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Nr. 21. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, Sen 17. Februar 1916. Sette 3. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 16. Februar. (Die Lage in Albanien.) Die „Deutsche Tageszeitung" läßt sich aus Genf weiden: Die Lage Albaniens er- scheine in militärischen Kreisen tragisch. General Jrkow beweise strategisches Hochtalent, weil er die Besetzung von Berat, Fiert und Eibeffan geheim hielt. Falls Fiert sich wirklich in bulgarischen Händen befinde, müßten sich die Truppen in Mittelalbcntrn dem Sie L«r unterwerfen oder nach Italien eingrschifft werben. Gefterreich-Ungarn. (Zar Ferdinand in Wien.) Im Anschluß an den Gegenbesuch, den der König von Bulgarien Kaiser Wilhelm im Großen Hauptquartier abgestattet hat und an dem seine polt- ttschsn und militärischen Ratgeber teilgenommen haben, hat Zar Ferdinand auch beim Oberstkommandterendsn Erzherzog Friedrich im österreichischen Hauptquartier geweilt und zum Schluß dem ehrwürdigen K äser Franz Joseph in Schönbrunn seine Aufwartung ge macht. MmistrrprKsidenL Radoslawow, GsneralstabS- chrf Islam, sowie anders Militärs befanden sich auf der Wiener Reise im Gefolge der Königs, um genau wie bei dem Besuch im deutschen Hauptquartier mit den maßgebenden politischen Persönlichkeiten der Doppelmonarchie ihre Gedanken aurzutauschen. In einer Unterredung die unmittelbar nach dem Besuche in Schönbrunn stattgefunden hat, gab der bulgarische Ministerpräsident in begeisterten Worten seiner Zu friedenheit Ausdruck übir dm großartigen Empfang, den der König und seine Begleitung sowohl bei dem Kaiser, wie auch Ser der Wiener Bevölkerung ge. sanden haben. Türkei. (Die Türkei teilt den deutschen Standpunkt gegenüber Amerika.) Sowohl die türkische Regierung, wie die gesamte türkische Presse teilen in den schwebenden deutsch-amerikanischen Ver handlungen durchaus den Standpunkt Deutschlands. Man rühmt an den Erklärungen des Reichskanzlers und deS Unterstaatssekretärs Zimmermann die ernste Würde und den festen Entschluß, der Ehre Deutschlands nicht- zu vergeben. Dis amerikanische Diplomatie in Konstantinopel hat während des letzten Jahres große Anstrengungen zur Befestigung der beiderseitigen Be ziehungen gemacht. Die amerikanischen Interessen in der Türkei auf wirtschaftlichem und kulturellen Ge biete befinden sich in fortschreitender Entwicklung; str-d doch bloß in Kleinasten über 350 vpn amerikanischen vhilantrophischen Gesellschaften unterhaltene Schulen tätig, ferner ist die amerikanische Universität in Beirut und das berühmte Robert-Kolleg« in Konstantinopel zu nennen. England. (Bestürzung in England we gen der Einberufung der Wehrpflichti gen.) Der »Corriere della Sera" in Mailand meldet aus London, daß die sofortige Einberufung sämtlicher Unverheirateten von 31 bis 40 Jahren zum 18 März in ganz England das größte Erstaunen hervorrief, in vielen Kreisen sogar Bestürzung verursachte, weil man erwartet hatte, daß zunächst nur ein weiterer Teil der Unverheirateten einberufen werden würde, nachdem di« m Alter von 19 bis 30 Jahre stehenden Männer sich bereits im Januar stellen mußten. ManAlegt auch Verwahrung dagegen ein, daß die Gerichtshöfe zur Prüfung von BefreiungSanträgen nicht mehr genügend Zeit hätten, ihres Amtes zu walten. Durch die sofor tige Einberufung aller Klaffen der Unverheirateten werden mit einer Warnungsfrist von nur einem Monat alle Verheirateten von 19 bis 40 Jahren einziehung- fällig. Rußland. (SasonowüberdieDauerdes Krieges.) Bei dem Empfang, den Sasonow Ende Ja nuar den Detretern der russischen Presse gewährte, äußerte er sich, wie bereits gemeldet, auch über die Dauer des Krie ges. Einen vierteljährigen Krieg wird vor allem Deutschland aus finanziellen Gründen nicht aushalten. (?) Aus einen Sommerfeldzuq mutz man aber gefaßt sein und sich sehr eif rig rüsten. Wahrscheinlich wird der Krieg noch das ganze laufende Jahr hindurch währen. Bestenfalls dürfe er im November beendet sein. Czernowitz, 15. Februar. (Planlosigkeit und Ungewißheit:-mrussifchenLaq er.) Wie ru mänische Blätter aus Tultscha melden, herrschen nach Aeu- P.erungen russischer Offiziere in der Heeresleitung weitgehende Differenzen. Nur der Zar und einige Persönlichkeiten aus seiner nächsten Umgebuna seien für die Fortsetzung der russi schen Offensive, um den Eindruck des vollständigen Mißer folges aller Aktionen seit Uebernahme des Oberkommandos durch den Zaren zu verwischen. Es fehlt aber auch nicht an Stimmen, die davor warnen. „Nützliche Slowo" vom 2. Februar berichtet über HungerskrawaUe in Koska. Die unerschwinglich hohen Preise und der Mangel an Lebens mitteln führte zu starken Ausschreitungen, an denen sich der Mittelstand beteiligte. Zmeihundertfünzia Geiellschastsläden sind vollständig zerstört. Polizei und Militär waren der Empörung nicht gewachsen, die Krawalle wiederholten sich zwei Tage nacheinander. — (Roheitsakte im Petersburger Der- kehrsleben.) Zufolge der Uebersüllung der Straßenbah nen sind zahllose Rohcitsakte im Petersburger Derkehrsle- ven begangen worden. Täglich ereignen sich unglaubliche Szenen. In Bassenajastra warf ein ru-stscher Offizier in voller Fahrt zwei zwölfjährige Knaben aus dem üdcrfüllien Wagen. Einer wurde schwer verletzt, der andre totgefahren. Auf dem Newski Prospekt warf eine cpttgekleidete Frau ein Dienstmädchen auf das Stratzenpflaster, sodaß cs die Hand brach, ein kleines Mädchen wurde in lierischer Weise mißhandelt, ^sodatz es an einer Gehirnerschttllerunq verstarb In keinem Falle schritt die Polizei gegen diese Roheitsver brechen ein. Das Petersburger Kriegsgericht verhandelte ge gen sieben Arbeiter wegen ihrer Zugehörigkeit zur interna tionalen sozialdemokratischen Partei Zwei von ihnen wur den zur Verbannung nach Sibirien verurteilt, die übrigen freiqrsprochen Aus den Aämpfen um die Lorettohöhe. Bei dem gewaltigen Angriff am 16 Juni 1915 hat sich der Kanonier Radecke als Fernsprecher de sonders hervorgetan. An diesem Tage war die Hölle auf Erden. Die zehn Fernsprecher der Batterie waren ständig unterwegs, um die 3000 m Draht, besonders zwischen Beobachtung und Feuerstellung in Ordnung zu halten. Manchem wurde hierbei der Draht unter den Händen zerschossen. Rodtcke war vor dem Waide an der Leitung beschäftigt, als mit laut hörbarem Rauschen ein „Schwerer" angesaust komm? und gerade bet ihm einschlägt. Radecke ist verschwunden; dafür eine dichte Rauchwolke. Unversehrt tritt er aus der Wolke, ein Drahtende in der Hand und ruft lachend: „Hat die Bande schon wieder unseren Draht zer schossen !" Auf dem Rückweg mußt- die 3 Batterie in da« Dorf selbst hinein, dessen Eingang der Feind unter schwerstem Trommelfeuer hielt, um den Durchmarsch unserer Reserven zu verhindern. Vor der Feuerhölle stutzte die Batterie; doch vorwärts! Radecke voran! „Fernsprecher müssen gründliche Krbeir leisten." An einer Straße Löschung entlang suchen die Fernsprecher eiligst den Schutz der ersten Häuserruinen auf, und flicken knieend Himer einer Kiebelmauer den Draht. Da ein Krachen und Tvsen in nächster Nähe, Steine fliegen ihnen an den Kopf; atembeschwerender Kalk staub umwirbelt sie. Als dis Fernsprecher wieder klar sehen, bemerken sie, daß der obere Teil der Wand fortgeriffen ist von einer Granate, die auf der Straße dann explodierte, aber ihre Sprengwirkung gen Himmel gerichtet hatte. Radecke geht wieder ruhig weiter an die Arbeit. EZ kam der 18 August. Wie aus heiterem Himmel wird plötzlich die Batterie von einem Hagel von Geschaffen zugrdrckt, die, alle wohlgezielt, zwischen den Geschützen krepieren. Die Bedienung schützt sich, da sie Feuerpause hatte, in den Unterständen. Radecke lauscht am Fernsprecher. Da, Kommandos von der Beobachtungsstelle: „Sperrfeuer, Schnellfeuer!" Laut ruft er es hinaus dem Batterieführer zu. Seine Stimme verhalt in dem Getöse. Rasch drückt er einem Kameraden den Fernsprecher in die Hand und hinaus ist er. Inzwischen hat der Batterieoffizier das Kommando ausgenommen, doch Stimme und Signal versagen in dem Getöse; da rennt Radecke, der die kritische Situation erkennt, an sein Geschütz und jagt selbst die ersten Schüsse hinaus. Die Be dienung eilt nun an die Geschütze. Als jemand Radecke ein Geschoß hinreicht, wird die Kartusche von Granatsplittern getroffen und explodiert, ohne beiden zu schaden. Im selben Augenblick sinkt neben ihm ein Mann tödlich getroffen zu Boden, doch das Ge- schütz schießt weiter. Radecke will nun zum Fern sprecher zurück, als er bemerkt, daß ein anderes Ge schütz kaum noch schießt. Er rennt dorthin, zwei Mann waren verwundet, die beiden anderen durch Sprengstoffgase halb betäubt. Er lädt und zieht ab. So folgt Schuß auf Schuß. Da, ein lauter Krach, das Geschütz hat fast eine Viertelwendung gemacht. Ein Volltreffer hatte die Lafette in die Luft geworfen; ein Rad war halb fortgeriffen. Während das Geschütz wieder eingerichtet wird, reißt ein zweiter Volltreffer die über der Kanone zam Schutze gegen Schrapnells liegenden Balken weg, ohne Schaden anzurichten, Radecke bleibt am Geschütz, bi« der erfolglose An- griff abflaut. Der unerschrockene Mann, dem die Batterie längst den wohlverdienten Lohn hat zuteil werden lassen, stammt aus Bernburg. eise Stimme aus Sem SWWwiM. Butter, Butter wollt ihr haben, Und ihr lärmt und ihr krakeelt. Denkt an uns im Schützengraben, Wo's doch an so vielem fehlt! Ueberlegt euch, lieben Leute, Mal des Vaterunsers Sinn! „Brot" — so lautet's — gib uns heute", Doch von Butter steht nichts drin! Denkt an die, die mutig streiten Unentwegt sür's Vaterhaus; Schallet in den großen Zeiten Kleine Alltags Sorgen aus! Hebt den Blick zu allen denen, Deren Liebstes nahm der Tod, Die nur mit dem Salz der Tränen Nässen heut' ihr täglich Brot! Wißt ihr nicht, daß lautes Klagen Noch den Mut des Feindes mehrt? Schweres habt ihr nicht zu tragen An der Heimat sicherm Herd! Statt zu schimpfen und zu fluchen, Sage sich der Patriot: Dem Besiegten schmeckt kein Kuchen, Doch dem Sieger — trocken Brot! EM Feldgrauer im Ostcn. — Zentner 4 Mark — gelangen morgen, kreHag, vorrnMug auf dem Bahnhof Pulsnitz zum Verkauf. Die Kartoffeln sind uns zur Versorgung der Mitglieder bis März zugewiesen und können diejenigen, welche bei uns Bestellungen aufgegeben Haden, nur einen Zentner pro Familie erhalten. — Weiters Opferungen sind in den nächsten Tagen zu erwarten. ZU gWWN MMSIMM. Von meinem großen Abschluß im Osten bringe ich u. a. nach Station Pulsnitz, sobald versandtsähiges Wetter eintritt, bis laufend 1. Avr-l't^^ MD WtMWWWM, Wichte öpO-WWötl. Bestellungen auf Abnahme nimmt Alwin Prescher entgegen. Ergebenst Paul Weitzmann. »s- MkMne LLL WvMMto GM 6MG, 1,L,S,10,A,SW. als Ersatz für Messinggewichte empfiehlt E. Bergens Nachf. (I. E. Seifert). Mit wirklich überraschender Kühnheit ist es dem Leutnant Berg, dem Führer der deutschen Prisenmannschaft, gelun gen, den englischen Dampfer „Appam 'von der westafrikanischen Küste nach einem nrrdcnnritc nisäsin Hafen zu bringen. Es war eine der abenteuerlichsten Fahr ten, die je ausgeführt wurden, denn es gelang, die englische Wachsamkeit in je der Beziehung zu täuschen. Der Dampfer liegt jetzt in Amerika und er wird wahrscheinlich als Prise erklärt werden. Das vielgenannte PLisenschiff „App am".