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Nr. 4. Sa; Wichtigste. Das englische Unterhaus hat die Wehrpflichtsoorlage in er ster Lesung mit 403 gegen 108 Stimmen angenommen. Die englischen Arbeitsminister Henderson, Brace und Roberts sind zurückgetrelcn. Die englische Arbeiierkonserenz sprach sich mit 1710 000 Stim men gegen 934 OM Sümmen gegen die Wehrpflichts- vorlaoe aus. In Großbritannien wurden von den Militärbehörden alle Massenversammlungen gegen die allgemeine Wehrpflicht im Staatstnteresse verboten. Die Verluste der Russen an der beßarabischen Front und an der Stcypa werden von österreichisch - ungarischer Seite auf 80 OM Mann geschätzt. Die Kampftätigkeit in Ostgalizien und an der betzarabischen Grenze hat am Mittwoch wesentlich nachgelassen; rus sische Infanterie trat nirgends in Tätigkeit. Ein Kursus Uber „Deutsch - Türkische Wirtschastsfragen" ist in der Berliner Universität eröffnet worden Im Londoner Abkommen mit Italien ist der Punkt enthal ten, datz Italien für seinen Beitritt zu dem Abkommen zwei Milliarden Lire erhält. In Frankreich wird bereits die Jahresklasse 1917 in der Zeit vom 8. bis 9. Januar zur Vorbereitung der „großen Offensive" einberufen. " —'N» >! '!> l .4 " ! Ul!» UH SonnLagsgedankca. In den letzten Tagen war es so dunkel, die Sonne konnte nicht durchbrechen durch die Wolken, es wollte nicht recht hell werden. Das ist das Kennzeichen der Zeit, durch die wir jetzt gehen, das ist das Beängstigendste an dieser Zeit, daß sie so dunkel ist. Wir haben vor uns einen unheim lichen Kampf der Waffen und dahinter einen zähen Kampf der geistigen Mächte, einen Wirrwarr in der Völkerwelt, datz man bang fragen möchte: Was will das werden ? Auch der Kurzsichtigste erkennt es, datz ungeheure Umwälzungen sich vocbereiten, datz die Schläge der Weltenuhr eine neue Stunde der Geschichte ankündigen, datz wir vor einer tief einschneidenden Wende der Zeiten stehen. Wie es kommen mag, datz weitz keiner zu sagen. Wir erlebens, im Innersten getroffen, wie sie dahinsterben, die Jungen, die Tapferen, die Tüchtigen. Wenn der Novembersturm die welken Blätter von den Bäumen reitzt, dann ist das natürlich; aber wider die Natur geht es, wenn der Sturm im Frühjahr die grünen Blätter abreitzt und hin und her fegt. Wir sind ärmer ge worden als je zuvor an Glück an Freude, an geliebten Menschen; und wir werden am Ende noch vieles, vieles in kommenden Tagen hingeben müssen. Wir warten auf den Frieden und sagen es uns doch, datz Frieden schließen gewiß nicht leichter werden wird als Krieg führen. Die Gegen- wart ist dunkel, sehr dunkel. — Gibt es ein Licht auch für dieses Dunkel? Gottes Sterne sehen wir erst dann, wenn es ganz dunkel geworden ist. Nach Gottes Hand greifen wir am ehesten, wenn wir mit unsrer Weisheit und Kraft zu Ende sind. Datz wir diese Gotteshand jetzt doppelt fest- haltcn, dem Kinde gleich, das in finstrer Nacht die Vater hand nicht missen mag! Wir wissens doch, daß Gottes Hand das scheinbar sinnlose Durcheinander in der Völker- weit ordnet und sichtet und zurecht rückt; wir wissens auch, daß diese Hand, eines treuen Vaters Hand, die Geschicke der einzelnen Menschen leitet: „Es kann uns nichts ge schehen, als was Gott hat ersehen und was uns selig ist". Zu diesem Gott und Vater hat uns Jesus führen wollen. Und er konnte es. Denn er hat sich in allen Lagen seines Lebens in dieses seines Vaters Hand geborgen gewußt, im Leben und im Sterben, im Sturm, bei Haß und Feindschaft, einer Uebermacht gegenüber, von seinen Freunden allein ge lassen. Er kannte des Vaters Herz, seinen Heimatort, in dem Liebe wogte. Er mußte sein in dem, das seines Vaters ist. Nehmen wir in alles Dunkel dieser Tage nur den mit, der unser Vater sein will, der uns Hindurchhelsen will durch schwere Zeiten, der uns die Lasten segnen will. Dann ist es doch Licht. „Er ist Dein Licht, Seele, vergiß es ja nicht!" verMckes und Sücdsksszes. Pulsnitz. (Blinden-Konzert,) Wir ver säumen nicht, auf da« morgen, Sonntag, den 9. Januar, abend« 8 Uhr im Saale de« Hotel „Grauer Wolf' (Um Besten de« „Hetmatdank' (Krieg«blinde), sraft- findende Blinden-Konzeft hinzuweisen. Ein recht zahl- relcher Besuch wäre in Anbetracht de« gute» Zwecks sehr zu wünschen. — (Krieg«gesangenensendungen.) Wie un« der Lande«au«schuß der Vereine vom Roten Kreuz im Königreiche Sachsen mitteilt, ist e» nicht unbedingt nötig, die für Gefangene in Frankreich bestimmten Sendungen in Leinwand oder Oelletnen einzunähen. Die Pakete, die höchsten« 5 KZ wiegen dürfen, müssen aber sehr dauerhaft ve packt sein. Feste Holzktstchen oder stärkste Pappschachteln, die gut verschnürt sind, können al« praktisch empfohlen werden. Päckchen b<« 500 Gramm können auch al» Briefe (portofrei) — Krteg»g«fangen«nsendung — und ohne Beigabe einer Paketadresse aufgegeben werden. — (AmtlicheBekanntmachungen.)Nr.3 der Sächsischen Staat«zeitung enthält ein Verzeichnis über Sortterbelriebe, welche von der KriegSwollbedarfS- Aktiengesellschaft, Berlin, mit dem Ankauf der in Z 2 der Bekanntmachung, betreffend Beschlagnahme, Ver äußerung und Verarbeitung von wollnen und halb- wollnen Wirk- und Strickwarenlumpen und von wollenen und halbwollenen Abfällen der Wirk- und Strickwarenherstellung, bezeichneten Gegenstände für die Zwecke de« Heere«- oder Marinebedarf« beauftragt sind. — Nr. 3 der Sächsischen Staat«zeitung enthält eine Bekanntmachung de« stellvertretenden General kommando« über Verbot von «»«Verkäufen für Web« und Wirkwaren. Die stellvertretenden Generalkom mando« de» 12. und 19. Armeekorps geben folgende« bekannt: Aus Grund de« 8 9b des preußischen Ge- setze« über den BelagL.ung»zustand vom 4. Juni 1851 bezw. de« 8 4 de« bayrischen Gesetze» über den Krieg», zustand vom 5. November 1912 in Verbindung mit der allerhöchsten KabineU»order vom 31. Juli 1914, den Uebergang der vol-nehenden Gewalt aus die Militärbehörde bUr., werden hiermit für den Monat Pulsnitzer Wochenblatt — Sonnabend, den 8. Januar 1916. Januar jede Art von Sonderau»verkäufen, wie In- vmtar- oder Saisonau»verkäufe, sogenannte Weiße Wochen oder Tage, Propaganda- und Reklame-Wochen oder -Tage, sowie Verkäufe unter Ankündigung von herabgesetzten Preisen für Web- und Wirkstoffe und hieran» hergestellte Gegenstände und für alle Strick- waren verboten. — Da» Ministerium de» Innern er- läßt «ine Aufforderung, Anmeldung de» im Inland« befindlichen Vermögen» von Angehörigen feindlicher Staaten betreffend, welche wir in nächster Nnmmer bekannt geben werden. — (Verbot des Tanzunterrichts.) Anläß lich eines Falles, wo die Tanzstundenschüler nach Be md - gung des Tanzunterrichts sich ungebührlich und 'armc id be nommen haben, nimmt die Amtshaupimannschast Veranlas sung, für die gegenwärtige Kriegszeit die Abhaltung von TanzunterrichtI im Bezirk allgemein zu mrbiet"n. Zuwide-- handlungen gegen dieses Verbot werden mit Gestraft bis zu 180 M ooer Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Grossröhrsdorf. (Wegen land«»verräte- rischer Aeußerungen usw.) wurde von der Landgendarmerie hier ein 30 Jahre alter Möbel- Polierer sestgenommen und beim König!. Amt«gericht Pulsnitz etngeliefert. — (Ertrunken.) Am 30. De- zember ist hier der 2 Jahre alte Sohn de» GutSbe- sitzer« Körner in den Teich gefallen und sofort an Herzschlag verstorben. Die Familie ist sehr zu be dauern, da der Vater im Felde steht. Bretnig. (A »»Zeichnungen.) Der Befreite F..tz Lauermann von bter erhielt die Friedrich August- Medaille, ebenso wurde der Soldat Mti^g (hiesiger Nach.wächter) ausgezeichnet und zwar mit dem Eisernen Kreuze. — (Festnabrne) Hier wurde von der Land- gendarmerie am 4. Januar ein Fahnenflüchtiger fest genommen, der auch mehrere Diebstähle auSgeführt hat. Er wurde von seinem Truppenteil abgeholt und nach Dresden eingeltefert. Ramen;. (Jagdvergehen.) In letzter Zeit find im amtShauptmannschaftltch«» Bezirke von der Landgendarmerie 9 Personen wegen Jagdvergehen» festgenommen und angezetgt worden. Diese hatten mittels Frettchen und Netzen unbefugt wilde Ka- ninchen gefangen und sehen nun ihrer Bestrafung entgegen. Ramen;. (Festnahme.) Am 3. Januar wurden von der Landgendarmerie in Prietitz Thonberg vier russisch polnische Arbeiter festgenommen und in die BezirkSanstalt Jesau übergeführt, weil sie entgegen den Bestimmungen de» König!. Generalkommando» ihre Arbeit niedergelegt und unter den Arbeitrwilligen Mißmut erregt hatten. Ramen;. (EinHerrenrad aufgefunden.) In Biehla wurde da» Herrenrad, Marke „Adrla" Nr. 234 750 oder 234 759 aus^funden und von dem dortigen Herrn Gemeindevorstand in Verwahrung genommen. Ramen;. (Sittliche Verfehlung en.) In Liebenau kamen fünf junge Burschen wegen schwerer sittlicher Verfehlungen zur Anzeige. ^agssgssckicdte. Deutsches Reich. Die Tägl. Rundschau gibt die Meinung eine» neutralen Berichterstatter» in Lon don weiter und sagt: Größer kann die Erregung, in der sich England seit Ausbruch de» Kriege» über die Wehrpflichtigkeit befindet, nur noch werden, wenn der Feind vor den Toren von London steht. E» wird aber allgemein bezweifelt, ob mehr al» 160 000 neue Sol daten au» der Masse de» Volke» heran» zu bringen sind. Nach einem Londoner Bericht eine» Züricher sozialdemottaUschen Blatte» hätte ein englischer So- zialist im Unterhause gesagt, nie seien Frieden»«»»- sichten seit Aurbruch des Kriege» so ermutigend gewe- sen, als jetzt. Leute, die nie Bedenken hatten, geben jetzt Zweifeln Autdruck, ob die britische Regierung überhaupt im Stande sein wr.de, den K.ieg bi» zum Siege zu führen. Der Vorwärt» führt au»: Vermag die Annahme der Dienstpflicht auch auf den Gang der milltärischen Verhältnisse keinen Einfluß au»zuüben, ,o wird sie doch den Krieg verlängern helfen. Die im Oberhause aufgeworfene Frage, welche politische Möglichkeit e» gäbe, den Weltkrieg durch einen ver. ständigen Ausgleich ein Ende zu bereiten, verdiente ernstliche Beachtung. Lranlsurt a. Main, 8. Januar. (Die Rote Kreuz-Spende Sven Hedin».) Die „Frank furter Zeitung" meldet au» Berlin: Der schwedische Gelehrte Sven Hedin hat den gesamten Erlö» seine» Buch«»: „Ein Volk in Waffen" im Betrage von 75 830,30 Mark dem deutschen und österreichtsch-unga- rischen Roten Kreuz zur Verfügung gestellt. — (Einevernünftige englischeStimme über die Rede de» deutschen Reich»kanz- ler».) Der „Eoening Standard" rät, die Reichs- kanzlerrede zu lesen, da» sei besser al» da» Lesen der englischen Besprechungen darüber. Sie mache den Eindruck einer, vom deutschen Standpunkte au», verständigen Rede. Deutschland wünsche Frieden, aber nicht ohne Anerkennung seine» Stege». Kein ver nünftiger Mensch in England dürfe andere» erwarten. „Aber leider haben wir sehr viele unvernünftige Menschen, und gerade diese finden ihren Weg in die Presse. Unsre größte Verblendung war der Glaube, daß die deutsche Sozialdemokratie sich dem militari, stischen Klüngel widersetzen würde. Wann wird man in England begreifen, daß der militaristische Klüngel Seile 2. Deutschland- au» 70 Millionen Menschen besteht? E» ist hohe Zeit, daß kindliche Torheiten aufhören." Griechenland. (Die SalonikterKousuln freigelassen!) Siornal« d'Italia meldet au» Athen, daß die Gesandten de» Vterverbande» d.r griechi schen Regierung mttgeteilt haben, daß die in Salo niki Verhafteten in Freiheit gesetzt worden seien. LAgland. (Der Weh rp flicht-Entw urf) ist im Unterhau» mit 403 gegen 105 Stimmen in erster Lesung angenommen worden. — (Drohungen mit dem Rücktritt Arquit».) Wie au» London gemeldet wird, hatte der Kolonialminister Bonar Law der Opposition ge- droht, Akquith werde zurücktreten, wenn die Wehr- pfltchtvorlage nicht angenommen werde. Meine erste Patrouille. Ein naßkalter Nooembertag in Flandern. Die Sonne geht zur Rüste und vergoldet mit ihren letzten Strahlen da» malerische Städtchen Dixmuiden vor dem wir liegen, verwandelt die Kanäle und Gräben in viel Feuer und verschwindet am Horizont. Wie graue Tücher senkt sich der Neoel auf Wie sen und Waflerläuft. Di« hochragenden Pappeln und die zum Teil gekö-ften Weiden nehmen in der Däm merung ein gespenstische» Aussehen an. Der Nebel ballt sich zu Fratzen, die die Fantasie zu allen mög lichen Bildern formt. Eine beängstigende Still« herrscht. Schwer legt sich der dicke Nebel auf Brust und Lunge. Eine eigenartige Beklemmung lastet auf einem, unwill kürlich packe ich mein Gewehr fester und sehe ange strengter durch die Schießscharte. Nicht« zu sehen, nur der Nebel wallt dicht und schwer und hüllt mich in Feuchtigkeit. Doch bewegt sich da nicht etwas? Die «ugen bohren sich in die Dunkelheit. Die Nerven sind zum Zerspringen gespannt. Schußfertig und damit alarmbereit schiebe ich meine Schießeisen vor. Wieder nicht», eine Täuschung. — Ich bin froh, daß die Ablösung kommt. „Wa» lo»? Nein. Ist gut." — Au« einem Unterstand drin- gen Mundharmoniketöne gedämpft an mein Ohr, ich schlüpfe hinein. Gott sei Dank, Licht, Wärme, Men schen, Leben. Ich esse ein Stückchen Brot mit Speck, «in Schluck Wasser au« der Feldflasche vervollständigt da« frugale Mahl. — E» wird still. Wir dösen. Da hebt sich die abschließende Zeltbahn und unser Zug- führer, Felvwebelleutnant S. kriecht zu un« hinein. Ein Prachtmensch, für den wir durch« Feuer gingen. „Kinder, sagt er, wer geht 'ne Patrouille. Der Major will wissen, ob die halblinkt vor un« liegenden Ge höft« noch besetzt find." Einen Augenblick herrscht Schweigen. Man ist froh, im Warmen zu sitzen, keiner will zuerst seinen Platz verlassen, dann schlägt eine Stimme an mein Ohr: „Kommst Du mit, ich gehe." Kamerad K. ist'». Er krabbelt au« dem entferntesten Winkel hervor, kriecht noch zu Sch. einem kriegSfrei- willigen Theologen, der sich un« anschließt und wir machen uns fertig. Den Mantel au«. Vom Koppel verschwindet der Brotbeutel. Die Patronentaschen wer- den auch entfernt, da sie nur das Kriechen behindern die Patronenrahmen wandern in unsere Taschen, die braune Flinte in die Hand, den Helm auf, die Mütze hafte damal« noch keinen Schutzstreifen, und wir sind fertig. Wir empfangen noch unsere Instruktionen und kriechen hinaus. Noch «in Glückwunsch der Kameraden, und hinter un« schließt sich das Zelttuch wieder. Wir stehen im nachtdunklen Graben, gehen an den Posten vorbei, sagen ihnen Bescheid, damit wir bei unserer Rückkehr nicht beschossen werden und bie- gen in den Laufgraben ein, den die Pioniere vorge- trieben haben. Wir sind am Ende. Der streitbare Gottetgelehrte Sch. hat «inen glänzenden Einfall. Wir nehmen die Helme ab, streifen den Ueberzug herunter, kehren die Spitzen nach innen und stülpen ihn über den Schädel. Die Tarnkappe ist fertig. Der Kleinste muß zuerst über die Brüstung. Da» bin ich. Ich krieche vor, die Luft ist rein. Keine Leuchtkugel kommt, keine blaue Bohne. Pst. K. folgt SM n SW n MS n SW Der deuWe Wegs-Tagesbericht von heute besagt: Dresden, 8. Januar 1916, nachmittags V«3 Uhr. Großes Hauptauartier,8. Januar 1916. Amtlich wird gemeldet: Westlicher Kriegsschauplatz. Die Gefechtstätigkeit wurde auf dem größten Teile der Front durch die Witterung ungünstig beeinflußt. Südlich des Hartmannsweilerkopfes wurde den Fran zosen durch einen überraschenden Vorstoß ein Grabenstück entrissen. Ueber 60 Jäger fielen gefangen in unsere Hand. Oestlicher und Balkan-Kriegsschauplatz. Keine Ereignisse von Bedeutung. (W.T.-B.) ObersteHeeresleitung.