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Nr. 13. Pulsnitzer Wochenblatt — Sonnabend, den 29. Januar 1916. Seite 2. General Pau bei der Armee Smirnow. Dll. von der Schweizer Grenze, 28. Januar. Wie schweizerische Blätter melden, ist der französische General Pau bei der Armee des Generals Smirnow eingetroffen, wo wichtige Ereignisse erwartet werden. Bl>m BEM. San Giovanni di Medua von den Oesterreichern besetzt? Bern, 27. Januar. Eine Meldung des „Secolo" aus Rom besagt: Nachrichten aus Durazzo zufolge sind in Mittelalbaien die ersten serbischen von Skutari geflüchteten Kolonnen ausgetaucht und San Giovanni di Medua von den Oesterreichern bereits besetzt. Aus Tirana wird ein bei Elbassan erfolgter Zusammenstotz albanischer Truppen unter Essad Pascha mit der bulgarischen, von Achrida vorstoßenden Vorhut gemeldet. General Wukowitsch hat sich gestellt. Wien, 27. Januar. Der montenegrinische General Wukowitsch, von dem die Entente-Blätter behaupten, daß er den Kampf gegen die österreichisch-ungarischen Truppen fortsetze, hat sich nebst zwei anderen Generalen den k. undk. Kommando in Danilovgrad gestellt. Ausruhr in Südalbanien. Lugano, 27. Januar. Die „Gazetta di Venezia" meldet aus Durazzo vom 19. Januar, infolge des Gerüchtes vom Herannahen der Oesterreicher sei ganz Südalbanien in Gärung. In Gavaja nehme die Bevölkerüng eine drohende Haltung gegen die Italiener ein. In den Bezirken südlich Berat seien die toskischen Stämme in vollem Aufruhr, sie hätten die stadt Berat besetzt und eine provisorische Re gierung eingerichtet. Alle Serben, denen man habhast werden konnte, seien niedergemetzelt, Die überlebenden Serben suchten über Korica auf griechisches Gebiet zu ent kommen. Die Verbindung nach Durazza und Valona sei gefährdet. Ser Krieg zur See. MinenIan der portugiesischen Küste! Loudon, 28. Januar. Die „Central-News" meldet aus Lissabon, datz nach amtlicher Mitteilung eine grotze Anzahl Minen im Golf von Biscava und an der nördlichen Küste von Portugal angetrieben sind. Die Art der Minen läßt darauf schließen, daß sie durch Unterseeboote ausgelegt wurden. As WiMM. Der montenegrinische Kronprinz 'soll die Absicht haben, "in die französische Armee einzutreten und die Thronsolge an seinen Äruder Mirko abzutreten. Die Entwaffnung des montenegrinischen Heeres nähert sich ihrem Abschlusse. Oesterreichisch-ungarische Truppen be setzten nun auch die Gegend von Gusinje. Die Verhandlungen Oesterreich-Ungarns mit Montenegro sind mit der Unterzeichnung des militärischen Aktes der Waffenstreckung militärischerseiis abgeschlossen. Die montenegrinische Königsfamilie ist — außer dem König — wieder aus Lyon abgereist. König Nikita erwartet in Lyon den Besuch Poincarees. Die russische Regierung entdeckte eine über das ganze Land verbreitete politische Verschwörung, deren Sitz Peters burg ist. Die Schwefelminen auf Sizilien mußten infolge der hohen Kohlenpreise geschlossen werden. Ungefähr 100 000 Ar beiter feiern. Der Kaiser schenkte bei seinem Besuch in Nisch den Bulga ren die ganze Kriegsbeute, die in Serbien in die Hände der deutschen Truppen siel. Die Oesterreicher haben am 26. Januar Alessio besetzt, auch San Givianni di Medua ist von ihnen besetzt. Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß die Türkei setzt über eine Wehrmacht von 2'/, Millionen Soldaten verfügt und nicht nötig hat, Truppen von anderen Frontensnach dem Kaukasus zu werfen. Sonntagsgedankm. In letzter Zeit bin ich oft gefragt worden: Ob wohl bald Friede wird? Wie lange dauert- noch? Wenn ich auch diese Frage vollkommen verstehe, bin ich doch manchmal darüber betrübt gewesen, einmal, weil ich sie nicht zu beantworten weiß, doch da hat mich da» beruhigt, daß wohl kein Mensch imstande ist, sie so zu beantworten, wie wir gern möchten. Aber betrübt hat mich», daß au» der Frage oft soviel Ungeduld und Mißmut spricht, und ich habe meist zur Antwort gegeben: Wir müssen» abwarten, müssen Se- duld haben, bi» Gotte» Stunde kommt. Denn Gott allein schenkt ihn, und die VolkSfübrer haben di« ge waltige Verantwortung, auf der Wacht zu stehen und die Stund« zu erkennen, wenn er heißt: Jetzt ist er Zeit! Denn der Friede den wir nach diesem furcht baren Ringen ersehnen, darf kein fauler Fried« sein, muß w«rt s«in der schweren Opfer, die gebracht worden find. Gott gibt Frieden und Gott gibt Sieg! Ich bin gefragt worden, ob denn Gott wüßte, aus welcher Seite er sich halten sollte, oder ob er nicht geradezu in Verlegenheit wäre. Diese Frage hat mich noch mehr betrübt, denn ich erkenne auch hierin, wie so oft, daß wir zu Gott in einem ganz falschen Verhältni» stehen und un» ganz fasche Begriffe von ihm machen. Wären wir wirklich noch nicht weiter gekommen! Ich habe zur Antwort gegeben: Gott weiß genau, wohin er sich wenden soll. Und wir habe« fort und fort Gelegenheit gehabt, Gotte» Absichten zu erkennen. Er hat stch sichtlich zu un» gestanden und wird allezeit da stehen, wo er die Seinen, seine Kinder weiß. Ich meine, eine deutlichere Antwort kann man auf die Frage: „Wohin wird sich Gott neigen?' nicht geben Aber find denn nicht unsere Feinde auch seine Kinder? Gewiß! Und indem ich da» zugebe, bleibt die Frage doch wieder offen: Jo, wohin soll nun Gott? Und die Antwort lautet: Er steht bei denen, die sich al» eine Kinder fühlen und die rechte Kindesstellung zu hm einnehmen. Da aber gibt e» unter un» noch viele, die wissen noch immer nicht, daß Jesu» dazu in der Welt erschienen ist, daß wir Gotte» Kinder würden, da» KindeSverhältniS zu Gott ist bei so vielen nicht zu finden, Gott ist ihnen gleichbedeutend mit „uner- sittlichem Schicksal", gegen das man nicht» tun kann. Gott ist ihnen rin Wesen, daß ihnen ferne steht und nicht weiß, wie ihnen zu Mate ist. Und wenn sie zu Gott beten, dann meinen sie, e» müsse alle» genau so kommen, wie sie'» begehren, und wenn nicht, dann ist Gott unbarmherzig, und man meint, allen Grund zu haben, ihm zu zürnen und den Verkehr mit ihm sb- zubrechen. Und ich denke oft, Gott läßt un» so lange vergeblich warten auf glücklicher« Zeiten, weil er auf un» und unser kindliches Verhalten zu ihm so lange vergeblich warten muß. Gott ist bei un», das ist durchaus nicht gleichbedeutend mit Sieg und Bewahrungen vor Schmerz und Widerwärtigkeitm. Unser Kaiser, dessen wir in diesen Tagen besonder» gedenken, hat wohl unter all dem Schweren, das ihm Menschen angetan haben, den Glauben an die Menschheit verloren, aber seinen Gott hat er nur immer bester kennen gelernt und hält an ihm umso fester: Ist Gott für mich, so tret« gleich alles wieder mich! „Ein Mensch mit Gott ist immer die Majorität!" Ja, ein einziger Mensch auf Gotter Seite siegt üver alle Feinde und Wider- wärtigkeiten. Unser Volk und jrder Einzelne sollte daS wissen und zur Gmüge erfahren haben. Gott weiß, wohin er stch neigen soll. Misten wirS auch? Isi. halb an dem ungeschmälerten Fortbestand der Türket auf da» lebhafteste interessiert und haben in ihm bereit» die größten Interessen zu vertreten. Jede Meile neuen Bahnbaus erschließt neues Land der Einwirkung euro päischer Kultur. Der Redner gedachte auch der großen und zukunftsreichen Bewästrrung»arSeiten deutscher Ingenieure. Durch Einführung der deutschen Pfluge» und andrer landwirtschaftlicher Maschinen an Stelle de» armseligen orientalischen Haken» suchen die deut- schen Eifenbahngesellschaften den Ackerbau zu heben. Schon sind dis Ernteerträgnistr beträchtlich gesteigert worden, und in Zukunft werden noch höhere erzielt werden können. — Herr Musikdirektor Frenzel bot un» auf der Violine eine der ernsten Stimmung der Feier angemessene Sarabande von Händel. Herr Lehrer Ulbricht erfreute durch zwei schlichte Soldatenlieder zur Laute. Rinderchöre, darunter zwei von Herrn Ober lehrer Kantor Bartusch in Musik gesetzte, und Gedichts- vorträge brachten die notwendige Abwechslung in die Feier. Mit dem allgemeinen Gesänge „Der ewig reiche Gott . . ." nahm sie ihr Ende. — (Kirchen-Kollekte für Soldaten- Heims.) Auf Anordnung des Evangel..luth. Land«»- chnststorium» wird an Kaisers Geburtstag d». Js„ so wie auch an dem darauffolgenden Sonntage in den Kirchen de» Landes «ine Kirchenkollekte für allgemeine Kriegszwecke, insbesondere für deutsche Soldatenheime im Felde gesammelt werden. Je länger der Krieg dauert, destomehr mästen unsere Soldaten draußen die Heimat entbehren. Die Soldatenheime sollen ihnen ein Stück Heimat bringen. Sie bieten in den damit verbundenen Erfrischungsräumen heimisch« Kost zu billigen Preisen, sie vermitteln vor allem aber geistige und geistliche Anregung bei gemütlichem und trautem Aufenthalt. Sie pflegen die Musik, sie bieten Ge legenheit, bei allerlei Spielen Freistunden anregend zu verbringen, sie helfen durch gut auSgestattete Büchereien da» große Lesebedürfnis befriedigen. In ihnen findet der Soldat sein« Heimatszeitung und Ruhe und Gelegenheit nach Hause zu schreiben. Ueber- all wo bi» jetzt solche Heime eingerichtet worden find, hat man sie aus das dankbarste begrüßt. Etwa 130 Heime bestehen bis jetzt schon an der West- und an Ser Ostfront, neuerdmg» sind auch in Konstantinopel zwei deutsche Soldatenheime eingerichtet worden. Unter ihnen befinden sich große Häuser, die einen Tage»besuch von 3—4000 Mann aufweisen und kleinere SMüMSüSMüKW Der deutsche Kriegs-Tagesbericht von heute besagt: Dresden, 29. Januar 1916, nachm. '/,3 Uhr. In Pulsnitz erhältlich beim Städtischen Elektrizitätswerk. OerMcdes unv VäÄzsisckss. Pulsnitz. (Kaiser» Geburtstag) verlief in unserer Stadt, der ernsten Zett entsprechend, sehr ruhig. Die öffentlichen Gebäude, sowie einige Prtvatgebäude hatten Flaggenschmuck angelegt. — Im Schützenhaus saale fand abend» 8 Uhr ein Militär - Konzert statt, ausgeführt von der Kapelle de» 2. Ersatz Bataillon» de» 13. Infanterie-Regiment» Nr. 178. Nach Verklin- gen einiger Konzertvorträge nahm Herr Bürgermeister Dr. Michael Gelegenheit unseren Kaiser al» Frieden»- kaiser, als Förderer von Industrie und Handwerk, von Kunst und Wissenschaft zu feiern, dem nach jahrelan- ger erfolgreicher FrtedenSarbeit da» Schwert in die Hand gedrückt wurde. In ein dreifache» Hoch auf unseren obersten Krieg»herrn stimmten alle Anwesen- den begeistert ein. Leider ließ der Besuch de» Kon zerte» zu wünschen übrig, sodaß von einem Reinge- winn zum Besten der hiesigen Lazarette nicht die Rede sein kann. In der Kirch« wurde am vergangenen Mittwoch in der KrtegSbetstunde de» Geburtstage» S. M. de» Kaiser» gedacht und morgen, Sonntag werden die Militäroereine aller Parochien de» Bezirke» durch ge- meinsamen Kirchgang den Geburtstag unseres Kaiser- würdig begehen. — In der Schule fand Donnerstag vor mittag ein FestaktuS statt über dessen Verlauf wir nach stehenden Bericht erhielten: Feierde» Geburt»- tag«»S.M. de» Kaiser» in der Stadtschule. Zur Schulfeier de» Geburtstage» S. M. unsere» Kaiser» am 27. Januar vormittag» 10 Uhr hatten stch zahl- reiche Freundt und Gönner der Schule eingefundem Unsere Verwundeten waren eingeladen worden und wurden von Herrn Direktor Schmalz herzlich begrüßt. Im Mittelpunkt der Feier stand der Vortrag de» Herrn Oberlehrer Engel über da» Thema: Die wirt- schastltche Erschließung der asiatischen Türkei. Die astatische Türkei ist ein Land mit un begrenzten Entwicklung»möglichk«iten. Wir find die»« Großes Hauptquartier, 29. Januar 1916. Amtlich wird gemeldet: Westlicher Kriegsschauplatz. Nordöstlich des Gehöftes La Folie (nordöstlich von Neuville) stürmten unsere Truppen den feindlichen Graben in 1500 IN Ausdehnung. Sic brachten 237 Ge fangene, darunter 1 Offizier und 9 Maschinenge wehre ein. Vor der kürzlich gewonnenen Stellung bei Neuville brachen wiederholt französische Angriffe zusammen, jedoch ge lang es dem Feinde einen 2. Sprengtrichter zu besetzen. Im Westteil von St. Laurent (bei Arras) wurde den Franzosen eine Häusergruppe im Sturm ent rissen. Südlich der Somme eroberten wir das Dorf Brise und etwa 1000 m der südlich anschließenden Stellung Die Franzosen ließen unverwundet 12 Offiziere, 927 Mann, sowie 13 Maschinenge wehre, 4 Minenwerfer in unsrer Hand. Weiter südlich bei Lihons drang eine Erkundungs-Ab teilung bis in die 2. feindliche Linie vor, machte einige Ge fangene und kehrte ohne Verluste in ihre Stellung zurück. In der Champagne lebhafte Artillerie- und Minen kämpfe. Aus der Combres-Höhe richtete eine französische Sprengung nur geringen Schaden in unseren Gräben an. Unter beträchtlichen Verlusten mutzte sich der Feind nach einem Versuche, den Trichter zu besetzen, zurückziehen. Bei AprLsmont (östlich der Maas) wurde ein feind liches Flugzeug durch unsere Abwehrgeschütze heruntergeholt. Der Führer ist tot, der Beobachter schwer verletzt. Der Luftangriff in Freiburg in der Nacht zum 28. Ja nuar hat nur geringen Schaden verursacht. Ein Soldat und zwei Zivilisten sind verletzt. Oestlicher Kriegsschauplatz. Die Lage ist im allgemeinen unverändert. Bei Berestiany wiesen österrreichisch-ungarische Vor truppen mehrfach russische Angriffe ab. Balkan-Kriegsschauplatz. Nichts Neues. (W.T.-B.) Ob er st e Heeresleitung.