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3. durch einen den kaufmännischen Grundlagen angepaßten Obstverkauf; 4. durch Einführung einer Obstverwertung, die den jeweiligen Geschmacksrichtungen des Publikums entspricht. Es ist zwar bei einer so langjährigen Kultur, wie sie der Obstbau darstellt, schwer, einen schnellen Sortenwechsel vorzunehmen, und deshalb gehört ein offener Blick und auch ein weiter Gesichts kreis dazu, den Züchter vor Schaden zu be wahren. Wer aber heute mit den vor Jahr zehnten empfohlenen Sorten sich ein Obstgut an legen wollte, würde vor schweren Enttäuschungen nicht bewahrt bleiben, da heute der wirkliche Handel die Wahl nach anderen Grundsätzen trifft als zu jener Zeit und nach weiteren Jahrzehnten- die Forderungen wieder ganz andere sein können. Das einzige Mittel, bei einem gemachten Fehler in dieser Richtung dennoch den Bedingungen ge recht zu werden, besteht in dem Umpsropfen der falsch gewählten Sorten, einem Vorgehen, von dem längst nicht genug Gebrauch gemacht wird. Die heutigen Anlagen entsprechen in der Sortenzusammenstellung keineswegs den An forderungen für einen gesunden Obsthandel. Daran tragen die Hauptschuld unsere ungesunden Ob stverpachtungsverh alt nisse. Der Obster, welcher ganz andere Interessen vertritt als der Besitzer der Anlagen, ist viel zu sehr als Berater bei Erweiterungen oder Ergänzungen der An lagen bestimmend gewesen. Ihm ist namentlich bei den Obstpflanzungen auf großen Gütern ein viel zu großer Einfluß eingeräumt worden. Es ist aber durchaus an der Zeit, von diesem Ein fluß sich loszusagen. Auch in anderer Beziehung ist die Abhängigkeit von den Obstern nachgerade ein Krebsschaden für den Obstbau geworden. Der Besitzer sollte, solange er dem Selbstverkauf seines Obstes zu große Bedenken entgegenbringt, den Öbster zu erziehen versuchen, einen Pacht vertrag schließen, in welchem ihm eine Ein wirkung auf die Zeit der Ernte und auf die praktische Ausführung der Aberntung Vorbehalten bleibt, und er sollte sich allmählich mit dem Ge danken vertraut machen, daß die Einträglichkeit des Obstbaues erst mit dem Augenblick in Er scheinung tritt, wo er selbst den Verkauf seiner Ernte vornimmt. Der Übergang hierzu bringt gewisse Schwierigkeiten mit sich, da sich der Be sitzer mit gar manchen Dingen vertraut machen muß, die ihm bisher fern gelegen haben. Aber alle Einwände, die bisher dagegen angeführt wurden (Mangel an Arbeitskräften, überbürdung mit sonstigen Arbeiten, Unkenntnis mit den „Ab satzverhältnissen" usw.) sind nicht stichhaltig, um auf die Dauer den Hauptverdienst aus den An lagen in andere Hände übergehen zu lassen. Freilich besitzen unsere Obstzüchter im all gemeinen viel zu wenig kaufmännische Kenntnisse, sie werden in viel höherem Grade sich vertraut machen müssen mit den immer mehr wachsenden Ansprüchen des kaufenden Publikums, das, ver wöhnt durch das geschmackvolle Feilbieten von Jndustriegegenständen, auch beim Obst heute ähnliche Anforderungen stellt. Das Ausland ist diesen Forderungen schon in hohem Maße ent gegengekommen, und der Deutsche wird auch nur dann ohne Furcht dem ausländischen Wettbewerb entgegensetzen können, wenn er im Sortieren, Verpacken und in der reellen Lieferung das Vorbild des Auslandes nachahmt. Ausstellungen, Obstmärkte und Verkaufsnachweisstellen find zu benutzen, um den Absatz zu erleichtern, Schwarz seherei ist nicht angebracht, bei gründlicher Vor bereitung und Beachtung der einschlägigen Be dingungen wird sich der Verkauf des Obstes leichter gestalten als allgemein angenommen wird. Trotz Auswahl der Sorten nach den Grund sätzen für den Rohgenuß der Früchte wird sich beim Abernten eine Menge Obst finden, das in folge nicht vollkommener Ausbildung zum Roh verkauf ungeeignet ist. Hier die richtigen Obst verwertungszweige eingreifen lassen, ist Aufgabe des obstzüchtenden Landwirtes, einer umsichtigen Obstindustrie. Die zu wählende Verwertungsart ist ja vielfach abhängig von dem vorhandenen Rohmaterial, aber der Züchter muß den An forderungen entgegenkommen, die der Industrielle für Erzeugung wettbewerbsfähiger Erzeugnisse benötigt. Das einseitige Beharren und grund sätzliche Durchführen einer bestimmten Ver wertungsart ist nicht am Platze. Die vielen Anstrengungen, die gemacht sind, das Dörren von Obst in Deutschland einzuführen, haben den deutlichsten Beweis geliefert für die Verkehrtheit solchen Vorgehens; mit der Beerenweinbereitung können wir ähnliche ungünstige Ergebnisse erzielen, wenn nicht rechtzeitig abgedämmt wird. Man muß rechtzeitig den Wechsel in der Geschmacks richtung des Publikums erkennen und solche Er zeugnisse herzustellen suchen, die von der Be völkerung verlangt werden, und der Obstzüchter muß sich den Wünschen anpassen, die eine ziel bewußte arbeitende Industrie laut werden läßt. Grundbedingung für alles muß aber sein, daß der Obstzüchter sich nicht von der Liebhaberei für diesen oder jenen Gedanken leiten läßt. Die Zeiten sind vorüber, in denen man nach idealen Gesichtspunkten seine Obstpflanzungen einrichtete. Durch Nichtbeachtung der Be dingungen für eine Rentabilität aus den Anlagen sind große Pflanzungen heute zu einer stellen weise recht schweren Belastung der Wirtschaften geworden, und es sollte jeder rationell wirt schaftende Landwirt so gut wie bei den einzelnen sonstigen Zweigen der Wirtschaft auch beim Obst bau den Rechenstift zur Hand nehmen und vor sichtig die entstehenden Kosten gegen die ent-