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MlsnitzerMchenblaN Sonnabend, 25. März 1916. Sächsischer Landtag. Dresden, 23. März. Erste Kammer. Die Erste Kammer erledigte heute zunächst ohne Aus. spräche den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Abände rung des die Entschädigung für an Gehirn-Rückenmarts entzündung bezw. an Gehirnentzündung umgeftandene Pferde und für an Maut- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh regelnden Gesetzes vvm 12. Mai 1900, desglei chen eine größere Zahl von Etatkapiteln in Ueberein stimmung mit der Zweiten Kammer. Das Kapitel 56, Frauenklinik und Hebammenlehranstalt zu Dresden und Frauenklinik zu Chemnitz betreffend, zeitigte eine längere Debatte. Ministerialdirektor Geh. Rat Heink machte dar auf aufmerksam, daß die Fertigstellung des Neubaues in Chemnitz sich aus technischen und finanziellen Gründen verzögere. Die bewilligte Bausumme werde wahrscheinlich um 10 Prozent überschritten werden. Diese Forderung müsse also den Ständen nochmals im Herbst in einem Nachtragsetai Vvrgelegt werden. Er bitte bas Haus, be züglich der Etatsüberschreitung ein Auge zuzudrücken. Oberbürgermeister Sturm-Chemnitz bat die Regierung, alles zu tun, um den Bau in Chemnitz bald zn vollenden. Oberbürgermeister Blüher-Dresden bittet als Berichter statter, das Kapitel nochmals an die Deputation zurückzu verweisen. Oberbürgermeister Dehne-Plauen meinte, im Vogtlands empfehle sich die Einrichtung einer staatlichen Anstalt für Säuglingspflege. Staatsminister Gras Vitz thum von Eckstädt gab zu, daß die angeschnittene Frage von ernster Bedeutung sei, und sicherte wohlwollende Er wägung zu. Die Regierung habe schon jetzt eine Denk- schrlst hierüber ausgearbeitet. Srandeshcrr Dr. Naumann fragte, vö die Stadt Chemnitz nicht zu größeren Beiträgen für den Bau der Frauenklinik herangezogen werden könne. Oberbürgcrmerster Sturm-Chemnitz erwiderte, daß die Stadt Chemnitz bereits mehr als die Halste zu den Ge samtkosten beitrage, was mir lebhaftem Äeisall ausgenom men wurde. Das Kapitel wurde daraus antragsgemäß nochmals an die Deputation zurückverwiesen. Alsdann wurden noch eine Anzahl von RechenschaftSsachen erledigt und die Etatsüberschreituugru nachträglich genehmigt. Eine Anzahl Petitionen beschloß das Haus aus sich beruhen zn lassen. Nächste Sitzung morgen vormittag 11X Uhr. Zweite Kammer. Am Regierungstische: Stnatsminislcr Gras Vitzthum von Eckstädt, von Sehdewitz, Dr. Nagel. Der Präsident eröffnet die Sitzung um ll-- Uhr. Auf der Tagesordnung stehen EifenbahnangeLegenheiten. Zu Titel 9 des außer ordentlichen Etats, Vermehrung der Post-, Gepäck- und Güterwagen betreffend, beantragt Abg. Günther (Fortschr.) namens der Deputation, die augeforderten 13 992 000 Mark nach der Vorlage zu bewilligen. Nach kurzer De batte wird der Deputativnsantrag angenommen. Es folgt die Beratung über Titel 31 des außerordent lichen Etats, Umbau der Leipziger Bahnhöfe (8. und letzte Rate). Abg. Dr. von Löbner (Natl.) dankt namens der Leipziger für die Ausführung des Baues und beglück wünscht die Negierung znr Vollendung des Werkes. Finanz- Minister von Seydewitz dankt namens der Regierung der Gcändeverfammlung für das Entgegenkommen, das sie für den Bau gezeigt habe, sowie sür die Bereitwilligkeit, mit der die großen Mittel von insgesamt 48)4 Millionen Mark bewilligt wurden. Die Tatsache, daß dieses her vorragende Bauwerk mitten im Weltkriege vollendet wer den konnte, lege Zeugnis davon ab, daß die wirtschaftliche Kraft des Landes ungeschwächt sei. (Beifall.) Der Titel wird hierauf bewilligt. Es folgt die Beratung über Titel 47, Herstellung einer vollspurigen Nebenbahn von Priestewitz nach Radeburg. Abg. Knoblauch (Kons.) beantragt als Berichterstatter die Bewilligung der als erste Rate geforderten Summe. Die Abgg. Veda (Natl.), Koch (Fortschr. Vpt.) und Nentsch- Kamenz (Kons.) sprechen sich gegen das vorgeschlagene Projekt aus, weil damit der Bau einer direkten Nordost bahn in Frage gestellt werde. Die Abgg. Nitzschke-Leutzsch (Natl.), Hähnel (Kons.) und Trüber (Kons.) sowie der Finanzminister empfehlen die Bewilligung der Summe. Das Haus stimmt dem Deputationsantrage gegen 3 Stim men zu. Weiter werden bewilligt bei Titel 39 für den Umbau des Bahnhofes Priestewitz als erste Rate 300 000 Mark gegen eine Stimme, bei Titel 38, Zusammenlegung der beiden Bahnhöfe in Großenhain als erste Rate 300 000 Mark, bei Titel 43, Erweiterung des Bahnhofes Zwickau als zweite Rate 800 000 Mark mit der Maßgabe, daß die Wünsche der Stadt Zwickau bezüglich der Zufahrtsstraßen zum Personen- und Güterbahnhofe bei angemessenen Bei trägen der Stadtgemeinde erfüllt werden möchten. Die Ergänzungsforderung zur Fortsetzung der schm spurigen Nebenbahn Mügeln—Geising—Altenberg nach Altenberg wird ebenfalls debattelos bewilligt. Beilage zu Nr. 37. Nach Erledigung von Petitionen vertagt sich das Haus auf morgen vormittag 11)4 Uhr. Sitzung vom 24. März im Haupldlatt. Deutscher Reichstag. 36. Sitzung vom 23. März, 11 Uhr 15 Min. Am BundesratStische: Helfferich, Krätke. Die erste Beratung des Etats in Verbindung mit den Steuervorlagen wird fortgesetzt. Abg. Stresemann (Natl.) gedachte unserer herrlichen Armee und Marine und sprach dem zurückgetretenen Staatssekretär von Tirpitz heißen Dank aus. Der Krieg habe trotz des Druckes auf Handel und Wandel unser Wirtschaftsleben mächtig angeregt. Die Industrie wolle die neuen Steuern tragen; Bedenken erregten der Quit tungsstempel und die Erhöhung der Postgebühren. Reichs eisenbahnen würden dem Reiche Hunderte von Millionen einbringen. Direkte Reichssteuern und Erbschaftssteuern blieben eine wertvolle Reserve, selbst Reichsmonopole seien beachtenswert. Abg. Gras Westarp (Kons.) wünschte, daß der U-Boot erörterung in der Kommission eine solche im Plenum solge. Der Wert eines selbständigen Unternehmertums habe sich gerade in diesem Kriege gezeigt. Abg. Mertin (Deutsche Frakt.) betoüte, Tirpitz habe den Engländern die Furcht vor Deutschland gelehrt. Zu Steuern seien auch die Wohlhabenden bereit, nur dürfte die Trennung der Steucrobjekte nicht aufgehoben werden. Abg. Hoch (Soz.) übte scharfe Kritik an den Steuervvr- lagen und forderte direkte Steuern. Schatzsekretär Helfferich wandte sich gegen die Be hauptung des Abg. Hoch,-daß die neuen Steuern vornehm lich die Arbeiter belasteten, und warnte die Sozialdemo kratie davor, dem Bölke die 'Freude an unseren Siegen zu verleiden. Nachdem noch der Abg. Hoch (Soz.) wegen Angriffen ans den Schatzsekretär zweimal znr Ordnung gerufen wor den war und Abg. Liebknecht (Wild) gegen die Annahme eines Schlußantrages protestiert hatte, gingen der Eta! und die Kriegsgewinnsteuer an die Budgetkommission, die anderen Steuervorlagen an eine besondere Kommission. Freitag: Anträge, Kleine Anfragen, Etatsnotgesetz. -- Schluß gegen 4 Uhr. Sitzung vom 22. und 24. März im Hauptblatt, Gmll-lmrsMMlWdtlRrM Küsse siir selbMW Gewerblreibende N GtMlbtkWMlbkZirWM — Die Krankenunterstützungskasse für selbständige Vewerbetreibende im Gewerbekammerbezirk Zittau hielt am 19. März in Zittau ihre diesjährige ordentliche Gene ralversammlung ab. Zu Punkt 1 der Tagesordnung be richtete Syndikus Dr. Gebhardt über das Geschästsjahl (915. Während die Mitgliederzahl in diesem Jahre dit gleiche geblieben ist, hat sich das Vermögen der Kasse um 3548,79 Mark vermehrt, so daß es am Eude des Berichts jahres insgesamt 17 162,9h Mark betrug. Im Lallfe des Jahres gelangten 236 Erkrankungen zur Anmeldung. Es wurden an 110 Mitglieder sür 2643 Krankheitstage 7477,50 Mark (durchschnittlich 24 Krankheitstage mit 67,99 Mark für ein Mitglied) und an 168 Mitglieder für Kurschein-Be handlung 2982,64 Mark (durchschnittlich 17,75 Mark sür ein Mitglied) zur Auszahlung gebracht. Die Gesamtaus zahlungen sür Krankenunterstützungen betrugen 10 460,14 Mark. Abzüglich der zum Militär einberusenen Mitglie der betrug oie Zahl der Erkrankungen zum Mitglieder bestände 49 Prozent. Die volle Unterstützung von 26 Wochen kam in 4 Fällen zur Auszahlung. Die Ver sammlung nahm von diesem Ergebnis mit großer Befrie digung Kenntnis und sprach die Rechnung richtig. Der günstige Stand der Kasse hat den Vorstand veranlaßt, einen bereits im Vorjahr zum Ausdruck gebrachten Wunsch auf Einführung eines Sterbegeldes zu erfüllen. Im Namen oes Vorstandes beantragte Schmiedemeister Freund- Zittau, zu beschließen, daß die Kasse bei dem Sterbesall eines Mitgliedes ein Sterbegeld im hundertfachen Betrage des von dem Mitgliede geleisteten wöchentlichen Beitrages gewähre, also sür Mitglieder der 1. Klasse 80 Mark, für Mitglieder der 2. Klasse 60 Mark und sür Mitglieder der 3. Klasse 40 Mark. Ein besonderer Beitrag für diese Sterbegeldversicherung soll nicht erhoben werden. Die Generalversammlung beschloß in diesem Sinne. Weiter schlug Buchbinderobermeister Klahre-Bautzen namens des Kassenvorstandes vor, bis Schluß des Jahres 1916 noch mals den Handwerkern und Gewerbetreibenden, welche das 50. Lebensjahr schon überschritten haben, Gelegenheit zu geben, der Kasse beizutreten, indem jedem im Bezirk der Gewerbekammer Zittau wohnenden geschäftsfähigen 68. Jahrgang. selbständigen Gewerbetreibenden, der zur Gewerbekammer Zittau wahlberechtigt ist, freistehen soll, Mitglied der Kasse zn werden, sofern er das 60. Lebensjahr noch nicht über schritten hat und körperlich und geistig gesund ist. Auch dieser Vorschlag sand einstimmig Annahme. Es folgten Borstandswahlen. Zum Schluß beschloß die Versamm lung, die Generalversammlung abwechselnd im Bezirk ab zuhalten. Die Wahl des nächsten Versammlungsortes wurde dem Vorstand überlasten. Heldentaten unlerer 13 er Jäger. Bei der ersten Erstürmung der Feste Dinant in Belgien durch die sächsischen Jäger-Bataillone am 15. August v. I. zeichnete sich der Gefreite Bl u me nst en gel aus Burgstädt in Sachsen durch Kaltblütigkeit und Unerschrockenheit aus. Das Fort war im Besitze der Jäger, die gemachten Gefangenen (etwa 100) abtransportiert, da entspann sich ein neues Gefecht mit einem auf dem jenseitigen Ufer der Maas auftretenden Gegner. Die 2 Kompagnie lag auf dem dies seitigen Ufer des Flusses südlich des Forts im Gefecht Als Entfernungsschätzer beobachtete Blumenstengel neben seinem Zugführer ungeachtet des höllisch«« feindlichen Maschinen- ^ewehrfeuers side Bewegung des immer stärker auftretenden Gegners. Der Drrck des Feindes wurde durch die gewaltige Uebermacht der feindlichen Infanterie und Artillerie so groß, daß die Jäger am Abend nach hartnäckigem 11 stündigen Gefecht das eingenommene Fort dem Feinde wieder überlassen mußten. Damit war ja anch der Zweck des Gefechts erreicht; der Feind war zur Entwicklung starker Kräfte gezwungen worden. Da wurde Leuinant v. E. durch einen Schuß durch beide Oberschenkel verwundet. Gefreiter Blnmcnsteugel verband ihn in dem mörderischen Maschineu- gewehrfeuer und schleppte seinen Völl g erschöpften Leutnant mit Hilfe des. Oberieutnanis D. mühsam, aber glücklich, cks letzte das Gesichtsfeld räumend, durch das feindliche Artillerie- und Maschmengewehrseuer zurück und rettete so seinen Leutnant vor dec Gefangennahme, vielleicht auch vor Sem Tode durch den nachdringenden Gegner. Es war in der Gegend A. Die 4. Kowpagnie lag Sem Feinde schon seit einigen Tagen auf wenige hundert Meter gegenüber; infolge der Besonderheit des Geländes mar es jedoch nicht gelungen, von der eigenen Stellung aus den dringend erwünschten nähercn Aufschluß über Stärke und Verbalten des Gegners sowie über Anlage und Ausbau seiner Gräben zu gewinnen. Es blieb nichts übrig, als eine stehende Pakrouille aus eine der im Borgelände stehenden, nur schwach belaubten Weiden zu schicken, um von da aus besseren Einblick in die feindliche Stellung zn suchen. Zu oieser Patrouille, die bei der regen Aufmerksamkeit und lebhaften Feuertätigkeit des Gegners sich von vornherein als ein Unternehmen auf Leben und Tod darstellte, meldeten sich ohne Zögern freiwillig die Jäger Dannenberg und Hölzig. In der Morgendämmerung des 25. 10. 14 bestieg jeder von ihnen eine der Weiden und spähte von da zum Feinde hinüber. Eine Zeitlang blieben sie unbemerkt, dann aber wurden sie entdeckt und unter Feuer genommen. Die beiden Jäger aber ließen sich nicht schrecken, sondern hielten getreulich auf ihrem Posten aus und setzten die Beobachtung fort, bis sie, beide von demselben Schrapnell schwer ver wundet, zur Erde hernieder stürzten. Zur Belohnung für ihr tapferes Verhalten wurden Dannenberg und Holzig zur Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ein gegeben. Ein Mann, der wie wenige andere wegen seiner militä rischen Tüchtigkeit und seiner Ünerschrockenbeitvon Vorgesetzten und Kameraden geschätzt wurde, war der Oberjäger A eh ne lt aus Dresden von der 4. Kompagnie, der sich auch als erster der Kompagnie das Eiserne Kreuz erworben hatte. Eine besonders dankbare Erinnerung wird ihm wegen folgenden Beweises von Mut und Entschlossenheit bewahrt: Vor dem Eingang zu einem Unterstände, in dem sich gerade ein Offizier und mehrere Jäger befanden, waren vorüber gehend zwei schadhaft gewordene Handgranaten niedergelegt morden. Infolge eines unglücklichen Zufalls — vermutlich durch ein feindliches Geschoß gerieten Zündschnur und Umhüllung der einen Granate in Brand. Als das die in der Nähe stehenden Jäger bemerkten, beeilten sie sich, sich in Deckung zu bringen; nicht so Aehnelt, der an die Leute im Unterstände dachte. Der eigenen höchsten Lebensgefahr nicht achtend, sprang er schnell hinzu, ergriff die glimmende Handgranate und warf sie, so weit ec konnte, vor die Brustwehr; noch im Fluge explodierte sie, verletzte aber nur einen Mann leicht. So rettete Aehnelt mehrere Menschen vom Tode oder von schwerer Verwundung. Leider fügte es das Schicksal, daß er die ihm für diese Tat zu gedachte weitere Auszeichnung nicht mehr erlebte: kaum eine Stunde später traf ihn ein feindliches Jnsanteriegeschoß mitten ins Herz.