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Pulsnitzer Wochenblatt : 24.02.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191602241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19160224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19160224
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-02
- Tag 1916-02-24
-
Monat
1916-02
-
Jahr
1916
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 24.02.1916
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Nr. 24. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 24. Februar 1916. Seile 3. Ghorn. (Vortrag.) Nächsten Sonntag, den 27. Februar, nachmittag 4 Uhr wird Herr Lehrer Fiebig aus Bausen im hiesigen Obstbauverein einen Vortrag halten über das Thema „Vogelschutz nach Freiherr von Berlepsch" Zu diesem Vortrage sind die Mitglieder, sowie deren Frauen und alle Natur- und Vogelsreunde herzlichst eingeladen. Aamem. (Verbesserung der Zugver bindung Kamen z-E l st r a.) Eine gewiß vielseitig mit Freude begrüßte Verbesserung der Zugverbindung Kamenz—Elstra tritt am 1. März in Geltung. Von diesem Tage an wird der Personenzug, welcher setzt Sonn- und Feiertags nachmittags L Uhr Kamenz verläßt und bis Bischofswerda verkehrt, auch Werktags zur Abfertigung kommen, aber nur bis Elstra verkehren, von wo aus er als Güterzug zurückkommt. An Sonn- und Feiertagen bleibt der Zugverkehr wie bisher Aamens. (DieBeschälstation Kamenz) ist am 15. d. M. mit vier Hengsten besetzt worden (1 Belgier, 1 Ardenner und 2 Oldenburger). Die Stutenbesitzer werden erneut darauf hingewiesen, zur Hebung der sächsischen Pferde zucht ihre Stuten recht zahlreich den Hengsten zusühren zu wollen. Wie allfährlich, findet auch dieses Jahr, und zwar am 5. Mai, Stuten- und Fohlenmusterung statt. Zur Vor führung gelangen die unter Zuchtbedingungen verkauften Zuchtstuten und drei- und vierjährige selbstgezogene Stuten. Die Anmeldung hat spätestens bis 15. März bei der Beschäl station Kamenz zu erfolgen. Dresden, 21. Februar. (ZumTode dessäch sischen Ministers.) Am gestrigen Tage hat ein um seinen König und sein Vaterland hochverdienter Mann, dessen Namen in hohen Ehren im Buche der Geschichte unseres engeren Vaterlandes verzeichnet steht, die Augen geschlossen: vr. Conrad Wilhelm von Rüger ist nach einem arbeits- und segensreichen Leben heimgegangen. Conrad Wilhelm von Rüger wurde am 26. Oktober 1837 als Sohn des damaligen Kgl. Sächs. Hauptmanns von Rüger geboren. Am 19. Juni 1901 wurde er zum Staats- und Justizminister, am 11. Fe bruar 1902 zum Vorstande des Finanzministeriums berufen. Vom 1. Mai 1906 ab führte er in dieser letzteren Stellung den Vorsitz im Gesamtministerium und bei den in Lv-moeiicis beauftragten Staatsministern. Am 30. November 1910 trat er von seinen Aemtern zurück. Mannigfache äußere Aus zeichnungen und zahlreiche Gnadenbeweise dreier Könige, so im Jahre 1904 die Verleihung des Hausordens der Rauten krone, 1906 diejenige des erblichen Adels, find ihm zuteil ge worden ; ein überaus huldvolles Handschreiben Sr. Majestät des Königs war das letzte schöne Glied in dieser Kette. Ziel der Rügerschen Finanzpolitik war die Herstellung und Be festigung des Gleichgewichts im Staatshaushalte aus ge sunder, dauernd gesicherter Grundlage. In dieser Hinsicht Haden sich die Rügerschen Grundsätze als von großem bleiben den Segen für die Entwickelung des Staates erwiesen. Zu alledem hat Rüger mit besonderer Sorgfalt und Sachkennt nis das schwierige Verhältnis der bundesstaatlichen zu den Reichssinanzen zu behandeln verstanden. In Rüger ist ein ganzer deutscher Mann und ein treuer Sohn der sächsischen Heimat dahingegangen. Möge es unserem Sachsenlande nie an solchen Führern und seinen Königen nie an solchen Rat gebern fehlen. Dresden, (lieber die Umsatz st euer) ver handelt die Nechenschaftsdepulation der n. Kammer in ihren letzten Sitzungen. Die Regierung teilte dabei mit, sie sei bereit, den Gemeinden den Abbau der Umsatzsteuer und die die spätere Aufhebung dieser Steuer zu empfehlen. Eine so fortige Aushebung könne mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Steuer gesetzlich noch bis 1924 bestehe, 7icht in Frage kommen. Zittau. (Polizei st unde) Für Volks- und Fortbildungsschüler und Mädchen ist in der hiesigen Amts- hauptmannschast eine Polizeistunde eingeführt worden. Dar nach ist Volksschiilern der Besuch von Gast- und Schank wirtschaften, Lichtspiel-Theatern nur in Begleitung von Eltern, Erziehern oder Lehrern und auch dann nur bis abends 8 Uhr gestattet Der Aufenthalt aus öffentlichen Straßen und Plätzen nach 8 Uhr abends in der Zeit vom 1. September bis 30. April und nach 9 Uhr abends in der Zeit vom 1. Mai bis 31. August ist ihnen nur in Begleitung Er wachsener erlaubt. Oberlungwitz. (Trotz der hohen Butter- Preise gibt ein hiesiger Gutsbesitzer seine Butter an Kriegersramn zum Preise von 85 Psg. das Stück ab. Sächsischer Landtag. Dresden, 21. Februar. (Zweite Kammer.) Am Re- § gierungstische Gras Vitzthum v. Eckstädt. Präsident Dr. Vogel eröffnet die Sitzung kurz vor 6 Uhr mit einem ehrenden Nachruf für den verstorbenen ( Staatsminister Dr. v. Rüger. Das Haus tritt sodann in die ' Tagesordnung ein, auf der als einziger Punkt die Inter- i pellation Dr. Böhme und Genossen betr. die Wahl Dres dens als Sitz der Zigarettentabak-Einkaufszentrale steht Abg. Dr. Böhme (Kons.) begründet die Interpellation. Bei etwaigen Eingriffen in das Wirtschaftsleben sei folgendes zu fordern: 1. Jede Maßnahme, die in das Wirtschaftsleben eingreift, muß zunächst die sachliche Notwendigkeit überhaupt haben; 2. mutz jeder Eingriff nur soweit gehen, als er zur Erfüllung des Zweckes unbedingt erforderlich ist. Die dritte Forderung ist eine zeitliche Beschränkung der Matznahmen, die etwa von feiten des Reiches getroffen werden Es seien gewisse Monopolbestrebungen im Gange zur Deckung der Bedürfnisse des Reiches. Die Regierung möge sich schon jetzt dazu erklären. Redner begründet dann im Einzelnen diese Forderungen und legt dar, datz Dresden seit langen Jahren Hauptsitz des Zigarettentabakhandels sei und infolge dessen auch Sitz der Einkauiszentrale werden müsse. Sehr befremdlich sei das Verfahren bei der Berliner Zentralein- kaussgefellschaft, bei der die bundesstaatlichen Interessen un berücksichtigt blieben. Wenn der Berliner Gesellschaft ibre Monopolbestrebungen gelingen, so würden dadurch die säch- kschen Interessen schwer geschädigt. Sollte die Regierung keine befriedigende Antwort geben können, so werde binnen kurzem dieselbe Interpellation eingebracht werden mit der Frage: Was gedenkt die Regierung zu tun, um das was wir wünschen, zum Ziele zu führen'? (Sehr gut! Allgemei ner Beifall.) Staatsminister Gras Vitzthum v. Eckstädt be antwortet die Interpellation: Die Regierung halte die For derungen des Interpellanten für durchaus begründet. (Bei fall.) Am 2. Dezember 1915 habe die sächsische Regierung die erste unbestimmte Nachricht über die Gründung der Ber liner Gesellschaft erhalten und am 19. Dezember ihren Ge sandten angewiesen, wegen des bei der Grüdung beobachte ten Verfahrens, wegen der Bedenken gegen die Notwendig keit und Zweckmäßigkeit der Unternehmung und wegen der an der Spitze stehenden Persönlichkeiten Einspruch beim Stellvertreter des Reichskanzlers zu erheben. (Beifall.) Die Regierung wünsche mit der Reichsverwaltung die Einfuhr billiger Tabake zu fördern, halte aber die Einkaussgesellschast nicht für das geeignete Mittel hierzu. Man würde vielmehr das gerade Gegenteil erreichen. Die Regierung fürchte, daß die hochentwickelte Dresdner Tabakindustrie und damit wich tige sächsische Interessen geschädigt würden. Auch bestehe Gefahr, datz der verdrängte Einzelhändler durch den englisch amerikanischen Trust ersetzt wird. Wenn eine Zentralein- kaufsgesellschast unbedingt nötig sei, dann gehöre der Sitz der Geschästsleitung unzweifelhaft nach Dresden, wo die Hälfte der Zigarettenindustrie und fast der ganze deutsche Zigarettenhandel vereinigt seien. (Lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses.) Auf Antrag Schanz (Kons.) wird die Besprechung der Interpellation beschlossen. Tagesgeschichte. Deutsches Reick. (Der Reichsverbal d der deutschen Presse) hielt am Sonnabend und Sonntag in Berlin sehr wichtige Gesamtvorstandssitzungen, unter Teil nahme der Mitglieder aus allen Teilen des Reiches ab. Zunächst wurde eingehend die drohende Papiernot beraten und Erwägungen darüber angestellt, wie eine Einschränkung des redaktionellen Teiles bei Zeitungen möglich sei, ohne zahlreiche Berufsjournalisten brotlos zu machen. Da be stimmt mit einer Einschränkung des Textteiles um 20 bis 40°/» zu rechnen ist, so hielt es die Versammlung vor allen Dingen für nötig, datz sensationelle Berichte über Skandal- vrozesse unterbleiben oder aus Angabe des Falles oder des Urteiles beschränkt bleiben. Weiter war man der Meinung, datz Küchenzettel stark verkürzt, im Handelsteil nur die wichtigsten Vorgänge gebracht werden Lotterie- und Ver losungslisten, sowie Auszeichnungen und Beförderungen ganz wegfallen; die Theaterkritik sich einer räumlichen Mäßigung befleißigt und manche Sonderbeilagen während der Kriegs zeit unterbleiben. Gewünscht wurde endlich auch größte Kürze der amtlichen Bekanntmachungen oder ihre Verwei sung in den Inseratenteil. Ein weiterer Punkt der Bera ¬ tungen bildete das Verhältnis der Redakteure zu den Verle gern, welches zu lebhaften Aussprachen führte Eingehend wurde sodann die wirtschaftliche Lage der Berufsgenossen schasten in der Kriegszeit behandelt, wobei nach den Berich ten aus den verschiedenen Teilen des Reiches besonders die große Not der freien Schriftsteller zutage trat. Den breite sten Raum endlich in den Verhandlungen nahm die Zensur- srage ein. Dabei fand ein Antrag Annahme, bei der ober sten Heeresleitung dahinzuwirken, daß die Zensur auf das gesetzlich zulässige Matz zurückgeführt und auf die rein mili tärischen Angelegenheiten beschränkt wird. Die nächste Deli- giertenversammlung des Reichsverbandes soll im September dieses Jahres in Berlin stattfinden. Berlin, 23. Februar. (Admiral v. Pohl ge storben.) Der bisherige Flottenchef Admiral v. Pohl ist hier gestorben. Türkei. Aonstantinopel, 23. Februar. (Derneue türkische Thronfolger.) Die Kammer nahm gestern die Zivilliste des Kaiserhauses an. Die Apanage des ver storbenen Prinzen Jseddin wurde unter seine Kinder und seine Frau geteilt. Prinz Wahideddin erhielt die Apanage als Kronprinz in Höhe von zwei Millionen vierhunderttaü- send Piaster zuerkannt. Damit ist Prinz Wahideddin als Thronfolger anerkannt. England. (651000 D r ü ck e b er g e r.) Lord Derby schätzt die Gesamtzahl der unverheirateten Männer im mili tärischen Alter, welche sich bisher nicht freiwillig gemeldet haben, auf 651000. Seit dem Erscheinen des Derbyschen Berichtes Mitte Dezember haben sich noch über 200000 Mann freiwillig eintragen lassen. Aegypten. (Ueber die Stimmung in Ae gypten) wird aus Konstantinopel geschrieben: Nach einem Berichte des „Tanin" sind trotz aller Vorkehrungen der Eng länder die Nachrichten von den Mißerfolgen an den Darda nellen und an der Jrakfront in beiden Volksschichten Egyp tens bekannt geworden. Auch die Ereignisse an der West- grenze Aegyptens und der Vormarsch der Senussi gegen das Niltal hätten großen Eindruck gemacht. Mehrere Stämme hätten sich bereits den Senussi angeschlossen. Im Sudan verdoppelten die Engländer den Druck aus die Eingeborenen die ihre Hilfe verweigerten. Das Erscheinen deutscher Unter seeboote an der ägyptischen Küste und die Torpedierung von englischen und ägyptischen Schiffen innerhalb der ägyptischen Hoheitsgewässer habe auf die Aegypter die größte Wirkung ausgetibt. Auszug aus der Verlustliste Nr. 257 der Königlich Sächsischen Armee. Ersatz-Jnsanterie - Regiment Nr 32. Tittel, Paul (8. Komp) aus Pulsnitz — gefallen. Freudenberg v, Max (10. Komp.) aus Pulsnitz — verl. Schäfer, Walter (11. Komp.) aus Niedersteina — verl. 13. Infanterie - Regiment Nr. 178. Nitzsche, Otto (9. Komp.) aus Großröhrsdorf — durch Unfall verl. Reserve - Infanterie - Regiment Nr. 211. Nitsche (Nitzsche?), Paul Robert (4. Komp.) aus Ohorn — bisher vermißt, ist gefallen. Landmetzr-Infanterie-Regiment Nr. 99- Männel, Karl, Feldwebel (Genes -Komp. d. 2. Ers.-Batl.) aus Groß röhrsdorf — gestorben. Handelsnachrickten. rvien, 22. Februar. Der Verwaltungsrat der Oester- reichischen Petroleumindustrie A.-G in Wien hat beschlossen, für das am 31. Dezember 1915 zu Ende gegangene Geschäfts jahr die Verteilung einer Dividende von 50 Prozent -100 Kronen pro Aktie vorzuschlagen. London, 22. Februar. Die Aussichten der argentini schen Maisernte sind nach den jüngsten telegraphischen Nach richten unaüngstig. London, 22. Februar. Laut Wochenbericht von Mo- catta and G ldsmith notierte Silber 27 7/8 d. Der Markt war sehr begrenzt bei geringem kontinentalen Münzbegehr. Die indischen Bazars sind unfähig. China ist unentschieden. Das amerikanische Angebot ist mäßig. Voraussichtliche Witterung. 25. Februar: Milder, ziemlich trüb, Schnee. Die „Gotogräfin". Roman von O. E l st e r. 7) (Nachdruck verboten.) Um ihre Lippen zuckte ein spöttisches, etwas bitteres Lächeln. Auf ihrer Stirn zeigte sich eine Wolke und ihre Augenbraunen zogen sich finster zusammen. „Soviel ich weiß, gnädige Frau," sagte Fredy, durch ihren Spott unangenehm berührt, „stammen Sie selbst aus einem alten, feudalen Geschlecht." Sie lachte. „Ja, ich bin eine geborene Gräfin Richnow, daher habe ich auch den Spottnamen einer Totogräfin. Nun, Sie werden die letzten Vertreter dieses alten feudalen Geschlechts in Totenhagen kennen lernen. Meine Eltern haben bei mir Wohnung genommen." „Ich glaubte, Ihre Eltern wohnten in Berlin?" „Seit ich Witwe bin, habe ich sie zu mir genommen," entgegnete die Totogräfin kurz und gab dem vorderen Sattel- Pferd einen scharfen Peitschenschlag, daß es erschreckt kurz aufbäumte, aber von der festen Hand Wandas gebändigt wieder in ruhigen Trab verfiel. Fredy merkte, datz das Thema des Gesprächs ihr unangenehm war, und schwieg deshalb. Auch die Toto- Näfin hüllte sich in Schweigen und beschäftigte sich mit den Pferden. Fredy warf heimlich einen prüfenden Blick auf ihre Gestalt. Sie war in einen einfachen, graugrünen Sportdreß gekleidet, der ihre schlanke Gestalt knapp umspannte. Auf ihrem goldblonden Haar, das sich eigenwillig kräuselte, saß em grüner Jagdhut mit einer Spielhahnseder. Ihre Hände waren mit rotbraunen Handschuhen bekleidet, ihre Füße mit «erben, aber eleganten Schnürstiefeln. Sie machte ganz den Eindruck einer vornehmen Guts- aesitzersfrau und doch lag über ihrem Wesen ein Etwas, «as fremdartig und seltsam anmutete. War es die Freiheit ihrer Sprache, ihrer Bewegungen, die ost wie zum Trotze vas Damenhafte verleugnete? Oder war es der Reiz ihres Mnen, edel geschnittenen Gesichts, über das öfter eine düstere Wolke huschte, so datz sich die dunklen Braunen un- Autig zusammenzogen und um ihre vollen roten Lippen ein bitterer Zug zuckte? Trotz allem Reichtum, der sie umgab, trotz all der Sicherheit, mit der sie auftrat und sich bewegte, merkte ein <Wichttger Beobachter es ihrem Wesen an, datz sie sich nicht Mcklich und befriedigt fühlte. Fast ein Gefühl des Mitleids quoll in Fredys Herzen mit dieser Frau empor, deren Leben aus der gewohnten Bahn geworfen zu sein schien, oder die selbst trotzig und stolz die eigenen Wege gewählt hatte, die sie von der Welt, in die sie durch ihre Geburt und Familie gehörte, immer weiter entfernten und ihr den Spott der Menge einge tragen hatten Jetzt durchfuhr man ein armseliges Dörfchen, auf dessen staubiger Gasse einige zerlumpte und schmutzige Kinder spielten. Etruppische Dorsköter stürzten mit wütendem Ge kläff aus den Wagen zu. Ein Peitschenschlag der Toto gräfin traf sie, datz sie heulend davonliefen. Neugierig starrten die Kinder dem vornehmen Gefährt nach; in einigen Haustüren standen Männer und Frauen, die arm und elend aussehen und mit düsteren Blicken dem Wagen nachschauten, ohne Miene zu machen, zu grüßen. „Gehört das Dorf zum Schloß?" fragte Fredy. „Ja, und Sie wundern sich wohl, daß hier alles so verkommen und verlottert aussieht? Aber was soll ich mich um diese Leute kümmern, die mich hassen, weil ich reicher bin als sie." „Könnten sie nicht durch Güte versöhnt werden? fragte Fredy. Sie lachte wieder ihr spöttisch klingendes Lachen. „Ich habe es versucht," entgegnete sie. „Zum Danke dafür haben sie mir eine Scheune und einen Pferdestall an gezündet. Die Brandstifter sitzen jetzt im Zuchthaus. Seit dem bekümmere ich mich nicht mehr um diese Menschen. Meine Pferde sind mir lieber. Spiel n Sie übrigens Tennis?" setzte sie plötzlich hinzu. „Allerdings . . ." Oh, da müssen Sie zum Tennisturnier kommen, das demnächst in Zoppot stattfindet. Ich hoffe dort die Gräfin von der Schulenburg zu besiegen." Ich hörte schon, datz Sie eine Meisterin im Tennis spiel sein sollen," erwiderte Fredy höflich. „Ich hoffe es zu werden," sagte sie und lenkte in eine prächtige Kastanienallee ein, die zu dem Gutshof und dem Schloß von Totenhagen führte. Durch ein altertümliches Tor, das noch das Wappen der adligen Schlotzbesitzer zierte, gelangte man auf den Schloß- Hof, dessen Seiten durch Scheuern und Stallungen umgeben waren, die jedoch durch Gebüsche und hohe Bäume verdeckt wurden. In der Mitte des Platzes befand sich ein Brunnen, der von Fliedergebüsch umschattet wurde. Melancholisch ragte die zerbröckelte Figur eines Ritters aus den blauen Blüten des Flieders auf. In scharfer Kurse fuhr Wanda vor der Freitreppe des Schlosses vor, eines grauen, langgestreckten Gebäudes, mit vielen Fenstern und von einem turmartigen Aufbau ge krönt, in dem sich eine Uhr befand. Zwei Teckelhunde sprangen kläffend an dem Wagen empor. Ein Diener in dunkler Livree eilte herbei. Aber Wanda reichte dem auf dem Hinteren Platze sitzenden Kutscher die Zügel und sprang gewandt von ihrem Sitz, während Fredy an der anderen Seite herabstieg. „Seien Sie willkommen in Totenhagen!" sagte sie, mit einer Handbewegung ihn zum Eintritt in das Schloß ein ladend. „Ich gebe Ihnen eine Stunde Zeit zur Erholung von der Reise, dann bitte ich zum Lunch. Nachher wollen wir die Stallungen besichtigen." „Friedrich," wandte sie sich an den Diener, führen Sie den Herrn Baron aus sein Zimmer." - „Auf Wiedersehen, Herr von Bergheim." Sie reichte ihm die Hand, dann verschwand sie in einer Seitentür des halbdunklen Hausflurs, und Fredy folgte dem Diener die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo die Gastzimmer lagen. Wenn Fredy geglaubt hatte, in eine etwas abenteuer liche Umgebung zu kommen, so sah er sich angenehm ent täuscht. Alles hatte hier einen ruhigen, vornehmen Anstrich, wie man es auf den Schlössern alter Adelssamilien gewohnt war. Die Halle, Ler Korridor waren mit einigen guten Sportbildern geschmückt; ein roter Läufer bedeckte Fuß boden und Treppen, und sein Zimmer, das mit beiden Fenstern nach dem hinter dem Schlosse liegenden Parke hinausging, war von einer einfachen Vornehmheit in der Ausstattung, die sehr wohltuend wirkte. Aus dem Tische stand ein prächtiger Blumenstrauß. Freundlich schien die Sonne in die geöffneten Fenster, deren weiße Gardinen sich in dem frischen Winde blähten, der die Düfte des Parkes in das Zimmer wehte. Der Diener stellte die Handtasche Fredys neben die Toilette auf einen Stuhl, schlotz schnell die Fenster und fragte dann: „Haben Herr Baron noch Befehle. „Nein, ich danke," entgegnete Fredy. „Wollen Sie mich nur benachrichtigen, wenn es Zeit zum Diner ist." „Es wird zweimal geläutet, Herr Baron. Ich werde mir gestatten, Herrn Baron abzuholen." „Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar, da ich die Lage des Speisezimmers nicht kenne. Der Diener verbeugte sich und verschwand. (Fortsetzung folgt.)
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