr Postschaffner Zschiedrich, Unter offizier d. L., ist mit der König!. Sächs silbernen Friedrich August - Medaille am Kriegsbande und Herr Postschaffner Schäfer, Gefreiter d. L., mit derselben Medaille in Bronze ausgezeichnet worden. — (Verfügung.) In Nr. 128 der Sächs. Staats- zeitung erlassen die kommandierenden Generale eine Ver fügung in welcher das Anlegen von Verzeichnissen von Adres sen im Felde stehender Soldaten, sowie die Veröffentlichung der Verzeichnisse und die Aufforderung zum Sammeln von Adressen verboten wird Interessenten können diese Bekannt machung in den Kanzleien der Behörden, sowie in der Ge schäftsstelle dieses Blattes einsehen. — (Beschränkung des Fortbildungsschul. Unterrichts.) Um Arbeitskräfte frei zu machen für recht zeitige und sorgfältige Feldbestellung und für die Einbringung der Ernte, hat die König!. Bezirksschulinfpektion zu Kamenz angeordnet, den Unterricht an einer Anzahl Fortbildungs schulen des Bezirks in der Weise zu beschränken, daß bis zum 1. November d. I. aller zwei Wochen eine Kriegs- stunde abgehalten wird, zu der alle Fortbildungsschüler kom men müssen. Frieversdorf. (Die R auchers p eu d e) ergab hier den Betrag von 46,70 Mark. Ttlgeögeschichlk. Deutsches Reich 1. U. Berlin, 4. Juni. (Eine Entschließung der deutsch-Konservativen Partei) Der weitere Vorstand der deutsch-konservativen Partei tagte gestern unter dem Vorsitze des Abgeordneten von Heydebrand unter sehr zahlreicher Beteiligung im Ab geordnetenhause zu Berlin. Es wurde folgende Entschließ ung angenommen: Der weitere Vorstand der deutsch-konser vativen Partei billigt einmütig die seit seinem letzten Zusam mensein von der Leitung der Partei beobachtete Haltung, ins- besonders auch die Stellungsnahme der konservativen Frak tionen des preußischen Abgeordnetenhauses und des Reichs tages in Sachen des U-Boot-Krieges und der Friedensziele. Er spricht der Leitung der Partei, insbesondere dem Geschäfts- führenden Ausschüsse und seinem Vorsitzenden, Abgeordneten o. Heydebrand, volles Vertrauen und den Dank für die Ver tretung einer aktiven, zielbewußten, konservativen Politik aus i. il. Berlin, 6. Juni. (Aus dem Reichstag. Wie das Berliner Tageblatt hört, werden heute bei der drit ten Etatsberatung im Reichstag die Parteiführer auf die ge strigen Ausführungen des Reichskanzlers mit Erklärungen allgemein politischen Charakters antworten Für das Zen trum wird Dr. Spahn, für die Sozialdemokraten Scheide mann, für die Fortschrittliche Volkspartei Payer und für die Nationalliberalen Bassermann und für die Korservativen Westarp sprechen. Bertin, 31. Mai. (Amtlich) (Die Vereinfach ung d e r Speisekarte.) Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung eine Verordnung zur Vereinfachung der Beköstigung beschlossen. Danach dürfen in Gast-, Schank- und Speisewirtjchasten zu einer Mahlzeit nicht mehr als zwei Fleischgerichte zur Auswahl gestellt werden. Zu einer Mahlzeit darf jedem Gaste nur ein Fleischgericht verabfolgt werden. Feste Speisesolgen dürfen höchstens aus Suppe, zwei Gängen und Nachtisch bestehen. Auch sonst find noch verschiedene Vereinfachungen vorgesehen. Die Beiordnung tritt am 7. Juni in Kraft. England. (UnqeheuereAufregunginLon- d o n.) Der Spezialberichterstatter des Az Est Budapest über- mittelt seinem Blatte eine Depesche des spanischen Iourrali- sten Rucabado, der zurzeit in London weilt. Die Depesche, welche am 3. Juni morgens 8,30 Uhr in London ausgegeben wurde, schildert die Ausnahme der ersten Meldunpen über die Seeschlacht wie folgt: Die Erregung, welche die Meldung über die Seeschlacht am Skagerrak äuslöste, war unbeschreib lich. Schon am Donnerstag zirkulierten allerlei Gerüchte darüber, daß eine große Seeschlacht stattfinde. Diese Nach richten konnte man aber noch nicht nachkontrollieren. Nach einem Gerücht sollte die englische Flotte (ich mit der gesam ten deutschen Seemacht gemessen haben. In der Nacht vor Donnerstag aus Freitag stellte die Admiralität detaillierte Meldungen über die Seeschlacht zusammen. Am Freitag nachmittag herrschte bereits eine solche Erregung, daß samt- liehe politischen Parteien Versammlungen einberufen mußten. Die Oppositionsparteien forderten die Einberufung des Pa- larments. Aus Oppositionskreisen wird mitgeteilt, daß, wenn es gelänge, die Einberufung des Parlaments zu erreichen. Churchill über die Seeschlacht interpelliert wird. Die Admira lität veröffentlichte die erste Meldung am Freitag in den spä- ten Abendstunden. Dieselbe Meldung, etwas erweitert, er schien am Sonnabend morgen. Das Publikum erfuhr daher erst jetzt, was geschehen war. „Niemals sah ich in London eine solche Erregung jetzt. Jedermann kritisierte die Admi ralität. Auf der Straße sprachen unbekannte Leute einander an und gaben ihre Meinung über den unerhörten Fall kund. Obwohl jeder dieselbe Meinung hatte, versuchte man sich ge genseitig zu überschreien. Vor der Admiralität harrte eine große Menge und verursachte Lärm. Dänemark. ^Kopenhagen, 4. Juni. Das hiesige .Extrabladet", dos im allgemeinen wenig deutschfreundlich ist, schreibt: Die Nordseeschlacht zeigt, daß deutsche Klugheit, gepaart mit Kraft, keine unüberwindlichen Hindernisse kennt. Die Seeschlacht vom 31. Mai ist in der Geschichte der deut schen Kriegsflotte mit goldener Schrift eingeprägt. Deutscher Reichstag. Im deutschen Reichstage machte am Freitage Präsi dent Kaempf zunächst Mitteilung von dem glänzenden See krieg in der Nordsee und entbot unseren Seehelden den Dank und Gruß des deutschen Reichstages. (Lebhaft. Bei fall.) Die Mitglieder der Soz. Arb.-Gem. waren während der Ansprache sitzen geblieben. (Lebhafte Pfuirufe.) Admiral Hebbinghaus gab einige Mitteilungen, die unsere Leser in dem Sonderartikel über die Seeschlacht eingereiht finden und dort nachlesen wollen. Bei der zweiten Lesung des des Kaligesetzes sonderte Abg. Sachse (Soz.) eine Erhöhung der Arbeiterlöhne. Tas Kaligesetz wurde mit den dazu ein gebrachten Resolutionen in zweiter Lesung angenommen, ebenso nach ganz kurzer Debatte der Kolonialetat. Es folgte die zweite Lesung des Quittungsstempel-Gesetzes. Staats sekretär Helfferich wies Bemängelungen des Abg. Cohen an der Borlage zurück. Abg. Dogtherr (Soz.) meinte, die Umsatzsteuer würde namentlich die Kleinhändler treffen. Nach Ausführungen der Abgeordneten Oertel (Kons.) und Blunk (Dp.) sanden die Abstimmungen statt. Sonnabend: Weiterberaiung. Die Sitzung des Reichstages vom 3. Juni wird vom Dis „Hotogräfin". Roman von O. Elster. 40) (Nachdruck verboten). Die Offiziere waren schon vom Pferde gestiegen, die Mannschaften spannten die Pferde ab und führten sie in die Stallungen des Schlosses. Die Geschütze standen in ei ner Reihe vor dem Schloßtor, ein Doppelposten mit geschul tertem Säbel ging bei ihnen aus und ab. Die Marquise klingelte heftig. Nach einer Weils erschien mit finsterem, verstörtem Gesicht ihr alter Diener. „Was gibts da unten?" fragte sie herrisch. „Wie Kommen die Soldaten auf das Schloß." „Einquartierung. Madam," entgegnete der Alte achsel zuckend. „Man hat mich nichts gefragt." „Es ist Krieg, Madame!" „Ich will den Kommandanten sprechen!" „Ich werde es ihm melden, Madame." Der Alte gina und die Marquise schritt erregt im Zim mer auf und ab. Nach kurzer Zeit schlug der Diener die Portiere zurück und ließ einen französischen Artillerieoffizier eintreten. „Der Herr Kapitän, Madame," meldete der Diener und zog sich zurück. Der Offizier, eine schlanke, männliche Erscheinung mit schwarzen Haaren und dunklen Augen, sah sich erstaunt um, er hatte als Besitzerin dieses einsammen Schlosses wohl eine alte Dame zu sehen erwartet und jetzt stand er vor der blen denden Schönheit einer jungen Frau! Er verbeugte sich galant. „Ich bitte um Verzeihung, Madame," sagte er höfflicb, „daß ich Sie in ihrer Ruhe stören mutzte und datz ich in meiner bestaubten Felduniform vor Ihnen zu erscheinen wage." Die Marquise machte eine verächtliche Hand beweg- urg, die ihm schweigen lietz. Mit prüfendem Auge sah sie ihn an, die Arme über der Brust kreuzend. „Wie kommen Sie dazu, mein Herr," sagte sie, „in meinem Schloß Quartier zu nehmen?" „Es tut mir leid, Madame, ich gehorche nur dem Be- meiner Vorgesetzten." „Wissen Ihre Vorgesetzten nicht, datz man mir ver- sprachen hat, mich mit Einquartierung zu verschonen." „Es ist Krieg, Madame — da bricht die Not Eisen" sagte der Offizier lächelnd. „Der Patz, der hier um die Beige führt, soll unter allen Umständen gesichert werden, daher wohl die Einquartierung. Uebrigens werden wir kaum lange hier bleiben." „Ich hoffe es," entgegnete Wanda kühl und wandte sich ab. „Madame," sagte der Offizier und seine dunklen Augen brauen zogen sich unwillig zusammen, „meine Leute sind hungrig und dürftig." „Wenden Sie sich an meinen Wirischaster," erwiderte die Marquise kurz, an das Fenster tretend und den Offizier keines Blickes mehr würdigend. Ter Offizier biß aus die Lippen. Die Adern aus sei ner Stirn schwollen zornig an. Ein heftiges Wort lag ihm auf den Lippen, doch bezwang er sich, verbeugte sich leicht und verließ dos Zimmer. Mehrere Tage vergingen, Wanda kümmerte sich nicht um die Soldaten und diese nicht um sie Sie verließ ihre Zimmer nicht und ließ die Soldaten schalten und walten, wie sie wollten. Eines Morgens jedoch, als sie noch im Bett lag, ertönten auf dem Hofe Trompetensignale, ein Hin- und Herlaufen der Soldaten, die Pferde wurden eilig aus den Ställen gezogen, Kommandoworte erschallten, und plötzlich drang ein dumpfer Ton in ihr stilles Schlgszimmer, der sie erschreckt auffahren ließ. Mit blaßem, erschrecktem Gesicht stürzte ihre Zofe herein. „Madame, die Preußen sind da!" rief sie händering end. „Unsere Kanonen sind schon fort, haben Madame den Schuß gehört?" Wanda hatte sich bereits wieder gefaßt. „Ich bin nicht taub," sagte sie gelassen. „Gib mir ei nen Morgenrock, die Schockolade will ich in Meinem Bau dot trinken." „Madame..." „Tu, was ich dir befohlen," sagte Wanda streng. Die Zofe legte die Kleider zurecht, dann eilte sie da von. Wanda erhob sich und kleidete sich langsam an. Ihre Hände zitterten doch etwas, als sie ihr reiches, goldblondes Haar zu einem einfachen Knoten aufsteckte und in das weiche, weiße Morgenkleid schlüpfte, denn das Krachen der Schüsse ward immer häufiger, ganz nahe beim Schloß mußte man Aufstellung genommen haben. Aber sie wollte sich nicht erschrecken lassen! Im Gegenteil, sie freute sich auf die kommenden Ereignisse des Gefechts, boten sie ja doch ein neues Bild. So ging sie ruhig und gefaßt in ihr Zimmer hinüber, wo ihr die Zofe bebend und bei jedem Schutz zusammen schreckend das Frühstück servierte. „Wo ist Joseph?" fragte Wanda. „Ich weiß nicht, Madame..." „Geh und rufe ihn." Die Zofe entfloh Wanda trat in den Erker, dessen Fenster sowohl nach dem Tal, als auch nach den Bergen hinausgingen, so datz man eine weite Umsicht genoß. Sie atmete tief aus: ein furchtbares und doch schönes Bild eröffnete sich ihr Im Tal und an den Abhängen entwickelten sich die Schützenlinien der Infanterie. Weithin sah man ihre roten Hosen und Käppis leuchten. Schüsse Knallen hier und da. Kleine Rauchwolken stiegen auf und zerflatterten in dem frischen Morgenwind. Plötzlich knat terte am Eingang des Tales, da, wo die Straße einmündete, Schnellfeuer, und über die Umfassungsmauern des Klosters St. Ephrcise blitzte es auf — Wanda sah deutlich, daß dort Maschinengewehre aufgestellt waren. Doch auch von der Gegenseite blitzte und knallte es. Das waren die Deutschen, die Preußen, die hier den Durch bruch erzwingen wolllen. Toch sie kamen nicht vorwärts, das Gewehrseuer war zu stark, und jetzt setzten auch die Ge schütze, die d'cht vor dem Schlosse postiert waren, mit ihrem Feuer wieder ein, mit dem sie das ganze Tal bestreichen konnten. Doch plötzlich donnerte es auch von den gegenüber liegenden Höhen und deutsche Granaten und Schrapnells schmetterten aus die Franzosen im Tal nieder Diese suchten Deckung im Dorf und in dem Kloster, da krachten die deutschen Granaten aber auch in die Häuser ein. Schreiend entflohen die Einwohner in die Weinberge, in den Wald. Hier und da züngelten die Flammen aus einem Hause empor, die Dächer wurden durch den Luft druck der Granaten abgedeckt, die Mauern stürzten zusam men, bald stand das ganze, sonst so friedliche Dörfchen in Flammen. Mit brausendem Hurra stürzte die deutsche Infanterie vor und hätte auch wohl die Stellung im ersten Anlauf ge nommen, wenn ihr nicht die Schrapnells der Batterie am Schloß entgegengeprasselt wären und Halt geboten hätten. Doch jetzt änderten die deutschen Geschütze ihr Ziel und beschossen die Batterie vor dem Schlosse. Deutlich sah Wanda, wie die Granaten zwischen den Geschützen einschlu gen, hier einen Mann verwundeten oder töteten, oder die Bespannung einer Protze zerrissen. Aber tapfer erwiderte die französische Batterie das übermäßige Feuer der deutschen Geschütze. (Fortsetzung folgt.)