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Person, sein Haus und die Weise, wie er es schmückt, der Gemeinde ein Vorbild sein soll, so auch mit seinem Garten in der vielfach ver nachlässigten oder falsch betriebenen Obstzucht. Hierbei muß Probieren und Studieren Hand in Hand gehen. Zuerst ein offenes Wort vom Studieren. Wer sich mit dem Obstbau zu be schäftigen anfängt, tut gut, die Verzeichnisse der Baumschulen ungelesen zu lassen. Die Baum schulbesitzer sind Kaufleute, die ihre Ware an den Mann bringen möchten. Es ist begreiflich, wenn sie darum nur die guten Seiten einer Frucht preisen und die ebenso zahlreichen schlechten verschweigen. Wie oft ist mancher erst durch Schaden klug geworden, weil er noch nicht gelernt hatte, zwischen den Zeilen der Obstbaumver zeichnisse zu lesen. Wenn da z. B. steht: „Große, schöngefärbte Frucht, Baum früh- und reichtragend", dann setzt der Kenner hinzu: „Geschmack abscheulich." Heißt es: „Verlangt warme Lage", so hört der Vorsichtige daraus die Warnung: „Wird in Norddeutschland selten reif." Ich hatte in meiner gärtnerischen Sturm- und Drangperiode mir ein Dutzend Winterbirnen an ein Spalier gepflanzt. Es klang gar zu süß, was ich hier und da gelesen hatte. Gar schön wäre es doch gewesen, womöglich noch im März einige saftige Birnen zu verspeisen oder den Gästen vorsetzen zu können. Welche Enttäuschung! Früchte gab's, aber essen, wenigstens roh essen, wollte sie niemand. Es liegt mir fern, die Baumschulbesitzer ver urteilen zu wollen. Sie sind durch die Sorten- fexerei, die früher auf den Obstausstellungen herrschte, und durch manche Pomologen, die die Menschheit mit immer neuen Sorten zu be glücken nicht müde wurden, gezwungen worden, ihre Auswahl ins Unübersehbare zu vermehren und wollen nun das, was sie mit Kosten und Mühe herangezogen haben, nicht gern als Brenn holz verbrauchen. Auch die großen Obstbücher soll der Neuling zunächst beiseite legen. Sie verwirren ihn nur. Und vor manchem anderen Buch möchte ich wohl warnen, aber uoruinu sunt odiosa. Mein Rat geht dahin: Wer als Anfänger Obst anpflanzen will, der fasse zunächst die vom deutschen Pomologenverein empfohlenen Sorten ins Auge und unter diesen dann besonders die, welche in dem Landessortiment seiner Heimat stehen. Er wähle ferner diejenigen aus, deren Bodenansprüche in seinem Garten ihre Befriedigung finden. Endlich soll er sich auch danach um sehen, was bei seinem Nachbar gedeiht. So wird der Kreis der Auswahl zwar klein, der Gärtner aber vor mancher schmerzlichen Ent täuschung bewahrt bleiben. Selbstverständlich dürfte es sein — das sei nebenbei bemerkt —, daß der Pfarrer, der von dem, was er gepflanzt hat, auch ernten möchte, nicht nach Sorten greift, die erst nach fpäten Jahren tragen. Die Auswahl der Formen, in welchen ge zogen werden soll, hängt zumeist von dem Ver ständnis für Schnitt und Pflege ab. Wer keine Lust und keine Zeit hat, das zu lernen, wer die Grundbedingungen, unter denen das Wachstum sich vollzieht, nicht verstehen lernt, wer kein Geschick in seinen Händen hat, der nehme Hoch oder Halbstämme. Viel größeren Genuß aber bereiten, besonders im Pfarrgarten, die Zwerg formen : Pyramide, Spindel, Schnurbaum, Spalier. Freistehende Spaliere würde ich nicht bauen. Man gibt damit dem Obst nicht mehr Wärme, als bei freistehenden Formen, und warum ein -Gestell bauen für eine Pflanze, die deffen nicht bedarf? Dagegen würde ich alle kahlen Wände mit Obst bekleiden und dazu einarmige, senk rechte Schuurbäume, II-formen oder Verrier- palmetten verwenden. An die Südseite gehört selbstverständlich der Wein. Auch von wage rechten Schnurbäumen möchte ich abraten. Ab gesehen davon, daß sich nur wenige Sorten dazu eignen, sehen fast alle auf Bildern besser aus, als in der Wirklichkeit. Zuletzt noch ein Wort über meinen Garten und sein Obst. Der Boden besteht aus einer 0,75—1 na starken Humusschicht in guter Kultur. Darunter liegt fast undurchdringlicher, mergeliger Kies. Hochstämme feinerer Sorten, besonders Birnen, gedeihen darum hier nicht. Ich baue: Erdbeere König Albert, die ich von den großfrüchtigen Sorten für eine der schmack haftesten halte, Monatserdbeeren, deren Aroma unübertroffen ist, Fastolfhimbeere zu Frucht saft für Kranke, Rote Holländische und ver schiedene Sorten Stachelbeeren (luckustr^, ckol^ Llirisr sto.), große, lange Lotkirsche (an einer Nordwand), eine gelbe Knorpelkirsche, große grüne Reineclaude und Bauernpflaumen — 6 andere Sorten, wie Anna Späth, Jefferson usw. sind ausgemerzt. — Von Äpfeln und Birnen habe ich ungefähr 120 Sorten besessen; heute sind's ihrer noch einige 40. Könnte ich meinen Garten neu bepflanzen, so würde ich, um mög lichst lange Obst zu haben, folgende wählen: von Birnen: William, gute Graue, gute Luise, Pastorenbirne; von Äpfeln, der wichtigsten und wertvollsten Frucht für den Obstgarten: Klarapfel, Gelber Bellefleur, Cox' Orange renette,Goldparmäne,Schöner vonBoskoop,Lands berger Rennette. Aber wohl gemerkt: Eines fchickt sich nicht für alle. Anderer Boden, andere Früchte. Damit bin ich vom Studieren ins Probieren gekommen. Das letztere kann niemandem erlasfen werden. Es gilt für die Sorten, die angebaut werden socken, wie für die Pflege ihrer Träger. Wer nicht beobachtet, dem helfen alle Bücher